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No. 27. PAPIER-ZEITUNG. 569 Buchgewerbe. Druckindustrie, Buchbinderei, Buchhandel. Sachliche Mittheilungen finden kostenfreie Aufnahme, Mitarbeiter und Berichterstatter erhalten angemessene Bezahlung. Eingesandte Werke finden Besprechung. Ersatzstoffe in der Buchbinderei. (Schluss zu No. 25.) Diinn. zu pressende Masse kann mit der später aufzuklebenden Unterseite während des Pressens unmittelbar auf den Schlitten gelegt werden, wogegen zum Glattpressen der oberen Seite eine aus Rothguss oder Zink bestehende Blankdruckplatte verwendet wird, wie solche in Buchbindereien zum Glattpressen von Kaliko vorhanden sind. Das Kitten des Celluloid geschieht mittels Kollodium, das Auf kleben der Deckel auf Leder oder Pappe mit einer Flüssigkeit, welche aus 1 Theil Kampher und 2 Theilen Schellack, beides in 8 bis 10 Theilen starken Weingeist gelöst, dargestellt wird. Damit aufge klebte Platten fest haften, setzt man sie während mehrerer Stunden einem leichten Druck in der Presse aus. Äusser Celluloid werden zur Darstellung von künstlichem Elfen bein noch andere Massen benutzt. Für Buchbinderzw.ecke dürfte sich jedoch keine andere so gut eignen, sowohl hinsichtlich der Haltbarkeit als auch der leichten Bearbeitungsfähigkeit mit vor handenen Maschinen. Dagegen lässt sich das aus Celluloid gefertigte künstliche Elfenbein nicht so billig herstellen, wie aus anderen Massen. Wenn es sich also um besonders billige Waaren handelt, so dürfte eine der nachfolgenden Zusammensetzungen zweckentsprechender sein: 100 g weisser Leim werden in 1 1 Wasser gelöst und die warme Lösung durch ein feines reines Tuch filtrirt. Ferner rührt man 50 g gebleichten Zellstoff in 31/, 1 Wasser zu einem gleichmässigen Brei an und bereitet dann noch eine Lösung von 50 g Alaun in 1 1 Wasser. Nun wird die Elfenbeinmasse aus obigen Lösungen folgender maassen bereitet: 75 g der warmen Leimlösung, 200 g Cellulosebrei und 0,2 1 Wasser bringt man in eine irdene Schüssel, fügt dazu 250 g Alabastergips und rührt das Ganze zu einer gleichmässigen Masse, zu der noch 0,2 1 warme Alaunlösung gefügt wird. Diese breiartige Masse wird in flüssigem Zustand in die zum Pressen dienenden Formen gegossen, welche mit Oel oder Schweine fett ausgestrichen wurden, um Festkleben der Masse zu verhüten. Da mehr flüssige Masse in die Form gegossen werden muss, als im trocknen Zustand zur Ausfüllung dient, so ist es nöthig, dass die Form mit erhöhtem Rand versehen ist, dessen Höhe soviel beträgt, als sich die Masse beim Verdicken und Ausscheiden der in ihr enthaltenen Flüssigkeit setzt. Die gefüllte Form wird so lange geschüttelt, bis sich die Masse zu verdicken beginnt. Geschieht das, so bedeckt man sie mit einem angefeuchteten Leinwandlappen, legt eine, genau in den Rahmen der Form passende Metall- oder Holzplatte darauf, und setzt das Ganze einem leichten Druck in einer Stockpresse aus. Der Druck wird so lange gesteigert, bis das Wasser aus der Masse ge presst ist. Hierauf bleibt der gepresste Gegenstand noch einige Zeit stehen, wird dann aus der Form genommen und in heissem Wasser abgespült, um das von der eingefetteten Form etwa übertragene Fett zu beseitigen. Dann wird er in einem Trockenofen, wozu der oben beschriebene Blechkasten dienen kann, getrocknet und gehärtet. Der vollkommen ausgetrocknete Gegenstand wird schliesslich in eine heisse Mischung von geschmolzenem Wachs und Stearin getaucht, in dem er so lange bleibt, bis er sich vollgesaugt hat. Politur giebt man ihm durch kräftiges Abreiben mit einer weichen Bürste, die in Federweiss getaucht wurde. Die beschriebene Masse ist ziemlich fest und hat das Aussehen von Elfenbein, bis auf die geringere Transparenz. Da jedoch Buch decken meist mit reichlichen Verzierungen und Malereien bedeckt sind, so dürfte dieser Uebelstand weniger bemerkbar sein. Dagegen wird der Fehler bei unverzierten Decken jedem Kenner sofort in die Augen fallen. In diesem Fall ist Celluloid zu empfehlen, oder auch nachstehend mitgetheilte Zusammenstellung: Sehr guter und heller Leim wird zunächst in Wasser geweicht, bis die einzelnen Stücke gallertartiges Aussehen haben. Dieselben werden dann in einem, in kochendem Wasser hängenden Leimbehälter zu einer dicken Flüssigkeit gekocht. Solche Leimkocher sind in jeder Buchbinderei vorhanden. Dieselben müssen jedoch vor dem Gebrauch gründlich gereinigt werden, ebenso darf auch nur ganz heller, raffinirter Leim zur Verwendung kommen, da gewöhnlicher brauner Leim unreine Färbung ergeben würde. Um das Faulen des Leimes zu verhindern und diesem zugleich mit der fertigen Masse eine gewisse, das Brechen erschwerende Ge schmeidigkeit zu geben, mischt man dem Leim 10 bis 15 pCt. Glycerin bei. Dadurch erhält der sonst im trocknen Zustand spröde Leim hornartige Beschaffenheit. Lässt sich farbloser Leim nicht