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Ottendorfer Zeitung. Die „Gttendorfer Zeitung« erscheint Dienstag, Donners- tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich z Mark. Durch die Post bezogen ,,20 Mark. Druck und Lokalzeitung für die Ortschaften Gttendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Hande! und Wandel", „Feld und Garten", „5piel und Sport" und „Deutsche Mode". Annahme von Inseraten bi, vormittag z» Uh». -Inserate werden mit zo Pf für die Spaltzrile berechn« Tabellarischer Satz nachs besonderem Tarif Verlag vor» Hermann Rühle n ^raß-Gkrilla. Lür die Redaktion verantwortlich Hermann Rühl« in Groß-Gkrilla Nr. 52. Sonnitag, den 29. April 1906. 5. Jahrgang. Oertliches und Sächsisches. Vttendorf-Vkrilla, den rs. April MS — Ein bevorstehender Wechsel im sächsischen Kriegsministerium? Die „Leipz. N. Nachr." schreibt: Dem Vernehmen nach geht der Krieg«- mlnister, General der Infanterie Freiherr von Hausen mit der Absicht um, demnächst von seinem Amte zurückzutreten. Die Gründe da zu find nicht genau bekannt, augenscheinlich handelt e« sich aber um Rücksichten auf die Gesundheit- Freiherr von Hausen bekleidet den Poften de» Krieg-Ministers erst seit ca. drei Jahren. Er wurde damals Nachfolger des verstorbenen Kriegsministers Edler v. d. Planitz. Anwartschaft auf den KciegSministerposten haben der Kommandeur der I. Division Nr. 23 Generalleutnant Graf Vitzthum von Eckstädt, der Bruder des kommandierenden Generals des IS. (2. Kgl. Sächs.) Armeekorps und der Kommandeur des Gardereiter-Regiments Oberst Krug von Nidda, Flügeladjutant Sr. Majestät des Königs. — Der kommende Wonnemonat beschert uns wenn wir dem hundertjährigen Kalender Glauben schenken dürfen, vom 1- bis 7. warme Tage. Alsdann sollen Gewitter auftreten, die zahlreiche, bis zum 17. anhaltende Nieder schläge im Gefolge haben. Vom 18. bis 24. dürfte auf gutes, wenn auch windiges Wetter zu rechnen sein, dann aber wären wieder rauhe Tage zu gewärtigen. Gegen Schluß des Monat« steht jedoch schöne Witterung zu er warten, Falb der Jüngere stellt einen sehr launischen Mai in Aussicht, der uns bald heiße schöne, bald wieder kalte und regnerische Tage Mit echtem Aprilwetter bringen wird. Im 8. sowohl, wie im 23. Mai erblickt Otto Falb kritische Tage höherer Ordnung. — Von nächsten Sonntag ab kommt in der evangelisch-lutherischen Landeskirche eine etwas geänderte Agende zur Einführung. Nach der neuen Ordnung ist hinter dem Bittruf und vor dem Lobpreis ein Gnadenspruch des Geistlichen eingefügt worden. Das Glaubens bekenntnis wird in Zukunft ohne Orgelbegleitung und Zwischenspiel gesungen. Vor ihm spricht der Geistliche: „Lasset un« vor Gott treten mit dem Lobopfer und dem Bekenntnis unseres christlichen Glaubens." — Auf Grund der Verordnung des Kgl. Ministeriums des Innern vom 4. Dezbr. 1882 findet auch in diesen Jahre eine Arbeiterzählung nach dem Stande vom 1. Mai statt. Der Rat wird in allen ihm bekannten Gewerbe treibenden der in Frage kommenden Arten Fragebogen zusenden lassen, die bis zum 5. Mai an das Statistische Amt in Dresden Töpferstraße 2, III zurückzuseuden sind. — Die sächsische Staatseisenbahnverwaltung hat bereits in einer Anzahl Personenwagen vierter Klasse Scheidewände und Aborte ein- bauen lasten. Diese Einrichtung wird zunächst >n weiteren 30 Wagen durckgeführt, In allen Personenwagen vierter Klasse werden übrigen« einige Haken zum Aufhängen von Kleidungs stücke angebracht werden. In einigen Wagen vierter Klasse befinden sich schon seit längerer Zeit Handhaken, an denen sich diejenigen Reisenden, welche auf den Bänken keinen Plaj finden, anhalten können. Mit derartigen Handhaben sollen auch die übrigen Wagen vierter Klasse ausgerüstet werden. Alle diese Verbesserungen lassen sich aber