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Chinas Anklage gegen Japan. Die Rede Wellington Kus vor dem Völkcrbnndrat. In der Genfer Ratssitzung hielt der frühere chine sische Außenminister Wellington Ku eine mehr stündige Anklagerede. Er erklärte u. aJapan suche sich als „das sanfte Schaf" hinzustellen, das sich gegen „die wilde chinesische Bestie" verteidigen müsse. Die japanische Regierung gebe jedoch jetzt zu, daß die militärische Be setzung der Mandschurei nach einem lange vor bereiteten Plan erfolgt sei. Planmäßig habe die japanische Politik seit Jahrzehnten die Vereinheitlichung und Gesundung Chinas zu verhindern gesucht. Die Boykottbewegung gegen Japan richte sich gegen die fortgesetzte Vergewaltigung und Ungerechtigkeit der japanischen Politik. Der Völkerbund habe bedauerlicher weise bisher keine wirksamen Mitte! gefunden, die Durchsetzung seiner Beschlüsse zu erreichen. Der japanische Angriff auf das friedliche China stehe in seiner Rücksichts losigkeit einzig in der modernen Geschichte da. Der man dschurische Staat verdanke sein Bestehen lediglich der Politik des japanischen Generalstabes. Wellington Ku schloß mit der Forderung der sofortigen Zurück ziehung der japanischen Truppen als der ersten un erläßlichen Vorbedingung einer Regelung des japanisch- chinesischen Streifalles und vollständige Ersetzung aller China zugefügten Schäden. * Austalt zur SkichSerechtiguWdebatte. Eine erste Unterredung zwischen von Neurath und Simon in Gens. In Genf hat zwischen dem deutschen und dem eng lischen Außenminister eine erste Unterredung stattgefun den, die als Einleitung für die jetzt ununterbrochen folgen den diplomatischen Besprechungen über die Gleich- berechtigungssrage beurteilt wird. Auf ameri kanischer und auf englischer Seite vertritt man jetzt die Auffassung, daß eine Behandlung der Gleichberechtigungs frage im Rahmen der einzelnen Organe der Abrüstungs konferenz wegen des viel zu umständlichen Verfahrens nicht m öglich ist. Aus diesem Grunde wird der ur sprüngliche Gedanke eines Zusammentritts der fünf Großmächte — England, Deutschland, Frankreich, Italien und die Ver einigten Staaten — zur endgültigen Regelung der Gleich- berechtigungssrage wieder in den Vordergrund gerückt. Es wird hierbei geltend gemacht, daß die bisherige Be handlung dieser Frage ausweglos erscheint, da auf der einen Seite die deutsche Regierung ihre Rückkehr in die Abrüstungskonferenz von der grundsätzlichen An erkennung der deutschen Gleichberechtigungsforderung abhängig macht, während die französische Regierung eine Entscheidung über die praktischen militärpolitischen Folgen einer solchen Anerkennung zu nächst geklärt wissen will. Aus dieser außerordentlich schwierigen Lage bietet sich nach englisch-amerikanischer Auffassung nur der Ausweg engerer Verhandlungen zwischen den fünf Hauptmächten. Die deutsch-französischen Kandelsdertragsverhandlungen. Vorzugszölle und Devisen des chränkung. Die französische Abordnung für die deutsch- französischen Handels Vertragsverhand lungen ist in Berlin eingetroffen. Im Auswärtigen Anit fand eine Programmsitzung statt. Fast alle größeren Pariser Blätter widmen diesen Verhandlungen längere Artikel, in denen die Notwendig keit unterstrichen wird, daß Frankreich die Tarif freiheil wieder gewinnt. Der ehemalige Vorsitzende der französischen Abordnung des deutsch-französischen Wirtschaftsausschusses, Gignoux, veröffentlicht einen Artikel, in dem er vor überspannten Hoffnungen warnt. Was insbesondere Deutschland angehe, so habe die fran zösische Abordnung aber noch die Aufgabe, zu einem für Frankreich erträglichen Abkommen über die Devisen beschränkungen zu gelangen, hie es den deutschen Einfuhrhändlern augenblicklich unmöglich machten, die