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Kurze Mitteilungen. 22. Februar 1928 Großadmiral Hans v. Koester ist gestern vor mittag 10 Uhr im 84. Lebensjahre in Kiel gestorben. Die amerikanische Regierung will Oesterreich die Möglichkeit zur Aufnahme einer 100-MiIIionen- anleihe gewähren. Die Zahl der auf dem norwegischen Dampfer „Norge" umgekommenen Personen ist bereits aus elf gestiegen. In Lodz wurden drei polnische Gym nasiasten wegen kommunistischer Propa ganda verhaftet. Das Untersuchungsverfahren gegen die am Untergang des amerikanischen Unterseebootes 8 4 Schul digen ist eingeleitet worden. In Neuyork ist die erste Eoldsendung Sow jetrußlands eingetroffen. * England und Deutsch-Ostafrika. Berlin, 22. Febr. Im englischen Unterhaus Hal gestern der Unlerstaatssekrstär für die Kolonien eins Erklärung abgegeben, woraus die Absicht hervorgeht, das ehemalige Deutsch-Ostafrika (Tanganjika) mit den angrenzenden britischen Kolonien zu einer Zoll- und fis kalischen Union zu verschmelzen. In politischen Kreisen Berlins weist man demgegenüber darauf hin, daß für Deutschland nur das Völkerbundsstatut maßgebend ist, das in Art. 22 für die L-Mandate eine derartige Union verbietet. Der Verdacht jedenfalls ist nicht von der Hand zu weisen, daß England das ihm gewordene Man dat dazu benutzt, um es auch politisch mit dem eigenen Kolonialbesitzstand zu verschmelzen. Ein englisches Flugzeug von Wahabis abgeschossen. London, 22. Febr. Während der gestrigen Ope ration gegen die Wahabisstämme ist, nach einer Reu termeldung aus Basra, ein der 45. britischen Bomben schwadron angehörendes britisches Flugzeug von den Wahabis abgeschossen worden. Der Pilot, ein Flieger offizier, wurde getötet. Das Flugzeug wurde zerstört. Der Ausgang der japanischen Wahlen. London, 22. Febr. An den am Sonntag stattgefun denen Parlamentswahlen in Japan beteiligten sich nach Berichten aus Tokio etwa 75 Prozent. Bisher ist es nur zu wenigen Zwischenfällen und einigen Verhaftungen ge kommen. Das Ergebnis ist nach den bis jetzt vorliegen den Nachrichten folgendes: Minseito (liberale Opposition) 52, Seiyukai (Regierung) 39 und Arbeiterpartei 6 Mandate. und den Frankreich nahestehenden Delegationen die Tendenz zu bestehen, diesen abschließenden Vertrags typus bereits auf der gegenwärtigen Tagung endgültig auszuarbeiten und so einen für die weitere Behandlung der Sicherheitsfrage im Völkerbund bindenden Text zu schaffen, der dann auf dem Wege über die Vollversamm lung des Bundes sämtlichen Mitgliedern zur Anwen dung empfohlen werden soll. Hierbei scheint, wie aus den Erklärungen Paul Boncours hervorgeht, die Absicht zu bestehen, die gestern eingebrachten deutschen Anregungen als bereits in früheren Verhandlungen des Völkerbundes erledigte Punkte darzustellen, wobei man auf die Arbeiten des Ratskomitees im März v. I. verweist, die eine Zusam menstellung der vorbeugenden Maßnahmen in Krisen gefahr ergab und in der Dezembertaguna des Rares dessen Zustimmung fand. Demgegenüber muß darauf hingewiesen werden, daß den deutschen An regungen besondere Bedeutung zu kommt, da sie bindende Abkommen der Staaten zur Verhütung und Verhinderung des Ausbruches von Feindseligkeiten vorsehen. Gegenüber den Versuchen, die deutschen Vorschläge zu bagatellisieren und die Her stellung eines Vertragsschemas für die regionalen Sicherheitspakte gegenwärtig herbeizuführen, kann nur immer wieder auf die große Bedeutung und den Ernst dieser Frage hingewiesen werden. Es erscheint kaum möglich, im Verlaufe einer so kurzen Tagung wie der gegenwärtigen ein endgültig bindendes Vertragsschema für die regionalen Sicherheitspakte zu schaffen, die