Volltext Seite (XML)
1622 DAPIER-ZEITUNG. No. 48. Chlorkalk- Prüfung. Einfaches und praktisches Verfahren zur Ermittelung des Ge haltes an wirksamem Chlor im Chlorkalk des Handels. Von A. Rademacher. Papiertechniker, Glossop in England. Eine Anzahl guter und bewährter Methoden zu obigem Zwecke existiren bekanntlich und sind leicht aus den Lehrbüchern der analytischen Chemie von Denen, die derselben kundig sind, zusammenzustellen. In einer grösseren Papier fabrik, die rationell und ökonomisch betrieben wird, ist es jedoch nöthig, wöchentlich eine grosse Anzahl Chlorbestimmungen in Chlorkalk, Bleichflüssigkeit und ausgenutzten Laugen genau auszuführen. Hierzu gehört eine gewisse Uebung; wenn die gewöhnlich in den Lehrbüchern angeführten Methoden ge braucht werden sollen. Es ist oft nothwendig, dass solche Untersuchungen von Leuten ausgeführt werden, die keine Kenntniss der Chemie besitzen; be sonders ist dies der Fall in England und Amerika, wo die meisten Papierfabriken kein Laboratorium und noch viel weniger einen Chemiker oder Praktikanten be sitzen. Folgende Methode, die Penot’sche (Wird ausführlich in Lieferung 4 des Hofmann’schen Handbuchs dargelegt. D. Red.) in ihrer einfachsten Form, habe ich vor einigen Jahren nach vielfachen Versuchen als die praktischste für Papierfabriken, Bleichereien etc. befunden. Sie wird heute in einer Anzahl englischer und amerikanischer Fabriken von der Chemie unkundigen Werk führern mit Vorliebe gebraucht, ihrer Einfachheit wegen und auch, weil sie keine den Männern der Praxis so lästige Rechnerei verursacht. Man lässt 6,98 g reiner arseniger Säure (As, O3) von einem Apotheker mit der zur Lösung nöthigen Menge reiner Soda in etwas destillirtem Wasser auflösen, erkalten und scharf auf 1 Liter stellen; dieses bildet die Probeflüssigkeit. Etwas Jod- Kaliumstärkepapier, welches auch in jeder Apotheke käuflich ist, vollendet die Ausrüstung an Chemikalien. Von einer gut gemischten Durchschnittsprobe des Chlorkalkes werden 10 g mit kaltem Wasser in einem Mörser zu Milch zerrieben, in einen Literglaskolben gegossen, und der Mörser mit etwas mehr Wasser gut ausgespült, welches gleichfalls in den Kolben kommt. Der Inhalt des Kolbens wird eine Minute lang geschüttelt und dann mit kaltem Wasser auf den vollen Liter gestellt. Wenn nun die Probe vorgenommen werden soll, wird der Kolben geschüttelt, bis man eine gleichmässig milchige Flüssigkeit hat. 50 ccm werden mit einer Pipette herausgenommen, in ein Gläschen gegeben, und so lange Probeflüssigkeit aus einer Bürette unter stetem Umrühren zugesetzt, bis ein Tropfen, an einem Glasstabe herausgenommen, keinen blauen Fleck auf dem befeuchteten Jodkaliumstärkepapier hervorbringt. Die Nichtentstehung der blauen Färbung zeigt das Ende der Reaktion an; so viel ccm Probeflüssigkeit gebraucht worden sind, so viel Prozente wirksamen Chlors enthält der Bleich kalk, weil 1 ccm Probeflüssigkeit gleich ist 0,005 g Chlor. Eine Anleitung von einer halben Stunde genügt, um einem intelligenten Knaben oder Arbeiter diese Chlorprobe beizubringen, und derselbe wird nach einiger Uebung beinahe so genau (in allen Fällen für die Praxis hinreichend) und ungemein behender arbeiten, wie der Chemiker mit seinen Hochschulmethoden. Ein wenig Nach-, denken wird zeigen, wie dies Verfahren auch für Bleichflüssigkeiten und chlor haltige Abwässer gebraucht werden kann. Strohpappen, Strohpapier und Holzpappen in Mitteldeutschland. Leipzig-Gohlis, Ende November 1886. Es gereicht mir zur besonderen Freude, heute konstatiren zu können, dass die in meiner letzten Korrespondenz Ende August