eingeführtcn Waren zu bezahlen. Es sei zwecklos, daß Deutschland gewissen französischen Erzeugnissen V o r- zugszölle einräume, wenn es auf der anderen Seite diese Vorteile durch Devisenbeschränkungen zu nichte mache. Hur unlerrr Primat Wilsdruff, am 22. November 1932. Merkblatt für de» 23. November. Sonnenaufgang 7"I Mondaufgang 1^ Sonnenuntergang 16^-1 Monduntergang 13 1845: der Bildhauer Karl Begas geb. Holzeinschlag. Wenn die letzte Wintersaat in der Furche ist und die letzte Rübenfuhre eingemietet, dann beginnt nach der ur alten Arbeitseinteilung des Landwirtes der Holzeinschlag. Bis in die städtischen und staatlichen Forsten im Umkreis der großen Städte kann man gegenwärtig die Bewegung beobachten: Beim grauenden Tag harren am Waldrand oder irgendwo an einer Kreuzung der Schneisen die Holz fäller des Försters, der ihnen die Arbeit anweist, und des Vorarbeiters, meist „Regimenter" genannt, der sie be aufsichtigt. Arbeitskräfte bieten sich gegenwärtig in so großer Zahl an, daß nicht alle berücksichtigt werden können. Junge und alte, viele Arbeitslose aus der Industrie dazwischen, führen sie Axt und Säge, und im Rucksack neben Essen und Trank für den oft weitentlegenen Arbeitsplatz schwere Keile mit sich. Wo nicht ganze Jagen kahlgeschlagen werden, hat der Forstbeamte vorher die schlagreifen Stämme mit einem Beilhieb in die Rinde gekennzeichnet. Und bald tönen die gleichmäßigen Hiebe der Äxte, die Sägen singen, und mit wuchtigem Dröhnen fällt der Baumriese auf den Waldboden nieder. Schnell wird er entästet. Schon haben sich Leute mit Handwagen ein gefunden, um die Aste und Zweige zu zerkleinern und als willkommenes Brennholz heimzuführen. Die großen Stämme aber werden in Abschnitte zerlegt. Die wertvoll sten sollen in die Sägemühle wandern, um Balken, Sparren und Bretter zum Bau von Haus und Hausrat HGWM, MWnWM-re M Meldehunde Ein Besuch beim Infanterie-Regiment 1V. Dresden, 21. November. Es ist keine Frage, daß sich Strategie, Gefechtsentwickelung der Truppe, Bedeutung der Unterführer für den Verlauf der Kampfhandlung und anderes mehr seit dem Krieg grundlegend geändert haben. Es ist aber auch ebensowenig eine Frage, daß in unserer Armee in tiefem Ernst eine Arbeit geleistet wird, die unserer großen Tradition würdig ist. Eine Arbeit, die sich stützt auf die Kraft einer dem Tageskampf entrückten nationalen Pflichtauffassung, die in der Geschichte wurzelt und die der Fels ist, an dem schließlich ein mal der ganze politische Irrwahn unserer Zeit zerschellen muß, wenn Deutschland bestehen soll. Die Presse war zu Gast bei der Reichswehr, dem Infan terie-Regiment 10, Stunden, schön und reich an wertvollen und interessanten Eindrücken. Oberst Bolze machte den liebens würdigen Führer. Zunächst durch die schöne Kaserne. Alte Waffen hängen an den Wänden und Bilder aus einer glor reichen Vergangenheit. Die Mannschaftsstuben behaglich und wohnlich eingerichtet; Blumen überall an den Fenstern, auf den Tischen. Und Bücher auf kleinen Gestellen. Hinter der Kaserne, auf welligem und holzbestandenem Gelände, ist das schönste Maschinengewehrgeknatter im 'Gange. Hier ein paar Stahlhelme, tief in herbstliches Gesträuch ge duckt. Dort ein paar vorwärts huschende feldgraue Gestalten — schon hat sie der Erdboden verschluckt . . . aus den Grä ben und Sappen knallen jetzt die Schützen. Hinter Bäumen, Erdhügeln, Mauern und Wänden haben sich die Gegner ein genistet, Schützen, die sorgsam ihr Ziel suchen und bedächtig feuern. Ja, bedächtig! Die einst bestgerüstete Armee der Welt hat heute nicht einmal genügend Platzpatronen! Muß sich auf den besonders hergerichteten Schießständen mit dem billigeren Kleinkaliber begnügen. Und das Maschinengewehr jagt beim Schnellfeuer nur einen halben