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iBte deutsche Regierung vetvachtet « al» ihre Pflicht, aut »ine Beschleunigung der Räumung htnzuwücken. Sie handelt damit nicht nur du Einklang mit dem bekannten Brief Maedonald», sondern auch mit den ErNSmmgvn Herriot». E» ist ganz falsch, zu behauptchr, da» Ruhrgediet bleibe noch ein voll« Jahr be- letzt. E» ist ein unbestveiwaver Erfolg, daß ein ganz bestimmter Sicherster Endtermin für die Besetzung erreicht worden ist. Do« den Leuten, die das erreicht HÄen, sollte man nicht mit den Worten der „Pommerschon Tagespost" sagen: Los von den LanbeaverrStevni (Gntrüstungskundgr-ungen der Mehrheit.) Die Machtbefugnisse der Repovattonskommission, unter denen Deutschland so schwer gelitten hat, sind seit London durchaus ^verändert. Frankreich hat dort nicht inehr die entscheidende jMchrheit. Die Zuziehung des Amerikaner» ist deshalb Mr uns auch von Bedeutung, weil der Gläubigerstaat Amerika auch ein wirtschaftliches Interesse hat an dem Wohlergehen seines Schuldners Deutschland. (Krst.) JnderSanktionsfrage sind weqentlich« Erleichterungen für uns er langt worden. Ein großer Fortschritt ist die Durchsetzung des Schiedsgerichts für alle diese Fragen. Das ist doch ein ganz anderer Geist als der Geist des Diktates, unter dem wir bisher gelitten Haden. Deutschland befindet sich gegenwärtig In einer jVertvauenskrisis des Kredites. Deutschlands Wirtschäftsinstru- ment ist zum Glück durchaus intakt, aber es lausen jetzt in der Wirtschaft 1)4 Goldmklliavden als kurzfristige Kredite, die durchaus von der Erledigung des Gutachtens abhüngen. Die Mitglieder des Reichsverbandes der deutschen Industrie, die IpolÄsch meist rechts stehen, haben sich gewiß nicht aus Gefühls gründen für das Dawesgutachten ausgesprochen, sondern weil »er Verstand es ihnen gebot. Das Ruhrgebiet hört damit auf, die Reparationsprovtnz zu sein. (Ruf rechts: Ganz Deutschland "wird Repavattonsprovinz!) Ja, und das soll so sein. Ganz Deutschem- hat die Pflichh^r die Repavationslasten zu haf ten. Es darf das nicht der Bevölkerung des besetzten Gebietes -Nein überlassen bleiben. (Lebh. Beif. bei der Mehrheit.) Mit Zustimmung der Rechten wollte schon dos Kabinett Kuno aus der Spezialschuld des Ruhrgebietes eine Generalschuld des 'deutschen Reiches machen. Das haben wir jetzt erreicht. (Lebh. !Beif. und HSrcheklatschen.) Von Versailles bis London war ein weiter Weg der Demütigung, London ist nicht der Schluß, cs soll der Anfang sein einer Entwicklung, deren Ziel das Ende der nationalen Isolierung und der Beginn einer neuen Aera der Verständigung der Völker ist. (Lobh. Beif. und Händeklat schen der Mehrheit, Zischen b. d. äußersten Linken und Rechten.) Hierauf wird ohne Aussprache der Einspruch des Abg. Dr. Schwarz (Komm.) gegen seine Ausschließung abgelehnt. Präsident Wallraf schlägt vor, die nächste Sitzung am Montag, 12 Uhr mittags, abzuhalten ,mt der Tagesordnung: 1. und 2. Lesung.der Gutachtengesetze. Der Vorschlag wird an- genom men. - L ; Der Reichswirtschastsrat Mr Annahme d« Londoner Pakte». . Berlin, 24. August. Der wirtschaftspolitische und finanz- politische Ausschuß des vorläufigen Reichswirtschastsrates ver abschiedeten heute die Gesetzentwürfe zur Durchführung des Sachverständigengutachtens mit folgender Entschließung: Der wirtschaftspolitische und der finanzpolitische Ausschuß des vorläufigen Reichswirtschastsrates stellen einmütig fest, daß wesentliche Voraussetzungen, die von den inter nationalen Sachverständigen als unerläßlich für die Durchführ, barkeit ihrer Vorschläge bezeichnet worden sind, im Londoner .Abkommen unerfüllt geblieben sind. Die Ausschüsse be