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Die „(Ottendorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich , Mark. Durch die Post bezogen 1,20 Mark. Annahme von Inseraten di, vormittag w Uhr. Inserate werden mit io Pf, für die Sxaltzetle berechnet Tabellarischer Satz nach be sonderem Tarif. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdors und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode" Druck und Verlag von Hermann Rühle in Groß-Vkrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Dkrilla. Nr. 52. Sonntag, den 30. April 1905. 4. Jahrgang. Oertliches und Sächsisches. Mttendorf-Vkrilla, Ly. April igos. — Der Bezirksausschuß erledigte in nicht öffentlicher Sitzung das Gesuch der Lina Wella verehel. Rietschel in Großokrilla um Ueber- tragung der Befugnisse zum Betriebe der Tchankwirtschaft einschließlich des Branntweins schanks, sowie zum Ausspannen und Krippen setzin im Grundstücke Kat.-Nr. 15 § daselbst Lindengarten. — Der von Cunnersdorf nach Medingen sührende Kommunikationsweg wird in der Flur Cunnersdorf wegen Massenschüttungen vom 1, bi» mit 5. Mai dss. I. für den öffentlichen Fährverkehr gesperrt. Klotzsche-Königswald. Die Mitteilung über den geplanten Bau einer neuen Kirche in Königswald bedarf einer Richtigstellung. Der jur Ausführung bestimmte Bauplan ist vom Kirchenbaumeister Woldemar Kandler in Dresden entworfen und vom Kirchenvorstand erst an genommen worden, nachdem er zur Prüfung und Begutachtung namentlich auch mit Rücksicht auf die Umgebung, in welche das neue Gotteshaus zu stehen kommt, dem Verein für kirchliche Kunst in Dresden vorgelegen hat Und von diesem zur Annahme empfohlen lvorden ist. Danach wird der Bau in einer seiner Umgegend durchaus angemessenen und würdigen, dabei einfachen und schlichten Form llusgesührt werden; seine Kosten werden die dem Kirchenvorstand zur Verfügung stehenden Mittel — rund 100000 Mk. nicht überschreiten. Jedenfalls ist somit die anscheinend hier und da bestehende Meinung, es sei ein übermäßig kostspieliges Bauwerk in monumentalen Formen Mit einem mächtigen Turmbau geplant, ent schieden unbegründet. — Auch in unserem Orte ist eine größere öffentliche Schiller-Feier geplant, für welche namentlich der rühmlichst bekannte Rezitator Paul Struve hier zum künstlerischen Vortag verschiedener Dichtungen und Teile von Dramen des großen Dichters gewonnen Worden ist. Die Feier wird von mehreren hiesigen Vereinen veranstaltet und soll am Abend des 14. Mai (Sonntag) in Arndts Kurhaus in Königswald stattsinden. Dresden. In der König!. Turnlehrer- Bildungsanstalt .auf der Carusstraße ist am Donnerstag eine größere Dieberei ausgeführt worden. Während des Turnens einer Ab teilung von Vorturnern aus den Turnvereinen der Umgegend verschaffte sich ein Dieb in die verschlossene Garderobe Eingang und stahl, was «r an Geld und Wertsachen fand; 18 Mann vermissen Wertgegenstände, wie Uhren, Ringe und Geld, darunter einer solche im Werte von gegen 170 Mark- Bis jetzt hat man von dem Diebe keine Spur. — Auf eine entsetzliche Weise nahm sich ein in Löbtau wohnender, infolge längerer Arbeitslosigkeit in Schwermut verfallener Fabrik arbeiter sein Leben. Nachdem er sich bereits am Donnertag Nachmittag mit einem Schuhmachermesser einen Stich in die Herz gegend beigebracht hatte, der aber von einem Arzte als ungefährlich erklärt und von ihm vernäht wurde, schritt er in den Abendstunden abermals zum Selbstmord. Ec schnitt sich den Leib auf, und zwar so tief, daß die Einweide sichtbar wurden und mehrere Meter lang der Dünndarm heraushing. Der Unglückliche war sofort tot. Er hinterläßt eine Witwe und drei Kinder. — Nach einer beim Kriminaldetachement in Löbtau erstatteten Anzeige sind Ende