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Nr. 17. PAPIER-ZEITUNG. 529 Erst nach Beendigung meiner Arbeit kam mir eine Abhand lung des Herrn W. Schacht in die Hände, die in Nr. 34 der »Papier-Zeitung«, Jahrgang 1889, sowie in Nrn. 10 und 14 des Jahrganges 1890 veröffentlicht ist und sich mit dem Einfluss der Schüttelung auf die Festigkeit und Zähigkeit verschiedener Papier sorten beschäftigt. Herr Schacht hat zu diesem Zwecke auch Papiere untersucht, die ohne Schüttelung hergestellt wurden, und wenn er auch nur vom rein praktischen Standpunkt ausging, die Luftfeuchtigkeit unberücksichtigt liess, die Fasemlage garnicht beobachten konnte und ihm nur ein Wendler’scher Zerreiss-Apparat zur Verfügung stand, so sind seine Resultate doch interessant und decken sich in dem praktischen Endergebniss mit den von mir durch genauere Forschungen gefundenen. Eine andere Untersuchung über Festigkeits- und Dehnungs verhältnisse wurde von Herm Jos. Baudisch gemacht und in Nm. 13 und 14 des »Wochenblatt für Papierfabrikation« von Güntter-Staib, Jahrgang 1893, veröffentlicht. Dieser Herr unter suchte 15 verschiedene Papiersorten auf die gewöhnliche Weise, indem er Streifen aus der Richtung des Maschinenlaufes und solche senkrecht dazu schnitt, ihre Reisslänge und Dehnung fest stellte und dann aus dem arithmetischen Mittel die durchschnitt liche mittlere Reisslänge und mittlere Dehnung berechnete, wie dies allgemein üblich ist. Im Vergleich hierzu untersuchte er dann aus denselben Bogen Streifen, welche weder parallel noch senk recht zum Maschinenlauf, sondern unter 45 Grad dazu, also diagonal geschnitten waren, und zwar abwechselnd ein Streifen unter diesem Winkel, der von rechts nach links (\) und einer, der von links nach rechts (/) lag. Man müsste nun erwarten, dass die durch schnittlichen Festigkeits- und Dehnungsergebnisse dieser letzteren Streifen, aus einer grösseren Anzahl von Versuchen, nicht nur untereinander übereinstimmen müssten, d. h. dass der von rechts nach links liegende Streifen dieselben Werthe wie der umgekehrt herausgeschnittene ergeben würde, sondern auch, dass Festigkeit und Dehnung der diagonalen Streifen genau mit der zuerst ge fundenen mittleren Reisslänge und Dehnung der entsprechenden Papiersorte übereinstimmen müsste. Dies ist aber nicht der Fall gewesen, sondern ohne Ausnahme waren die Reisslängen der diagonalen Streifen kleiner als die mittleren Reisslängen und die Dehnungen ebenfalls fast alle kleiner als die mittleren Dehnungen der ersten Versuche. Noch merkwürdiger war das Ergebniss, dass sämmtliche von rechts nach links liegenden (\) grössere Reisslängen und niedrigere Dehnungen als die andern diagonalen Streiten zeigten. Wenn die diesbezüglichen Arbeiten genau so gemacht worden sind, wie die im »Wochenblatt« Nr. 14, Seite 1081, an gegebene Skizze zeigt, so liesse sich letzterer Umstand erklären; die Streifen liegen dort nämlich nicht genau winkelrecht zu ein ander, d. h. der eine nähert sich etwas mehr der Längsrichtung als der andere, und so wäre es ganz natürlich, wenn der erstere eine etwas grössere Festigkeit und geringere Dehnung ergäbe als der andere. Ist aber die Arbeit in Wirklichkeit genau aus geführt worden, so könnte ich keinen Grund für die auffallenden Differenzen angeben. Anders ist es mit der Beobachtung, dass die diagonal geschnittenen Streifen ohne Ausnahme geringere Festig keit aufweisen, als man solche erlangt, wenn das Mittel aus Längs und Querrichtung genommen wird. Da durch meine vorliegende Arbeit festgestellt ist, dass die Fasernlagerung unmittelbar mit der Festigkeit zusammenhängt, und dass in der Längsrichtung stets eine grössere Anzahl von Fasern liegen als senkrecht darauf, so könnte dies graphisch dargestellt werden wie ein Bandgewebe, in welchem mehr Kettenfaden als Schuss- t A faden befindlich sind, wie die nebenstehende Skizze a zeigt. Wird dazu nun ein Parallel schnitt unter 45 Grad gemacht, so erscheint das Gewebe wie die zweite Skizze b, und es lehrt schon der Augenschein und das praktische Gefühl, dass bei einem Zug in der b Richtung der Pfeile der Widerstand des zweiten Gewebes nicht so stark sein kann wie beim ersten, da keine Faser, respektive kein Faden in der eigentlichen Zugrichtung liegt, kein Faden direkt zerrissen wird, son dern nur der Zusammenhang des Gewebes, Reibung usw. (beim Papier die Verfilzung) zerstört zu werden braucht, um ein Zerreissen herbeizuführen. Dass, wie in der Skizze auf Seite 1081 angegeben, der »Riss« auch stets schief zur Streifenlänge erfolgte, ist ein Beweis für die Richtigkeit