zweifeln nach wie vor ernsthaft, daß die dem deutschen Volke in dem Dawesgutachten auferlegten Lasten von der geschwäch ten deutschen Volkswirtschaft getragen werden kön nen. Trotzdem halten die beiden Ausschüsse angesichts der gegenwärtigen wirtschaftlichen und politischen Lage, namentlich sim Hinblick auf die Unhaltbarkeit der Zustände im besetzten Gebiet und die sich aus einer Ablehnung -es Londoner Ab kommens ergebenden schweren Folgen, eine Ablehnung nicht ,für möglich und stimmen deshalb der Annahme in der Pflicht. Erzählung von E l s e K r a f f t. Copyright 1920 by Greyner L Lomp., Berlin W. SO. Nachdruck und Urbersetzungsrecht in fremde Sprachen Vorbehalten. (i. Fottsehimg.) ' ' Gerda lachte unfrei." ' ' „Wie soll ich das raten?" „Doktor Specht — wahr und wahrhaftig, unseren alten, ^vielmehr, wie du immer sagtest, unseren jungen Lehrer. Hat !fich in den drei Jahren kaum verändert. Höchstens sein Bart ist gewachsen, er sieht gut aus — schneidig — du, was sagst du dazu?" .i- Z Gerda sagte nicht viel. ' - - " . < > „Der echte Oberlehrertypus war er doch!" ' Anni wurde tot. „Davon verstehst du nichts. Im Gegenteil! Ich habe Doktor Specht immer für sehr genial gehalten. Ist er auch! Ich war doch seine Schülerin, aber was meinst du wohl, wie er zu mir sprach! Wie zu einer Kollegin, oder besser gesagt, einer Freundin — ich war selig, weißt du! Wir sind das erste Mal, als wir uns auf der Theaterpromenade trafen, über eine Stunde auf- und abspaziert beim Reden." Gerda lächelte, als sie das erhitzte Gesicht der Freundin sah. „Kann ich mir denken. Lauter schöngeistige Sachen na- türlich! Allenfalls ein Stück Weltgeschichte noch —" „Rein! Tu' doch nicht so furchtbar überlegen, Gerda! Im Grunde genommen bist du ja ganz anders. Wir zwei ver- stchen uns doch! Er hat sich ja sq sehr gefreut, al» er mich sah, glaubst du mir das?" » Gerda nickte. ' ) ' ' „Das tun alle Männer, die dich sehen." „Pfui — du bist gräßlich!" Als Gerda sah, daß die Freundin mit Tränen kämpfte, Hielt sie den dunklen Kopf plötzlich mit beiden Händen fest. „Sei doch nicht so komisch, Annchen! Ich quäle eben alle Menschen, die ich lieb habe! Ein Gluck ,daß es nicht viele da- von gibt! Papa, du und — und vielleicht auch noch irgend seinen anderen au« unserer Umgebung. Hängt all« nur an einem Faden, und Papa drängt mich seit Monaten. Ich be greife mich selber nicht, worauf ich immer noch warte." Anni hob den Kopf „Hauptmann W» Platm meinst -r«»" ' Gerda nickte. bestimmten Erwartung zu, daß in den Organisationskomite« und bei der Ausführung der einzelnen Bestimmungen der Ge setze und Maßnahmen «ine Objektivität obwalten wird, die dem ersten Grundsatz des Dawesgutachten» — der Anpassung der Lasten an die Leistungsfähigkeit Deutschland» — Rechnung trägt. Diese Entschließung wurde mit 31 gegen Ist Stimmen «sNge^tyjnen. Vertraue« sttr Verriet. Paris, 24. August. In der Kammer wurde eine Per- trauenstagesordnung mit 336 gegen 204 Stimmen angenommen, die folgenden Wortlaut hat: Die Kammer beglückwünscht die Regierung dazu, daß sie den Grund satz des Schiedsgerichts in die Londoner Abmachungen hineingebracht und es dadurch den Unterhändlern ermöglicht hat, in liberalem Geist internationaler Zusammenarbeit und Eintracht zu praktischen, friedlichen Lösungen des Reparations problems zu kommen, sie setzt das Vertrauen in die Regierung, daß sie im Verlauf der bevorstehenden Konferenzen Uber die interalliierten Schulden sofort beim Völkerbund das Werk der Gerechtigkeit und des Friedens, das in seiner Gesamtheit die Sicherheit und den Wiederaufbau verbürgen soll, fortsetzen wird, sie billigt die Erklärung der Regierung und geht