März in der Umgegend von Eisleben bosnischen Bärenführern drei dressierte Bären gestohlen worden. Die Diebe, drei im Dienste der Bestohlenen gewesene Burschen, gleichfalls Bosniaken, sind mit den Bären bis hierher gekommen und haben diese an einen hie wohnhaften Schausteller verkauft, der sie auc Noch jm Besitze hat. Die Diebe, Peter Stoyanowitsch aus Barlkowitsch in Bosnien, 17 bis 18 Jahre alt, Mittar Tatorowitsch, 14 Jahre alt, und Johann Iwanowitsch, 16 bis 17 Jahre alt, letztere beiden aus Modran, in Bosnien, sind flüchtig. — Wegen eines Raubes, den er in Berlin erübte, ist der Hausdiener Karl Lemke in Dresden festgenommen worden. Es handelt ich um die Beraubung eines Hausdieners aus der Marienstraße 8, der eine Erbschaft gemacht hatte. Der junge Mann ging mit 300 M. in der Tasche aus und war so un vorsichtig, sein Geld in Schankwirtschaften zu eigen. Ein Zechgenosse nun, den er mit einem hm befreundeten jungen Manne zusammen raf, brachte ihn in der Nacht nach Hause stieß ihn eine Kellertreppe, an der er vorbeigehen mußte, hinunter, so daß er bewußtlos liegen blieb, und raubte ihm die ganze Barschaft. Der Beraubte liegt noch schwer verletzt in der Charits- Der Verdacht der Täterschaft lenkte ich nach der Beschreibung eines Zechgenossen aus den Hausdiener Karl Lemke, der der Polizei bekannt war. Die Ermittelungen ergaben, daß Lemke am anderen Morgen nach Dresden abgefahren war. Dort wurde er auf Ersuchen der Berliner Kriminalpolizei ermittelt und festgenommen. Boxdorf. Die Königliche Amthauptmann- chaft Dresden-Neustadt hat dem bereits zwei mal zum Gemeindevorstand von Boxdorf ge wählten Gastwirte Beger die Bestätigung ver- agt. Der Gemeinderat zu Boxdorf beschloß nunmehr zum dritten Male bei der vorgesetzten Behörde vorstellig zu werden. — Der als Buchhalter in der Sektkellerei „Bussard" Niederlößnitz angestellte Kaufmann Becker ist nach Bücherfälschung und Unter schlagung einer nicht unbedeutenden Summe flüchtig geworden. Niederlößnitz. Die Unterschlagungen des durchgegangenen Buchhalters Becker bei der Sektkellerei „Bussard" sollen über 20000 Mk. betragen und auf zwei Jahre zurück datieren. Der ungetreue Beamte, der das Geld in leicht sinnigem Lebenswandel verbraucht hat, ließ Frau und Kinder mittellos im Stiche. Niederlößnitz. Daß man mit Schuß waffen nicht vorsichtig genug umgehen kann, beweist von neuem ein Vorfall, der sich am ersten Osterfeiertage hier zugetragen hat. Schon -vor längerer Zeit war einem dasigen Einwohner ein altes Jagdgewehr zum Geschenk gemacht worden, welches angeblich schon lange außer Gebrauch und nicht geladen. Am Sonntag jspielten nun die Kinder des neuen Besitzers des Gewehrs mit letzterem und legten es auch auf ihre Mutter an. Um es recht natürlich zu machen, wurde ein Zündplättchen wie solche für Kinderpistolen üblich, unter den Gewehrhahn gelegt und abgedrückt. Der 12jährige Sohn wollte die Spielerei fortsetzen, als der ältere Sohn in die Stube trat und den Lauf beiseite schob — in demselben Augen blicke aber hatte der Jüngere abgedrückt, und mit einem donnerähnlichen Krachen ging der Schuß los. Wie gelähmt standen die Familien angehörigen da. Zum Glück war niemand verletzt, aber jdie Wirkung des Schusses war eine -gewaltige gewesen. Die Schrotladung war durch die Türe gegangen und hatte dabe ein fast kreisrundes Loch mit einem Durchmesser von ca. 4 Zentimeter gerissen; weiter waren die Schrotkörner auch noch durch eine zweite, von der ersteren gegen 3 Meter entfernten Tür geschlagen und in ein Bett gedrungen. Die Ladung muß eine enorme gewesen sein. Wieviel Unglück hätte nicht entstehen können. Meißen. Hier wurde am Donnerstag einer der ältesten Einwohner, der 88 jährige frühere Tischlermeister Karl