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o o 8 88 8 cL o kZ c-^ o -r I 88 ä ZV 8 Lj! Lj! o ro t>s 88 N Zsnntags-Seilage Ni-.so Msaruttei- cageblatt 2Y.7. IYZS Der Träumer. Tine Geschichte von Hermann Göppert-Harlingerode. Hanns Caspar Bock war ein Träumer. Er ging hinter dem Pfluge her und spintisierte. Er hob seine Augen, die >!au waren wie der Himmel, den Wolken zu. Heere zogen a. Dort, die mit dem goldenen Rande, das waren die charen des lichten Helden Gustavus Adolphus. Und die >rt, die häßlichen, schwarzgelben Geschwader, die gehorchten m finsteren Scherklaas Tilly. Hanns Caspar Bock wußte mehr von dem großen Kriege ils andere. Aber er sprach kein Wort davon. Er schlug ieine Schlachten still für sich. Wenn er am Waldrande saß, vom Holzschlaa rastete und das trockene Speltbrot mit eiskaltem Quellwasser hinabspülte, dann lebte der Hang! Er wimmelte von kämpfenden, schreienden, jauchzenden Kriegern. Und Hanns Caspar Bock war mitten darunter. Er donnerte mit der Muskete. Er schwang die Pike. Er drang siegreich in das eisenumpanzerte Viereck der Feinde und nahm den Herrn Obristen gefangen. Aaa..ach! Hanns Caspar Bock atmete tief und glücklich auf, würgte das letzte Stuck Spelt brot hinunter und ging wieder an die Arbeit. Und wie er so am Waldrande hinschritt mit seinen langen, stakigen Beinen, da achtete er Wohl darauf, daß er kein Käferlein zertrat, das da geschäftig umherkief. — Hanns Caspar Bock zählte zwanzig Jahre. Es war nicht seine Schuld. Er hätte lieber älter sein und vor der Fahne kämpfen mögen. So aber tat er Knechtsdienft und träumte dabei. Dagegen half alles Spotten und Lachen der andern nichts. O du mein schönstes Himmelreich! Was würden sie erst gesagt haben, wenn sie gewußt hätten, daß der dösige Hanns auch Lieder machte! Es waren entsetzliche Dinger mit Düdeldi und Dummheiten und lang wie ein Mastbaum. Aber sie hatten doch einen Reim. Er sang sie nach seiner eigenen, wunderlichen Weise. Wenn er am Abend ferne von der Linde saß, einsam und ganz vergessen, und dem Reigen der Burschen und Mägde zuguckte, wenn er gar die Hanna sah, seines Herrn jüngste Tochter, dann schlug er am nächsten Tage keine Schlachten hinter dem Pfluge, sondern er sang halblaut seine Lieder. Und einmal hockte das wilde Kind Hanna hinter einem Brummelbeereubusch und belauschte den Sänger. Sie konnte es aber nicht lange aushalten. Sie mußte lachen. .Sonst wäre sie gestorben. Seither ging Hanns der Hanna vollends aus dem Weg«, denn er schämte sich schrecklich und bereute alle seine Sünden. * Es geschah übrigens auch, daß HannS Caspar Bock am Tische saß, den klobigen Holzlöffel in seiner Hand anstarrte und meinte, es sei des Herrn Kaisers Herrscherstab und er habe ihn erobert, Frieden gemacht unter den Christenmenschen und führe nun die Heere der Fürsten und Herren Wider Krabaten und Türken. Ei, wie zogen sie dabin! Wie blitzt« die Sonne in den blanken Gewaffen! Wie dröhnte die Lust vom Marschschritt! Der Träumer fuhr jäh empor. Wahrhaftig! Es dröhnte! Aber es war kein Marschschritt, sondern es war das furcht bare Gelächter der andern. Und am lautesten lachte des Herrn jüngste Tochter Hanna, die oben am Tisch saß. Da erkannte Hanns seinen Löffel wieder, fand die groß mächtige Schüssel ledig und ging hungrig davon. —- * Im September anno domini 1634 verschwand Hanns Caspar Bock. Sie schlugen eine Schlacht Wider versprengte Häuflein der Schweden. Der Träumer focht wach und glücklich mit. Aber als die Reihe der wütenden Bauern wich und er den Feuerschein über dem Dorfe sah, da vergaß er den Plan, den Herrn Obristen zu fangen. Er lief fort und fand seines