unter Ablehnung jedes Zusatzes zur Tagesordnung über. Aus der Rede Herriots ist folgendes hervorzuheben: Das Räumungsproblem sei ein wirtschaftliches Pro» blem. Der SachverstSnvigenplan könne sich nicht nur aus- wirken durch die Solidarität der Alliierten, sondern durch An näherung zwischen diesen und Deutschland. Frankreich habe kein Opfer gerächt, denn die Deutschland zu leihenden 800 Millionen sollen nur den deutschen Markt wieder in Gang bringen. Bon großer Bedeutung sei die Kon- trolle, welcher Deutschland sich unterziehen müsse, die ihm jedoch gestatte, seinen Platz in Europa wieder einzunehmen. Gegenüber dem Hinweis der Sozialisten, daß das deutsche Proletariat bei der Finanzierung der Repa rationen durch indirekte Steuern zu stark belastet werde, er widerte Herriot, man könne vom französischen Proletariat nicht verlangen, daß es eine doppelte Last auf sich nehme, um das deutsche Proletariat zu schonen. Bezüglich der Frage der interalliierten Schulden erklärte Herriot: Man kann von inir nicht verlangen, daß ich in einigen Tagen das durch setze, was meine Vorgänger in Jahren nicht erzielt haben. So. wie wir vorgegangen sind, haben wir uns eine gute Position verschafft und wahrscheinlich den Frieden wieder hergestellt. Man hat mir vorgeworfen, daß ich mich unzureichend mit der Sicherheitsfrage beschäftigt hätte. In diesem Punkte haben wir aber einen großen Schritt vorwärts getan, denn wir haben ja in dieser Sitzung die Erklärungen zweier mili- tärischer Führer gehört, die Ihnen gesagt haben, was sie vom Stande der Sicherheit Frankreichs halten. Unter dem Beifall des ganzen Hauses erklärte Herriot: Wenn die Menschen in Europa endlich wieder zu menschlichen Zuständen gelangen sol- len, so muß die Festung -es Militarismus zer» störtwerden. (!) Wenn Deutschlands Demokraten uns bei diesem Werk nicht unterstützen, würden sie eine schwere Per- antwortung auf sich Men. Mit steigender Erregung versicherte Herriot, daß, obwohl er sich bei der Besetzuirg des Ruhrgebietes der Stimme enthalten habe, er in London doch ihre Legalität aufrecht erhielt. Aber die Dinge hätten im Augenblick anders ge- legen als an dem Tage, an dem die Franzosen jenen Beschluß faßten. Hätte davon die Rede sein können, das Ruhrgebiet bis zur Bezahlung des letzten Pfennigs besetzt zu halten? Es genüge, in England und Amerika Reisen gemacht zu haben, um zu wissen, daß davon keine Rede sein konnte. Herriot ver liest die Erklärung Poineares im Senat, um noch schlagender zu beweisen, daß er nichts weiter getan habe, als das Wort Frankreichs zuhalten. General Rollet erklärte unter allgemeinem Beifall der Haus«-m Frag« der Entwaffnung Deutsch» land», nachdem man im Juni nicht» weiter als eine Geste gemacht habe, werde die Kontrollkommission ihre Tätigkeit im Bollbesitz ihrer vertraglichen Rechte wieder aufnehmen. Rach der Erklärung de» englischen Premierminister» werde sich Großbritannien Frankreich und den anderen Alliierten an schließen, um auf Deutschland einen Druck auszuüben und es veranlassen, seinen vertraglichen Verpflichtungen nachzukom- men. Die Entwaffnung Deutschlands sei ein Element, pog dem di« Räumung der Kölner Zone abhänge, « Die Wahlreformnovelle. Berlin, 24. August. Die Wahlreformnovelle setzt die Zahl der Reichstagsabgeordneten auf 3SS fest. Hierfür waren folgende Erwägungen maßgebend: Die Zahl der Ab geordneten im Reichstag der Bismarckschen Verfassung betrug 397, wovon 15 auf Elsaß-Lothringen und 14 auf Posen und die übrigen Abtretungsgebiete fielen. Bon den alten 397 Wahl kreisen können also nur noch 348 im jetzigen Reichswahlgebiet als vorhanden gelten. Mit Rücksicht auf die erweiterten Auf