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Die „Vttendorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners, tag und Zonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich I Mark. Durch die Post bezogen t,2v Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntaggbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie -er abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Annahm« „i Inserat«« bi, »armttta- i« Nh«^ «Jnsrrat« wrrdrn mit Pf für di« Spattz«tl« berechn« LabellartscherZSatz nach besonderem Laris Druck und Verlag vor. Hermann Rühl« in Groß-Vkrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Dkrilla OerMches und Sächsisches. Vttendorf.Okrilla, den 2>. Juni MS — Schont die Felder! Jetzt, wo die Korn blume und die rotleuchtende Ackerwinde blühen, liegt besonders für die Kinder die Versuchung nahe, die Blumen zu pflücken. Stehen sie am Rande des Feldes, so wird niemand dem Pflücken der Blumen wehren, denn der Land mann sieht sie überhaupt nicht gern; für ihn sind sie Unkraut. Leider begnügen sich aber nicht nur Kinder, sondern auch unvernünftige Erwachsene nicht mit den Blumen, welche sie leicht erreichen können, sondern treten oft weit in das Feld hinein die Halme nieder, sodaß sämtliche Gänge in den Getreidefeldern zu sehen sind. Da ist wohl die Mahnung am Platze, die Felder zu schonen, sie nicht zu betreten und Wegen einer einzigen Blume eine ganze Anzahl reifende Aehren zu vernichten. UeberdieS kann eine solche Rücksichtslosigkeit noch Bestrafung Nach sich ziehen, und jeder Landwirt sollte, trifft er solche Feldverwüster an. diese unnachsichtlich der Behörde zur Bestrafung überliefern. — Eine Lchrerzählung fand am 20. Juni im ganzen deutschen Reiche statt. Es galt sest- zustellen, aus welchen Kreisen die Lehrer hervorgehen; außerdem erstrecken sich die ge gebenen Fragen auf die militärischen Ver hältnisse und die abgelegten Prüfungen. — Während bisher die Verpachtung der Bahnhofswirtschaften im Bereiche der sächsischen Staatseisenbahnverwaltung fast ausnahmslos im Wege der öffentlichen Ausschreibung, und zwar in der Regel auf sechs Jahre, erfolgte sind nunmehr, da sich dieses Verfahren nicht in allen Fällen bewährt hat, neue Grundsätze für die Vergebung von Bahnhofswirtschaften aufgestellt worden. In Uebereinstimmung mit den für Preußen und Bayern geltenden Grundsätzen hält es das Finanzministerium sür zweckmäßiger, daß in Zukunft auch bei der sächsischen Staatsbahnverwaltung von einer öffentlichen Ausschreibung der Bahnhofs wirtschaften dann abgesehen wird, wenn eine Weitervergebung der Wirtschaft an den seit herigen Pächter bezw. seine Erben erwünscht ist und der Pachtwert entweder der gleiche ge blieben ist oder der Pächter sich mit der von der Bahn-Verwaltung für angemessen er achteten Erhöhung des Pachtzinses für einver standen erklärt oder endlich der Antrag des Pächters auf Festsetzung eines geringeren Pachtzinses sür die neue Pachtperiode gerecht fertigt erscheint. In allen anderen Fällen, namentlich also dann, wenn ein neuer Bahn- bofswirt eingesetzt werden soll, oder wenn es sich um die Vergebung einer neuerrichteten Bahnhofswirtschaft handelt, oder auch wenn der bisherige Pächter auf die von der Verwaltung für angemessen erachtete Erhöhung des Pacbt- iinses nicht eingehen will, würde eine öffent- iiche Ausschreibung nach wie vor stattzufinden haben, sofern nicht im einzelnen Falle ganz be sondere Gründe hiergegen sprechen. Mit der Einführung dieses Verfahrens soll dem in die Erscheinung getretenen Uebelstande, daß oft sehr ßeeignete Bewerber die Einreichung von Gesuchen unterlassen, abgcholfen werden, denn M den Fällen, wo dann noch die Ausschreibung stattfindet, handelt es sich tatsächlich um frei- Werdende Bahnhofswirtschaften. Bei der bis herigen fest bestimmten Dauer der Pacht verträge von sechs Jahren soll es auch künftig verbleiben. — Ueber die Milttär-Luftschiffrr-Abteilung Nr. 75. Freilag, den 22. Juni 1906. 