nur nach und "ach durchführen, denn die Wagen können selbstverständlich nicht sämtlich, sondern all mählich der Reihe nach in die Werkstätten ge bracht werden. Pirna. Zur Aussperrung der Bauarbeiter im Bezirke der Amtshauptmannschaft Pirna wird mitgeteilt, daß die Erregung der Ge müter wächst, sodaß Ausschreitungen stündlic zu erwarten stehen. So kam es am Donners wg und Freitag Abend an mehreren Stellen Pirnas zu größeren Ansammlungen von Streikenden und Ausgesperrten zum Zwecke der Belästigung von Arbeitenden, die !an Pirnaer Bauten beschäftigt sind. Den Arbeitswilligen muß daher auf dem Wege von und nach den Bauplätzen polizeilicher Schutz zuteil werden. Gegen die in Schandau verhafteten Personen dürste die Anklage wegen Landfriedensbruches erhoben werden. Der Exzeß in Schandau war brigenS so weit gediehen, daß seitens der Gendarmerie mit dem Gebrauch der Waffe ge droht werden mußte. Schmeckwitz bei Kamenz. Im Zwangs versteigerungstermine des auss komfortabelste eingerichteten Johannisbades Schmeck» itz bei Kamenz gingen die gerichtlich auf 268400 M. geschätzten Grundstücke um das Höchstgebot von >0 000 Mk. (I) an den Ziegelbesitzer Walther m Plauen i. V. über. Großenhain. Verdachtlos gestohlen wurde am Freitag abend aus dem Hofe eines hiesigen Gasthofes ein Fahrrad, das von einem Frauenhainer Gastwirte nur kurze Zeit dort eingestellt worden war. Mühlberg a. d. E. Die wüsten Aus- chreitungen der streikenden Maurer wieder- wlten sich trotz der getroffenen umfangreichen polizeilichen Maßnahmen auch Mittwoch und Donnerstag wieder. Die durch Gendarmerie verstärkte städtische Polizei sperrte die Boragker Straße, die von den Arbeitswilligen auf ihrem Wege von der Arbeitsstätte nach ihrem Quartier benutzt werden mußte, ab und ging Mehlich gegen die Exzedenten scharf vor. Liner der Haupträdelsfüheer wurde verhaftet; am Donnerstag erfolgten zwei weitere Ver- jastungen. Die Lärmszenen erreichten erst abends gegen 8 Uhr ihr Ende. Gegen eine Anzahl der Ruhestörer wird Anklage wegen LandfriedenbruchS erhoben werden. Lommatzsch. Die Sänger- und Humoristen gesellschaft Winter-Tymian hatte bet ihrem Auftreten im Schützenhause zu Lommatzsch nur ein leidlich besetztes Haus zu verzeichnen. Herr Direktor Winter-Tymian hatte sich daher am Schluffe der Vorstellung bewogen gefühlt, )em Lommatzscher Publikum wegen mangelnden Verständnis für die Leistungen seiner Gesellschaft eine Rüge zu erteilen. Dem empfindlichen Herrn war von einem Herrn aus dem Publikum gesagt worden, daß der schwache Besuch der Vorstellung wahrscheinlich auf die Enttäuschung zurückzuführen sei, die man von dem Auftreten der Gesellschaft im Vorjahre mit nach Hause genommen hätten. Was uns, so schreibt der „Lommatzscher Anzeiger" weiter, damals geboten wurde und auch Mittwoch wieder in kaum ver besserter Weise vorgeführt worden ist, ist kaum geeignet, uns jene hohe Meinung beizubringen die Herr Winter-Tymian offenbar nach seinem rhetorischen Ergüsse von vorgestern Abend von den künstlerischen Qualitäten seiner Gesellschaft besitzt. Das Benehmen war, das er vorgestern Abend dem Lommatzscher Publikum gegenüber zur Schau zu tragen für gut hielt, jedenfalls ebenso albern wie unerfroren. Neutanneberg. Hier wurden das An wesen des Maurers Leonhardt und das be nachbarte Grundstück der Witwe Birkner durch Schadenfeuer zerstört. Mügeln. Die bei dem Gutsbesitzer Schaa in Sornzig bedienstet gewesene Magd Schlege aus Neusornzig hat jetzt nach ^jähriger In haftierung cingestanden, den im Januar der dem Obengenannten erfolgten Scheunenbrand veranlaßt zu haben. Freiberg. Am 27. dss. Mts. haben sich 22 Personen wegen Beleidigung und Ver leumdung vor der hiesigen 2. Strafkammer zu verantworten. Die Beleidigungen richteten sich gegen den Superintendenten