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Lokal-Anzeiger für Ottendorf-Okrilla und Umgegend 0 », «schilt Dirn«« > K tag, Donn««tag E Sonnabend. r B«Ann ««Preis: Monatlich , Mark, 1 ket^chrLnn.1 dnrch die Bote» ',— Mark. Ü t I» SaLe HSHrrer Gewalt (Krieg sd. sonit. sj N Ug«m»«lihir EtSrnnge» de» Betrieb«* der Zett»»g, dar Lieferanten od. d. Beförderung»» ll 0 EdickSkEtH hat der Bekehre keinen An- U sMMtz «q Sksrrung »der Nachlieferung »er « MW^^ar^ÄckqaVmegd.BeMgapreise*. »i riitrrhsltngs- Postftheckk-Krmto Leipzig Nr. 29148. Nummer ^20 SchrWekkmg, Dmck u. Verlag Hermann Rühle, Ottendsrf-OKMa. Freitag, den ^3. Oktober 1922 21» Jahrgang. Amtlicher Teil. Wohnungswesen. Dcr WobuungSverband DrcSden-Nrustadi Land gewährt^ für Frnmuchung selbständiger Wohnungen ohne Jnanspruch- nähme cmer Tauschwohnung Geldprämien, worauf hiermit! vesoude:« yingewtejm wird. Die Wohnungsnot hat sich! in unserer Gemeinde außerordentlich verschärft. Es wohnen! noch einige Familien in ganz unzureichenden Räumen, einige Familien haben demnächst die Heraussetzung zu gewärtigen, ohne daß dem Wohnungstausch eine anderweite Unterbringung möglich »st. D e Inhaber größerer Wohnungen werden da her auf die in Aussicht stehenden Geldprämien ausmerksam gemacht und g« beten, sich wegen der Freimachung von Räumen m»t dl« Unterzeichneten in» Einvernehmen zu setzen. Aus etwaige Wunsche wird Rücksicht genommen. Httendsrs-Hkrilk«, den 7. Oktober 1922. Der Gemeindevorstand. Oertliches und Sächsisches. <vtt«nd»rf.Vkrt!la, den ^2. Oktober z922. —* Am vergangenen Donnerstag veranstaltete die Kirch- gememve emen Fümabend. Nr den zwei Lehrfilmen „Rotyen- drug 0!) der Lauder" und „Bienenzucht" erschien aus der Leinwand der GwMm „Glaube und Heimat" nach dem altbekannten Drama von Schönherr. Er zeigte uns die Auswirkungen der Gcgenresormaüon in Salzburg. Dort hatte der öiaijcr Ferdinand befohlen, baß alle Lutherischen, Ketzer genannt, binnen drei Tagen oas Land zu verlassen hätten. Em junger Mönch fühlt sich mit getrieben, dem Katjci de» diesem schrecklichen und chustentumrsemdlichen Werke zu Helsen, verlüß; das Kloster und läßt sich vom Kaiser zum Ritter schlagen Dann macht er sich mit seinen Helfers helfern, den kaiserlichen Soldaten, an das Aufsuchen der Ketzer. So zieht er au der Hand der Plotestantcnitste von Hülle zu Hütte in Salzburgs wunderbaren, vom Film treu wieverySgebenen Bergland. Die evangelischen Glaubens- freunde, die schon durch den Anschlag an der Kirche vom Vorhaben des Kaisers unterrichtet sind, deren Bitte an höchster Stelle um Aushebung des AuSweisbefehlS erfolglos war, verhallen sich zumeist treu zu ihrem Glauben. So verließen die Getreuen alle ihre Heimat und stellten den Glauben über Heimat, Haus und Hos. Mancher von den zahlreich Erschienenen wird tief ergriffen einen Vergleich ge- zogen haben mit der heutigen Zeit. Die Feinde des Glaubens rühren sich allcr Orten und machen dem Christen in Betrieb und Oeffenilichleit das Leben schwer unv ver suchen die sreie, durch Slaalsgejetz sichergesttlltc Religions- Übung der Einzelnen und seine Zugehörigkeit zu christlichen Vereinen durch allerlei Terror und Spott zu verekeln. Es ist da« nichts Neues, sondern schon immer dagewesen. Und auch hier wieder wird der Kampf gegen Religion und Kirche da« Gute haben, daß aus der einen Sette