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PAPIER-ZEITUNG. 259 No8 pflegt Zeit oder Lust zum Studium einer spezialtechnischen Abhandlung über eins der andern genannten, mit dem seinen in geschäft licher Fühlung und technischer Wechselwirkung stehenden, Fächer zu besitzen. Die in jedem Augenblick mit geringstem Zeitverlust zu er holende encyklopädische Auskunft über jeden beliebig gegebenen Einzelpunkt aus ir gend einem dieser Fächer entspricht hingegen genau seinem etwaigen Bedarf. Diese kann er für den heutigen Stand der vervielfältigenden Künste und ihrer Hilfsgewerbe nirgends ver einigt finden — denn ein Gesammtwerk, welches dieselbe auch nur annähernd der Jetztzeit entsprechend böte, existirt nicht. Ein solches soll das Heichen’sche Buch werden. Ueber die Bedürfnissfrage — vom buch händlerischen Standpunkt aus die erste — kann somit in vorliegendem Fall kein Zweifel bestehen. Denn die soeben erwähnte „ge schäftliche Fühlung und technische Wechsel wirkung“ zwischen jeder einzelnen graphischen Industrie bezw. Ililfsindustrie und ihren sämmt- liehen Genossinnen nimmt mit jedem Tag an Innigkeit und materieller Bedeutung zu. Der erfinderische Fortschritt in jenen Gewerben selbst, sowie der stets an Lebhaftigkeit zunehmende Güterverkehr und Gedanken austausch, bewirken zwar eine fortgesetzt tiefer greifende Arbeitstheilung; doch bedingt diese nur äusserlich eine Entfernung der neu gegliederten oder neuentstandenen Spezialzweige von einander. In ihren innern Lebensbezie hungen verwachsen sie dagegen immer fester miteinander, sodass behufs Erreichung höchster technischer und geschäftlicher Erfolge, der eine immer weniger der Hilfe des andern ent- rathen kann — bezw. immer weniger die kon- kurrirende Leistungsfähigkeit und Methodik des andern ungestraft verkennen darf. Der vorstehend dargelegte Thatbestand hat die Papier - Zeitung s. Zt. veranlasst, ihr ur sprüngliches Arbeitsfeld mehrfach zu erweitern, indem sie den verschiedenen „graphischen“ Gewerben (welche ja alle zugleich, direkt oder indirekt: Papier-Gewerbe sind) eine vermehrte Einzel - Berücksichtigung schenkte. (Näheres hierüber besagt u. A. unser Leitartikel: „Der Buchhandel im Papiergewerbe“ auf Seite 249 heutiger Nr.) Ein sehr ähnlicher Gedanken gang, wenn auch nicht gerade von dem Stich wort „Papier“ ausgehend, scheint zur Schaffung des Heichen'schen Kompendiums die Anregung gegeben zu haben. Das genannte Lexikon zerfällt in 2, gesondert nebeneinander erscheinende, Abtheilungen: den technischen Haupttheil und einen gramma tikalisch-orthographischen Anhang. Ersterer wird den oben dargelegten Zielen zu ge nügen suchen; der Anhang ist dem Schrift- thum im engern Sinne gewidmet. Er soll die für dasselbe geltenden sprachlichen Gesetze in solcher Form bieten, dass die bei schrift stellerischer oder buchdruckerischer Arbeit gelegentlich auftauchenden Zweifelspunkte mög lichst unmittelbare, rasche, sichere Erledigung finden. Der im Vorwort mitgetheilte, für dieses Werk zwischen dem Verleger und dem Heraus geber vereinbarte „Arbeitsplan" bemerkt, dass in diesem Anhang »unter der Rubrik Orthographische Regeln auch alle jene Satzgeptlogenheiten registrirt werden sollen, welche zwar nicht eigentlich als Glied einer sprachlichen Grammatik gelten, sich aber durch langen Brauch zu einer Art von Setzergrammatik heraüsgebildet haben, die vom Schriftsteller ebenso gekannt sein und be folgt werden muss, wie vom Buchdrucker.