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den Angeklagten, während der Geschäftsführer und der Portier ihm beizuspringen suchten. Der Vertreter der An klage ersuchte um Erhöhung der Strafe. Das Gericht be ließ es bei einem Monat Gefängnis. Eine Bierpantscherei sei einwandfrei erwiesen. Das Verhalten des Angeklag ten sei besonders verwerflich, »weil es sich um ein Volks restaurant handle, wo Leute verkehren, die sich nicht oft ein Glas Bier leisten, dann aber für ihr Geld wenig stens einen unverfälschten Trunk fordern können. Eröffrmrrg her LniernaiionaLen postWerSZeichenaussieliung. In den Gefellschastsräumen des Zoo in Berlin fand die Eröffnung der Internationalen Postwertzeichen" ausstellung 1930 durch einen Festakt statt. Nach einer An spräche des Ausstellungsvorsitzenden, Professor Dr. E Stenger, der auf die große Bedeutung der Ausstellung hinwies, begrüßte der Reichspostminister die Ver sammlung. Die Ausstellung bringt u. a. bisher noch nicht gezeigte Seltenheiten von außerordentlichem Wert, di« unter stärkster Bewachung gehalten werden. Neben dem Ehrenvorsitzenden, Reichspräsidenten von Hindenburg, haben sich an den Arbeiten des Ehren ausschusses fast alle Vertretungen der fremden Länder in Berlin beteiligt. * Die Mauritiusmarke. Als eine der größten Sehenswürdigkeiten sind auf der Internationalen Postwertzeichenausstellung die berühm- , ten Mauritiusmarken, die die Sehnsucht aller Briefmarken- 'sammler sind, ausgestellt, natürlich unter Glas unk Rahmen. Die Mauritiusmarken — es handelt sich uw die erste Briefmarkenausgabe von Mauritius vom Oktober 1847, l Penny rot und 2 Pence blau — sind nicht, wie viel fach angenommen wird, die für Sammler wertvollsten und teuersten Briefmarken der Welt. Hoch über ihnen steht eine Brit. Guayana, von der es nur noch ein einziges Exemplar gibt, während die Mauritius immerhin in noch 25 Exemplaren vorhanden sind. Der Preis der Brief marken wird aber, wie man sich denken kann, nach ihre« Seltenheit bestimmt. Hindenburg an die „Zposta". Neichspostminister Schätzel verlas nachstehendes führen, ein schöner Erfolg beschieden sein. Von Hinden „Zur Eröffnung der Internationalen Postwcrtz zeichenausstcllung Berlin 1930 („Jposta") sende ich als deren Protektor meine herzlichen Grüße. Möge dci „Jposta", die sich die Aufgabe gesetzt hat, durch eine er lesene Zusammenstellung von Postwertzeichensammlungcri aller Länder die weltumspannende Bedeutung der Brief marke und der Philatelie der Öffentlichkeit vor Augen zu führen, ein schöner Erfolg beschieden sein. Von Hinden bürg, Reichspräsident." Der Reichspostminister wies dann darauf hin, daß Post und Briefmarkensammeln seit jeher miteinander verwachsen sind. Die Verbindungsbrücke beider sei die Briefmarke. Ohne die Briefmarke wäre der heute all« Kulturnationen der Erde umspannende Weltpost verein .undenkbar. Die Entwicklung der Briefmarke sei ein getreues Spiegelbild der Geschichte, der kulturellen und wirtschaftlichen Entwicklung der Nationen, ihres Aufstieges und Niederganges, ihrer Schicksale, ihres ge samten Lebens. Vor allem aber sei die Briefmarke das Symbol des Verkehrs. Angesichts der vielfachen und engen Beziehungen zwischen Philatelie und Post habe die Deutsche Rcichspost für die Internationale Postwertzeichenausstcllung einen besonderen Viererblock der neuen Wohlfahrts marken herausgebracht, um sie der Ausstellung als Zeichen innerer Verbundenheit zu widmen. Was man zu sehen bekommt. Die Ausstellung zeigt etwa 600 Einzelsammlungeu auf etwa 2000 Quadratmetern Wandausstellungsfläche und in etwa 50 Vitrinen die wertvollsten Sammlungen der Welt. Mit der Ausstellung ist ein Wettbewerb verbunden, dessen höchster Preis den Namen des Reichspräsidenten trägt. Unter den zahlreichen Ausstellungsgegenständen seien noch besonders einige Briefe aus der Marine post des bei den Falklandinseln gesunke nen Geschwaders des Grasen Spee erwähnt, die kurz vor der letzten Schlacht des Geschwaders an Land gebracht und während des ganzen Krieges dort ein gegraben gehalten wurden. Als Licht in meine Äugen kam Roman von Marie Blank-Eismann. 