gaben des heutigen Reichstages gegenüber dem früheren Reichstag erscheint es geboten, nicht unter die Zahl des alten Reichstages herunterzugehen. Die ungerade Zochl 399 bietet eine bequeme Berechnungsgrundlage für einfache und qualifi zierte Mehrheiten. Bayern hat die Zahl seiner Landtagsmit glieder bereits von bisher 155 auf künftig 128, Württemberg von bisher 101 auf künftig 80, Braunschweig von 60 auf künf tig 48 herabgesetzt. Die Verminderung der Z«chl der Abgeord neten beträgt also im Reich 15F Prozent gegenüber 17,4 Pro- zent in Bayern, 18,4 Prozent in Württemberg und 20 Prozent in Braunschweig. In der neuen Wahlkrei seinteilung bilden die Großstädte entweder für sich oder in Verbindung mit benachbarten ländlichen Bezirken je einen Wahlkreis. Als selb ständige Wahlkreise erscheinen die Städte Breslau, Hannover, Frankfurt a. M., Essen, Düsseldorf, Dresden und Ehemnitz. Die Städte München und Köln werden in je einen nördlichen und einen südlichen, Leipzig in einen westlichen und östlichen Wahl kreis aufgeteilt. Nürnberg bildet mit Fürth, Mannheim mit Bruchsal zusammen je einen Wahlkreis. >... - - Ehrung Hindenburg«. Königsberg, 24. August. Der weitere Senat der Albert- universität mit dem Rektor an -er Spitze wurde gestern im Landeshaus durch Generalfeldmarschall von Hindenburg emp fangen. Der Rektor überreichte dem Genevalfeldmarschall die Ehrenurkunde zu seiner von der Universität vollzogenen Ernennung zu ihrem Ehrenbürger, worauf -er General feldmarschall in herzlichen Worten seinen Dank abstattete. Königsberg, 24. August. Zur 10jährigen Gedenkfeier der Schlachtvon Tannenberg ist beim Landeshaupt- mann der Provinz Ostpreußen nachstehendes Telegramm des Reichskanzlers eingetroffen: Die Geschäftslage des Reichstages macht die Teilnahme eines Reichsministers an der zehnjährigen: Ostpreußenfeier unmöglich. Die Reichsregierung sendet der Provinz Ostpreußen die herzlichsten Wünsche für ihr zukünf^ tiges Gedeihen. : Kommuuisteu-Lerhastuuge». Kattowitz, 24. August. Wie die Kattowitzer Zeitung mel det, wurde in Muewiesk eine aus sieben Köpfen bestehende russische Ueberfallabteilung gesichtet, die vom polnischen Abwehrdienst angegriffen wurde. Dier Banditen wurden getötet, drei gefangen genommen. Die polnische Poli zei hatte zwei Tote. Bukarest, 24. August. In Bukarest sind 20 rumäni^ sche Kommunistenführer verhaftet worden. In Bessarabien wurde wiederum ein großes Waffenlager entdeckt. Man nimmt an, daß die Waffen über die russische Grenze ein-! geschmuggelt worden sind. > „Er läuft uns das Haus ein. Er war in Norderney mit uns — ach, reden wir doch jetzt nicht davon! Ich bin heute Abend dem allen, was jetzt zu Hause bei uns herumspukt, in einer ganz verdrehten Stimmung entflohen. Ich sehnte mich nach dir, weil an dir kein Geheimnis für mich ist. Wenn deine Augen lachen, weiß ich, du bist froh. Bei mir ist's oft Verstellung, und bei den anderen auch! Komm — sieh mich wieder freundlich an und setz dich mal endlich hin! Erzähl' mir doch was von -einem Doktor. Also, ihr habt nicht von der Schule gesprochen, ihr zwei? Das ist wirklich sonderbar! Wovon denn?" „Don — ach Unsinn, jetzt hast du mich verwirrt, Gerda. Es ist ja auch einerlei. Denk' mal, er wollte es zuerst gar nicht glauben, daß ich im Kontor arbeite." „Das hast du ihm erzählt? Wie unklug, Anni!" ' „Unklug? Warum?" Die klaren, braunen Augen hafteten fragend an dem schönen Gesicht der Freundin. „Na — daß er als Oberlehrer gerade nicht sehr erbaut von einer derartigen Stellung sein wird, kannst du dir wohl selber sagen. Hat er dich das nicht merken lassen?" „Nein", antwortete Anni. Sie zitterte plötzlich. „Ich halte Doktor