5. Jahrgang. Wegen Massenschuttes wird auf die Zeit vom 22. bis mit 26. dieses Monats der OtcriUn-llövkonckorler-LommunilviUiollSvvtzK — Flügel 0 — zwischen Schneise 14 und 15 gesperrt. Der Verkehr wird über Immnitn und Imussiiitx vermiesen. lE88llitL, am 19. Juni 1906. Königliche Forstrevierwaltung. und ihre Uebungen bei Zeithain berichtet der „Dr. Anz." u. a.: Das zur Zeit im Zeithainer Lager untergebrachte, aus etwa 7 Offizieren, 9 Unteroffizieren und 72 Mann bestehende Detachement, das mit Freifahrt- und Fessel ballons ausgerüstet ist, nimmt täglich an den Uebungen der dort untergebrachten Truppen teil. Der nach dem System Parseval-Siegsfeld her gestellte Fesselballon von länglicher, einer Zigarre ähnlicher Form, steht täglich über den Flächen des großen Platzes. Schräg zum Himmel ge neigt, ist er am Hinteren, unteren Ende durch einen länglichen, wulstsörmigen Ansatz, dem so genannten Kragen, verstärkt, der sich um jenes Ende noch herumlegt. Etwa unter der Mitte des Fesselballons hängt der Korb, ein enger Behälter, der eben nur zwei Mann knappen Raum bietet. Weiter nach vorn ist das den Ballon haltende Kabel angeordnet. Die Ballonhülle ist nicht so einfach gestaltet, wie eS wohl den Eindruck macht. Eine aus ge faltetem Zeug bestehende Zwischenwand gestattet es, daß die zum unteren Teil zuströmende Luft und das den oberen, den Hauptteil füllende Gas sich derart gegeneinander stellen, daß die zylinderisch« Form gewahrt bleibt. Der Kragen oder Windsack vermindert die Schwankungen des Ballons, die bei bewegter Luft sehr unangenehm empfunden werden würden. Eine gewiße Steuerung ist durch einen kleineren Ballon von ringförmiger Gestalt, die sogenannte Rose, gewährleistet der an einer Seite dr» Hauptballons befestigt ist und an dem noch rin Schwanz au« einem, Mehrere Segel tragenden Teil angebracht ist. Der ganze Ballon wiegt ca. Z*/, Zentner. Im allgemeinen werden im Feldt Lustschifferab teilungen nur den Armeekommandos beige geben, die sie in der Regel den Avantgarden angliedern werden. Dem Wunsch«, frühzeitig „zu sehen" den Ballon also bald zum Steigen zu bringen, wird stets da« Bedenken estgegen- stehen, daß der in der Luft schwebende Ballon dem Feind den Anmarsch kenntlich macht und daß der Ballon, soll er zum Strigen gebracht werden, in den hierzu erforderlichen 20 Min. etwa zwei Kilometer zurückbleibt. Den ge eigneten Zeitpunkt für das Steigen zu finden, wird deshalb stets Gegenstand eingehender Er wägungen bilden. Der „Ballontrupp" ent nimmt dem Gerätewagen die Hülle, auf die sich die Leute des Trupps werfen, um sie am Boden festzuhalten. Inzwischen hat der „GaStrupp" den Gaswagen durch eine Schlauch leitung mit dem Ballon verbunden. Jeder GaSwagen, von denen eS sechs pro Abteilung gibt, und von denen einige dem Gerätewagen unmittelbar, andere bei ver ersten Staffel der Munitionskolonnen und Trains folgen, enthält zwanzig stählerne Flaschen, deren jede 5 Kubik meter komprimierte« Wasserstoff-Gas saßt. Gleichzeitig mit „Ballon"« und "Ga«trupp" ist der „Korbtrupp" in Tätigkeit getreten, der den Korb befestigt. Dieser ist durch Stahldrahtkabel und Telephonkabel mit der Station zu ebener Erde verbunden Ein „Fernsprechtrupp" nimmt die vom Ballon kommenden Meldungen aus und übergibt sie Reitern und Radfahrern zur Weiterbeförderung. Der „Windetrupp" be sorgt am Windewagen das Aussteigen und Niederziehen des Ballon«, wozu etn etwa 1000 Meter langes, auf eine Trommel ge rolltes Seil dient. Ein „Vortrupp" hat dann, wenn der Ballon in der Luft schwebend über das freie