die ver schiedenen Glaubensttchluugen, dir sich einst bekämpften, zum Zusammengehen und Zusammenarbeiten immer mehr ge- -wungen werden, und dasz der einzelne Christ vor die ernste Frage gestellt wird, offen sein Christentum zu bekennen, oder als Verräter einer heiligen Sache sich bloßzustellen. Und Tausende werden seststehen und durch Wort und Leben zeigen, daß auch heule, wie früher, der Glaube eine wunderbare Lebensmacht ist, die niemand trotz der ärgsten Mittel unter drücken ober au« dem Herzen reißen kann, und daß Luthers Worte Wahrheit bleiben, von der festen Burg vor allem im Schluß: Da» Wort fie sollen lassen stahn. Nehmen sie den Lud, Gut, Ehr, Kind und Weib, laß fahren dahin; fie haben» kein Gewinn, da« Reich muß un» doch bleiben. — Der Dollarkur» hat mit 3000 einen neuen Höchst stand erreicht. Vor einigen Wochen war der bisherige Rekord im freien Handel etwa 2600 gewesen, von dem er nach Abschluß de« deutsch-belgischen Wechselübereinkommen« wieder di« auf 1250 gefunken war. Nach mehrwöchiger Studililät, die zwischen 1300 und 1400 schwankte, nahm die Kursbewegung ihre Richtung wieder nach oben und ist jetzt mit 3000 aus ihrem bisherigen Höchststand angelangt. D-r Grund der diesmaligen Hauffe dürste einesteils in neuen stalken Devlscnkäufen dir Industrie und des Handel», zum Teil aber auch in dem niederschmetternden Eindruck zu fachen fern, den die letzten beiden Reichsbankauswetse im Auslande ausgeübt und zu stürmischen Abgaben deutscher Reichsbanknoleu geführt haben. Die Reparationskommisston wird nicht umhin können, von diesen Ziffern gebührend Notiz zu nehmen; sie mag daraus ersehe,;, welche Verheer ungen ihre Gewaltpolitik in der Finanzlage de« Deutschen Reiches angerichtet hat und welche zukünftigen Leistungen sie von dem ver rmen und ausgehungerten Deutschland noch ! wird verlangen können. Laußnitz. Hier wurde dieser Tage ein Fahrrad Marke „Marr" Nr. 192247 gestohlen. Kamenz. In Bernbruch find am 7. Oktober vorm. zwischen 7 und 9 Uhr mittels Einbruchs gestohlen worden: eine HerrenRemontoiruhr mit goldener Kette, eine goldene Damenuhr mit schwarzer Perlenkette, ein. Paar goldene Trauringe, ein silberne» Zigarettenetui, ein Herrenanzug, ein Gummimantel mit Gürtel, eine gestreifte und eine grün-grau melierte Hose, 5 Hemden, */, Dutzend weise Taschentücher, 2 Krawatten, 1 Handtuch, 1 Kopftuch, eine Brieftasche mit 1500 Mark Inhalt sowie Eßwaren. — In Brauna wurde bei einem Einbruch 12000 Mark in bar entwendet. — In Säuritz wurde einem Einwohner ein brauner, schwarzgesütterter Gummimantel, ein Paar neue gelb-braune Schnürschuhe und ein weicher grauer Filzhut im Gesamt werte von 13500 Mark gestohlen. Dresden. Von einem Automobil überfahren und schwer verletzt wurde am Montag obend auf dem Postplotze Frau Anna Drommrr aus Königsbrück- Sie sand Aufnahme im Krankenhaus- Friedrichstadt. — Zum Leichenfund eines Klotzscher Einwohners wird noch folgendes gemeldet: In ein schiefes Licht ist der Freund des toten Paul Mörbitz, Albert Reuter aus Dresden, ge raten. Seine Aussagen sind ganz widersprechend; die An gaben über die Reise, über den Vorgang selbst, über sein Benehmen in Zittau, als er merkte, daß Mörbitz fehlte, sind recht unglaubwürdig und raffen es immer wahrscheinlicher erscheinen, daß dis Beiden irgendetwas schmuggeln wollten und daß beim