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so, 21. April 1S10. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. 4749 (vr. Wagner ^Sachsen):) also 60 Jahre länger als in dem ersten Beispiel, bei dem die Fa milie des Ernährers so früh beraubt wird. Ich meine, es wäre richtiger, wenn man die Bestimmung zum mindesten dahin ab änderte: »Der Schutz endet, wenn seit dem Tode des Urhebers 30 Jahre und außerdem seit der ersten Veröffentlichung 60 Jahre abgelaufen sind.« Das hätte den Vorteil, daß dann unter allen Umständen wenigstens ein Schutz von 50 Jahren einschließlich der Lebenszeit des Urhebers herauskommt. Für die große Mehr zahl der Fälle würde das keine Veränderung herbeiführen. Im Durchschnitt kann man wohl recknen, daß ein Künstler in der Fülle seiner Lebenskraft seine großen Werke schafft, also in einem Lebensalter, wo er im Durchschnitt noch 20 Jahre lebt. Aber in den Fällen, wo es an sich schon furchtbar hart ist, daß der Ernährer der Familie in der Jugend stirbt und dadurch verhindert ist, noch neue Werke zu schaffen, die seine Familie ausreichend sicherstellen können, da finde ich ungerecht, den Schutz vom Tode ab nur 30 Jahre dauern zu lassen gegenüber dem langen Schutz, den ein Mann genießt, der für sich und seine Familie das Glück hat, ein hohes Alter zu erreichen, und der bis dahin auch so viel Gründe der Gerechtigkeit dafür, hier eine Änderung vorzunehmen, und ich möchte anheimgeben, ln der Kommission nach der Rich tung Erwägungen anzustellen. Wesentliche Änderungen bringt, wie der Herr Staatssekretär hervorhob, die Vorlage in der Ausdehnung des Schutzes der und Einschränkungen, die nach der Konvention gegeben sind, in ausgiebigster Weise Gebrauch gemacht wird, sondern daß wir uns auch im wesentlichen nach den allgemeinen Bestimmungen der Berner Konvention in dieser inneren Gesetzgebung richten werden. Es hat deshalb keinen Zweck, über die Frage der Zweck mäßigkeit dieser Ausdehnung des Schutzes uns jetzt in große Debatten einzulassen. Jedenfalls sieht man hier wieder einmal, wie sonderbar oft die Geschichte gesetzlicher Bestimmungen ist. Erst gab die Berner Konvention von 1886 die Tonwerke der Ver vielfältigung durch mechanische Musikwerke frei und stellte die Förderung der Industrie von mechanischen Musikwerken in den Vordergrund. Als dann das Reichsgericht eine einengende Aus legung vornahm, wurde sofort der deutsche Gesetzgeber tätig und verabschiedet das Gesetz von 1901 so, daß das Urheberrecht die Übertragung eines Tonwerks auf mechanische Werke zweifelsfrei nicht umfaßte. Fortan soll aber das Gegenteil gelten. Wir sind mit dem Grundgedanken des Schutzes vor mechanischer Wiedergabe von Tonwerken einverstanden. Ich möchte mir aber erlauben, als Anregungen für die Kommission einige Bedenken hier mitzuteilen. Das eine Bedenken bezieht sich auf § 2 Absatz 2. Dort ist gesagt: Wird ein Werk der Literatur oder der Tonkunst durch einen persönlichen Vortrag auf Vorrichtungen für Instrumente übertragen, die der mechanischen Wiedergabe für das Gehör dienen, so steht die auf diese Weise herge stellte Vorrichtung einer Bearbeitung des Werkes gleich. Das gleiche gilt, wenn die Übertragung durch Lochen, Stanzen, Anordnung von Stiften oder eine ähnliche Tätig keit geschieht, und die Tätigkeit als eine künstlerische Leistung anzusehen ist. Und nun kommt das, wo das Bedenken einsetzt: Im Falle des Satz 1 gilt der Vortragende, im Falle des Satz 2 derjenige, welcher die Übertragung bewirkt, als Bearbeiter. Das ist an sich richtig. Aber nehmen Sie nun den Fall, der doch auch häufig vorkommt, daß jemand im Aufträge eines andern, in dessen Fabrikbetrieb die Übertragung auf das mechanische Instrument vornimmt, dann soll nach der Fassung dieser Be stimmung nicht etwa derjenige, der den Auftrag gibt, der den Mann bezahlt, als der Bearbeiter und Urheber gelten, sondern der Mann, der z. B. das Lied auf die Walze hineingesungen hat, soll, trotzdem er dafür bezahlt worden ist, noch das Urheberrecht behalten. Eine solche Fassung würde zu erheblichen Streitigkeiten führen. Man stelle sich vor, ein Fabrikant sagt zu einem be- Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 77. Jahrgang. rühmten Sänger, er möchte von ihm einen Gesang auf die Walze haben. Der sagt: gut, für 