Ladestreifen durch. Schwer lastet die Fessel von Versailles auf unserer Truppe, die — will sie auch nur theoretisch so etwas wie moderne Kriegführung lernen — zu 'Holzgeschützen und Blechpanzer wagen ihre Zuflucht nehmen muß. So ist die Truppe bewaff net, wie es wohl vor dreißig Jahren modern gewesen sein mag; heute aber ist sie damit nicht einmal zur wirksamen Ver teidigung befähigt. Dabei dieses prachtvolle Menschenmaterial —> aber Blechatrappen und Holzkanonen. Man ballt die Faust! Ja — die Fessel des Versailler Vertrages drückt, ihr Druck wird immer unerträglicher. Man geht zu den M.G.-Schützen, zu dem Entfernungs- schätzer, zu der Fliegerabwehr, stellt einige Fragen — knapp, sicher und erschöpfend gibt der Schütze Auskunft über Gefechts auftrag und die Lage. And man gewinnt den Eindruck: die Männer, die dieses Heer erzieht, sind vollendete Soldaten, das heißt, selbständig denkende und selbständig handelnde Krieger, keine Drillautomaten. Es ist eine wahre Freude, unsere Neichswehrtruppen bei der Arbeit zu beobachten. Wie Katzen klettern sie die Tele graphenmasten hinauf, und im Nu ist der Fernsprechanschlutz hergestellt. Nun soll nach einer anderen Richtung eine zweite Leitung gelegt werden. 500 Meter Kabel. Die legt der Melde hund der Truppe. Unbedingt zuverlässig und schneller als je des andere Beförderungsmittel. Ein kurzer Ruf des Hunde führers — und in langen raumgreifenden Sätzen jagt der Hund über das Gelände zu dem zweiten Führer, der das Ka bel von dem Halsband des Hundes löst und in der nächsten Sekunde schon den Hörer an das Ohr preßt. Man sieht, der Hund ist auch heute noch eines der wichtigsten und beliebtesten Mittel, um vor allem Meldungen von besonderer Tragweite, Anforderungen von Unterstützungen und Reserven auch durch schwerstes Feuer und durch vergastes Gelände hindurch nach rückwärts an die Befehlsstelle zu bringen — und zwar meistens dann, wenn das Radio durch Dazwischenfunken gestört ist, die Telefonleitungen zerschossen sind, und das schönste Blink licht wegen Nebels versagen muß. Dann bewährt sich der Hund, der schon dem Frontkämpfer ein treuer Kriegskamerad war. Heute hat jedes Infanterie-Regiment 24, 'jedes Artillerie- Regiment 12 Meldehunde. Weit mehr als früher hat heute die Infanterie auch das Pferd in ihren Dienst gestellt. Die Ausbildung der Reit- und Zugpferde geschieht nach den bewährten Grundsätzen der Reit- vorichrift. Für kranke Pferde ist ein besonderes Lazarett ein gerichtet, in dem sie ständig unter ärztlicher Kontrolle und Be handlung stehen. Man kann im Rahmen eines Zeitungsaufsatzes nicht alle die Eindrücke schildern, die man empfing. Interessant noch die neue Einheitsgruppe, die Oberst Bolze zum Schluß vorführte, und die man wohl schon bei Marschkolonnen gesehen hat. In straffer Haltung und tadellosser Marschordnung rückte die Truppe vorbei. Die neue Anordnung — drei leichte M.G. und dahinter der Schützentrupp — prägt mehr dem Charakter der Kampfgruppe und gestattet deren leichte Entfaltung. Was man aber in den wenigen Stunden sah, gab ein in struktives Bild von der vielgestaltigen Ausbildung des moder nen Infanteristen. Es waren Stunden, aus denen man neue Zuversicht und neue Kraft schöpfte. Ls waren aber auch Stun den der Selbstbesinnung. Uns hat das Schicksal weiter zu leben und zu kämpfen befohlen. Dieser Befehl des Schicksals muß ausgeführt werden. Der Befehl heißt: Deutschland. Und des wegen gilt es für uns, Zähne zusammengebissen, Tritt gefaßt und weiter. Weiter auf dem Marsch nach dem Deutschland der Ehre, das kommen wird, wenn aus dem brodelnden Chaos der Zeit wieder die Männer empvrsteigen und den Deutschen voranschreiten auf neuem Pfad. Dann wird der Sinn der Schlachten des Weltkrieges sich erfüllen und