gerade in der europäischen Politik der Gegenwart eine große Rolle spielen. Dringend muß daher gefordert werden, daß den einzelnen Regierungen die Möglich keit einer Stellungnahme zu diesen Vorschlägen gegeben wird. Die für die regionalen Sicherheitspatte vorge sehene Klausel bedarf besonders eingehender Prüfung, da diese Frage unmittelbar das Gebiet praktisch politi scher Beziehungen berührt. Welchen Verlauf die weiteren Verhandlungen des Sicherheitsausschusses nehmen, steht zur Zeit noch nicht fest. Jedenfalls wird nach dem Abschluß der General debatte entschieden werden, ob die Revidierung der Vertragsschemen einzelnen Unterkommissionen über tragen werden soll, oder ob diese einschneidende Frage in einer öffentlichen Diskussion des Plenums des Aus schusses zur Debatte gelangen wird. Aus atter Wett. * Zu den Karnevalsausschreitungen in München. Zu den Vorfällen am Marienplatz beim Metzgersprung wird nachträglich von der Polizei gemeldet, daß auch ein Leutnant von der Landespolizei durch einen Messer stich am Rücken verletzt wurde. Der Täter konnte bis her nicht ermittelt werden. — Die sozialdemokratische Fraktion im Münchner Rathaus hat in der Angelegen heit bereits einen Dringlichkeitsantrag eingebracht, der eine eingehende Untersuchung der Vorfälle fordert. " Neue Ueberschwemmungen. Aus Mecklenburg und der Umgebung von Lübeck werden neue große Ueberjchwemmungsschäden gemeldet. So ist der Müritz- see über die Ufer getreten. Beim Seebad Müritz wurden drei Brücken weggerissen. An der Hamburg-Lübecker Chaussee ist das Hochwasser der Trave und ihrer Neben flüsse in mehrere Häuser eingedrungen. " Ein Fassadenkletterer am Kölner Dom. Ein bis her noch unbekannter junger Mann vollbrachte gestern eine Rekordleistung im Fassadenklettern. Er kletterte an den Grundmauern des Kölner Doms empor und schwang sich dann von Steinstrebe zu Steinstrebe, bis er nach halbstündigem Klettern auf der 160 Meter über der Erdoberfläche liegenden Kreuzblume des Domes anlangte. Es ist dies das erstemal in der Geschichte des Kölner Domes, daß ein Tollkühner es wagte, an dem Mauerwerk von außen bis zur Kreuzblume in die Höhe zu klettern. Der Kletterer war mit einem Mas kenanzug bekleidet. Eine dichtgedrängte Menschen menge verfolgte die Kletterfahrt des Tollkühnen mit ängstlicher Spannung. * Schwere Havarie eines deutschen Dampfers. Der aus der Fahrt von Hamburg nach Vigo befindliche Doppelschraubenschnelldampfer „Antonio Delfino" der Hamburg-Süd-Amerika-Linie ist am Montag um Mitter nacht auf der Höhe von Kap Finisterre mit einem fran zösischen Dampfer zusammengestoßen. Das Schiff, dessen Wand zwei Meter über der Wasserlinie eingedrückt wurde, konnte noch seine Fahrt nach Vigo fortsetzen. Hungersnot in Albanien. Der Generalsekretär des Völkerbundes hat von der albanischen Regierung ein Schreiben erhalten, in dem beantragt wird, auf der Märztagung des Rates in Genf Maßnahmen zur Linde rung der schweren Hungersnot in Albanien zu beraten. Das Schreiben weist darauf hin, daß infolge der Miß ernte des vorigen Jahres besonders in Nordalbanien schwere Hungersnot herrsche. Die finanziellen Mittel der albanischen Regierung erlaubten ihr nicht, die nöti gen Hilfsmaßnahmen zu treffen. Die Unterstützung durch das italienische Rote Kreuz sei nicht ausreichend. ' Grubenexplosion bei Pittsburg. Nach Meldungen aus Pittsburg sind bei einem Grubenunglück zwei B e r g ar b e i t e r g e t ö t e t w o r d e n. Elf Arbeiter sind noch eingeschlossen. Die wettere Behandlung der Sicherhettssrage. 