2000 Mark mache ich das, — und singt hinein. Wenn nun der Fabrikant die Walze verviel fältigen will, dann kann ihm nach der angegebenen Fassung der Sänger erwidern: nein, für die 2000 Mark habe ich nur hinein gesungen, dieses Honorar war nur für den Akt meines Gesanges, das Urheberrecht steht mir aber zu, und wenn du meinen Gesang verwerten willst, mußt du mir noch eine besondere Gebühr zahlen, erst dann trete ich dir das Urheberrecht ab. Oft wird man dazu kommen, zu sagen, hier liegt auch ein stillschweigender Vertrag vor auf Übertragung des Urheberrechts auf den Auftraggeber. Jedenfalls gibt die Fassung zu Zweifeln Anlaß, und es will mir scheinen, daß es besser wäre, wenn man klar bestimmte: »Ist diese Tätigkeit erfolgt im Aufträge oder im Gewerbebetrieb eines andern, so soll im Zweifelsfalle der Auftraggeber als Bearbeiter und damit als Urheber gelten.« Ich glaube, daß das im Inter esse der beteiligten Industrie läge. Ein anderes Bedenken bezieht sich auf tz 12 Ziffer 5, wo es heißt: Die Befugnisse des Urhebers erstrecken sich insbesondere: 6. auf die Übertragung des Werks auf Vorrichtungen für Instrumente, die der mechanischen Wiedergabe für das Gehör dienen usw. Ich meine, daß die Bestimmung in dieser Allgemeinheit zu einer Benachteiligung unserer Exportindustrie führen kann. Wir haben immer noch eine ganze Anzahl Länder, wo die Vervielfältigung durch mechanische Musikwerke freigegeben ist. Unsere Industrie von mechanischen Musikwerken ist nun eine außerordentlich blühende und kann vom inländischen Konsum allein nicht leben; sie führt einen ganz erheblichen Teil ihrer Werke ins Ausland aus. Ihre Konkurrenzfähigkeit wird beschränkt, wenn sie hier für Werke, die sie in den Ländern absetzt, wo kein Schutz für die Ur heber besteht, eine Gebühr zahlen muß. Es ist zu erwägen, ob man nicht, um die Auswanderung eines Teils dieses Industrie zweiges zu verhindern, eine Bestimmung dahin treffen kann, wo nach den Fabriken, die in solche ausländische Staaten exportieren, für solche Produkte, die sie nachweisbar nach dort ausgeführt haben, Befreiung von den Folgen des Schutzes eingeräumt wird. Ich gebe zu, daß die Frage der technischen Durchführbarkeit einer solchen Bestimmung auch sehr zu prüfen ist. Ich will es hier auch nur angeregt haben, damit es in der Kommission weiter in Erwägung gezogen wird. Jetzt komme ich auf die Bestimmung betreffs der sogenannten Zwangslizenz. Sie bedeutet eine Einschränkung des neu zu ge währenden Schutzes von Werken der Tonkunst gegen mechanische Wiedergabe. Ich glaube, daß die Vorschriften in §§ 22 und 22«. Anlaß zu einer Menge Streitigkeiten geben werden. Es ist der dringende Wunsch der beteiligten Industrien, mit Streitigkeiten über die Angemessenheit der Lizenzgebühr möglichst verschont zu bleiben. Es handelt sich zumeist um Tonstücke, die nur auf eine kurze Zeit, in dieser allerdings eine ganz besondere Beliebtheit haben. Wenn sich in solchen Fällen die Unternehmer erst in langwierige Verhandlungen einlassen müssen, so können sie nicht vorher kalkulieren und können die Zeit, wo das Stück zugkräftig ist, nicht ausnutzen. Da würde besser sein, wenn man eine be stimmte Gebühr festsetzen würde. Die Begründung der Vorlage meint allerdings, das wäre eine Schablonisierung und würde der individuellen Beschaffenheit des einzelnen Werkes nicht gerecht. Ich meine aber, wenn es in Amerika möglich ist, die Frage prak tisch zu lösen, so sollte es auch bei uns gehen. Die Amerikaner haben folgende Bestimmung: Ist irgend jemandem die Benutzung eines Tonwerkes für solche Instrumente vom Autorschutzberechtigten zugestanden worden, und hat letzterer hiervon dem 6op^riAdt Oküeo in Washington Mitteilung gemacht, so darf zwar jedermann das Werk ebenso benutzen, aber nur gegen Benachrichtigung des Schutzberechtigten und gegen Bezahlung einer Tantieme von 2 Cents für jedes in Anpassung an das Instrument hergestellte Stück (Scheibe, Rolle usw.). Diese Bezahlung kann durch besondere im Gesetz normierte Vorkehrungen sichergestellt und auch gerichtlich, aber nur auf dem Wege der Zivilklage erwirkt werden. Also eine feste Gebühr, mit der der betreffende Unternehmer sofort rechnen kann. Nun braucht man aber nicht einmal eine fixe Gebühr festzusetzen. Man könnte bestimmen: 613