38. Fortsetzung Nachdruck verboten Sie wußte nicht, wie lange sie so gestanden hatte. Sie fühlte eins lähmende Schwere in allen Gliedern und ver mochte sich nicht vom Platz zu rühren. War der Spieler dort mit dem häßlichen, verzerrten Gesicht, mit den gierigen Au gen und den zitternden Händen, ihr Geliebter? Mußte sie den Weg hierher finden, damit sie ihn ohne Maske sah? Nein, nein, er war nur verführt worden, nur hereinge rissen in den Strudel und wartete vielleicht nur auf sie, damit sie ihn befreite. Da legte sie ihre Hand auf seinen Arm und sagte mit lei ser, zärtlicher Stimme, die alle ihre Liebe verriet, die um ihn bangte und zitterte: „Claus, komm mit!" Er starrte sie eine Weile wie geistesabwesend an, dann schüttelte er ihre Hand von seinem Arm, seine Augen fun kelten sie zornig an, und er zischte: „Was willst du hier? Gehe!" Renate glaubte, der Boden wankte unter ihren Füßen. Ein Nebelschleier tanzte vor ihren Augen. Sie krampfte sich mit den Händen fest um seine Stuhllehne. Nein, sie durfte ihn nicht in dieser Hölle lassen! „Claus," bat sie nochmals mit leiser Stimme. „Komm mit... in die Sommernacht..." Er aber hörte nicht mehr auf ihre Worte. Nur als sie nach einer Weile den letzten Versuch macht? und zaghaft ihre Hand auf seine Schulter legte, schob er sie unsanft zur Seite und fuhr sie an: „Geh, sage ich dir, geh, deine Nähe bringt mir nur Un glück." Erschrocken taumelte Renate zurück und klammerte sich an der Türklinke fest. Nur mühsam hielt sie die aufsteigenden Tränen zurück. 100 Zahn Bremerhavener Schiffsverkehr. Am Freitag hatte Bremerhaven Flaggenschmuck ange legt aus Anlaß des Tages, an dem vor 100 Jahren der Hafen eröffnet wurde. Der Hafen entwickelte sich in der Folge zu dem modernsten Passagierhafen der Welt. Der Norddeutsche Lloyd hat an Bürgermeister Bek- king (Bremerhaven) ein Telegramm gerichtet, in dem es heißt: Anläßlich der 100. Wiederkehr des Tac^s der In betriebnahme des alten Hafens und seiner Schleuse ge denken wir der engen Schicksalsverbundenheit Bremer havens und des Norddeutschen Lloyds und wünschen dem modernsten Passagierhafen der Welt auch weiterhin eine kräftige Aufwärtsbewegung. Llmhau auf -er Wartburg. Das alte Ritter Haus in neuer Gestalt. Auf der Wartburg ist während der Frühjahrs- und Sommermonate das jedem Wartburgbesucher wohl bekannte altersgraue Ritterhaus einem gründlichen Um bau unterzogen worden. Feuergefährlichkeit und Bau fälligkeit der alten Anlage machten durchgreifende Er neuerungsarbeiten nötig. Da das Ritterhaus mit dem daran anstoßenden Torgebäude an sichtbarster Stelle der Burg steht und zum Bestand deutscher Denkmäler der Vergangenheit gehört, mußte bei diesem Umbau mit aller Vorsicht und rücksichtsvoller Schonung des malerischen Äußeren verfahren werden. Dieser Arbeit Hai sich der be kannte Architekt Professor Bodo Ebhardt unterzogen. Das Ritterhaus enthält außer der geräumigen Wohnung des Kommandanten zwei Cranach-Gedächtniszimmer, in denen neben Erinnerungen an den jüngst verstorbenen langjährigen Kommandanten der Wartburg, Hans Lukas von Cranach, auch hervorragende Bilder seines berühmten Ahnherrn, des Malers Lukas Cranach, aufbewahrt werden. Prager Kundgebungen gegen Zialien. Angriffe auf d a s K o n s u l a t. Die in der Tschechoslowakei gegen Italien entstandene Erregung hält an. Sie hat ihre Ursache in der kürzlichen Hinrichtung von vier Slowenen bei Triest, die man politi scher faschistenfeindlicher Umtriebe beschuldigte. In der Nacht auf Sonnabend zog eine Gruppe in Prag, die nach einigen Nachrichten aus Kommunisten bestanden haben soll, vor das italienische Konsulat. Sie demonstriere gegen den Faschismus im allgemeinen und gegen