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^ 90. 21. April 1910. Nichtamtlicher Teil. Nachfolger vereinigt. Am I. März 1874 ging die Zeitung in den Besitz von Heinrich Bertelsmann, in Firma C. Bertels mann in Gütersloh, über. Am 1. Januar 1880 gründete Wilhelm Bertelsmann eine eigene neue Buchdruckerei am Gadderbaum mit Hinübernahine des Formulargeschäfts, und die Firma I. D. Küster Nachf. ging in den Alleinbesitz der Firma C. Bertelsmann über. Am 1. April 1901 trat Alfred Kaeller, der seit 1879 das Geschäft geleitet hatte, als Teilhaber (neben dem jetzigen Inhaber, Herrn Johs. Mohn) in die Firma I. D. Küster Nachf ein. In der Zeit der Fremdherrschaft in Deutschland entstanden, haben die »Öffentlichen Anzeigen« die gewaltige Erhebung des deutschen Bolkes, den Sturz Jeromes und Napoleons unmittel bar miterlebt. Sie und ihre Nachfolgerinnen, das »Bielefelder Tageblatt« und die »Westfälische Zeitung«, haben den wichtigen industriellen Aufschwung von Stadt und Provinz aufmerksam verfolgt, über ihn berichtet, selber durch ihn sich fördern und tragen lassen. Aus dem bescheidenen Quartbande der »Öffent lichen Anzeigen des Distrikts Bielefeld« wurde das größere For mat der »Öffentlichen Anzeigen der Grafschaft Ravensberg«, »zu gleich Bielefelder Kreisblatt und Kreisblatt des Kreises Halle i. W.«. Später mußte das Format für das »Bielefelder Wochenblatt« dem vermehrten Inhalt der Zeitung entsprechend weiter vergrößert werden. Aus dem Wochenblatt, das dreimal wöchentlich erschien, wurde infolge der täglichen Ausgabe das »Bielefelder Tageblatt«. Schließlich erhielt die Zeitung mit Rücksicht auf die ausgedehnte, über den engeren Kreis erweiterte Verbreitung im ganzen nord westlichen und östlichen Westfalen den heutigen Titel »West fälische Zeitung«. — Dem streng reichstreuen Blatte, das von den Redakteuren Richard Anhäuser und Otto Bachmann in musterhafter Weise geleitet wird, außerordentlich vielseitig im Inhalt ist, insbesondere dem Gewerbe, dem Handel, der Land wirtschaft seine Sorgfalt zuwendet und dessen Geschäftsleitung allen Zeitanforderungen gerecht zu werden sich bemüht, darf beim Nahen seines hundertsten Jahrestages recht aufrichtig gewünscht werden, daß es dem ersten Jahrhundert weitere glückliche Zeiten anreihen, ein zweites Jahrhundert, vielleicht gar noch deren mehrere überdauern möge. * Literarischer Ratgeber über die neuesten Erscheinungen belle tristischer und populärwissenschaftlicher Literatur. Merkblatt für Leser, Leihbibliotheken, Lehranstalten, Volksbüchereien. Unter Mitwirkung hervorragender Fachmänner heraus gegeben von vr. Otto Gramzow. Verlag: CE Klotz in Magdeburg. 2. Jahrgang. Mit einer kleinen Veränderung im Wortlaut des Titels ist am 1. April die erste Nummer des zweiten Jahrgangs obigen Ratgebers, der kritische Umschau unter den literarischen Neu heiten hält, erschienen. Auf welche Weise er seine Aufgabe als zuverlässiger Ratgeber in der Praxis lösen wollte, ist im vorigen Jahre beim Erscheinen der ersten Nummer in diesem Blatt (1909, Nr. 88, S. 6488) ausführlich mitgeteilt worden. Dieses Programm scheint sich bewährt zu haben, denn die den zweiten Jahrgang einleitende Betrachtung »Kritik und Kritiker« teilt mit Befriedigung mit, daß das Blatt den Weg in die Kreise gefunden hat, für die es bestimmt ist. Der Sortimentsbuchhandel habe in ihm ein sehr Weg bahne und der Tätigkeit von Autoren und Verlegern eine weitreichende Resonanz schaffe. Erwähnt sei die Bitte des Herausgebers an die Verleger, ihre Verlagswerke noch schneller, wenn möglich vor dem Erscheinen im Buchhandel einzusenden, damit die Be sprechung schneller erfolgen könne. Daß es für Verlag und Sortiment aber schadenbringend ist, wenn schon vor dem Erscheinen im Buchhandel, in literarischen und anderen Zeitungen ausführlich von den Büchern gesprochen wird, ohne daß der Buchhändler dann der entstehenden Nachfrage sofort dienen kann, ist in unserm Blatt schon oft geklagt worden. Also sollten die Besprechungen keines falls eher veröffentlicht werden, als bis das Buch allgemein versandt ist, sonst »verpufft« die beste Besprechung und schadet fast mehr, als sie