22. Februar 1928 Frankreich gegen die deutschen Anregungen. Im Laufe des gestrigen Nachmittags haben zwi schen den maßgebenden Delegationen des Sicherheits ausschusses eingehende Verhandlungen über das weiter einzuschlagende Verhandlungsverfahren stattgefunden. Die Generaldebatte wird aller Voraussicht nach bereits am Mittwoch oder Donnerstag zu Ende gehen, worauf dann in die Diskussion der einzelnen Vorschläge und Anregungen eingetreten werden wird. Nach dem bis herigen Verhandlungsverlauf werden folgende drei Punkte zur Einzelberatung gestellt werden: 1. Herstellung eines Vertragsschemas für einzelne und allgemeine Schiedsgerichts- und Vergleichsvertrüge. 2. Feststellung der vom Völkerbund zu ergreifenden Sicherheitsmaßnahmen in Kriegsgefahr. 3. Revidierung eines Schemas für regionale Sicher heitspakte. Dieser Punkt dürfte ohne Zweifel im Mittelpunkt der kommenden Verhandlungen des Ausschusses stehen. Bon französischer Seite wird gegenwärtig mit großem Nachdruck auf eine beschleunigte abschließende Herstel lung eines Vertragstypus für die regionalen Sicher heitspakte gedrängt. Es scheint bei der französischen Wieder Hochwassergefahr! Die Weitze Elster zerstört ihren neuen Damm. Durch die gewaltigen Regengüsse der letzten Zeit und den Wilteruuqsumschlag sind fast alle deutschen Flußläufe stark gestiegen, so daß bei anhallendem warmen Wester wieder damit zu rechnen ist, daß die Flüsse über ihre Ufer treten. Die Weiße Elster ist durch Regengüsse so stark und plötzlich angeschwollen, daß die Regulierungsarbeiten zum sechsten Male vom Hochwasser heimremcht wurden. Die chewalt der Wasserfluten war so stark, daß die Fangdämme in zwei Teile von 15 und 40 Meter Breite zerrissen wurden und die Elster sich einen Weg durch das neue, noch nicht sertigaestellte Bett suchte. Unsere Aufnahme zeigt den Durchbruch der Weißen Elger bei Plauen; der Damm wurde überflutet und die Eister floß durch das neue Bett, die Faschinendämme zum großen Teil wieder zerstörend. 2S. Fortsetzung. Nachdruck verboten. „Kleine, Dicke, Schwarze sind aber nicht mein Geschmack, Herr Varon," lachte Krafft, „ein wenig gefallen muß mir meine zukünftige Frau schon!" „Wie ist denn Ihr Geschmack, Herr Inspektor?" forschte Gerda, ihm lächelnd in die Augen sehend, „wohl groß, schlank, blond?" „Eigentlich sind mir brünette Frauen lieber — nur klein und dick dürfen sie nicht sein — blonde haben zuweilen etwas Langweiliges an sich!" „Aber Fräulein von Buchwaldt sicher nicht," sagte Gerda, „und sie ist doch blond!" „Nein, Fräulein von Buchwaldt nicht," entgegenete er ruhig, Gerdas Blick standhaltend. „Nun, wie gefällt sie Ihnen? fragte der Varon lächelnd, „doch ein Prachtmädel, was?" „Die junge Dame ist für mich der Inbegriff alles Beinen und Weiblichen," sagte er warm, „sie hat so etwas Auhiges, Gütiges an sich. " „Dann rate ich Ihnen, sich dazu zu halten," scherzte der Baron gut gelaunt. „Aber, Joachim," mahnte seine Gattin, „Herr Inspek tor wird schon wissen —," sie war ungehalten über die Art und Weise ihres Mannes. Er vergaß zu leicht die Schranken, die zwischen ihm und seinen Untergebenen be stehen mußten — er war ja schon beinahe auf du und z du mit dem Inspektor! Wenn der nicht ein so feiner taktvoller Mann gewesen wäre, hätte das Verhältnis zwi i schen beiden leicht zu familiär werden können, was sich auf . die Dauer nicht hätte halten können. Glücklicherweise ließ ! sich Krafft niemals eine unpassende Vertraulichkeit zuschul den kommen. „Na, na —," entgegnete der Varon auf die Bemerkung seiner Frau, „es gibt Leute, die man erst mit der Nase auf ihr Glück stoßen muß — und Katharine Buchwaldt ist sehr gesucht hier. Solch' ein Mädel gibt's so leicht nicht zum zweiten Male — die versteht die Landwirtschaft aus dem ff — das Herz