aus dem teuren Blut unsrer Toten wird die neue Nation geboren sein, die das neue Deutschland der Zukunft sich errungen hat! abzugeben. Auf bestimmte, vorgeschriebene Matze werben andere zerschnitten, die als Grubenholz im Bergbau ver wendet werden oder die zu Holzwolle oder anderen industriellen Zwecken verarbeitet werden. Und schließlich bleibt der Nest, der als Kloben oder Rollen in den Back herd oder in den wärmenden Stubenosen gehen soll. Aber bis dahin ist noch lange Zeit. Das Grubenholz wird vorerst geschält, das Klobenholz mit Keilen auf- gespalten, und dann werden beide aus genau nach Raum meter berechnete Stapel gelegt, vom Forstbeamten mit einer Nummer gezeichnet und ausgetrocknet, bis sie frei händig oder aus der Versteigerung ihren Käufer finden werden. Teilweise wird das Holz auch in Selbstwerbung ver geben. Die Leute, die es schlagen, übernehmen es selbst, nachdem es vorher ebenfalls gestapelt und der Wert ent sprechend berechnet worden ist. Die H o l z a r b e i t i st e i n e s ch w e r e A r b e i t, zu der man nur gesunde Leute gebrauchen kann, und sie ist auch nicht ohne Gefahren. Selbst erfahrene Holzfäller kommen durch einen stürzenden Stamm oder durch ein ab gleitendes Veil gelegentlich zu schwerem Schaden, und Während der Tätigkeit gilt es alle Sinne anspannen. Aber zum Plaudern findet sich nachher, bei der Essenspause am wärmenden Feuer, auch noch eine Weile, und dieses Lagern um die qualmende Glut mit seinen Erinnerungen an Ur wald und Urzeit hat auch seine Poesie! . Nur ist die Sorge auch in den deutschen Wald ern- gezogen. Früher war der Wald die Sparbüchse so gar vieler Kleinbauern, in die man emmal greifen konnte, wenn ein notwendiger Neubau oder sonst eine unvorhergesehene Ausgabe es nötig machten. Jetzt ist das Holz selbst zur Hälfte des Vorkriegspreises schwer abzusetzen, und der Einschlag und mit ihm die Verdienst- Möglichkeiten zahlreicher Arbeiter sind darum in den staat lichen wie in den privaten Wäldern sehr beschränkt worden. * Die Fälligkeit der Hypotheken. Durch eine neue Verord nung des Reichspräsidenten wird das Recht des Gläubigers, die Rückzahlung von dinglich gesicherten Forderungen zu ver langen, bis zum 1. April 1934 hinausgeschoben. Diese Maß nahme war erforderlich, da es einem Schuldner zurzeit nicht möglich ist, sich eine Ersatzhypothek zu beschaffen. Aus diesem Grunde ist bereits die Fälligkeit von landwirtschaftlichen Hy potheken bis zum 1. April 1936 hinausgefchoben worden. Eine ähnliche Vergünstigung besteht, wenn auch aus anderen Er wägungen, für die Schuldner von Kündigungshypotheken, de nen ein Kündigungsschutz bis zum 31. Dezember 1933 gewährt ist. Die Vewrdnung bezieht sich auch auf bereits fällige Hypo theken, jedoch dann nicht, wenn die Fälligkeit durch einen be sonderen Anlaß, z. B. den Verzug mit den Zinsen herbeige führt worden ist. In diesem Falle kann aber der Schuldner den Zahlungsaufschub beanspruchen, wenn er binnen einem Monat die rückständigen Beträge nachbezahlt. Den Interessen des Gläubigers ist dadurch Rechnung getragen, daß er im Falle eines dringenden Bedarfs der geschuldeten Beträge das Amtsgericht mit dem Anträge anrufen kann, daß die Hinaus schiebung der Fälligkeit ganz oder teilweise unterbleibt. Abge sehen von Tilgungshypotheken findet die Verordnung insbe sondere keine Anwendung auf Aufwertungshypotheken, aus landwirtschaftliche Hypotheken sowie auf Kündigungshypothe ken, insoweit andere Schutzbestimmungen gelten, auch nicht aus Hypotheken, die zur Sicherung eines bankmäßigen Personal kredits und ähnlicher kurzfristiger Darlehen dienen. Das Geschästsleben wird nach einem „überaus miesen" Sommer wieder reger. Die Geschäftshäuser eröffnen mit neuen, schönen Artikeln die Saison und