« Neben dem hier angerathenen Gebrauch des grammatikalischen Anhangs durch die Schriftsteller, sollte sich jedenfalls eine min destens ebenso starke Benützung des technischen Haupttheils seitens der Schriftsteller nicht allein, sondern hauptsächlich auch der direkt oder auf Umwegen „für die Presse“ arbeitenden Künstler, erwarten lassen. Denn diese haben, behufs bester Wiedergabe und Würdigung ihrer Schöpfungen in der Vervielfältigung, alles Interesse daran, die Methoden der lezteren möglichst genau zu kennen, um denselben weder ungeeignete Vorlagen zu bieten, noch aber deren Vortheile unausgenützt zu lassen. Wir halten die im Arbeitsplan ferner ange zeigte Beschränkung des Haupttheils auf das nur technisch Wesentliche der betr. Artikel für dringend geboten, wenn der Herausgeber sich nicht in ein Labyrinth von Arbeitsmotiven und den suchenden Leser in ein Meer von Seitenzahlen stürzen wollte. Das Historische und Biographische soll zwar insoweit behandelt werden, als es zur Erläuterung des Technischen selbst beiträgt, jedoch seine Erledigung nicht unter eigenen Spitzmarken, sondern nur im Verlauf der technischen Betrachtung der zu gehörigen Leitgegenstände, finden. Vieles überflüssige Umblättern kann dem Leser erspart werden, wenn die Bestimmungen 4 und 6 des Planes gewissenhaft durebgeführt werden. Letztere lautet; »Alle in Beziehung zu einander stehenden Artikel sollen im »Kompendium« sowohl wie in dem grammatischen Lexikon durch Verwei sung (s. d., oder: vgl. ds.) in Beziehung ge setzt und die Kontrolle dieser Verweisungen auf das sorgfältigste geübt werden.« Erstere verordnet eine fachliche Rubrizi- rung jedes einzelnen Artikels des technischen Kompendiums, mittels eines, der eigentlichen Spitzmarke nachgestellten, besondern Zeichens. Diese Zeichen bestehen aus je 1—3 Buchstaben leichter Grotesqueschrift, und sind behufs Auf fälligkeit in je einem Kreise eingeschlossen; dieselben scheinen eigens zu diesem Zwecke gegossen. Solcher Rubrikzeichen sind am ang. Ort 16 aufgeführt; Ch z. B. bedeutet Chemi graphie, Chr Chromographie, P Papierwesen, Ph Photographie und Photochemie, — u. dgl. m. Die bezüglich der Eintheilung des grammati kalisch - Anhangs unter Nr. 5 des Planes gegebene Anordnung erscheint uns ebenfalls sehr zweckmässig. Wir führen sämmt- liehe 3 Absätze dieses Abschnitts hier an: »a) Das »Lexikon der deutschen Grammatik und Rechtschreibung« bildet vom Anfänge bis zum Ende ein einziges Alphabet: so zwar, dass sich die Abschnitte »Grammatik« und »Wörter- verzeichniss«, bezw. auch »Orthotypographische Regeln« bei jedem Buchstaben desselben wieder holen; also: A. (Grammatik, Wörterverzeichniss, Regeln); B. (Grammatik, Wörterverzeichniss, Regeln); C. (Grammatik, Wörterverzeichniss) [Warum hier keine »Regeln«? — D. Red.] u. s. f. »b) In dem grammatischen Theile sind alle Wortbeispiele durch kleinere Schrift von dem Texte der Regel abzuheben, ebenso in dem Wörterverzeichnisse alle Eigennamen von den gewöhnlichen Substantiven; und zwar sind die geographischen Eigennamen in kleinerer Schrift gesperrt, Personen - Eigennamen in kleinerer Schrift gewöhnlich zu setzen. »c) Die Angabe der Silbenbrechung ist in dem Wörterverzeichniss überall dort, wo Zweifel hierüber dem Nachschlagenden entstehen können, konsequent durch ein in Parenthesen gestelltes Abthcilungszeichen (-) zu bewerkstelligen.