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424 PAPIER-ZEITUNG. Nr. 14. Die Lagerung der Fasern im Papier. Habilitations-Schrift von Max Schubert in Dresden. Fortsetzung zu Nr. 13. Damit sich bei der mikroskopischen Betrachtung einer Papier oberfläche das scheinbare Gewirr der Fasern leichter unterscheiden, die einzelne Faser sich von dem Untergrund deutlicher abheben sollte, und die Zählung dadurch leichter zu bewerkstelligen sei, bestrich ich vor jeder Untersuchung und während derselben oft wiederholt das präparirte Papier mit Chlorzink-Jodlösung oder je nach der Mischung mit Phloroglucin, wodurch die Fasern gefärbt wurden, und zwar Zellstoff violett, Holzstoff gelb oder rosa usw. Im weitern Verlaufe der Arbeiten fand ich, dass es vortheilhaft sei, beide Flüssigkeiten gleichzeitig anzuwenden, weil, wenn durch Jodlösung die Färbung des Bildes manchmal zu dunkel ausfiel, das Phloroglucin die Wirkung wieder theilweise beseitigte und, da es eine Salzsäurelösung ist, das Papier gleichzeitig sehr durch scheinend machte, sodass die einzelnen Fasern in grosser Deutlich keit erschienen. Als Instrument benutzte ich zunächst ein Zeiss’sches grösseres Mikroskop, Okular Nr. 2 und Objektiv A, was einer etwa 60 fachen linearen Vergrösserung entsprach. Dadurch erschien das Gesichts feld ziemlich hell, es war grösserer Objektivabstand und geringere Empfindlichkeit gegen die Dicke der Präparate vorhanden, als bei unnöthig hoher Vergrösserung. Später versuchte ich es mit einem kleineren Mikroskop, das aber ein sehr grosses Gesichtsfeld hatte, sodass die Zählung der Fasern erschwert war und ich eine Zeit lang Seidenkanevas auf das Präparat legte, um nur einen Theil des Gesichtsfeldes zu beobachten und leichtere, sowie richtigere Zählungen zu erlangen. Endlich nahm ich ein noch kleineres Mikroskop und habe dann mit diesem den weitaus grössten Theil meiner Untersuchungen gemacht, da es mir garnicht darauf ankam, jede einzelne Faser möglichst gross zu sehen und nach ihrer Herkunft zu beurtheilen, sondern allein darauf, eine möglichst grosse Anzahl Fasern ihrer Lage nach zu unterscheiden. Aus diesen wechselnden Hilfsmitteln erklärt es sich nun auch, dass die in den spätem Tabellen auftretenden Zahlen, d. h. Summen von Zahlen, wesentlich differiren. Dies hat jedoch auf die End resultate gar keinen Einfluss, da hier nur die Verhältnisszahl in Frage kommt, welche die Anzahl der längs liegenden Fasern, dividirt durch die Anzahl der quer liegenden, ergiebt. Würde dieses Verhältniss einmal = 1, d. h. die Anzahl der längs zur Maschinenrichtung liegenden Fasern ist genau so gross wie die querliegenden, so wäre das Ideal eines Papieres gefunden. Wie weit die Wirklichkeit hiervon abweicht, werden die weiteren Ergebnisse zeigen. Bei der ersten Betrachtung eines wie oben angegeben präpa- rirten Papierstreifens fällt nun sofort ins Auge, dass die sich zeigenden Fasern eine ganz verschiedene Länge haben. Dies ist auch ganz natürlich, da dieser Umstand theils in der Natur der zur Papierfabrikation benutzten Materialien liegt, theils auch ab sichtlich manche Fasern, besonders Zellstoff, nicht so kurz wie die anderen gemahlen werden, um dem Papiere, hauptsächlich bei Holzstoffzusatz, eine grössere Festigkeit zu geben. Es ziehen sich also auf dem mikroskopischen Bilde Fasern quer über das ganze Gesichtsfeld, andere, weiter oben, unten oder seitwärts gelegen, erscheinen etwas kürzer, und die Hauptmasse kann als Faser von der Normallänge betrachtet werden. Daher habe ich von Anfang an, um möglichste Genauigkeit zu erzielen, die ersteren als drei Fasern, die anderen als zwei und die letzteren als je eine Faser gezählt. Bei dem Kochen der Streifen mit Natronlauge stellte sich sehr bald heraus, dass besonders die dickeren Papiere sich sehr leicht in verschiedene Schichten spalten, sodass ich die Ober- und Unter seite getrennt unter das Mikroskop nehmen und als dünnes, viel durchsichtigeres Papier behandeln konnte. Ich