Häffetbarth, Leipzig. Eine Eifersuchtstragödie hat sich hier abgespielt. Der 1866 geborene Schlaffer F. A. Otto erschlug seine 27 Jahre alte Ehe frau Luise mit einem Beile und versuchte sich selbst dann bei Großzschocher in einer Sand grube zu erschießen, nachdem er noch ' den 34 Jahre alten Schlaffer Nägler durch einen Schuß in den Rücken verletzt hat.e. Otto, wie Nägler sind nicht lebensgefährlich verletzt- Die Familie Otto hatte drei Kinder. — Zu der Bluttat in Kleinzschocher chreiben die „Leipz. N. Nachr.:" In der dritten Etage des Hauses Eylhraer Straße 4 in L.-Kleinzschocher wohnt der Schlaffer Friedrich Adolf Otto mit seiner Familie. Er ist am 28. September 1866 in dem benachbarten Windorf geboren. Vor fünf Jahren — im Jahre 1901 - heiratete er die am 23. Feb ruar 1877 in Wahns, Kreis Meinigen, ge borene Anna Elise Hoeffel. Ihr Vater lebt etzt als Schneider in Weißenfels an der Saale. Die Ehe war anfangs glücklich. Später kehrte sie sich in das Gegenteil um- Schuld daran mögen wohl die schwieriger werdenden ErwerbSverhältniffe gewesen seien. Der Ehe entsprossen drei Kinder, dieZ jetzt im illter von drei bis fünf Jahren stehen. Kinder kosten bekanntlich Geld. Und Otto )atte oft kein Geld, weil er nicht fortwährend Beschäftigung fand. Das machte ihn nervös und unruhig, und so kam es wiederholt in der Familie zu unerquicklichen Szenen. Auch am Mittwoch abend. Otto kehrte in der elften Stunde nach Hause zurück- Die Kinder chliefen. Seine Frau lag ebenfalls zu Bett, ie war indes noch wach. Zwischen ihr und dem Manne entstanden aufs neue heftige Streitigkeiten. Otto konnte sich vor maßloser Wut nicht fasten. Er eilte zur Küche, ergriff das dort liegende Beil, stürmte an das Bett zurück und holte mit der Schärfe des Beils auf die wehrlos daliegende Frau zu tödlichem Schlage aus. Er hatte nur zu gut getroffen. Das Beil war auf die linke Schläfe der Un glücklichen herniedergesaust. Der Tod trat so- wrt ein. Bei dem Anblick der Toten mag >em Rasenden die Besinnung wiedergekommen ein. Er sah, was er angerichtet, und er wußte, daß er die Folgen zu tragen hatte. Bevor diese Folgen eintraten, wollte er sich aber noch an einem Manne rächen, dem er ganz unmoiivierterweise die Schuld an seinem Unglück zuschob. Das war der 34 jährige Schlaffer Hugo Nägler. Nägler hatte dem Otto, mit dem er vor Jahren bekannt geworden war, nur Gutes getan. Er hatte ihn u. a. in einer Stahlfederfabrik in L.-Plagwitz, wo er (Nägler) selbst beschäftigt war, in Arbeit ge bracht. Er hatte dafür nur Undank geerntet Otto feindete ihn an, einmal weil Nägler, eine tüchtige Arbeitskraft, mehr verdiente und dann, weil er ihm in Organisationsfragen nicht bei stimmte. Otto wußte, wo Nägler am Mittwoch abend war. Nägler hatte als Mitglied eines Gesangvereines Uebungsstunde im Gasthofe zum Trompeter in Großzschocher-WinSdorf. Von dort mußte er in der elften Stunde nach seiner in der Siemensstraße 30 in L-Klein- zschocher gelegenen Wohnung zurückkehren. Otto legte sich also, nachdem er, um leichter operieren zu können, seine Schuhe ausgezogen auf der von Großzschocher nach L.-Kleinzschocher führenden Landstraße in den Hinterhalt. Er hatte sich nicht geirrt. Nägler kam mit seinen Bekannten. Aus unmittelbarer Nähe gab Otto «inen Schuß auf ihn ab. Die Kuge streifte indes nur da« Jackett Näglers, si prallte an dem Hinteren Chemisettknopf zurüc und ritzte nur leicht die Haut. Otto floh querfeldein. Man konnte ihn trotz sofort auf genommener Verfolgung nicht einholen. Er war indes erkannt worden. Auf die erstattet Anzeige hin begaben sich Polizeibeamte nac seiner Wohnung in der Eythraer Straße. Hier ward den Einlaßbegehrenden nicht ge öffnet. Man holte einen Schlaffer- Jetzt bot sich den Eintretenden ein schrecklicher Anblick: im Bette