Feld transportiert wird, dir Pfade zu ebnen. Der Zweck des „Reservetrupps" ergibt sich aus seinem Namen. Ein Offizier beobachtet aus dem Korb, ein anderer nimmt die ankommenden Meldungen ab, ein anderer überwacht die technische Handhabung. Die Beobachtung aus dem Ballon wird sich zu nächst auf Erkennung des feindlichen Anmarsches weiterhin auf Länge und Zusammensetzung der einzelnen Kolonien, auf die Entwicklung des Gegners, auf Feststellung seiner Flügel er strecken. Während des Gefechtes muß dauernd die Frontausdehnung und die Gruppierung der gegnerischen Streitkräfte im Auge behalten werden. Besonders wichtig ist es die Reserven festzustellen, Neben diesen der Leitung der eigenen Armee wichtigen Feststellungen ist die Wirkung der Artillerie zu beobachten. Von dem Ballon aus muß dem Artillerteführer mit geteilt werden, wo zum Beispiel der Feind ge schloffene Abteilungen 'zum Gegenstoß bereit hält. Unter Umständen wird ein Artillerie offizier mit in die Höhe steigen. Im allge meinen wird der Ballon auf großen Ent fernungen von der Artillerie des Gegners zu bedeutenden Höhen aufgelassen werden müssen, um ihn der Gefahr zu entziehen. Geht aber ein Ballon im Feuer verloren, so kann ein zweiter Ballon in 20 Minuten vom zweiten Zuge der Abteilung zum Steigen gebracht werden. Durch Veränderung der Steighöhe und häufiger Positionswechsel erschwert man dem Feinde das Einschießen. Ein Freifahrt ballon, stets Kugelballon, von 600 Kubikmeter Fassung, der mit Wasserstoff oder Leuchtgas zu füllen ist, wird stets einer Abteilung beigegeben, kommt aber seltener zur Verwendung. Seine einzigen Hilfsmittel zur Steuerung sind Ballast und Schleppseil. Er hängt ganz besonders vom Winde ab. Zu Meldungen bedient er sich der Brieftauben. Die Stelle, an der diese ge bildet werden, ist der photographischen Sektion angegliedrrt, die nebst einer funkentelegraphtschen Sektion zum Luftschiffer-Bataillon gehört. Dresden. Als am Dienstag vormittag di« Königin Wtttwe Carola von Villa Strehlen nach Dresden fuhr, um am Todestage de» ver ewigten Königs Albert in der katholischen Hofkirche zu beten, kam ein Pferd der Königlichen Equipage auf dem Neumarkt zum Sturz und mußte sofort getötet werden. — Der vom König zu lebenslänglichen Zuchthaus begnadigte Mörder Arno Hofmann ist heute früh an die Landesanstalt Waldheim überführt worden. Die Reise geschah unter außerordentlichen Vorsichtsmaßregeln. — Das hiesige Kgl. Schöffengericht ver handelte am Mittwoch gegen den 26 Jahre alten Priester Felix MIcszki« aus Wilna wegen Sachbeschädigung. Der Angeklagte hielt sich auf der Durchreise am 12. dieses Monats in Dresden auf und besuchte auch das Albertinum auf der Brühlschen Terrasse. MieSzkiS hat daselbst an einigen Statuen Körperteile abge schlagen. Der Angeklagte will dies getan haben, da er sich durch den Anblick der nackten Figuren verletzt gefühlt habe. Die Beweis aufnahme fand unter Ausschluß der Oefsentlich- keit statt. Das Gericht hielt 200 Mark oder 20 Lage Gefängnis als angemessene Strafe. Radeburg. Wegen Wilderns sind vor einigen Tagen im benachbarten Steinbach zwei Männer verhaftet worden. Auf das strafbare Handwerk der beiden «ar zunächst der in Diensten des Herrn Kammerherrn Freiherrn von Burgk-Schönfeld befindliche Jagdaufseher Zschätzsch aus Ober-Ebersbach aufmerksam ge worden, der einen Schuß fallen hörte und, als er diesem nachging, einen getöten Rehbock fand Ein Sohn eines der Wilderer, der von diesen ausgestellt und von dem Jagdaufseher überrascht worden war, ließ schließlich, von dem be nachrichtigten Gendarm in ein Kreuzverhör ge nommen, durch seine Aussagen die Täterschaft der beiden Festgenommen als erwiesen erscheinen, weshalb zu ihrer Verhaftung geschritten wurde. Einer der Verhafteten