meiner Annahme; es leisten nur die wenigeren quer zum Maschinenlauf liegenden Fasern den Haupt widerstand, sonst nur die Verfilzung, d. h. die Verschlingung der einzelnen Fasern. Als praktische Folgerung ziehe ich aus den Untersuchungen des Herm Baudisch wohl nun mit Recht den Schluss, dass es falsch ist. diagonale Streifen, etwa wegen Zeitersparnisse auf Festig keit und Dehnung zu prüfen, da die Ergebnisse stets zu gering sein werden, weil das Papier in diesem Falle nicht auf die seiner Fasernlagerung naturgemässe Weise in Anspruch genommen wird. Der Vollständigkeit wegen ist noch hinzuzufügeri, dass Herr Professor A. Martens (Vorsteher der Charlottenburger Versuchs anstalt) auf obige Veröffentlichung in Nr. 18 derselben Fachzeitung eine Art Entgegnung unter dem Titel: »Verfilzung und Papier prüfung« gebracht hat, nicht um den Werth der Baudisch’schen Untersuchungen herabzusetzen, sondern um einen Meinungsaus tausch herbeizuführen. Dies letztere ist, soviel ich weiss, bis jetzt nicht geschehen. Auf die einzelnen Ausführungen des Herm Martens will ich hier nicht näher eingehen, sondern nur aus seinen Schlussbemerkungen hervorheben, dass er an eine mehr oder weniger parallele Lagerung der Fasern im Papier nicht glaubt, sondern annimmt, die Schüttelung habe nur den Zweck, eine gleich mässige Vertheilung der Fasern auf dem Siebe zu erzeugen. Aus dieser irrigen Ansicht ist es auch zu erklären, dass er den Fol gerungen des Herm Baudisch Zweifel entgegenbringt. Nur durch augenscheinliche Beweise, die etwa durch Momentaufnahmen der auf dem Siebe schwimmenden Fasern zu erhalten wären (womöglich unter Durchleuchtung des Papiermassestromes mit Blitzlicht) will er sich zu der Ansicht der Fachleute bekehren. Ich bin der Ansicht, dass mein Verfahren, die Lagerung der Fasern durch mikroskopische Beobachtung im fertigen Papier zu konstatiren, noch besser ist als eine photographische Aufnahme auf dem Papiermaschinensiebe, da dort die Lage der Fasern noch nicht fixirt ist, sondern sich immer noch verändern kann und ausserdem doch nur die Beschaffenheit der Oberfläche sich zeigen würde und man nicht auf die grosse Verschiedenheit der Fasernlagerung zwischen der Ober- und der Siebseite gekommen wäre. Jedenfalls betrachtet Herr Professor Martens die Frage der Fasernlagerungen als noch ungelöst, aber diese Lösung als sehr wünschenswerth, und ich freue mich, dass ich durch vorliegende Arbeit jedenfalls einiges Licht in diese Angelegenheit gebracht habe. Als Schlusswort sei mir daher nur noch die Bemerkung ge stattet, dass meine vorliegende Arbeit durchaus kein erschöpfendes Bild von dem schwer zu behandelnden Thema geben soll und kann, da das Feld nach dieser Richtung hin noch völlig un- bebaut war, keinerlei Literatur mir zur Verfügung stand und nach Lage der Sache, da mikroskopische Untersuchungen eine bedeu tende Rolle spielen, eine unendlich grössere Anzahlvon Beobachtungen hätten gemacht werden müssen. Dies übersteigt jedoch die Kraft eines Einzelnen, und daher mögen diese Zeilen trotz ihrer Unvoll ständigkeit der Oeffentlichkeit übergeben sein mit dem Wunsche, dass sie eine Anregung zum weiteren Fortschreiten auf der be tretenen Bahn geben mögen! Niagara Falls. Die an den grossen Fällen liegende Stadt gleichen Namens nimmt durch die längs des neuen Kanals entstandenen Fabriken einen grossen Aufschwung. Die Papier- und Papierstoff-Industrie ist dort an Bedeutung die erste. Fünf Papierfabriken sind in Betrieb, die 548 Arbeitskräfte beschäftigen, jährlich 305800 Dollars Löhne zahlen und Waare im Werthe von nahezu 2000000 Dollars erzeugen. Die letzte Januarwoche brachte so niederen Wasserstand, wie er seit vielen Jahren nicht beobachtet wurde, doch blieb noch genug Wasser, um alle Fabriken in »Niagara Falls« flott zu be treiben, während die unterhalb gelegenen Fabriken theils mit Dampf betrieben, theils abgestellt werden mussten. Grosse Briefumschläge. Der bekannte (?) Ausspruch, dass es auch andere Wege giebt, um eine Katze zu tödten, als sie in Sahne zu ertränken, lässt sich auch auf nicht katzenartige Dinge anwenden. Briefschreiber benöthigen oft einen grossen Briefumschlag und können ohne Zeitverlust keinen erhalten. Und doch lässt sich in einer Minute aus zwei kleinen Umschlägen ein grosser machen. Man braucht nur den Briet in den einen Umschlag mit offener Klappe zu stecken, den andern Umschlag über den freien Theil des Briefes zu schieben und jede der gummirten Klappen, die auf ent gegengesetzte Seiten kommen, über den Ausschnitt des andern Umschlags zu kleben. (The Paper Trade.)