Schubert, ein Junggeselle, mitsamt seiner letzten Arbeit zu Grabe getragen. Der alte Meister hatte sein letztes Haus, seinen Sarg, selbst gebaut. Dieser hatte zehn Jahre lang über seiner Wohnung auf dem Boden gestanden. — Ein kleines Liebesabenteuer spielte sich dieser Tage in der Behausung einer Meißner Herrschaft ab. Eine Dorfschöne hatte ihren Liebhaber zu einem trauten Schäferstündchen in di« herrschaftlichen Räume geladen. Plötzlich hörte das Pärchen ferne Schritte. Um nun nicht überrascht zu werden, versteckte die holde Schöne ihren Geliebten, so gut sie konnte, ver- chloß das Zimmer und steckte den Schlüffe! zu sich. Der Zufall wollte, daß der Hausherr gerade in dieses Zimmer wollte, um etwas -erauszuholen, was er eben notwendig brauchte. Da sich trotz allen Suchens der Schlüssel nicht vorfand, wurde zum nächsten Schlosser geschickt der das Schloß aufsperrte. Beim Betreten des Zimmers machte sich ein verdächtiges Geräusch bemerkbar, das aus einer Ecke zu kommen schien, in welcher ein großer, breiter Kleiderschrank stand. Da auch hierzu der Schlüssel fehlte, wurde das Schloß ebenfalls aufgesperrt. Ein schmucker Jüngling stolperte aus dem Schrank und dem erstaunten Haus- jerrn gerade in die Arme. Dem Aermsten, der schleunigst das Haus verließ, soll eine charfe Zurechtweisung zuteil geworden sein. Sörnewitz, Hier verunglückten drei Mitglieder eines RudervereinZ, die eine Ausfahrt nach dort unternommen hatten. Sie fuhren mit ihrem Boote an einen vor Anker liegenden Kohlenkahn an, das Boot zerschellte und alle drei Insassen fielen ins Wasser wurden aber von der Bootsmannschaft des Kahnes gerettet. Großenhain. Ein bedauerlicher Unglücks- all ereignete sich am Freitag Vormittag kurz vor 10 Uhr auf hiesiger Berliner Straße. Durch eigene Unachtsamkeit und diejenige eines Blochwitzer Geschirrführers geriet der die ein rückende zweite Schwadron des Husarenregiments begleitende elfjährige Knabe des Ziegelarbeiters Wachtel unter die Pferde des Blochwitzer Gefährts, Hierbei wurde dem armen Kinde durch einen Husschlag die Kinnlade zer schmettert; außerdem erlitt es eine bedeutende Wunde am Hinterkopfe. Der Knabe wurde von einem Angehörigen des Husarenregiments der das Unglück kommen sah, doch nicht ver hindern konnte, unter den Pferden bewußtlos hsrvorgezogen. Es erfolgte alsbald die Ueber- führung des verunglückten Knaben nach dem städtischen Krankenhause. ' P.i rn a- Großen Auflauf gab es am Mittwoch hier 'bei der Arretur eines älteren Mannes, der sich der Abführung aufs heftigste widersetzte, sodaß mehrere Beamte zu seiner Bewältigung notwendig waren. Der Arrestant der 51jährige Arbeiter Richter aus Elster werda, hatte gebettelt und sich dem ihn ver weisenden Schutzmann gegenüber beleidigend und widersetzlich benommen. Er ist schon wiederholt mit Polizeiorganen in Konflikt geraten. Königstein. Wie oft Freud und Leid unmittelbar nebeneinander in einer Schale ruhen, zeigen die Vorkommnisse, die sich in den letztvergangenen Tagen in einer hiesigen Familie zutrugen. Am Palmsonntage wurde der jüngste Sohn einer Bäckermeisterwitwe konfirmiert und am zweiten Osterfeiertage fand die Trauung ihrer jüngsten Tochter statt. Die Mutter selbst jedoch hatte am ersten Oster feiertage das Zeitliche gesegnet. Kamenz. Ein interessantes Geschenk wurde dem hiesigen Gebirgsverein von dem kürzlich in den Ruhestand getretenen Lehrer Lehmann in Brauna in Gestalt einer 1,3 Meter im Quadrat großen, in Reliefarbeit ausgeführtcn Karte der Amtshauptmannschaft Kamenz ge macht, die der Genannte eigenhändig mit großer Sorgfalt, Mühe und Geschicklichkeit genau der Generalstabskarte entsprechend, an gefertigt hat. Diese Karte ist gleich der an und für sich schon viele Seltenheiten aus