die Erschießung der Slowenen im besonderen. Ehe die Polizei es verhindern konnte, flogen Steine. Mehrere Fensterscheiben gingen in Trümmer. Die Polizei nahm mehrere Verhaftungen vor. Ein Beamter des Außenmini steriums erschien in der italienischen Gesandtschaft, ent- kisbsn Äs 16 bkAuckSN ^35 Aller mckk, bei kenuliung einer Lir-okonler. Wie durch einen Schleier sah sie noch einmal das leiden schaftliche, verzerrte Gesicht Claus Prüsmanns, das jäh auf leuchtete, als sich ihm für einen kürzen Augenblick das Glück zuwandte. Ekel stieg in ihr auf, als sie die gläsernen Augen, die zitternden Hände sah, die hastig den Gewinn einstrichen und dann wieder nach dem Glas griffen uüd dabei auf das weiße Oberhemd den Wein verschütteten, daß es wie Blutstropfen leuchtete. Wie gejagt floh sie aus dem Zimmer. Ihre Schläfen hämmerten. Ihre Füße zitterten und drohten ihr den Dienst zu ver sagen, so daß sie im Nebenzimmer auf einen Stuhl fiel und erschöpft nach Atem rang. Durch die offenstehende Tür fiel ihr Blick noch einmal auf die Spieler. Keiner hatte den Kopf gehoben oder sich nur nach ihr um geschaut, als sie das Zimmer verlassen hatte. Jeder starrte mit gierigen, unsteten Augen auf die Kar tenblätter in seiner Hand oder auf die Geldscheine, die eine faszinierende Wirkung auszuüben schienen. Aus dem Saale aber lockte die Barkarole aus „Hoff manns Erzählungen": „O, Liebesnacht..." Sommernachtstraum! Vorbei... vorbei...! Da sprang Renate auf, eilte nach ihrem Zimmer, schob den Riegel ins Schloß und warf sich schluchzend auf ihr Bett. 15. Kapitel. „Gute Nacht — nee — es muß schon heißen: Guten Morgen, Prüsmann — denn die Sonne ist schon aufgegan gen — lassen Sie den Kopf nicht hängen wegen der paar Tausender, die Sie verloren haben — ein Mensch wie Sie kann doch nicht überall Glück haben — Glück in der Liebe " Mehr hörte Renate nicht, denn die Stimmen entfernten sich. Tiefe Stille herrschte. schuldigte sich und versprach Bestrafung der Demon stranten. Auch der tschechische Nationalrat, in dem alle Parteien vertreten sind, hat sich zu einer scharfen Kundgebung gegen die italienische Justiz entschlossen. Ungeachtet des Ein greifens des italienischen Gesandten erklärt er, er halte es für seine Pflicht, anläßlich der ungeheuerlichen Justifizie rung gegen die Verfolgung der slowenischen Minderheit Einspruch zu erheben. Man müsse unterscheiden können zwischen der Liebe zur Heimat und Äußerungen krank haften Hasses. Die Rechte der slowenischen Adriabevölke rung seien seit der Annexion vergewaltigt worden und das Triester Urteil könne nur als ein Hohn auf die Idee des nationalen Minderheitenschutzes angesehen werden. Wieder emKugzemnnaM m Frankreich Ein Verkehrsflugzeug vermißt. Seit Donnerstag morgen ist man ohne Nachrichten von einem französischen Verkehrflugzeug, das den Dienst zwischen Marseille und Algier versieht. Das Flugzeug hatte Marseille um 8 Uhr morgens verlassen und teilte einein halb Stunden später durch Funkspruch mit, daß oer Oel- druck auf Null gefallen sei. Es ist bisher nicht gelungen, eine Spur der Maschine aufzufinden. Man befürchtet, daß der Apparat zum Niedergehen gezwungen worden und bei dem orkanartigen Sturm, der seit 48 Stunden über Südfrankreich und dem Mittelmeer weht, gesunken ist. UnwetterWden in Frankreich. Wassers- und Feuersnot. Durch die schweren Univetter, von denen ganz Süd frankreich heimgesucht wird, wurde in Nizza und Men- tone für mehrere Millionen Franken Schaden angerichtet. Auch die nördlicher gelegenen Gegenden bei Lyon haben schwer gelitten. In einer Reihe von Häusern steht das Wasser etwa einen Meter hoch. Vom Sturm wurden Schornsteine und Bäume umgerissen und Häuser abgedeckt. In Roquemaure wurden durch Blitzschlag 15 Häuser eingeäschert. Unterredungen mit den Vombenlegern. Menschenleben sollten nicht gefährdet werden. Im Altonaer Bombenlegerprozeß wurde der Polizei präsident W e n t