Specht für eine viel zu vornehm denkende Seele, als daß er dagegen irgend etwas einzuwenden hätte. Im Gegenteil — er — er war besorgt — um mich. Er hat mich sogar um ein Wiedersehen gebeten. — Aber — aber, wenn du meinst, er — könnte mich deshalb weniger achten — Anni sprang aufgeregt wieder empor. „Nein, nein, ich glaube nicht an so etwas. Er sprach so gut, so offen zu mir, er verstand sofort meine Lage als Tochter einer Beamtenwitwe. Ich weiß ganz genau, was du denkst, er betrachtet mich vielleicht als Gemeingut — so eine Duchhal- terin — ach, geh -och, du mit deinen absurden Grundsätzen! Nun nehme ich erst recht denselben Weg morgen, übermorgen, den auch er um dieselbe Zeit gehen muß — dir und allen zum Trotz. Ich bin sehr stolz, daß ich das so ruhig und sicher tun kann. Ich versichere dir, mir sagt nicht einer von den vielen Männern, die ich täglich im Kontor seh', ein unehrenhaftes Wort. Meine Arbeit ist eine so rtesenhohe, ernste Schutzwehr gegen alle, die übersteigt keiner so leicht — ach, so was ver stehst du ja gar nicht, die du nicht Pflichten kennst noch vorge schriebene Wege." > Das Mädchen schwieg. „Ich habe dir nicht weh tun wollen", meinte Gerda steif. „Was habe ich denn nur so Furchtbar« gesagt? Wir ver stehen uns doch nicht so ganz! Ich lebe in anderen Verhält- niffen wie du und muß danach urteilen. Ab«? — willst du mir deine -and nicht geben, Annchen? Du brauchst deshalb nicht gleich böse zu sein, meine beste Freundin bleibst du im-! mer — immer!" ! Sie erhob sich ruhig und sicher wie eine vollendete Dame! und griff nach ihrem Hut. Anni lachte verwirrt. „Nun hätten wir uns beinahe gezankt, um ein Nichts!! Ich bin eine sehr unliebenswürdige Wirtin. Aber so bleibe doch noch! Ich bin jcht leicht so kratzbürstig — vielleicht ner-! vös." „Siehst du", wollte Gerda sagen. Sie bezwang sich aber,' als sie das junge Gesicht sah, das trotz Mühe und Arbeit so! tapfer lachen konnte. „Alles Mr Muttchen", hatte die Freundin ihr einmal in einer vertrauten Stunde gesagt. Deshalb ging diese Arbeit vielleicht auch so gut, deshalb fielen diese Pflichten wohl auch nicht so schwer — für Muttchen! Gerda fühlt« plötzlich eine Art Neid gegen die Freundin. Als sie sich von der alten Frau verabschiedete, die wieder ins Zimmer gekommen war, neigte sie unwillkürlich den Kopf! tiefer vor den weißen Haaren. > Das Wort „Muttchen" klag so süß. Früher einmal, als! Gerda noch klein gewesen, hatte sie immer nur Mama zu der blassen, nervösen Frau gesagt, die immer zu müde war, mit- ihrem Kinde zu spielen. Sie hatte es damals kaum empfun den, als sie starb, was das eigentlich bedeutete, sterben — fort-! gehen für immer.. Gerda zog fröstelnd die Schultern zusammen, als sie wirk lich gegangen war. Der Herbstabend war kühl, und oben in den Zimmern war es warm und gemütlich gewesen. Dor dem Lause stockte ihr Fuß. Dicht neben ihr wurde ihr Name gerufen. „Fräulein Gerda!" und noch einmal „Fräulein Gerda!* Das war Heinz Wagner, der,Herr Ingenieur", wie st« ihn in heimlichen Spott selbst nannte. Sie mußte dabei immer an seine Beschäftigung denken, an die harte Lehre, von Jugend auf in rußigen Eisenwerken und heißen Maschinenräumen, wie häßlich so etwas war! Das alles schien ihr schon damals gar nicht zu dem hübschen, frischen Jungen ^u paffen, und warum sie sich jedesmal ärgerte, wußte sie selber nicht. Jetzt stand sie und hatte leicht ihre Finger in seine ausge-i streckte Hand gelegt. Er lachte über das ganze Gesicht. „Das war aber gut, daß ich Sie noch treffe! Wollen Sie schon noch Hause? O, weh! Und oben ist'« so gemütlich unter unserer Hängelampe. Kommen Sie doch noch einmal mij "7 "s LLortMung foitztss