Herrn Haus in Flammen. Er fand auch Hanna, die mitte« auf dem Hofe lag. Er hob sie auf und rannte nnt ibr davon Vem Walde zu. Er zitterte vor Angst, sie möchte tot seW Aber auf einmal, als sie dem Walde schon nahe waren, zog sie ihn an den Haaren. Da hielt er sttlle, fand, daß sie lebtg und putzmunter war. Er staunte sie an wie ein Wunders Wie hätte Hanna das ertragen können? Sie lachte nochg als Hanns allbereits zwischen den Fichten verschwunden war und der „freyen Reichs Stadt" Goslar zutrabte. -..Die Jahre gingen so dahin. Hanns Caspar Boch war fort und keiner fragte nach ihm. Das wilde Kind Hanna war längst eine Jungfrau g« worden, nach der sich die Burschen die Halse verrenkten. Aber das wilde Kind Hanna ging still seines Weges, schaute wenig nach rechts und links. So kamen die Pfingsten des Jahres 1649. Hanna stand? auf dem Hügel über dem Dorfe und guckte den Wald in den vor 15 Jahren einer hineingerannt war auf Nimmerwiederkehr. Und siehe, es trat einer herfür und ging sachte und! gesenkten Hauptes am Hange entlang. Er war angezoge« wie ein Soldat, aber der linke Aermel des Wamses hing leer von der Schulter. « Der Mann hielt am Bergrand, hob die Augen, die blau waren wie der Himmel und gastz erfüllt von Trauer, und schaute hinab auf seine Heimat. Er sah das Weib nicht, das da stand und starrte. Er hörte das Weib nicht, das auf zitternden Füßen herankam-l Und als es ihn rief und er sich jählings wandte, da strahlte« ihn des weiland wilden Kindes Augen an so voller . ««s voller. - - Ach, man kann es nicht sagen! Es ist viel zu schön» zu kostbar und zu heilig, um es auszusprechen. Und der Träumer brauchte auch keinen, der es ihm sagte. Sondern er erkannt« auf einmal alles. Da trat er, ein Held und Narr nach dem Herzen Gottes,, einen Schritt zurück und wies stumm auf den leeren Aermel Sre aber, die Hanna, schlang schweigend die Arme um de«. Heimgekehrten und küßte ihn. Unten im Lande, über dem der Friede des Herrn wie? ein goldener Schleier lag, läuteten die Glocken Pfingsten ei»^ Der SmMtk Eli« Mlsrsth. Skizze von Paul Zech. Der Grenadier Elias Wülfrath lag fünf Tage ununte« brochen im Feuer von La Maisonette. Hingabe, Material exponiertes Rad in der Maschinerie des Grabens. Längst schon mürbe und widerstandslos geworden. Greis von Angesicht, ds> Augenkreis in selbstgewählter Beschränkung klein, die Krafts der Nerven zerrieben, aber die Brust immer noch breit genug für das eiserne Kreuz. - Er bekam eS jedoch nicht, obwohl er vorqemerkt waq sondern geriet bei einem plötzlichen Sturmangriff der Senegal lesen in Gefangenschaft und hockte nun mit dreißig andere» Kameraden in einem französischen Dorfquartier. i Kalte, feuchtfaulige Luft war da in dem einen einzige» Kellerraum und ein kleines rundes Fenster. Draußen klirrte» und klappten die Wachen. Von dem unablässigen heftigen GH donner der schweren, großmäuligen Geschütze Amerika» schwankte das ganze Gebäude. 1 Niemand von den Gefangenen dachte an Flucht. Könnt» überhaupt nicht daran denken. Wie Tiere lagen sie auf den vom Geziefer zerfressenen Dielen und schnarchten oder stöhnten di» Zerrüttung und Erschütterung von fünf barbarisch wildep Gefechtstagen hinaus. Der Grenadier Elias Wülfrath lag urtt bezwungen von den Kräftelreisen des Schlafes. Er empfang ein rasendes Verlangen nach einer Zigarette. Die Franzosen hatten mit sicher fegenden Krallen feine Tasche« ausgekehrt. Ei chnalzte mit der Zunge, suchte erneu Halm Stroh und vea pürte, daß es gemein schmeckte. Irgend etwas, daS er ui« reuten konnte, legte sich auf seine Augen, so daß sie heq werden und schmerzhaft brannten. Es,war eine verdanrnsi