soll wegen Wilderns bereits vorbestraft sein. Zschi eschen. Am Mittwoch Vormittag gegen 12 Uhr trieb eine Windhose auf der Wiese an der östlichen Seite des Berliner Bahndammes zwischen Parkstraße und Berg- kellcr-Etabliffement ihr neckisches Spiel. Sie nahm mehrere Zentner Heu des WirtschaftS- besitzers L. in Zschieschen mit sich fort, ebenso von den gerade anwesenden Ernteleuten einen Strohhut, Schürzen, Westen und ein Paar Stiefeletten. Die Ernteleute boten in ihrer Angst durch schnelles plattes Hinlegen auf die Wies« ein orginelleS Bild. Die Stiefeletten fielen auf der Priestewitzer Chaussee nieder, gerade als ein Handwerksbursche daherpilgerte. Trotz des Glückes, so unvermutet zu einem Paar Stiefeletten zu kommen, äußerte der Un zufriedene doch den Wunsch, daß es ihm lieber wäre, auch noch den in der Luft weiter fort fliegenden Strohhut bei der herrschenden Hitze zu besitzen. Spansberg. Vorige Woche machte ein Dieb dem Wohnhause des Mühlenbesitzer« Herrn Hentschel einen nächtlichen Besuch. Er hatte eS auf den Geldschrank abgesehen. Die nötigen Werkzeuge suchte er sich erst in der Mühle. Bei seiner Arbeit aber wurde er durch Frau Hentschel überrascht, sodaß er ohne Geld von dannen ziehen mußte. Leipzig. Ein bedauerlicher Unglücksfall, der den Tod eines jungen, hoffnungsvollen Menschen herbeiführte, ereignete sich gestern nachmittag in der fünften Stunde aus der ver längerten Frankfurter Straße. Infolge einer Verkehrsstockung war ein Gymnasiast au« L.« Lindenau auf seinen Fahrrade sür wenige Minuten auf die linke Straßenseite gefahren und wollte zwischen der Bordkante und einem Lastgeschirr hindurch fahren. Dabei fuhr der Unglückliche mit seinem Rade an di« Bordkante an, er stürzte mit der Maschine, kam vor da» Vorderrad de« Lastgeschirres zu liegen und wurde auf der Stelle totgefahren. Der Tote heißt Erich Tröger. Er ist am 4. August 1890 in Hundshübel im Erzgebirge geboren, und wohnte bei Verwandten in der Amalien- straße in L.« Plagwitz. — Gestern vormittag fand in der Wrrkstatt eines Motorfahrradgeschäfte« in der Wächter« straße eine Benzinrxplofion statt. Der dort beschäftigte Monteur Spiegel war mit Reinigen eines Motorrades beschäftigt, wobei ein elektrischer Funke von dem Rade ab und in einen mit Benzin gefüllten Behälter gesprungen sein dürfte Dadurch explodierte das Benzin injdem Behälter und durch den entstandenen Luftdruck wurden eine große Anzahl Fensterscheiben eingedrückt. Der Monteur wurde an beiden Händen und im Gesicht verletzt. Er ward verbunden und dann nach der Sanitätswache gebracht. Der entstandene Schaden ist nicht erheblich. Wolkenstein. Der nachmittags gegen 3 Uhr von Jöhstadt in Wolkenstein eintreffende Güterzug hat am Montag auf dem am Bahnhofe Streckenwalde gelegenen Uebergange ein zweispänniges Geschirr des Ritterguts besitzers Schmidt aus Streckewalde angefahr«n, wobei das Geschirr die Böschung hinabstürzt«. Das eine Pferd erlitt schwer«, das andere leichte Verletzungen, von den Personen ist niemand zu Schaden gekommen. Annaberg. Ein Unglücksfall, wie er wohl zu den seltenen gehört, ereignete sich am Freitag in Grumbach. Der 23 Jahre alte Schiefer decker Otto Siegel aus Neugrumbach hatte die Kirchturmspitze vorzurichlen. Beim Ausüben seiner Arbeit brach die Turmspitze an der Stelle, wo er sich festhielt, ab und S. stürzte von dem ea. 30 Meter hohen Turme herab, fiel zunächst auf das Dach der Kirche, oon da auf da« Dach der Sakristei und von hier aus auf ein Bäumchen, welches zur Zierde auf einem Grabt stand. Der Abgestürztr wurde sofort von einigen Leuten, welche den gefährlichen Sturz mit an gesehen hatten, aufgehoben und untergebracht. Wie sich herausstellte, hat Siegel wunderbarer« weise keine erheblichen Verletzungen erlitten.