a. c. ausgesprochenen Er wartungen nicht nur eingetroffen, sondern zum Theil übertroffen worden sind, und dass sich der Uebergang zu höheren Preisen leichter vollzogen hat, als man vorher wohl allgemein angenommen haben mag. Strohpappe hat den damals erhofften Preis von 7 M. pr. Ctr. frei mittel deutsche Stationen nicht nur erreicht, sondern es sind für Schlüsse per 1887 sogar 71/4 und 71/, M. bewilligt worden. Die Nachfrage ist fortgesetzt lebhaft ge blieben, und die Fabriken sind gewiss ohne Ausnahme reichlich und für längere Zeit gut beschäftigt. Es ist anzunehmen, dass die Preise noch etwas anziehen werden, obwohl zu wünschen wäre, dass hierbei eine gewisse Grenze nicht überschritten würde, um eine entsprechende Differenz zwischen den Preisen der Stroh- und Holz- Pappen aufzulassen, damit dem Verbrauch der ersteren nicht geschadet würde. Nach einer langen, unglücklichen Periode ist der Fabrikant endlich dahin ge langt, wenigstens einen bescheidenen Nutzen aus seiner Arbeit zu ziehen, ob wohl dieser Gewinn noch nicht genügen wird, um die Ausfälle der letzten Jahre zu decken. Es liegt in der Hand der Herren Fabrikanten, durch einmüthiges Zusammen stehen den jetzigen Zustand aufrecht zu erhalten und selbst noch um Etwas zu verbessern, desshalb: nur kein Zurück! Strohpapier ist seit einiger Zeit im Preise gestiegen, aber noch immer nicht in dem richtigen Verhältniss zur Strohpappe. Da diese Fabriken nie über knappen Absatz zu klagen hatten, so steht zu erwarten, dass die nächste Zukunft auch hierin höhere Notirungen bringt. Von der Holzpappe hätte man bei den traurigen Wasserverhältnissen höhere Preise erwarten müssen, umsomehr, als keine nennenswerthen Vorräthe existiren, und der Winter vor der Thür ist. Es lässt sich zwar, wenn wir ein Jahr zurückdenken, ein bedeutender Fortschritt nicht verkennen, und die Preise von 81/2—9 Mark per Ctr. ab Fabrikstationen haben sich recht fest behauptet, aber im Hinblick auf die anhaltende Wasserkalamität rechnete man auf eine weitere Erhöhung mit Be stimmtheit. Jedenfalls bringt sie der Winter doch noch. C, W. Fabrikanten und Händler. In No. 46 der Papier-Zeitung finde ich einen Artikel unter der Ueberschrift „Papiermarkt“, worin als einer der Gründe, warum die Papierindustrie sich jetzt in einer so misslichen Lage befindet, der Uebelstand angeführt wird: .dass viele Fabriken wegen Mangel an geeigneten Verbindungen ihre Fabrikate den Verbrauchern und Kleinhändlern direkt anbieten.“ Den Uebelstand hat Herr —g— richtig erkannt, über die Ursachen aber befindet er sich im Irrthum, wenn er annimmt, dass Mangel an geeigneten Ver bindungen daran die Schuld trägt. Wer tiefer blickt, wird ganz andere Ursachen finden; ich wenigstens schreibe die Schuld daran, dass viele Fabriken direkt mit den Verbrauchern arbeiten, lediglich den Papierhändlern zu, und fasse den Nothstand in Kürze darin zusammen, dass wir zu viel und zu wenig Papierhändler haben, wie ich gleich zu beweisen suchen werde. Welche Stelle soll denn theoretisch der Papierhändler einnehmen? Er soll der Vermittler zwischen Fabrikanten und Verbrauchern sein. Der Fabrikant kann kleine Posten nur mit Verlust anfertigen, darum soll der Papierhändler der Sammler dieser kleinen Einzel-Bedürfnisse sein, und solche dann auf einmal in grösseren Posten dem Fabrikanten zuführen. Der Fabrikant kann selten von heute auf morgen mit einem Papiere dienen; der Papierhändler soll darum Lager halten, um solchen sofortigen Bedürfnissen genügen zu können. Der Fabrikant kann nicht Quantitäten auf den Bogen genau anfertigen; der Händler soll den Verbraucher mit solchen abgezirkelten