statten ihre Schaufenster zu wahren Sammlungen allerschönster Dinge aus. Doch diese Schau allein genügt nicht. Durch den Inseratenteil der Zeitung muß unbedingt nachgeholfen werden. Zeigen Sie an, was Sie zu verkaufen haben! Ersuchen Sie uns um Entwürfe! Holen Sie von uns Kostenanschlääge ein! Bieten Sie ihrer Konkur renz die Stirn durch eine gut ausgezogene Werbearbeit durch die Zeitung. Rückerstattung für unbenutzte Fahrkarten. Bei der Erstat tung von Beträgen für nicht abgefahrene Fahrkarten ist es von dem reisenden Publikum als eine gewisse Härte empfunden wor den, daß Beträge unter 50 Pfg. nicht zurückvergütet wurden. Namentlich berührte dies eigenartig, wenn die nicht abgefah rene Strecke etwa 40 Pfg- kostete. Nun soll in dem Rücker stattungsverfahren eine Verbesserung erfolgen. Wie man er fährt, ist bei der Reichsbahn eine Aenderung der bisherigen Vorschriften bereits eingeleitet worden, so daß in einiger Zeit von allen beteiligten Dienststellen auch geringere Beträge als 50 Pfg., also bis 20 Pfg. im allgemeinen, erstattet werden sol len. Den Neichsbahn-Verkehrsämtern ist schon aufgegeben worden, von jetzt an hiernach zu erfahren und gegebenenfalls auch weniger als 20 Pfg. zurückzuzahlen, sofern der Fahrgast einen Rechtsanspruch auf die Erstattung hat und auf Auszah lung besteht. * Herbststurm — Hrbstabevd. Von Liselotte Luft-Wilsdruff. Heber die Stoppeln fährt der Wind, heulend, jodelnd. In wildem Wirbel tanzt das bunte Laub. Wolkenmassen stürmen am Himmel dahin. Nebelfahnen, Rauchschwaden ziehen über das braune Schollenland. Die hohen, schlanken Pappeln beu gen das stolze Haupt und die Obstbäume am Straßenrand ächzen und stöhnen. Die Natur wogt und wühlt, der Himmel ist aufgepeitscht und heulend singt der Sturmwind sein Lied. Auf der Landstraße kämpft ein Mensch mit dem Orkan. Langsam — Schritt für Schritt. Vielleicht ist's ein Bettler, ein Walzbruder oder Vagabund! Der dünne Mantel flattert, und durch die vielen Löcher und Löchlein spielt der Wind. Wirr hängen schwarze Haarsträhnen in ein braungebranntes, mageres Gesicht. Anten bei den Stiefelspitzen guckt von Zeit zu Zeit die große Zehe hervor. Jung ist er noch und doch keine Arbeit, kein zu Hause, kein täglich Brot. Wildes Verlangen, brennende Sehnsucht stürmen durch sein Herz und durchzausen es wie der Sturm die Bäume. In ohnmächtigem Zorn ballt er die Hände: „Welt wie bist du hart! Könnt schon längst ein Heim haben, könnt glücklich leben! Warum? Warum habe ich keine Arbeit?" Er wandert weiter, der Unbekannte, von einem Ort zum andern. Unbekannt, ungeachtet. Oede, men schenleer liegt die Straße da. Der Wind fegt Laub und Staub über sie hin. Herbstabend! — In warmes Gold taucht die rote Abend sonne die Häuschen, Gehöfte und Gärten. Wie Blutstropfen leuchten die Weinblätter. Buntes Kastanienlaub raschelt leise. Irgendwo singt eine Schwalbe ihr Abschiedslied, wehmütig und weich. Durch die Luft zittert ein weher Ton. Ein Ton von Sterben und Scheiden. Die Schatten der Nacht wachsen, und immer stiller und einsamer wird es. Der alte Bauer Jahn sitzt mit seiner Frau auf der Bank unter der alten Buche. „Nun ja, da fitzen wir nun so vor unserm Heisle und es ist Abend geworden bei uns. Siehste, wie die Blätter fallen, so geht's mit uns auch bald. — Weißt noch, wo du und ich die zwei tollen Nachbarskinder warn? Du mit den langen Zöpfen, ich mit dem blonden Haarschopf? And dann, wie wir unser eigner Nest bauten. Wie die Kinder groß wurden, unsere beiden Wei testen starben? Ich sehe noch den Tag, wo unser Fritz nach Amerika ging und unsere Frida in die Großstadt. Anser Herr gott hat uns nicht verlaßen. Dank sei ihm!" Zwei alte, harte Hände schieben sich ineinander. Ei» klei nes, fahles Blatt segelt in den Abend.