Abspringsu oder beim Werfen da» Unglück geschah. — Als am Dienstag ein Dienstmann und seine Ehe frau die in die Pilze gegangen waren, nach ihrer Wohnung in der Ziegristraße zurückkehrten waren in ihrer Abwesen heit ein Kleidnschrank nna eine Truhe mit all ihren Kleidungsstücken durch Feuer vernichtet worden. Pirna. In einer Privatwohnung wurden nachts etwa zwanzig Personen bei verbotenem Glücksspiel überrascht und zur Feststellung ihrer Namen nach der Polizeiwache ge bracht. Großenhain. Trotz Verbots haben am Sonnabend nachmittag etwa 500 bis 600 P:r?onen ein noch nicht ab- geerntcics Kartoffelfeld auf Naundorfer Rittergutsflur be treten und da» Feld widerrechtlich abgeerntet. Da glatter Felddirbfiabl vorliegt, sind die Erörterungen bereits durch die Kriminalpolizei ausgenommen worden. Es find im ganzen gegen 100 Zentner Kartoffeln im Werte von 35000 Mark gestohlen worden. Löbau. Infolge Brandstiftung wurde auf dem Nlederhof des Rittergutes Kottmarsdorf die massive, aus Granitsteinen ausgefühtte und mit Ziegeln gedeckte Scheune mit allem Inhalt vernichtet. Verbrannt sind u. a. ungefähr 2500 Zentner Getreide und zwei eingebaute Silos. Den Besitzer trifft durch die Brandstiftung ein Schaden von Millionen. Zittau. Ern Unfall hat sich im Stadttheater am Sonntag abend während der Aufführung der Operette „Der Vogelhändler" zugetragen. Im zweiten Akt fiel von der Galerie ein Opernglas einer in der Rangloge sitzenden jungen Dame auf oen Kopf. Die Verletzte mußte sich in ärztliche Behandlung begeben. Grimma. Am Sonnabend abend gegen 9 Uhr rannte das Pferd einer Gefährt», in dem sich der Tierarzt Planitz mit noch einem Herrn befand, an dem schwer über sichtlichen Bahnübergangs bei Trebsen gegen den vorüber- fahrenden Zug. Pferd und Wagen wurden zur Seite ge schleudert und Tierarzt Planitz au« dem Wagen gerissen und überfahren. Ein Fuß wurde ihm zermalmt. Dar Pferd de« Geschirrs wurde durch den Anprall getötet. Chemnitz. Am Sonnabend sind hier sämtliche Fenst-rreiniger wegen LohnLiffeieuM in den Streik ge treten. Marienberg. Auf noch unaufgeklärte Weise er folgte im Anbau der Schreitermühle während der Arbeits zeit eine Holzmehlexplofion. Das Feuer breitet« sich rasend schnell au», sodaß der ganze Raum ausbrannte. Der ent standene Schaden beträgt etwa eine Million Mark Annaberg. Am 27. September hat sich der hier wohnhafte, 43 Jahre alte Lsbensmittelgroßhändler Max Emil Strobelt auf eine Geschäftsreise in die Schwarzen berger Gegend begeben und am folgenden Tage, nachmittag von Rittersgrün aus an seine Ehefrau telephonisch mitge teilt, daß er zurückreisc und abend» wieder hier eintreffen werde. Strobüt ist aber nicht hier angekommen, auch ist seitdem kein Lebenszeichen mehr von ihm hier etngegangeu. Es muß angenommen werden, daß ihm der stark nervös ist entweder ein Leid zugestoben ist, oder daß ihm durch eine andere Person, die von seinem Besitz großer Posten kassierter Gelder Kenntnis erlangt hat, Schaden zugesügt wurde. Geld und Kreditnöte. Preissteigerungen und Lohnerhöhungen solgen einander in immer kürzeren Zwischenräumen, die natürliche Folge find schwere Stockungen im Zahlungsverkehr. Die Notenpreffe kann schon aus Mangel an dem für die Herstellung von Papiergeld notwendigen besonderen Rohmaterial nicht in dem Tempo Zahlungsmittel fabrizieren, wie die