« Illustrationen sind vom Plane des Werkes ausgeschlossen. Das Papier ist ein mittelguter Lexikonstoff, welcher jedenfalls den grossen Vortheil der Undurchsichtigkeit, wenn auch nicht aussergewöhnliche Zähigkeit, be sitzt. Der Satz ist offenbar mit allem, zu lexika lischen Werken erforderlichen, Reichthum an Schriftmitteln, von durchaus neuer, reiner Figur und ziemlich klarem Schnitt, hergestellt und scheint, soweit wir bis jetzt ersahen, durch gängig korrekt ausgeführt. Der Druck ist sauber — glücklicherweise eher mager als zu satt in der Farbe, und zeigt keinerlei störende „Schattirung“ auf der Rückseite. (Die beiden letzten Elemente rühren aus der Richard Scbmidt’schen Offizin in Leipzig-Reudnitz her.) Die Figurgattung ist, entgegengesetzt der heute für technologische und sonst wissenschaftliche Werke vorwiegend gewordenen Richtung, leider Fraktur. Der Schriftkegel scheint eine besonders schwache Petit oder starke Ko- Ionel von ca. 73/s Points zu sein; die Figur ist aber von der Grösse einer ge wöhnlichen Petitschrift. Natürlich ist der Satz kompress. Die in obigem Auszug unter „b“ vorgeschriebene „kleinere Schrift“ im grammatischen Theile erscheint mit zarter, leser licher Nonpareil-Figur — vermuthlich auf den Kegel der Werkschrift gegossen, und daher be sonders klar durch die etwas splendidere Haltung. In jenem Theile wirkt diese Schriften mischung zu ihrem angegebenen Zweck gut: im Haupttheile würde solche eher stören, und da kommt sie auch nicht vor. Die Kolumnen sind durchweg in 2 Spalten von je 131/3 Cic. Breite gesetzt. Der Papierrand ist in ge ziemend reichem Maasse gehalten: bei 121/2*211/3 cm Satzgrösse der Kolumne ist die Blattgrösse 173/4283/4 cm. Beim Wörter verzeichniss ist die Kolumne in 6 Spalten getheilt. Die erwähnten 32 Textseiten der 1. Lieferung bestehen aus 24 Seiten vom technischen Theil („abbimsen" bis „Albumin“ : 240 Artikel) und 8 Seiten vom grammatischen. Letztere zer fallen in 4 Seiten „Grammatik“ (der Gegenstände mit „A“) — vollständig von „a“ bis „ay“, welche in der Behandlungsweise an Sanders’ „Wörterbuch der Hauptschwierigkeiten“ er innert, und 4 Seiten vom „Wörterverzeichnis»“ unter „A“. Letzteres geht in dieser Lieferung aber nur bis „anglisieren“. (Die sog. „neuere“ preussische Orthographie ist darin angewandt.) Aus vorstehenden Angaben wird man den vor aussichtlichen Umfang des ganzen Werkes viel leicht schon beiläufig abschätzen können. Wir beschränken uns angesichts der hohen Bedeutung und weiten Ausdehnung des Gegen standes für heute auf obige Darlegungen des Zweckes, Planes und der Erscheinungsgestalt. In die Beurtheilung des Inhaltes werden wir bei Gelegenheit, wenn Mehr vorliegt, näher eingehen. . Kleine Notizen. „Bolms Centralblatt für den Kolpor tagebuchhandel“ (Berlin) ist beim Jahres wechsel 1883/84 zur „Deutschen Buchhändler- Zeitung“ geworden und soll, während es bisher gratis versandt wurde, nur noch „gegen Be zahlung“ verabfolgt werden. Das Buchhändlergehilfenblatt „Leip ziger Korrespondenzblatt; Centralorgan f. d. Interessen d. Gehilfenschaft des Deutschen Buch handels“ bringt von Neujahr 1884 ab einen „Monatsbericht über die Fortschritte und Neue rungen auf dem Gebiete des Buchherstellungs- wesens,“ redigirt von Herm. Schnauss in Düsseldorf. Wie verlautet, beabsichtigen die Leipziger Kolportagesortimenter ein „Gesammforgan für den Deutschen Kolportagebuchhandel“ her auszugeben, dessen Zweck die Verfechtung der durch die neuen Gewerbe-Reicbsgesetzc „schwer geschädigten“ Kolportage-Interessen sein soll. Paris bringt immerfort sensationelle Waare! Das Zuletzterschienene auf diesem Gebiete ist: „Les mmoires de Sarah Barnum“ (worunter die berühmte Tragödin gemeint ist) von Marie Colombier (Verlag von Marzon & Flammarion). InDeutschland würden sichVerlegerundDrucker schämen, ihre Firma auf solch ein Geisteswerk zu setzen, in Frankreich genirt sich dessen nicht einmal eine Schriftstellerin; sie findet auch noch einen männlichen Vorredner (Paul Bonnetain). X —,