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207, L. September 1912. Nichtamtlicher Teil. vvrsenLlatt s. h. Dtlchn. vuchhandtt. 10221 Sühne finden mußte und ihre Sühne gefunden hat. Denn jede schuld rächt sich aus Erden. Wir werden aller ferner daraus lernen muhen, dag Znteressen,ragen sich niemals ourch Ma joritätsbeschlüsse lösen lassen, und daß sich neue Gedanken nur langsam vurchsetzen und erst dann zu Taten werden, wenn sie in das Bewußtsein der dabei Beteiligten über gegangen smo. Politik ist die Kunst des Erreichbaren. Es inogen sich dies auch heute alle diejenigen, die im Sturmschritt vorwärts wollen, vergegenwärtigen, es mögen sich aber auch diejenigen, die berechtigten Ansprüchen wioerstreben, sragen, ob sie auf die Dauer imstande sein werden, ihren Standpunkt sesizuhaileu, und ob es nicht besser sei, sreiwUtig einen Schritt dem Gegner entgegen zu tun, anstatt darauf zu warten, bis der Zwang der Verhältnisse ihnen die Waffe aus der Hand schlägt. Neben dem Kampf um die Festsetzung eines tzöchst- rabatls sind die Bestrebungen zur Schaffung einer Grundordnung zu erwähnen. Die Kämpfe, die die Be gründung einer Verkchrsordnung, einer Rcstbuchhandelsorü- nung, endlich der sv sehr angefeindeten Berkaufsordnung, die sicher besser ist, als ihr Ruf, und die nur richtig ange« wendet zu werden brauchte, um auch richtig zu funktionieren, werfen hier ihre Schatten voraus. Ich werde nun aus die einzelnen Phasen der Kämpfe etwas näher einzugehen haben. Der Band beginnt mit der Verwahrung einiger Verleger gegen eine Ordnung für das moderne Antiquariat. Einige Mitglieder des Rheinisch-Westfälischen Vereins hatten eine Ordnung für das moderne Antiquariat in Vorschlag gebracht, die den Verlegern eine gewisse Bindung auserlegen sollte, und eine Anzahl Verleger sahen sich dem gegenüber veranlaßt, zu erklären, daß »sie nach Annahme der neuen Satzungen alle über dieselben hinausgehenden, ihre freie Geschäftsführung beschränkenden Bestimmungen als mit ihren Interessen un vereinbar nicht anerkennen werden«. Diese Erklärung hatte den Erfolg, daß vorläufig eine Ordnung für das moderne Antiquariat sich als undurchführbar erwies; daß sie sich trotzdem durchgesetzt hat, ist bekannt. Dieser Erklärung folgt der Entwurf einer Grund ordnung für den buchhändlerischen Geschäftsverkehr, den der Vorstand des Börsenvereins aus Grund der Arbeiten des außerordentlichen Ausschusses veröffentlicht, um ihn der näch sten Hauptversammlung vorzulegen. Dieser Entwurf blieb nicht ohne Anfechtung. Im März 1888 erließ der Vorstand des Vereins Leipziger Commissionäre ein Rundschreiben, in dem er vorschlug, an die Hauptversammlung den Antrag zu stellen, den Entwurf der Grundorünung von der Tagesordnung ab zusetzen und ihn zu weiterer Beratung an eine Kommission zu verweisen. Beigefügt ist ein Entwurf, der die Vorlage des Börsenvereins zu verbessern sucht. Weitere Verbesserungs vorschläge verdankt man dem Berliner Sortimenter-Verein, der zu diesem Zweck einen Ausschuß eingesetzt hatte; die von diesem Ausschuß gemachten Verbesserungsvorschläge wurden vom Berliner Sortimenter-Verein angenommen und dem Börsenverxinsvorstande eingereicht. Auf der 10. ordentlichen Delegiertenversammlung am Freitag, den 27. April 1888, wurde die Grundordnung zur Beratung gestellt. Auch hier lag ein Antrag des Mitteldeut schen Buchhändler-Verbandes vor, die Beratung der Grund ordnung von der Tagesordnung der Hauptversammlung des Börsenvereins abzusetzcn. Bei dieser Beratung wurde zum erstenmal das Wort Verkehrsordnung ausgesprochen, und zwar war es Herr Paul Parey, der im Namen des Börsen- Vereins-Vorstandes den Beschluß verkündete, den Namen Grundordnung durch Verkehrsordnung zu ersetzen, was er da mit begründete, daß der Name Verkchrsordnung mehr dem Inhalt entspreche und sich besser an Z 35 der Satzungen an- VSrsenilatt titr de» Deutsch«» Buchhandel. 