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No. 39. PAPIER-ZEITUNG. 913 Buchgewerbe. Druckindustrie, Buchbinderei, Buchhandel. Sachliche Mittheilungen finden kostenfreie Aufnahme, Mitarbeiter und Berichterstatter erhalten angemessene Bezahlung. Eingesandte Werke finden Besprechung. Setzmaschinen. Von E. Wentscher. (Schluss zu Nr. 37.) Die Maschine des Amerikaners Rogers (Fig. 29) ist interessant, namentlich in Bezug auf das Ablegen, das hierbei sozusagen spielend erledigt wird, und die Stempelbeförderung. Die Stempel n, in Fig. Fig. 29. 29 links beson ders dargestellt, sind von verschie dener Länge und am oberen Ende mit Löchern ver sehen. Vermöge dieser Löcher sind sie auf Drähte ge zogen, die sich von einem halbkreis förmigen , gegen den Horizont ge neigten Rahmen b nach einer senk rechten Säule c erstrecken. Alle Drähte sind so ge bogen , dass die letzten Enden ho rizontal verlaufen und in einer ver tikalen Ebene liegen. Die Stempel, die für jeden Buchstaben mehr fach, und zwar in so vielen Exemplaren vorhanden sind, wie es dem Vorkommen eines Buchstaben in einer Zeile entspricht, sind in der Nähe des Rahmens l aufgehängt und werden durch einen Sperr mechanismus gehalten, welcher beim Anschlägen der Klaviatur d mittels der Drähte e ausgelöst wird. Die Stempel gleiten durch ihr Eigengewicht herab und sammeln sich auf den horizontalen Drahtenden, wie in Fig. 29 dargestellt. Zwischen je 2 Wörter werden beim Setzen Kautschukspatien eingefügt. Ist das Material für eine Zeile, die wiederum etwas zu lang gemacht wird, beisammen, so erfolgt durch Handhebel f und Block g Zusammenpressung auf richtige Länge und durch Hebel i Gegenpressen der im Behälter v befindlichen Matrizen masse, nachdem vorher noch eine Justirung der Stempel auf richtige Stellung stattgefunden hat. Das System a, b, c, d e ist nun mit einander verbunden und um Zapfen h drehbar. Das Ablegen erfolgt daher einfach dadurch, dass man das ganze System um h zurückschlägt, wobei die Stempel der Zeile auf den betreffenden Drähten nach b hin zurückgleiten und nun wieder von den Sperrmechanismen gefasst werden. Darauf richtet man das ganze System wieder auf und setzt von neuem. Es ist gar kein Zweifel, dass das Setzen und Ablegen bei dieser Anordnung ausserordentlich schnell erfolgen kann. Leider hat der Verfasser bisher keine Gelegenheit gehabt, die Rogers’sche Maschine in Thätigkeit zu sehen und kann daher auch nicht über die etwa vorkommenden Störungen berichten. 2. Maschinen, bei denen die Druckform unmittelbar, und zwar in ein zelnen Zeilen hergestellt wird. Den Konstruktionen dieser letzten Gruppe liegt der Gedanke zu Grunde, möglichst direkt eine Druckfläche herzustellen. Man erreicht diesen Zweck, wenn man statt der Stempel mit erhabenem Gepräge Matern anwendet, die auf ein zum Abdrucken geeignetes Material einwirken und unmittelbar erhabene Schrift erzeugen. Bei der Copto- type der Franzosen Gallien & Armengand (1844) und der Linotype des Deutsch - Amerikaners Mergenthaler (1886) ist das gewöhnliche Lettemmaterial beibehalten worden, während Engelen aus Brüssel (1886) bei seiner »typenlosen« Setzmaschine statt dessen Holz einzuführen versucht hat. Abgesehen hiervon haben die Copto- type und Engelens Maschine insofern eine grössere Verwandschaft, als bei ihnen auf vorher gefertigte Regletten von Schrifthöhe und einer Dicke gleich der Kegelstärke, die Schrift aufgeprägt wird, während bei der Linotype, ähnlich wie es bei der Neotypo und der Rogers’schen Maschine mit Stempeln geschieht, Matern zur Zeile zusammengesetzt und ausgeschlossen werden; worauf bei der Lino type der Guss einer ganzen Zeile auf einmal erfolgt. Man muss wirklich staunen, wenn man sieht, wie die verschiedensten Kombinationen bereits in Betracht gezogen sind, so dass kaum noch neue Wege zu betreten übrig bleiben. Man könnte höchstens noch versuchen, ein leicht dehnbares Material zu verwenden, in dieses zu prägen und dann die Zeilen auf die nöthige Länge auseinander zu ziehen. Die Engelen’sche Maschine und die Linotype sind be reits früher in Nrn. 29, 25 und 92 der Papier-Zeitung von 1889 aus führlich beschrieben worden. Gegen erstere ist namentlich einzuwenden, dass Holz wohl ein geeignetes Material für grössere Schriften sein mag, für feinere Buchstabenbilder aber durchaus unbrauchbar ist, insofern als durch die Feuchtigkeit der Druckerschwärze sofort ein