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1062 PAPIER-ZEITUNG. No. 46. Farbenlichtdruck eingerichtet, und sie überrascht hier die Fachwelt durch Arbeiten, die zu dem Besten gehören, was auf diesem Gebiete bisher geleistet wurde. Die Richtung, in welcher die Firma das Verfahren bisher an wendete, ist allerdings etwas einseitig, lässt aber die erfreulichsten Schlüsse auf Leistungsfähigkeit auch auf andern Gebieten zu. Die Mehrzahl der farbigen Bilder sind Studienköpfe der bekannten und beliebten Art: süsse Mädchengesichter ohne eigentlich individuelles Gepräge. Wie aber Fleischton, Seidenstoffe, Perlen, Haar und Hinter grund wiedergegeben sind, .wie die Lichtreflexe spielen und der tiefe Grund alles herausdrängt, — das ist sehr bedeutend und von künst lerischer Wirkung. Am besten gefiel mir von dieser Bild-Gattung ein grosses Blatt, auf dem ein junges Mädchen bis zur Büste dargestellt ist, welches mit zurückgelegtem Kopf auf einem rothseidenen Kissen ruht und glückselig lächelt. Die Vorlage zu dem prächtigen Bilde rührt von A. Mandlick her. Die Wiedergabe hat annähernd Lebensgrösse. Einige Landschaften, namentlich ein Seestück »Auf der Lagune« geben alle Eigenthümlichkeiten der Aquarelltechnik so genau wieder, dass schon sehr grosse Aufmerksamkeit und ein geübtes Auge dazu gehört, um hier das Druckverfahren zu erkennen. Angesichts solcher Erfolge der Farbenlichtdrucktechnik erscheint es durchaus begreiflich, wenn auch anspruchsvolle Kunstfreunde sich lieber einen guten gerahmten Farbenlichtdruck ins Zimmer hängen als ein mittelmässiges Oelbild. Otto Troitzsch in Berlin war einer der ersten, welche im Farben lichtdruck gute Ergebnisse erzielten. Seine Wiedergaben von Bildern der Berliner Nationalgalerie, die im Verlage der »Vereinigung der Kunstfreunde« erschienen, haben den Ruf seiner Anstalt unter den Kunstfreunden der ganzen Welt begründet. Proben dieser Bilder durften natürlich nicht fehlen. Sie sind in grösserer Anzahl ver treten, aber meist an den Wänden des links gelegenen Neuheiten-Saales. Man sagt, Troitzsch ziehe bei diesen Bildern in umfassendem Maasse die Chromolithographie heran und drucke einen Theil der Farbtöne vom Stein. Es ist möglich, dass dies ab und zu geschieht, um dunkle Stellen zu vertiefen; ich muss aber gestehen, dass ich an diesen Arbeiten weder ein Kreidekorn noch die charakteristischen Tupfen der lithographischen Punktmanier zu erkennen vermag. Somit werden wenigstens die neueren Arbeiten der Firma wohl reine Farben lichtdrucke sein. Ueberraschend gute Erzeugnisse in Farbenlichtdruck bietet auch die Verlagsanstalt für Kunst und Wissenschaft, vormals Fr. Bruck mann in München. Das von ihr ausgestellte Bild »Amorette küsst ein schlafendes Mädchen« gehört zu den schönsten Perlen der Aus stellung und wurde mit vollem Recht durch einen wirksamen ver glasten Rahmen aus olivenfarbigem Seidenplüsch aus der Reihe der anderen Ausstellungsstücke herausgehoben. Von der schönen Schläferin sind nur Kopf, Büste und ein Theil des rechten Armes zu sehen; alles Uebrige ist in leichte flockige Wolken gehüllt. Das Vorbild zu diesem prächtigen Kunstwerk wurde von W. J. Martens in Rom wahrscheinlich in Pastellfarben gemalt. Von den sonstigen Farben lichtdrucken dieser Firma sind erwähnenswerth: eine Madonna und ein lebensvolles Bildniss Kaiser Wilhelms II. Auch Albert Frisch in Berlin bietet Viel und Gutes. Äusser seinen bekannten, im Jahrgang 1887, Seite 72 beschriebenen Arbeiten enthält die Ausstellung mancherlei Neues, darunter gelungene Wieder gaben mittelalterlicher Inschriften und Initialen. Die von der Firma Frisch gelieferte Entwickelungs-Darstellung des Farbenlichtdruckverfahrens ist ausnehmend anschaulich. Die Herstellung der Negative ist durch retuschirte Platten, das Druck verfahren durch Einzel-Abzüge und Aufeinanderdruek in stufenweisem Fortschreiten erläutert. Als Gegenstand zur Darstellung der Negative diente das Brustbild einer Dame in der Tracht des 18. Jahrhunderts. Von dem hiernach gefertigten Ur-Negativ wurde im Pigmentverfahren ein Diapositiv gefertigt, welches seinerseits wieder zur Erzeugung von 5 ursprüng lich gleichartigen Negativen diente. Die Aufgabe des Retuschörs besteht darin, auf jedem Negativ diejenigen Stellen mit rother, also Licht nicht durchlassender Farbe zu decken, welche nicht drucken sollen. Ihm fällt somit eine ähnliche Arbeit zu wie dem Chromo lithographen, der ein Bild in Farben zu stellen hat, nur dass der photochemische Prozess eine werthvolle Vorarbeit liefert. Wenn ich die 5 