lacht einem ordentlich, wenn man ihr so zusieht „Aber, Papa, wenn Lu dies für das Höchste hältst, dann kannst du mich doch auch darin unterweisen, und ich verspreche dir, eine gelehrige Schülerin zu sein. Interesse hab' ich!" „Seit wann hast du denn für Landwirtschaft Interesse, Mädel? Ach so! Du fängst damit an, die Truthühner mit deinem roten Kleid zu ärgern," lachte der Baron. „Mam sell hat es mir erzählt, und dann überfütterst du die Kücken und putzt den Kutscherskindern die schmutzigen Näschen, spielst dort Kindermädchen — „Aber Papa —." Gerda wurde dunkelrot. „Davon höre ich erst heute," sagte die Baronin ver wundert. „Aber, Gerda! Wohin verirrst du dich, mein Kind -?" „Sei nur ruhig, Mama, ich vergeße niemals, niemals, daß ich eine Baroneß Freesen bin," entgegnete sie, und ihr reizendes Gesichtchen nahm einen hochmütigen Zug an, „es macht mir eben Spaß, und die Kinder sind wirklich niedlich." „Laß sie doch, Leonore," meinte der Baron, „ich hab' mich wirklich darüber gefreut! Und es ist eine unschuldige Freude für Gerda, du weißt, jeder neue Sport reizt sie — Krafft sah von seinem Teller auf und blickte auf Gerda. Also Sport, nur ein neuer Sport waren ihr die Kinder, und die süße Weichheit in ihren Zügen, die ihn damals so unbeschreiblich gefesselt hatte, war auch nur ein Aus fluß der Freude an lenem Sport und nicht ihrer innersten Gesinnung. Das junge Mädchen ärgerte sich über den Aus- sruck in Kraffts Gesicht; sie ahnte, was er dachte, und das stachelte ihren Trotz und ihren Widerspruchsgeist an. „Wie du recht hast, Papa! — Gott, was gehen mich im Grunde die Gören an. Jetzt wundere ich mich selbst über mein Jntersg« «l de» schmutzige» Kindern. Ich lang weile mich eben na, wenn Hellmut da ist, wird man wenigstens etwas Abwechslung haben; man kommt ja rein um hier!" Ihre Stimme klang scharf und kalt, als sie das sagte. „Vor Langeweile, mein Kind, kann ich dich nicht schützen," entgegnete der Baron ernst. „Kluge Leute lang weilen sich überhaupt nicht, weil sie stets etwas haben, das ihren Geist beschäftigt! — Ich glaube nicht, daß Katha rine Buchwaldt sich schon jemals in ihrem Leben gelang weilt hat, und sie genießt nicht die Vergnügungen wie du!" Hochmütig schürzte Gerda die Lippen und sagte etwas geringschätzig: „Ja, natürlich, Katharine — die ist ja dein Ideal, Papa, die tut nichts Unrechtes — da muß ich mich frei lich verstecken! Neben ihr komme ich nicht auf!" „Kindskopf!" schalt der Baron. Er sagte aber weiter nichts, um in Kraffts Gegenwart nicht unangenehme Er örterungen herbeizuführen. Der stand jetzt vom Tische aus und bat um die Erlaubnis, sich zurückziehen zu dürfen, da er noch einige Briefe zu schreiben habe. Für gewöhnlich hielt ihn der Baron noch im Gespräch fest und rauchte mit ihm eine Zigarre, während die Baronin sich meistens nach dem Abendessen gleich zurückzog; sie konnte Zigarrenrauch absolut nicht vertragen, und wiederum verzichtete der Baron nicht gern auf die gewohnte Abendzigarre. „Ich begreife nicht, Joachim," sagte die Baronin kurz, „wie du in des Inspektors Gegenwart alle möglichen Dinge hervorbringst und Gerda brüskierst! Was muß der Mann denken!" „Das ist mir egal! Er wird mir übrigens recht geben, denn Gerda ist manchmal unberechenbar!" „O weh, da geht es über mich her," sagte die, sich die Ohren zuhaltend. „Da möchte ich mich lieber gleich zurück ziehen! Es ist schon bald neun vorüber; wir haben heut aber spät gegeßen, und ich bin müde! — Morgen früh nimmst du mich wieder mit, Pa', ja? Gute Nacht!" Sie küßte ihrer Mutter die Hand, gab ihrem Vater einen freundschaftMM schlag auf die Schulter und ging dann hinaus. (Fortsetzung folgt.)