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seiner Angaben wieder vermuthen lassen, dass er auch dem Lichte, ja sogar dem Ammoniakgehalte der Atmosphäre eine Rolle bei diesem Prozesse zuschreibe. Auf andere in der Literatur vorfindliche, z. Th. sehr abenteuerliche Erklärungen des Vergilbens will ich hier nicht näher eingehen. Zu meinen Versuchen dienten zunächst Papiere, welche nach Ausweis der von mir zuerst vorgeschlagenen Phloroglucin-Probe reich an Holzsubstanz waren, und die bei mikroskopischer Untersuchung als Holzschliffpapiere sich erwiesen. Stücke Solchen Papiers wurden dem unmittelbaren Sonnenlichte ausgesetzt und von Zeit zu Zeit mit Proben desselben Papiers verglichen, welche vor Einwirkung selbst des schwächsten Lichtes geschützt waren. Bei hohem Sonnen stände und nahezu senkrechtem Einfalle der Sonnenstrahlen liess sich schon nach einer Stunde der Beginn des Vergilbens erkennen. Da bei jenen Tempe raturen, welchen die Papiere während der Bestrahlung ausgesetzt waren, im Dunkeln keine Veränderung wahrnehmbar wurde, so musste geschlossen werden, dass das Licht bei der Vergilbung der Holzpapiere betheiligt ist. Wird ein Stück desselben Papieies in der Toricellischen Leere dem Sonnen lichte ausgesetzt, so stellt sich auch nach Monate langer Einwirkung keine Spur einer Vergilbung ein, selbst wenn man im Quecksilber etwas Wasser auf steigen lässt und das Probepapier alsbald im feuchten Raume sich befindet. Dieser Versuch zeigt, dass auch die Luft bei der Vergilbung betheiligt ist, und es kann wohl, namentlich mit Rücksicht auf den Umstand, dass Stickstoff und Kohlensäure dem Holzschliffpapiere gegenüber sich völlig indifferent ver halten, keinem Zweifel unterliegen, dass die Vergilbung des Holzpapiers ein durch das Licht bedingter Oxydationsprozess ist. Bringt man einen Streifen des Holzpapiers in ein Proberöhrchen, welches durch Schwefelsäure abgesperrt ist, so findet man selbst nach Wochen lang währender Aussetzung im Sonnenlichte keine Veränderung; erst nach mehr monatlicher Einwirkung des Lichtes stellt sich eine schwache Vergilbung ein. Hieraus folgt, dass Feuchtigkeit allerdings die Vergilbung sehr begünstigt, indess zum Eintritte der Erscheinung nicht unbedingt erforderlich ist. Die Stärke des Lichtes, ganz besonders aber die Brechbarkeit desselben (Lichtfarbe) haben auf die Vergilbung der Holzpapiere grossen Einfluss. Was zunächst das erstere Verhältniss anlangt, so bemerke ich, dass ein bestimmtes, an geschliffenem Holz reiches Papier (auf welchem das „Neue Wiener Tagblatt“ gedruckt ist), nach 6 tägigem Liegen an einem Nordfenster, also bloss dem diffusen Tageslichte ausgesetzt, sich nur so weit färbte als nach 1"/2stündiger Einwirkung direkten Sonnenlichtes. Nach mehrwöchentlicher Ein wirkung des Sonnenlichtes wurde das Probepapier tief braungelb. In ähnlicher Weise färbte sich das Papier erst nach mehrmonatlicher .Einwirkung des diffusen Lichtes. Im Gaslichte ist die Vergilbung eine so schwache, dass sie erst nach sehr langer Einwirkung beobachtet werden kann. Ich will dies durch folgende Beobachtung belegen. Ein Stück des Tagblatt-Papieres wurde am 27. Februar 1886 im Dunkelzimmer des Pflanzenphysiologischen Institutes vor einer Flamme auf- gestellt, welche eine Leuchtkraft von etwa 8 Normalkerzen hatte und zwar in einer Entfernung von 75 cm. Die Flamme brannte Tag und Nacht. Nach Ablauf eines Monats war so gut wie keine Färbung zu bemerken und erst nach viermonatlicher Einwirkung des Gaslichtes stellte sich eine geringe Färbung ein, vergleichbar jener, welche in d'er Sonne schon nach etwa zwei Stunden eintritt. Die geringe Wirkung des Gaslichtes gegenüber dem Sonnen- und diffusen Tageslichte ist indess mehr auf den Unterschied der Brechbarkeit, als auf jenen der Stärke zu stellen, wie sich aus folgendem Versuche ergiebt. Ich füllte eine doppelwandige Glasglocke (Senebier’sche Glocke) mit einer Lösung von doppeltchromsaurem Kali, eine zweite mit schwefelsaurem Kupfer oxydammoniak. Schichtendicke und Lösung sind so gewählt, dass die eine Glocke — ich will sie kurz die „gelbe Glocke“ nennen — bloss Roth bis Grün, die andere — sie sei