beschaffen, so muss man den Leim selbst bleichen. Man verwendet besten, geruchlosen Vergolder- oder Buchbinderleim und weicht ihn in einer Lösung von schwefliger Säure und Wasser so lange, bis er gequollen und zu gleich weiss gebleicht ist. Dann bringt man ihn in den oben er wähnten Kessel und schmilzt ihn durch Wärme zu einer dünnen Flüssigkeit, welche durch Zusatz von Alaun vollständig geklärt wird. Alaun besitzt die Eigenschaft, alle in der geschmolzenen Leimmasse noch vorhandenen festen Körper zu umhüllen und als Schaum auf der Oberfläche der sich klärenden Flüssigkeit auszuscheiden. Auf 1 kg Leim genügen ungefähr 6 bis 10 g Alaun. Letzterer wird in heissem Wasser gelöst und allmälig zu dem flüssigen Leim gegossen, wobei dieser mit einem Rührer in fortwährender Bewegung erhalten wird. Nachdem auf diese Weise der Alaun innig mit dem Leim verrührt ist, lässt man die Masse einige Stunden er wärmt stehen. Nach dieser Zeit findet man die mit Alaun ver bundenen Unreinigkeiten theils als Bodensatz, theils als weissliche Schaummasse auf der Oberfläche abgeschieden. Letztere wird mit einem Schaumlöffel abgeschöpft, der Bodensatz beim Ausgiessen des gereinigten Leims zurückgehalten. Der nunmehr gewonnene Leim wird nahezu weiss erscheinen, vielleicht in dickerer Masse noch etwas gelblich. Dieser Ton ist jedoch bei. dünnen Buchdecken nicht bemerkbar, und weitere Reinigung deshalb nicht nöthig. Zu dem gereinigten Leim werden zur Erzeugung der weissen Elfenbeinfarbe entsprechende Füllkörper gemischt, von denen der für Buchdecken zweckmässigste bestes Zinkweiss in reinem Zustand ist. Um etwa darin befindliche Körner usw. zu sondern, empfiehlt es sich, den Farbstoff vor dem Gebrauch durch ein Haarsieb zu schütten. Soll die Elfenbeinmasse eine etwas ins Gelbliche fallende Färbung erhalten, so wird dem Zinkweiss ein geringer Zusatz von Chrom gelb beigemischt. Dieser Mischung wird die oben bezeichnete Menge Glycerin zu gesetzt, mit welcher die Füllkörper so lange zusammengerieben werden, bis eine gleichförmige Masse entsteht, in der keine Klümpchen mehr bemerkbar sind. Zu dieser Masse bringt man von dem auf 60 bis 70° erwärmten Leim, der nun eine dünnflüssige Masse bildet, so viel, dass nach gründlichem Verreiben damit auch die Füllstoffmasse in flüssigen Zustand kommt. Nun setzt man diese dem dünnflüssigen Leim unter fortwährendem Umrühren desselben zu, wobei darauf zu achten ist, dass keine Luftblasen entstehen, und der Leim nicht mehr als auf höchstens 80” C. erwärmt wird. Die Menge der zuzusetzenden Füllstoffe muss durch Erfahrung erkannt werden. Man nimmt mit einem kleinen Glas- oder Porzellan gefäss ein wenig Masse aus dem Kessel, lässt sie erkalten und prüft ihr Aussehen. Ist sie stark durchscheinend, so fügt man mehr Füll stoff zu, andernfalls mehr Leim. Ist das Aussehen der erkalteten Masse befriedigend, so kann sie sofort in die bestimmten Formen gegossen werden. Gegenstände mit feinen Verzierungen müssen, wenn sie voll zur Geltung kommen sollen, nach theilweisem Trocknen der eingegossenen Masse in der Form noch gepresst werden. Das geschieht, wenn die Masse soweit erstarrt ist, dass sie dem Druck eines Fingers kaum mehr nachgiebt. Dann legt man oben beschriebenen Eisen- oder Holzdeckel auf und presst die Form in einer Stockpresse oder Ver- goldepresse so fest wie möglich ein. Um dem künstlichen Elfenbein die gelbliche Linienzeichnung des echten Elfenbeins zu geben, wendet man ein einfaches Verfahren an. Durch die noch ziemlich dünnflüssige, in die Form gegossene Masse zieht man einen aus Nadeln hergestellten Kamm von einer Seite nach der andern bis auf den Boden reichend in einer Schlangenlinie hindurch. Der Kamm wird genau wie ein zum Marmoriren dienen der Kamm hergestellt. Wo die Zähne des Kammes durch die Masse gezogen wurden, entstanden in dieser natürlich Einschnitte, die sich allmälig wieder zusammenziehen. Da sich bei dieser Zu sammenziehung aber der geschmolzene Leim etwas schneller bewegt als die Füllmasse, so erscheinen später die durchzogenen Linien heller als die Zwischenräume, da erstere weniger dicht mit Füllmasse gesättigt sind. Dadurch erhält die Masse das Aussehen echten Elfen beins. Die geformten und gepressten Gegenstände werden bei einer Temperatur von ungefähr 30 ° getrocknet, die wegen des Leimgehaltes der Masse nicht überschritten werden darf. Bei dieser Temperatur trocknen kleinere Gegenstände in ein bis zwei, grössere in drei bis vier Tagen. Da Leim sowohl wie Glycerin die Eigenschaft haben, aus der Luft Feuchtigkeit anzuziehen, so sind die gepressten und getrockneten Gegenstände mit derselben üblen Eigenschaft behaftet. Sie werden, sobald sie in feuchte Luft kommen, ihren Glanz verlieren und sich klebrig anfühlen. Man muss also darauf sinnen, den Gegenständen jene Eigenschaften zu nehmen und sie gegen äussere Einflüsse un-