Negative, welche zur Farbenzerlegung dienen sollen, als gleichartig bezeichnete, so ist dies nur insofern der Fall, als sie zunächst alles enthalten, was im ursprünglichen Negativ vorhanden war. Je nach Intensität des Tones, für welchen einige ihrer Theile benutzt werden sollen, sind sie mehr oder weniger stark bezw. dicht kopirt. Der Grad dieser Dichtigkeit muss mit »chromolithographischen« Augen von der Vorlage abgelesen werden. Die Anschaulichkeit dieser Entwickelungsreihe wird noch da durch bedeutend erhöht, dass alle 5 Negative am Fenster befestigt sind, also bei durchfallendem Licht betrachtet werden müssen. Bei den zur Veranschaulichung andrer Verfahren dienenden Negativen, welche in Glaskästen untergebracht sind, und welche demnach in der Ruhelage nur bei auffallendem Licht betrachtet werden können, ist für Laien die Erfassung der wesentlichen Merkmale erschwert. Dies gilt besonders für das Netznegativ, welches zu der später zu erwähnenden Autotypie-Entwickelungsreihe gehört. Dieses Negativ müsste unbedingt an der Fensterscheibe befestigt werden, da seine Eigenart im Kasten umsomehr verloren geht, als die gelbbraune Farbe der Kollodium-Negative eine Beurtheilung in der Aufsicht an sich schon sehr erschwert. Die zweite von Albert Frisch gebotene Entwickelungsreihe zeigt in gleich verständlicher Weise wie seine Negativfolge das allmälige Vorschreiten beim Farbendruck. Als Darstellungsgegenstand wurde die »Toilette der Venus« von Boucher gewählt, deren Urbild ein sogenannter Kupfer-Farbendruck ist, d. h. ein Abdruck von einer im Aquatinta verfahren hergestellten, mit verschiedenen Farben einge riebenen Kupferplatte. Während auf andern graphischen Ausstellungen manche Aus steller den Fehler begingen, äusser Einzel-Abdrücken jeder Farben platte nur noch das fertige, durch Uebereinanderdruck all dieser Farben erzeugte Bild zu zeigen, verfährt Frisch ganz systematisch. Er zeigt erst die erste Farbe, dann die zweite, dann das aus der Vereinigung beider entstehende Bild, dann die dritte, usw., so dass folgende Reihe herauskommt: 1 2 1. 2 3 1. 2. 3 4 1. 2. 3.4 5 1. 2. 3 4. 5 6 1. 2. 3 4. 5. G 7 1. 2. 3. 4 5. 6. 7 Das letzte Blatt (1. 2. 3. 4. 5. G. 7) enthält dann das fertige Bild. In ähnlicher Weise ist das Farbenlichtdruckverfahren noch an einem in G Farben ausgeführten Hundebild nach H. Sperling ver anschaulicht. D. Lichtglasdruck. Während Lichtdruck hauptsächlich zur Wiedergabe von Halbton bildern benutzt wird, ist das eigenartige Verfahren, welches unter dem Namen Lichtglasdruck bekannt ist, auf Wiedergabe von Strich bildern, also Holzschnitten, Kupferstichen, Radirungen, Federzeich nungen usw. beschränkt. Beim Lichtdruck verwendet man eine besondere, mit Chrom gelatine überzogene Glasplatte als Druckplatte, beim Lichtglasdruck wird das Negativ selbst als solche benutzt. Das photographische Strichnegativ wird auf seiner Bildseite mit Chromgelatine überzogen, in horizontaler Lage getrocknet und hierauf in verkehrter Lage, d. h. mit der Glasseite nach oben, dem Tages lichte ausgesetzt. Das Licht dringt zuerst durch die Glasplatte, trifft dann auf die Bildschicht, dringt nur durch die durchsichtigen Linien derselben und in die auf dieser liegenden Chromgelatineschicht hinein. Da letztere absichtlich dünn gegossen wurde, so geht die Licht wirkung sehr bald bis zur abwärts gerichteten Oberfläche der Chrom gelatineschicht hindurch. Bei einer nun folgenden Feuchtung bleiben die durch Licht be einflussten Linienstellen trocken, nehmen also beim Einwalzen fette Schwärze an; der nicht vom Licht getroffene Grund der Zeichnung wird durchfeuchtet und bleibt infolgedessen beim Einwalzen rein. So kann man also unmittelbar von der Negativplatte Abdrücke er zielen, doch ist die Zahl derselben immer beschränkt, weil die Chrom gelatine sich leicht von ihrer Unterlage ablöst. Daher benutzt man solche Platten auch nicht als eigentliche Druckplatten, sondern fertigt nur eine geringe Zahl von Abdrucken auf sogenanntem Kreideumdruck papier und überträgt das fette Bild mit Hilfe dieses Umdruckpapiers auf Stein oder Zink. Das Verfahren wird von graphischen Anstalten wenig benutzt, nur die deutsche Reichsdruckerei wendet es dauernd zur Wieder gabe von Zeichnungen für Patentschriften an. Sie lieferte auch die Entwickelungsreihe, welche folgende Stücke aufweist: 1) Glasnegativ, eingewalzt, 2) Abzug davon auf Kreide-(Umdruck-)Papier, 3) Umdruck auf dem Stein, 4) Abzug vom Stein. Als Darstellungs - Gegenstand diente ein Stück Landkarte in Folioformat. (Fortsetzung folgt)