weisenden, reichhaltigen Sammlung des Ge birgsvereins in dessen Vereinszimmer im Hutberg-Hotel zur unentgeltlichen Besichtigung der Besucher ausgestellt worden. Löbau. Der an Genickstarre erkrankte Stellmacher Fritzsche in Lautitz ist gestorben. Zittau. Hier fand die Frau des Licht druckers Goth bei ihrer Heimkehr vor einem Ausgang ihr zweijähriges Töchterchen in Flammen gehüllt. Es hatte mit Streichhölzchen gespielt. Das Kind verstarb im Krankenhaus nach zwei qualvollen Stunden, Elsterwerda. Der hier zu Besuch weilende Garde-Grenadier Biermann rettete am Dienstag Nachmittag einen Knaben aus Kotzschka, der mit zwei gleichaltrigen Genoffen auf der Kotzschkaer Brücke im Elsterwerdaer Stadtparke spielte und kopfüber in das zurzeit ziemlich hohe Wasser des Kanals stürzte, das Leben. Senftenberg. Am dritten Osterfeiertage 'tahl hier ein Arbeiter aus einem Fleischerei- zeschäft eine große Schlackwurst, wurde aber )abei von der Frau des Geschäftsinhabers ertappt und festgehalten. Der Dieb riß sich edoch los, packte die Frau, drückte sie gegen Wand und schlug den Kopf der Frau derart gegen die Wand, daß die Frau sich in ärztliche Behandlung begeben mußte. Hainichen. Der verschollene PrivatuS Oswald Reißig von hier ist nach privaten Meldungen in' Paris als Leiche aus der Seine gezogen worden. Der Leichnam dürfte bereits 14 Tage im Wasser gelegen haben. Reißig war von hier unter Hinterlassung einer größeren Schuldenlast geflüchtet. Auch wurden ihm Wechselfälschungen zur Last gelegt. Vor ürzem war hierher die Meldung gelangt, daß Reißig aus einem Pariser Hotel nach Hinter affung einer größeren unbeglichenen Hotel rechnung verschwunden war. Mutzschen. Hier schenkte Rittergutsbesitzer Naumann zur Erinnerung an deu Besuch des Königs dem Militärverein eine neue Fahne, deren Weihe Ende August stattfinden soll. Leipzig. Bei der großen Speditionsfirma Schneider und Co. sind Differenzen zwischen Geschäftsleitung nnd Arbeiterschaft ausgebrochen welche voraussichtlich zur Arbeitsniederlegung führen werden. — In der Privatspeiseanstalt von Hoffmann (Kurprinzenstcaße 22) haben Einbrecher 600 Mk. erbeutet. Obwohl die Diebe bald festgenommen wurden, fand sich doch nur sehr wenig Geld bei ihnen vor, weil sie die Feiertage in äulos gubüo verlebt hatten. Beide Einbrecher sind wiederholt schwer vorbestraft. — Auf hiesiger Verbindungsbahn sind am Donnerstag früh gegen ^,6 Uhr beim Rangieren eines Bauzuges drei leere Langholz wagen entgleist und von dem Damme abgestürzt. Glücklicherweise sind Personen bei diesem Unfälle nicht verletzt worden, auch erlitt der Betrieb keine Störungen. Obersachsenberg i- V. Ein entsetzlich verstümmelter weiblicher Leichnam wurde am Mittwoch im sogenannten Herrenwalde auf gefunden. Die Leiche war zum Teil ent blößt; über die eine Schläfe läuft eine Wunde die von einem Hieb oder Schlag 'oder auch von einem Sturze herrühren kann. Sehr erschwert werden die weiteren Ermittelungen durch den Umstand, daß die Leiche von Tieren, jedenfalls Füchsen angefreffen ist. Ein Arm fehlt ganz; der andere Arm und ein Bein sind bis auf die Knochenstümpfe abgenagt. In der Leiche wurde die 24jährige Lina Männel von Obersachsenburg erkannt. Das Mädchen wurde seit Faßnacht vermißt. Auerbach. Ein Fall von Milzbrand ereignete sich in Rebesgrün. Gutsbesitzer Heckel wurde bei der Notschlachtung eines Ochsen durch ein abspringendeS Brustholz im Gesicht verletzt, worauf die Erscheinungen einer Milzbrandvergiftung zu tage traten. Der Arzt ordnete die Uebersührung des Patienten in das Kreiskrankenstift zu Zwickau an. Dort ist es gelungen, den schwer Erkrankten zu - retten. Auch der Fleischer, der das Tier geschlachtet hatte, erkrankte und fand in derselben Anstalt Genesung.