Wirtschaft zur Bewältigung der von Tag zn Tag wachsenden Geldum- setzung solche ansordert. Der Geldmarkt wird zum Hexen- kauzplatz, und man kann nur mit Schaudern an die unoer- meidliche Katastrophe denken. Es darf allerdings nicht übersehen werden, daß das Publikum an diesen Zustänven auch ein gutes Maß von Schuld trägt. Trotz ver Gefahr einer wetteren Geldent wertung hat die Notenhamsterei einen bedenklichen Umfang erreicht. Die Landwirtschaft, die so viel über Kredilnot klagt verfügt über enorme Notenbestände. Auch ein Teil uufere« Handels hat sich des bankmäßigen bargeldlosen Zahlungs verkehrs ganz entwöhnt und operiert bet seinen Geschäften nur noch mit barem Gelds. Der unscheinbarste Straßen- Händler schleppt dicke Notenpakete in seinen Laschen herum. Es ist nicht zu bestreiten, daß diese Erscheinungen in engem Zusammenhang« stehen mit Steuerangelegsnheiten. Der Zufluß von Geldern in die Sparkassen, Banken usw. hörte nahezu ganz aus, während andererseits die Gemeinden und privarwinschLftlichen Unternehmungen fortgesetzt mit größten Anforderungen an diese Institute herantreten. Der Monat September hat eine Hochflut von Kapitalserhöhungen indu strieller Gesellschaften und sonstigen Emissionen gebracht. Man denke nur daran, daß die A. E. G. ihr Grundkapital wieder um 300 Millionen auf 1,4 Milliarden Mark erhöht. Allein dieser Konzern hat in der Nachkriegszeit für 1,2 Milliarden Mark junge Aktien geschaffen. Die nächsten Wochen werden zeigen, daß der deutsche Kapitalmarkt diese riesenhaften Ansprüche trotz aller Geldentwertung nicht mehr zu befriedigen vermag. Eine sehr schlimme und sür den einzelnen Konsumenten sofort fühlbare Folge der herrschenden Geld- und Kreditnot zeigt sich am Lebensmittelmarkt. Der deutsche Einfuhr- handel ist heute nicht mehr in der Lage, sich bet seiner Ein deckung günstige Konjunkturen am Weltmarkt auszusuchen. Er muß kaufen, wenn er gerade Gelo hat, und kann auf die Preisverhältnisse im Ausland« kaum noch Rücksicht nehmen. Die deutschen Großbanken haben vor geraumer Zeit beschlossen, keine Devisentermingeschäft« mehr einzugehen. Infolgedessen muß der Getreidehandel die Devisen zur Be zahlung von Käufen im Ausland sich gegen Kasse beschaffen, während er im Inland über das gekaufte Getreide in der Regel erst nach mehreren Wochen verfügen kann. Aus diesem Zustand erklärt sich auch die emeute Stet erung d«» Dollars. Die vorübergehende Erleichterung am Geldmarkt ermöglichte den Importeuren die unter dem Druck der Geld; knappheit bisher zurückgestellte Devisenbeschaffung. E» kam hinzu, daß infolge ve« Maiskontigent« für die Sptrttu«- brennereien von dieser Seite große Posten Mai« im Au«- lande gekauft und entsprechende Deoisenbeträge «»geschafft wurden. Schließlich hat auch die Industrie ihre im Sept, unter dem Druck der Geldknappheit etwas gelichteten Devisen bestände durch erneute Käufe wieder ergänzt. Die deutsche Wirtschaft lebt nur noch von der Hand in den Mund. Die geringste Stockung im Zahlungsverkehr kann zu den heftigsten Erschüttemgen in der Industrie und am Arbeiismarkt führen. Die in den letzten Wochen in ganz Deutschland in beträchtlichem Umfange oorgenommeneu Betriebseinschiänkungen und Arbeitereutlaffungen zeigen bereit« wohin wir steuern. Wir gehen einem Winter bitterster Not uad heftigster sozialer Kämpfe entgegen.