k e r - Harburg-Wilhelmsburg vernommen. Er war bei der Besprechung, die Regierungspräsident Herbst mit einigen der Angeklagten hatte, zugegen. Nach der Aussage des Zeugen Hai Ver Regierungspräsident die Absicht gehabt, die Angeklagten kenncnzulernen, um zu erfahren, was die An schläge eigentlich bezwecken sollten. Die Angeklagten hätten geantwortet, daß es so in Deutschland nicht mehr tveitergehen könne. Die Bauern müßten von Haus und Hof. Menschen leben sollten durch die Anschläge nicht gefährdet werden. Dr. Lütgebrune fragte den Polizeipräsidenten, ob für die Unterredung des Dr. Herbst ein Auftrag vom Untersuchungsrichter vorgelegen habe. Der Zeuge verneinte dies. Herbst und er hätlen den Untersuchungsrichter gebeten, diese Unterredung zu gestatten. Die Angeklagten hätten sich zunächst geweigert, ein« solche Unterredung stattfindcn zu lassen, da sie sich von Polizer- organen nicht vernehmen lassen wollten. Sie seien dann aber durch Kriminalkommissar Dr. Braschwitz darauf hingewiescn worden, daß sie hier nicht von Beamten ver nommen werden sollten, sondern daß der Regierungspräsident als Mensch zu Mensch mit ihnen sprechen wollte. Dr. Lütgebrune legte Werl auf di« Feststellung, daß, obwohl es sich um eine rein private Unter haltung gehandelt habe, in dem vorliegenden Strafverfahren davon Gebrauch gemacht worden sei. Kriminalkommissar D r. Braschwitz, der ebenfalls bei der Vernehmung zugegen war, bestätigte bei der Zeugenvernehmung, daß die Verneh mung einen unverbindlichen privaten Charakter getragen habe. AUsjeyenerregende Aussagen über Krau von Örtzen. Es folgte die Vernehmung des Rechtsanwalts Dr. E o n r a d - Berlin, der erklärte, er sei über Fragen, die das Verhältnis Volcks zu Frau von Ortzeit angcheü, z Ver schwiegenheit verpflichtet. Frau von Ortzen habe ihm aus drücklich erklär:, sie wolle ihn von der Schweigepflicht nicht ent binden. Frau von Ortzen habe ihm gelegentlich gesagt, „Volck tut alles, was ich will, er i st völlig in meinem Bann". Dr. Graf v. d. Goltz fragt, ob Frau von Ortzen sich der Ver haftung des Angeklagten Volck gerühmt und erzählt habe, Reichskanzler Dr. Müller habe ihr gesagt:, „Sie sind ja eine geborene Diplomatin." Dr. Conrad gab das zu. Frau von Ortzen habe sich stets ihrer ausgezeichneten Beziehungen zur Reichsregierung gerühmt und wiederholt von ihrem Freund Dr. Breitscheid aesvrocken. Vorsichtig öffnete Renate die Türe und spähte durch einen kleinen Spalt in den Korridor. Niemand war mehr zu sehen. Nur die ersten Strahlen der Morgensonne sielen durch das breite Treppenfenster in den Korridor und erfüllten den düsteren Gang mit Licht. Die Sonne! Nun war die Sommernacht vorüber! Langsam zog Renate die Türe wieder ins Schloß, schob wie mechanisch den Riegel vor und lehnte sich kraftlos an den Türpfosten. Sie war wie gelähmt. Ihre Augen starrten vor sich hin. Die Lider waren vom Weinen gerötet, das Gesicht verschwollen. Was war nur geschehen? Wie aus einem schweren Traum erwachend, blickte sie an sich herunter und erkannte, daß sie noch das gelbe Taft kleid trug. Das Festkleid. Ihre Hände begannen plötzlich an den feinen Haken zu reißen, so daß sie aufsprangen. Das Kleid fiel zu Boden. Renate stieg heraus und schleuderte es wie im Ekel mit den Füßen in die Ecke des Zimmers. Sie streifte mit fliegender Hast die seidene Unterwäsche ab und hüllte sich in das lange, weiße Nachthemd. Dann trat sie zum Waschtisch, goß frisches Wasser in das Marmorbecken und kühlte sich das heiße Gesicht. Aber das brennende Weh in ihrem Herzen wurde nicht still. Sie löste das tiefschwarze Haar und eine dunkelrote Rose glitt dabei zu Boden. Traurig blickte Renate auf sie nieder. Sie wollte sich schon nach ihr bücken, um sie aufzuheben und in eine Base zu stellen. Doch jäh wandte sie sich ab! Claus hatte ihr diese Rose während des Festes gebracht und sie in ihrem Haar befestigt. (Fortsetzung folgt.)