kurz als „blaue Glocke“ bezeichnet — Grün bis Violett durchlässt. Während unter der blauen Glocke, namentlich im Sonnen lichte, sehr rasch die Vergilbung des Holzschliffpapieres sich einstellt, ist die selbe im diffusen Tageslichte gar nicht abzuwarten, so schwach ist die Wirkung. Da nun, wie bekannt, photographisch empfindliche Platten und Papiere (z. B. das Talbot’sche Papier) ein gleiches Verhalten unter den beiden Glasglocken darbieten, so folgt, dass es ähnlich der Wirkung des Lichtes gegenüber den Silbersalzen vorwiegend die stark brechbaren Strahlen sind (blaue bis ultra violette), welche die Vergilbung des Holzschliffpapieres bedingen. Da nun die Gasflamme hauptsächlich Strahlen geringerer Brechbarkeit aus sendet und nur relativ wenig stark brechbare Strahlen, welcher Umstand es genügend erklärt, warum im gewöhnlichen Gaslichte das Photographiren unter Anwendung der gewöhnlichen Mittel nicht durchführbar ist, so wird es be greiflich, dass das Gaslicht dem Holzpapier gegenüber fast vollständig wirkungs los ist. Einige chemische Veränderungen, welche Folge der Vergilbung sind, lassen sich leicht und mit Sicherheit feststellen. Um ein richtiges Verständniss dieser Verhältnisse zu ermöglichen, muss ich die chemische Beschaffenheit der ver holzten Zellwand in Kürze schildern. Man nahm früher an, dass in den ver holzten Geweben neben Cellulose noch ein anderes chemisches Individuum, der Holzstoff (Lignin) vorkomme. Diese auch mit dem sehr unpassend gewählten Worte „inkrustirende" Materie bezeichnete Substanz ist nun nach den haupt sächlich von mir und meinen Schülern ausgeführten Untersuchungen ein Gemenge mehrerer Körper, unter welchen Vanillin, Coniferin, ferner eine durch Salzsäure sich gelb färbende, nicht näher bekannte Substanz, und mehrere Gummiarten nie fehlen. Das Vanillin, welches nach unseren Untersuchungen die sogenannten Holzstoff-Reaktionen bedingt, ist am sichersten durch Phloroglucin und Salz säure, das Coniferin durch ein Gemenge von Phenol, Salzsäure und chlorsaurem Kali nachzuweisen, welche Reagentien des Coniferin durch eine besonders im Sonnenlichte stark hervortretende Blaufärbung zu erkennen geben. Im Lichte wird nun im Papiere die durch Salzsäure sich gelb färbende Substanz nicht zerstört, wohl aber Coniferin und Vanillin. In stark am Sonnen lichte gebräuntem Holzschliffpapier ist in der Regel kein Coniferin durch Phenol-Salzsäure nachweisbar. Hingegen lässt sich die Gegenwart des Vanillins feststellen. Allein ein Vergleich mit frischem Holze oder frischem noch nicht vergilbtem Holzschliffpapier lehrt, dass das Vanillin bei der Vergilbung stark abgenommen hat. Weiter lässt sich noch feststellen, dass die Stärkemenge in dem am Lichte vergilbten Papiere abgenommen hat, indem dasselbe im Vergleiche zu dem übrigen Papiere mit wässeriger Jodlösung nur eine sehr schwache Blaufärbung annimmt, selbst wenn man früher mit Salzsäure angesäuert hat. Das am Lichte vergilbte Papier wird durch Kalilauge stark braun. Weder durch Wasser, noch durch Aether und Alkohol lässt sich ein vergilbtes Papier entfärben, auch dann nicht, wenn Siedehitze angewendet wird. Da es die Bestandtheile der verholzten Zellwand sind, welche die im Lichte sich einstellenden Veränderungen des Papiers bedingen, so ist es eigent lich selbstverständlich, dass erstlich alle jene Papiere, welche irgend welche verholzte Gewebsbestandtheile enthalten, dieselbe Erscheinung zeigen müssen, und dass Holzstoff papiere, deren Fasern von der sogenannten Holzsubstanz voll kommen befreit wurden, der Vergilbung nicht unterliegen. Zu den letzteren sind jene in neuerer Zeit so viel gebrauchten, im Vergleiche zu Holzschliff papieren so guten Holzstoffpapiere zu zählen, deren Fasern durch chemische Mittel aus dem Holze gewonnen wurden. Aus Juteabfällen bereitete Papiere verhalten sich, da die Jutefaser, wie ich zuerst zeigte, sehr stark verholzt ist, wie Holzschliffpapiere. Strohstoff enthält namentlich in den Gefässen Holzsubstanz. Ist Strohstoff nicht vollständig ge bleicht, so vergilbt ein daraus bereitetes Papier, aber selbstverständlich weniger als Holzschliffpapier. Aus völlig unverholzten