7». Jahraana. schließe. In der Diskussion wurden die verschiedensten Be- denken geäußert, schließlich aber wurde der Entwurf des Börsenvereins-Vorstandes unter Berücksichtigung einiger Ab änderungsvorschläge mit großer Mehrheit angenommen. Derselbe Antrag stand aus der Tagesordnung der außer ordentlichen Hauptversammlung des Börsenvereins am Sonn abend, den 28. April 1888, und auch hier wurden die Be denken, die zum größten Teil bereits in der Delegierten- versammlung geäußert worden waren, noch einmal vorge bracht, auch hier wurde der Antrag gestellt, den Entwurf einer weiteren Kommission zur Beratung zu übergeben, aber auch hier siegte die Erwägung, daß auch eine weitere Kommission wohl kaum imstaude sein werde, etwas Vollkommenes zu schaffen, und daß es vielmehr darauf ankomme, überhaupt etwas zustande zu bringen, und der Zukunst zu überlassen, Verbesserungen, die sich notwendig machten, einzusühren. So wurde auch hier der Antrag auf En-bloc-Annahme des Entwurfs gestellt unter Berücksichtigung einiger Anträge, die von Prager-Berlin eingebracht waren, und eine große Majorität nahm den Entwurf in dieser Fassung an. So war auch die Verkehrsordnung glücklich unter Dach und Fach gebracht, und die Praxis hat gezeigt, daß diejenigen recht behalten haben, die, wie vorzugsweise Adolf Kröner, darauf hingewiesen haben, daß erst einmal etwas geschaffen werden müsse, und daß es gar nicht daraus ankomme, daß das Geschaffene in jeder Beziehung genüge, um so mehr, als eine Revtssion jederzeit stattfinden könne, wie es ja auch tat sächlich geschehen ist. Da die gesamte Statutenrevision den Gedanken verfolgte, die Schleuderei abzustellen oder wenigstens stark einzudämmen, das heißt also, dem Ladenpreis wieder die Bedeutung zu verleihen, die ihm im Gesamtleben des Buchhandels gebührt, kann es nicht Wunder nehmen, daß man der Sicherung des Ladenpreises seine Aufmerksamkeit zuwendele. So ist der Aussatz von vr. W. Ruprecht »VomDeutschenBuch- Handel« auszufassen, in dem in ebenso ausführlicher wie geschickter Weise das Recht des Buchhandels, auf dem Laden preise zu bestehen, dargelegt wird. Ruprecht hat es verstanden, ohne mehr als nötig in die Geschichte hinabzusleigen, die Ent wicklung aufzuzeigen, die die Preisstellung im Deutschen Bucks handel genommen hat. Seien die Klagen über Preisunter bietung im Buchhandel auch sehr alte, so sei daraus nicht zu folgern, daß das übel als ein unabwendbares hingenommen werden müsse. Brennend sei die Frage erst durch das neue Einheitsporlo der Post geworden, da sich nunmehr die Mög lichkeit ergab, von einigen Zentralpunkten aus, das ganze Land mit Büchern zu versorgen. Dadurch wurde die Schleuderet bis in die kleinsten Orte des Deutschen Reiches getragen, und man mutzte sich fragen, ob der Provinzialbuch handel imstande sein werde, die Konkurrenz der Zentralplätze und ihre Unterbietung zu ertragen. Ruprecht führt aus, daß die Überzeugung, daß der Pro vinzialbuchhandel darüber zugrunde gehen müsse, immer weitere Kreise erfaßt habe, und daß diese Überzeugung schließlich zu der Reform geführt habe, die in den neuen Satzungen des Börsenvereins ihren Ausdruck gefunden hat. Die Vergleiche, die Ruprecht mit den Zuständen im Ausland anstellt, und die Folgerungen, die er zwecks Aufrechterhaltung des Ladenpreises zieht, die Erwägungen, welche zeigen, daß an der Aufrechterhaltung des Ladenpreises und der davon ab hängigen Erhaltung eines kräftigen Sortimentsbuchhandels alle Kreise, die am Buch Interesse haben, Schriftsteller wie Bücherkäufer und Buchhändler, beteiligt sind, sind noch heute lesenswert und ebenso wahr wie trefflich ausgedrückt. Hatte Ruprecht mit seinem Aufsatz versucht, das große Publikum, den Gelehrtenstand und auch die Schriftsteller für die Abschaffung des Rabatts zu gewinnen, so mußte es 1332