nützt. Der letzten Nummer des 1. Jahrgangs war auch das ver sprochene Jahresregister über die zur Besprechung gelangten Bücher beigegeben. Nicht weniger als 741 Bücher haben im vergangenen Jahre Beurteilung gefunden. Hinter den einzelnen Titeln stehen die betreffenden Seitenzahlen, dann die den Inhalt des Buches kennzeichnenden Buchstaben (a für jedermann, b für Damen, c für Herren, d zur Lagerhaltung des Sortimenters, e für den Bahnhofsbuch handel, f Ernstes, g Humoristisches). Dabei ist die für den Buchhändler praktische Einrichtung getroffen worden, daß der Buchstabe d (für das Sortimentslager) in eine besondere Rubrik gestellt ist, sich also ganz besonders heraushebt. Außer dem finden sich neben den gewöhnlichen d auch halbfette d. Das kann doch nur bedeuten (eine nähere Erklärung fehlt), daß die mit halbfettem d bezeichneten Bücher für ganz besonders wert befunden worden sind, auf dem Sortimentslager vorrätig gehalten zu werden. Zu diesen auserlesenen Neuerscheinungen wurden von der Redaktion gezählt: Anders, Parnassus — Bartsch, Haindlkinder; Rokoko; Elisabeth Kött — Carlyle, Friedrich der Große (Berlin, Warneck) — Engel, Literaturgeschichte — Ernst, Semper -- Falke, Ohlsens Gang — Geiger, Goethe — Greinz, Michael Senn — Hohlfeld, Erde — Hohrat, Lied des Meeres — Kiclland, Napoleon — Kotzde, Jugendbuch — Kröger, Des Reiches Kommen — Kröger, Krumbholtz — Kurz, Fortunatus — Liliencron, Gute Nacht, letzte Ernte — Liman, Kaiser — Löns, Mümmel mann; braunes Buch; Kreucht und fleucht — Marcks, Bismarck - Niese, Minette — Rosegger, von Liebe reden — Skowronnek, Verlobungsschiff — Sperl, Richiza — Straßer, Weltreise — Wolf, Tiroler Treue — Zahn, Kommen und gehen. So bildet das Jahresregister ein brauchbares Hilfsmittel bei Lager ergänzungen. * Der Streik im Werkvertrag. — Im »Arbeitgeber«, Mitteilungen der Hauptstelle deutscher Arbeitgeberverbände, unter zieht Justizrat vr. Fuld in Mainz die Frage, wann ein Streik als höhere Gewalt anzusehen ist und hiernach den Unter- nehmer von den Verzugsfolgen befreit, einer eingehenden Unter- suchung. Er betont, daß der Streik im allgemeinen nicht ohne weiteres als höhere Gewalt anzusehen ist, sondern daß je nach den konkreten Umständen des Einzelfalles diese Frage entschieden werden muß. In diesem Sinne sprechen sich nicht nur deutsche, sondern auch ausländische Urteile aus. Bemerkens wert ist nach Fuld, daß in der Rechtsprechung auch der Gedanke verwertet wird, ein vorsichtiger Unternehmer müsse unter den heutigen Verhältnissen mit der Möglichkeit eines Streiks bei Übernahme von Verpflichtungen bis zu einem gewissen Grade rechnen. In einer Entscheidung des schweizerischen Bundesgerichts vom 30. November 1906 wird gesagt: »Solche Streike bilden in den heutigen Zeiten der wirt schaftlichen Kämpfe zwischen Arbeitgebern und Arbeitern eine dem Gewerbebetrieb, namentlich auch im Baugewerbe derart inhärente Erscheinung, daß der Betriebsinhaber mit ihnen rechnen muß, da sie für ihn durchaus voraussehbar sind, und es muß jeder vor- sichtige Unternehmer bei der Eingehung größerer Verpflichtungen mit der Möglichkeit ihres Eintritts rechnen.« Justizrat Fuld kommt zu dem Ergebnis, daß der Unternehmer, der ganz sicher gehen und sich nicht dem Risiko aussetzen will, das mit der richterlichen Würdigung der Verhältnisse des Einzelfalles regelmäßig verbunden ist, unbedingt die Streikklausel mit seinen Abnehmern ver- einbaren muß. * Postscheck. (Vgl. Nr. 60, 52, 54, 55, 56, 59, 60, 68, 73, 81, 88 d. Bl.) — Weiter gemeldete Postscheckkonten: Firma: Po st scheckamt: Konto-Nr.: Wilhelm Diebener Leipzig 4107 Finanzverlag Alfred Neumann G. m. b. H. Berlin 6073 * Ein Schillerfund. — Herr Ottomar Keindl in Prag, der Verfasser einer geschätzten Biographie Friedrich Theodor Wischers, veröffentlicht im »Prager Tageblatt« ein von ihm in schwer leserlicher, teilweise unorthographischer Abschrift auf gefundenes Gedicht Friedrich Schillers, eine »Trauer-Ode auf den Todt des Hauptm. Wildmaister«. Richard Weltrich sagt von diesem Gedicht in seiner Schillerbiographie (Bd. I, S. 798): »Das Gedicht (Carmen auf Wiltmeister) ist aller Nachforschungen 615