die gräßlich verletzte Frau in ihrem Blute schwimmend. Die Kinder schliefen ruhig in ihren Betten, als ob nichts geschehen wäre Das blutbefleckte Beil lag in der Küche. Otto war nicht nach Hause gekommen. Er war au seiner Flucht über die Felder bis zu der b« ännten Sandgrube bei Großzschocher gelangt. Hier hatte er auf sich geschaffen. Die Kugel traf ihn unterhalb der Brust in den Leib. Es war dem Manne unmöglich, sich fortzu bewegen, So fand man ihn am Donnerstag morgen. Es ward seine Ueberführung nach dem Krankenhaus angeordnet. Hier wurde am Nachmittag eine Operation vorgenommen, die verhältnismäßig günstig verlief. Doch läßt sich zur Stunde noch nicht sagen, ob Otto am Leben wird erhalten werden können. — Flüchtig geworden ist nach Veruntreuung von zwei Geldbriesen mit 800 Mark Einlage der Expedient Emil Voß, geboren am 17. No vember 1882, der bei einer hiesigen Buch handlung angestellt war. Voß ist von schlanker Gestalt, er hat dunkelblondes Haar, bartloses jageres Gesicht- — In dem Platenschen Ktnderentführungs- Irozeß wurden vor dem hiesigen Landgerichte nach zweitägigen Verhandlungen das Haupt werkzeug Platens, Maler Lenk, der von Platen Summen von 200, 300 und 400 Mark er- galten haben, und von seiner Schwester, mit der Platen im Konkubinat lebt, immer zur Eile in der Entführungs-Angelegenheit an getrieben worden sein will, wegen Entführnng in zw.-i Fällen und Körperverletzung zu 1 Jahr 3 Monaten Gefängnis, die vier Helfershelfer Lenks wegen Entführung in einem Falle zu Gefängnisstrafen in Höhe von 3 bis 6 Mon. verurteilt. — Aus -einem Fenster der dritten Etage eines in Leipzig-Reudnitz in der Augustenstraße gelegenen Hauses fiel am Donnerstag nachmittag in Blumentopf herab und traf den aus der Schule kommenden 9 jährigen Kaufmannssohn ldam auf den Kopf. Der Knabe wurde be wußtlos nach Hause gebracht, wo er bald da rauf verstarb. Zittau, Unter Hinterlassung enormer Schulden verschwunden ist im benachbarten Oberoderwitz der Ziegeleibesitzer Polster nebst einem Buchhalter Lerche. Nachdem über da» Vermögen Polsters der Konkurs eröffnet worden, tst festgestellt, daß an Schulden vorhanden sind 207 500 M. Hypothekenschulden, 70000 M. Sicherheitshypotheken und aus d«n Grundstücken etwa 50000 M- Wechsel - Schulden und 90 000 Mark Buchschulden. Auch falsche Wechsel sind im Umlauf, jedoch tst deren Höhe noch nicht sestgestellt. Der großen Schuldenlast steht nur eine geringe Masse gegenüber. Man vermutet, daß sich Polster und sein Buchhalter nach Amerika gewandt haben, wo Polster schon früher gelebt hat. Der Buchhalter Lerche bat seine Frau mit 5 Kindern zurückgelaffen. Crimmitschau. Zugestimmt hat der Kreisausschuß Zwickau der Vereinigung der Gemeinden Leitelshain und Crimmitschau. Schönheide. Die Bürsten-Bohrer der Aktien-Bürstensabrik vorm. F. Lenk, die wegen Lohndifferenzen und Ausschluß von vier Arbeitern streikten, haben die Arbeit wieder ausgenommen. Die Firma ist den Ausständigen, deren An sprüche maßvoll waren, und die sich während der Streikzeit sehr taktvoll benommen haben, entgegengekommen. Zöblitz. In vergangener Nacht wurde in der hiesigen Bahnhofstraße der Leichnam der 30jähcigen Frau Alma Marie des Gasmeister» Graß von hier ausgefunden. Die Leiche war vollständig entkleidet. Zweifellos liegt Lust mord vor, von dem Täter hat man jedoch bis her noch keine Spur. Die auf so entsetzliche Weise ums Leben gekommene Frau war Mutter zweier unmündiger Kinder. Plauen. In der Droschke erschaffen hat sich am Donnerstag vormittag die aus Leipzig gebürtige, hier in Stellung gewesene 25jährig« Kellnerin Elsa Haberditzel. Während der Kutscher ahnungslos nach dem Schlachthof fuhr tötete sich die Lebensmüde durch einen Re- volverschuß in die rechte Schläfe. Liebeskummer ist das Motiv der Tat.