komme später auf diese Eigenschaft zurück und werde die Resultate besonderer Versuche nach dieser Richtung hin am Schluss vorlegen. Wenn ich nun noch hinzufüge, dass ich während der Beob achtungen die am Mikroskop angebrachte Feinstellung mit be nutzte, d. h. die Lage um eine Kleinigkeit veränderte, um auch die etwas tiefer, in einer anderen Ebene gelagerten Fasern deut licher zu sehen und mitzählen zu können, so habe ich Alles ange führt, was als Einleitung und Erklärung der Art und Weise meiner Arbeit nothwendig war und bemerke nur noch, dass nach kurzer Zeit das Zählen selbst garnicht so schwierig war, wie es zuerst erschien, da ich jedesmal an gleicher Stelle anfing und bei öfter ausgeführter Kontrollzählung fast immer die gleichen Ergebnisse erhielt. Aus der sehr grossen Anzahl meiner Beobachtungen will ich nur als Beispiel einen beliebigen Streifen herausgreifen, der mit 12 al bezeichnet ist, das heisst: Bogen Nr. 12, Mittelbahn, Streifen a in der Längsrichtung geschnitten und auf Festigkeit und Dehnung bereits geprüft. Bei näherer Betrachtung meiner Aufzeichnungen finde ich, dass dieser Streifen zu dem 135 g das qm wiegenden Schreibpapier gehört, welches ohne Schüttelung hergestellt wurde. Das Ergebniss der mikroskopischen Unter suchung war Folgendes: Streifen 12 a 1 Oben Unten 40 Fasern || z. M. 12 Fasern 1 z.M. 49 Fasern || z. M. 5 Fasern 1 z. M. 45 „ 9 „ 43 . 4 „ 36 „ 21 „ 44 . 8 34 .. 12 „ 38 „ 11 38 . 7 45 ., 5 43 .. 9 43 .. 7 37 .. 8 „ 43 „ 9 „ 41 „ 9 40 „ 7 40 „ 9 „ 46 „ 6 „ 46 » 8 „ 38 » 7 400 Fasern || z. M. 104 Fasern I z.M. 429 Fasern || z. M. 69 Fasern I z. M ■ Verhältniss 3,84. Verhältniss 6,22 Der zugehörige Streifen 12 a q ergab folgende Zahlen: Streifen 12 a q Oben. Unten. 9 Fasern j| z. Streifenrichtung 38 Fasern Iz. Str. 8 Fasern || 46 Fasern Lz 14 .. 41 „ 4 „ 48„ 15 .. 26 11 47 » 13 „ 30 .. 12 43 „ 13 . 32 „ 12 40 „ 10 .. 34 . 8 „ 38 „ 12 35 . 8 49 „ 22 , 39 „ 6 „ 38 „ 15 „ 34 .. 11 „ 47 „ 8 „ 36 „ 13 „ 46 „ 129 Fasern || z. Streifenrichtung 345 Fasern IZ. Str. 93 Fasern || 442 Fasern LZ Verhältniss 2,68. Verhältniss 4,75. In ganz derselben Weise wurden nun noch die zu derselben Serie gehörenden Streifen 12 bl, 12 bq, 12 cl, 12 cq, sowie alle übrigen in Tabelle I und II aufgeführten Papiersorten untersucht. Aus den wenigen Beispielen kann man schon deutlich er sehen, wie ganz anders sich die Lagerung der Fasern an der- oberen Seite des Papieres im Gegensatz zur unteren, der Sieb seite, gestaltet, und aus dem folgenden Beispiel lässt sich der wesentliche Einfluss der Schüttelung sofort erkennen, wenn die ersten Untersuchungen von 16 al und 16 aq näher betrachtet werden; das ist dasselbe Papier, aber mit 240 Schüttelungen in der Minute gearbeitet. Streifen 16 al Oben. Unten. 29 Fasern || z. M. 19 Fasern j_ z. M. 48 Faser n || z. M. 8 Fasern I z. M- 35 .. 20 47 6 30 „ 18 .. 44 .. 16 39 „ 12 ,. 48 , 8 „ 30 ,. 13 „ 38 . 21 . 31 ., 16 „ 40 „ 13 „ 25 . 23 ,. 45 „ 12 „ 25 „ 29 .. 33 .. 16 . 21, 30 . 41 „ 13 „ 40 „ 22 „ 55 „ 14 „ 305 Fasern || z. M. 202 Fasern Iz.M. 429 Fasern || z. M. 127 FasernIz.M Verhältniss 1,51. Verhältniss 3,37. Der zugehörige Streifen 16 aq ergab folgende Zahlen: Streifen 16 aq Oben. 17 Fasern || z. Streifenrichtung 37 Fasern 1 Unten. 15 Fasern || 46 Fasern X 16 „ 34 „ 10„ 45 „ 18 „ 39 .. 8 „ 54 „ 25 .. 29 ,. 10 48 24 .. 38 .. 12 „ 45 .. 23 „ 30 ., 13 . 50 . 17 .. 42 » 9 ., 49 „ 18 ., 30 .. 11 . 44 .. 19 . 34 .. 13 ,. 41 .. 25 „ 41 » 9 » 47 » 202 Fasern I z. Streifenrichtung 354 Fasern I 110 Fasern || 469 Fasern X Verhältniss 1,75. Verhältniss 4,26. Man ersieht hieraus, dass das Fasernverhältniss zwischen ihrer Längs- und Querrichtung zwar ebenfalls auf der Siebseite noch bedeutend ungünstiger, d. h. weiter von dem Idealverhältniss 1 entfernt ist, als auf der Oberseite, dass aber die starke Schüttelung auf beiden Seiten, besonders der Oberseite, ein wesentlich günsti geres Verhältniss der beiden Hauptrichtungen zu einander herbei geführt hat.