Quellen und Verziehen eintreten muss, so dass das Buchstabenbild die feinen und scharf begrenzten Umrisse verliert und im Abdruck ver schmiert erscheint. Auch dürfte die ganze Reglette aus gleichem Grunde ihre Dimensionen ändern, was ein Steigen und Werfen der in den Rahmen eingespannten Zeilen zur Folge haben kann und dadurch das Drucken unmöglich macht. Hinsichtlich der Linotype wäre neben den an genannter Stelle geltend gemachten Bedenken noch hervorzuheben, dass, wie ich mich durch den Augenschein überzeugt habe, die Buchstabenbilder einer Zeile nicht alle in gleicher Höhe liegen und auch im ganzen einen schwachen Bogen bilden, der von den Enden der Zeile nach der Mitte hin ansteigt, ein Umstand, der bei den kurzen amerikanischen Zeitungszeilen weniger ins Gewicht fällt, für längere Zeilen dagegen Schwierigkeiten beim Drucken bereiten dürfte. Ferner ist die Schrift dieser Typenzeilen so wenig erhaben, und lässt sich auch nicht er habener herstellen, dass sich schwerlich davon eine für Rotations maschinen brauchbare Stereotypform herstellen lässt. Anderseits kann man die Typenzeilen nicht leicht unmittelbar für Rotationsdruck ver wenden, wegen der ausserordentlich schwierigen Anordnung dieser Zeilen zur Cylinderform. Allerdings hat die Linotype - Gesellschaft auch in dieser Richtung Versuche gemacht, doch dürften deren Er gebnisse wenig Erfreuliches bieten. Um ein Urtheil über den Werth dieser Maschine in ihrem jetzigen Stadium der Vollkommenheit zu gewinnen, empfiehlt es sich, einige Nummern der »New York Tribune« oder des »Louisville Courier- Journal« von 1889 durchzusehen, die mit der Linotype hergestellt sind, und in denen man alle Unvollkommenheiten der Linotype beisammen findet. Wenn man nach dieser Durchsicht auch zu der Ansicht kommen muss, dass die Maschine für besseren Druck nicht genügt, so wird man doch nicht umhin können, zuzugestehen, dass sie für Zeitungsdruck vollkommen ausreichend ist. Ich selbst bin übrigens der Ansicht, dass sich die Maschine noch bedeutend vervollkommnen lässt, dass aber der Preis derselben stets ausserordentlich hoch sein wird. Bei der Coptotype endlich werden die Typenbilder in eine Reglette von Schriftmetall geprägt, welche ursprünglich in Ringform auf hoher Kante um einen Cylinder gewickelt ist. Die Prägung erfolgt mittels einer vertikalen, am Umfang mit Matern versehenen Scheibe, welche jedesmal aus einiger Höhe herabfällt und vor dem Herabfallen durch Drehung um ihre horizontale Achse immer so eingestellt wird, dass die zu prägende Mater auf dem tiefsten Punkt steht. Durch diese fortgesetzten Schläge wird der ringförmige Streifen allmälig, und zwar in Abstufungen von je einer Buchstaben dicke, in eine geradlinige Reglette verwandelt und abgewickelt. Die dabei eintretende Verdichtung des Metalls auf der oberen Hälfte dieser Reglette wird dadurch ausgeglichen, dass nach jeder Prägung mittels einer feinen Kreissäge hinter jedem Buchstaben bis nahe an den Fuss hinab ein Einschnitt gemacht wird, so dass die Lettern nur auf einer kurzen, leicht trennbaren Strecke am Fusse Zusammenhängen. Diese Einschnitte haben ferner den Zweck, zur Herstellung von Kor rekturen eine leichte Auslösung der falschen Buchstaben sowie das Ausschliessen zu ermöglichen. Zu letzterem Behufe zerlegt man die Zeile in Wörtergruppen, indem man an den betreffenden Schnittstellen den Zusammenhang löst und die erforderlichen Spatien hinzufügt. Abgelegt wird natürlich nicht; statt dessen erfolgt Einschmelzung und Umguss zu neuen Ringen. Der Vorschub des Ringes um die Dicke des jedesmal ge prägten Buchstabens geschieht dadurch, dass der Streifen durch eine unmittelbar neben der Prägungsstelle angebrachte Oeffnung hindurch geht, deren Höhe um so viel geringer ist, als die ursprüngliche Höhe des Streifens beim Prägen verringert wird. Beim Prägen bildet sich offenbar ein Absatz, der die geprägte Strecke von der unge prägten trennt. Bis zu diesem Absatz rückt also der Streifen nach jeder Prägung vor. So schön die Anordnung sein mag, so ist es doch wohl fraglich, ob bei dieser Art von Prägung durch Herabfallen des Stempels, also unter fortwährenden Vibrationen der arbeitenden Theile, auch alle Buchstaben genau gleiche Höhe bekommen. Ich möchte das sehr bezweifeln. Schluss. In Vorstehendem ist, soviel mir bekannt, zum ersten Mal der Versuch gemacht worden, eine systematische Uebersicht über die