Posten bedienen, und etwaige Mankos ergänzen, Ueberschüsse für nächsten Bedarf aufheben; — der Fabrikant muss stets Arbeit haben, der Verbraucher hat aber oft in flauen Zeiten keinen Bedarf; dann hat der Händler durch Ergänzung seines Lagers dem Fabrikanten Beschäftigung zuzuführen. Ich will nicht noch mehr an führen, kein Leser aber wird mir bestreiten, dass das Vorhergesagte die Stellung des Papierhändlers, wie er sein soll, ungefähr darlegt. Man frage nun den Fabrikanten, ob er, bei der Möglichkeit an solche Händler zu liefern, noch direkte Geschäfte mit den Verbrauchern vorziehen würde. Jeder Fabrikant wird sagen : wenn ich solche Papierhändler zu Abnehmern haben kann, dann denke ich nicht daran, an Verbraucher zu verkaufen und werde solchen Händlern gern einen entsprechenden Nutzen gewähren, damit sie ihre Rechnung bei der Vermittlung zwischen Fabrikanten und Verbrauchern finden. Betrachten wir uns die Papierhändler der Gegenwart aber näher, so finden wir, dass, mit ganz wenigen Ausnahmen, fast kein Zug des obigen Bildes auf sie passt. Mehr als zehn Jahre, während welcher Zeit sie dem Fabrikanten als unumschränkte Tyrannen gegenüberstanden, haben eine förmliche Verwilderung der kaufmännischen Sitten in den Reihen der Papierhändler hervorge rufen. Kein Händler hält mehr Lager. So klein und genau so, wie ihm der Auftrag zugeht, wird er dem Fabrikanten aufgehalst und „der Bien muss.“ Mehr aber darfs nicht sein (das Plus kann ja in den Centner-Ausschuss wandern) und bei einem Weniger wird kaltblütig verlangt, dass 100 oder 200 Bogen nach gefertigt werden. Es liegt wenigstens insofern Abwechselung darin, als bei dem Auftrage ohnehin nichts verdient, bei so kleinen Nachlieferungen aber viel Geld zugesetzt wird. Seit Jahren sind alle Preise nur noch nominell, denn der Herr Händler behält es sich ganz vor, durch „Einkaufs- und Zahlungs-Konditionen“, durch 2 % Skonto und 3—4 Monat-Rimessen, durch Remittirung von 200 Mark in 8 —10 Wechseln, darunter Upsala, Lyon, Moskau und andere solche nahe liegenden Plätze, natürlich alles in Mark und „ohne Kosten“ (der Fabrikant mag zusehen, wie und mit welchem Verlust er sie los wird) am Preise noch beliebig 1, 2, 3 und mehr Prozent herunterzureissen. Die Sache wäre un geheuer belustigend, wenn sie nicht so ernst wäre; denn soll man nicht lachen, wenn ein Händler, der eine Rechnung von nur 300 Mark nach erfolgter Mahnung in 3 Raten bezahlt, seinen Brief aufgeblasen damit beginnt: „Nach den bei mir üblichen Einkaufs- und Zahlungsbedingungen“ etc. Leider sind so üble Gewohnheiten im Zahlen nicht auf die unteren Re gionen beschränkt geblieben, sondern haben auch in Geschäften Platz gegriffen, die sich sonst wegen ihrer Respektabilität nicht wenig in die Brust werfen, und es sehr übelnehmen würden, wollte man sie öffentlich unter diese Kate gorie zählen. Ich glaube, es wird keinen Papierhändler geben, der bei einigem Nach denken noch glauben mag, dass der Papierfabrikant in letzter Zeit etwas ver dient hat; um so Verdammenswerther ist es daher, die bereits auf’s Blutigste herabgedrückten und herabgeschundenen Preise noch weiter in so unerlaubter Weise zu schmälern. Noch eines Umstandes will ich gedenken. Ganz abgesehen von den vielen Beanstandungen und Dispositionsstellungen, welche die souveräne Stellung der Papierhändler mit sich brachte — denn wer die Macht fühlt, macht auch öfter und leichter davon Gebrauch — hat kein Papierhändler in den letzten Jahren mehr eine Differenz mit den Kunden selbst ausgetragen, das kostet ja Aerger und Geld; man hatte ein viel kürzeres Verfahren adoptirt: den Kunden