Fasern bestehende Papiere (alle guten Sorten von reinem Hadernpapier) unterliegen gar nicht der Vergilbung. Im Lichte sowohl, als im Finstern der Luft ausgesetzt, behalten sie vollständig ihre ursprüngliche Farbe, wenn nur dafür Sorge getragen wird, dass auf dieselben kein Staub auffällt. Die kleinen Mengen von Ammoniak, welche stets in der Atmosphäre vor kommen, scheinen gar keinen Einfluss auf die Holzschliffpapiere auszuüben, wie man aus dem Verhalten von Holzschliffpapieren, die Monate lang dem Luftzutritte bei Ausschluss des Lichtes ausgesetzt sind, entnehmen kann. Wohl aber färben Ammoniakdämpfe das Holzschliffpapier sofort; an freier Luft, rascher in Essigsäuredämpfen verliert sich diese Färbung wieder. Da die stark brechbaren Strahlen des Lichtes bei Gegenwart von Sauer stoff die rasche Vergilbung aller jener Papiere hervorbringen, deren Fasern noch sogen. Holzsubstanz enthalten, dieser Prozess aber durch Feuchtigkeit sehr be günstigt wird, so ergeben sich die Regeln zum Schutze solcher Papiere bezieh, von Werken, welche auf Holzschliffpapier gedruckt sind, von selbst: Sonnenlicht wirkt schädlicher, als diffuses Licht, sehr schwaches, stark abgedämpftes Tages licht wird, zumal in sehr trockenen Räumen, von ungemein geringer Wirkung sein. Gaslicht ist wegen seines geringen Gehaltes an stark brechbaren Licht strahlen fast ganz unschädlich. Hingegen wird elektrisches Bogenlicht und überhaupt jede kräftige Lichtquelle, welche viel stark brechbare Strahlen aus sendet, das Vergilben begünstigen. Mit Rücksicht auf die Gefahr der Ver gilbung der Papiere wird somit in Bibliotheken die Gasbeleuchtung der elektrischen Beleuchtung im Allgemeinen vorzuziehen sein. Dingi. Journ. Bd. 261 S. 386. Jubiläum. Am 1. Oktober waren es, wie der Hinterländer Anzeiger mittheilt, 25 Jahre, dass Herr Wilh. Winckel in Berleburg eine Düten- fabrik errichtete. Von kleinen Anfängen ausgehend hatte sich das Düten- geschäft im Laufe weniger Jahre derart erweitert, dass Herrn Winckel die Nothwendigkeit einleuchtete, eine Buchdruckerei zu errichten, um die Düten zu bedrucken, und es bot sich ihm Gelegenheit, die Matthey’sche Buchdruckerei im Anfänge der 70er Jahre anzukaufen. Mit diesem Ankäufe ging gleichzeitig der Verlag des „Wittgensteiner Kreisblattes“ auf Herrn Winckel über. Welch bedeutenden Aufschwung das Win ekel'sehe Geschäft sich in den letzten Jahren zu erfreuen gehabt, dürfte die Mittheilung lehren, dass an verschiedenen Tagen in der Woche Wagenladungen von Düten etc. zu den Bahnhöfen befördert werden. Zwischen Arbeitgeber und Arbeit nehmer herrscht das schönste Einvernehmen, und in dem Geschäfte arbeiten Personen, welche auf eine 20- resp. 15jährige Thätigkeit zurückblicken können. Am Abende des Jubeltages gab es eine kleine Festlichkeit in den Räumlichkeiten der Winckersehen Fabrik, an welcher alle Arbeiter des Geschäfts theilnahmen. Kleine Vorträge und Ansprachen würzten die Feier des Tages. Patentgesuche. Die Chemiker-Zeitung warnt davor, dass man die Abfassung und Einreichung von Patentgesuchen ohne Kontrolle sogenannten Sachverständigen übertrage und führt einige drastische Fälle an, in welchen das für das Gesuch bezahlte Geld geradezu weggeworfen war. Die Agenten, welche sich mit dergleichen befassen, können, wenn sie auch ein sehr um fassendes Wissen besitzen, nicht in allen Zweigen der Industrie sachver ständig sein. In den meisten Fällen verstehen sie davon viel weniger, als der Erfinder selbst, und wenn dieser irgend die Befähigung dazu hat, sollte er die Beschreibung stets selbst entwerfen und auch die Eingabe des Agenten vor ihrem Abgang einer Durchsicht unterziehen. Diese Eingaben werden meistens von jungen Leuten geschrieben, die von der Sache nichts verstehen und manchmal die haarsträubendsten Schreibfehler machen. Durch solche Fehler kann aber der ganze Werth des eventuell ertheilten Patentes in Frage gestellt werden. Um sich zu überzeugen, wie wichtig der Wort laut einer Beschreibung und besonders der Patentansprüche ist, sollten die Erfinder die verschiedenen Patentprozesse aufmerksam lesen; sie würden dann gewiss ihre Eingaben mit grösserer Sorgfalt behandeln.