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„für den Patentschutz“ mit dem Brucker’schen vollständig gleichlautend, und zwar diejenigen, welche zu Stande gekommen waren 1) am 17. Mai 1880 mit Otto Vogel in Firma Gebrüder Vogel, in Zell i. W., 2) am 18. Juni 1881 mit Karl Vogel in Firma Chamer Papierfabrik in Cham, 3) am 1. August 1881 mit August Brune in Firma Brune & Kisker in Nestersitz (Böhmen), 4) am 19. November 1881 mit der Aktiengesellschaft Steyrermühle in Steyrermühle, 5) am 31. Oktober 1881 mit I. Römer & Cie. in Nettingsdorf, 6) am 18. Januar 1882 mit der Cellulose-Fabrik Skien in Skien (Norwegen), 7) am 1. März 1882 mit Otto Klusemann in Voitsberg, 8) am 30. Juli 1882 mit Dr. Netti (jetzt Spiro & Söhne) in Krumau (Böhmen), 9) am 5. August 1882 mit Wiede & Cie. in Hof (Bayern), 10) am 8. September 1882 mit Albert Niethammer in Kriebstein (Sachsen), 11) am 16. Oktober 1882 mit Vogel u. Bernheimer in Ettlingen, 12) am 31. Oktober 1882 mit den Papierfabriken Hannover in Alfeld-Gronau, 13) am 4. Dezember 1882 mit Th. Steinwender (Vorster & Cie.) in Delstern, 14) am 23. Dezember 1882 mit I. H. Eppen in Winsen an der Luhe (Hannover), 15) am 10. Januar 1883 mit der Papierfabrik Höcklingsen in Höcklingsen, 16) am 14. Januar 1883 mit Gustav Rostosky in Oedenkoven bei Bonn, 17) am 3. März 1883 mit der Cellulosefabrik Höcklingsen in Höcklingsen, 18) am 14. März 1883 mit C. F. Fues in Hanau a. M. Im „Thatbestand" heisst es weiter: Noch ehe mit Erstellung der im Vertrag von 28. März 1883 vorgesehenen Fabrik begonnen worden war, am 1. Mai 1883, schied mit Einwilligung des Klägers die Firma C. F. Brucker & Cie. aus dem Vertrag aus, und übernahm die Beklagte sämmtliche Rechte und Pflichten aus dem Vertrag. Während die vertragsmässige Hinterlegung von 10,000 M. in verzinslichen Werthpapieren nebst Zinsabschnitten und Bezugsscheinen bei der Reichsbank Berlin sich unmittelbar nach dem Vertragsschluss vollzogen hatte, und der Depositenschein dem Kläger alsbald behändigt worden war, wurde die unter Benützung der klägerischen Rathschläge und Anweisungen errichtete Fabrik der Beklagten zum regelmässigen Betrieb erst Ende Juli 1884 errichtet. Zuvor aber hatten zwei Techniker der Beklagten in der damaligen Fabrik des Klägers zu Hannöverisch-Münden mit den Fabrikeinrichtungen und der Art des Betriebs im Allgemeinen, wie in den Einzelheiten sich vollständig vertraut gemacht. Schon vor Eröffnung der Fabrik, am 7. Juni 1883, war übrigens von dem Papierfabrikanten Moriz Behrend in Hammermühle bei Varzin gegen den Kläger wegen des Zusatzpatents No. 4179 beim Kaiserlichen Patentamt Nichtigkeits klage erhoben und am 11. Oktober 1883 seitens der genannten Behörde der Anspruch eins des Zusatzpatents 4179 „auf Neuerungen an dem Verfahren zur Produktion von Gerbstoff unter Ausbeutung der Nebenprodukte (Cellulose, Gummi, Essigsäure und doppeltschwefligsaurer Kalk)“ für nichtig erklärt worden. Der 1. Civilsenat des Reichsgerichts erkannte jedoch auf die vom jetzigen Kläger erhobene Berufung unterm 23. Oktober 1884: es sei die Entscheidung des Kaiserlichen Patentamts vom 11. Oktober 1883 dahin theils abzuändern, theils zu bestätigen: „dass der Anspruch eins des . ..deutschen Reichspatents Num mer 4179 für nichtig zu erklären in Bezug auf die gleichzeitige Ge winnung der Klebstoffe und gährbaren Flüssigkeit als Hauptprodukte, der Cellulose als Nebenprodukt bei dem Vorgang des patentirten Verfahrens, dass im Uebrigen die Anträge des (Nichtigkeits-) Klägers auf Nichtigkeitserklärung jenes Patentanspruchs abzuweisen, und die gerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zur Hälfte dem Kläger, zur Hälfte dem Beklagten aufzuerlegen, die aussergerichtlichen zu kom- pensiren.“ In der auf die Verkündigung des reichsgerichtlichen Urtheils folgenden Zeit entstanden an mehreren Orten Deutschlands neue Cellulosefabriken, so im Sperr bezirk der Beklagten die (Aktiengesellschaft) Cellulosefabrik Baienfurth bei Regensburg, und die Fabrik von Walther & Kremer in Scheer a. Donau, ferner in den Sperrbezirken der Firmen Trick in Kehl, Vogel & Bernheimer in Ett lingen, Löhnbacher Hütte in Löhnbach, Fues in Hanau, Simonius & Cie. in Wangen (Kehlheim), neue Fabriken in Wolfach, Waldhof, Kostheim, Aschaffen burg, Oberkrifftel a. Main und Schrobenhausen. Gleichzeitig stellte die Mehrzahl der klägerischen Mitköntrahenten die Gegenleistungen aus den über Cellulosebereitung abgeschlossenen Verträgen ein; gegen einen derselben, die Firma Gebrüder Vogel in Zell, erhob der Kläger bereits im Jahre 1883 Klage; er wurde aber vom Grossh. Badischen Land gericht Freiburg und in zweiter Instanz vom Grossherzoglich Badischen Ober landesgericht Karlsruhe nicht nur mit seinem Anspruch abgewiesen, sondern auch auf die gegnerischerseits angestrengte Klage zur Rückzahlung der schon entrichteten Abgabe verurtheilt. Auch die Beklagte verweigerte die Ausfolge der gemäss § 3 des Vertrags vom 28. März 1883 am 28. Juli 1883 für den Kläger verfallenen 10,000 M. und unterliess überhaupt jede Vergütung aus dem Vertrag, obgleich sie noch gegen wärtig das klägerische Verfahren als Grundlage ihrer Fabrikation benützt, näm lich jedenfalls sogenannten doppeltschwefligsauren Kalk als Aufschlussmittel anwendet und denselben in dem vom Kläger angegebenen Absorptionsthurm her stellt, sodann auch die fertige Cellulose in der klägerischen, jetzt unter Nummer 33,283 patentirten Weise wässert und trocknet. Sie geht zur Zeit damit um, behufts Vergrösserung ihres Betriebs einen neuen Kocher aufzustellen. Im Uebrigen hat Prof. Mitscherlich zur Rechtfertigung seines Antrags dem Sach verhalt beigefügt: Er dürfe sich das Verdienst einer für die Papierfabrikation epochemachen den Erfindung anmaassen. Während anfangs zur Herstellung von Papier nur Lumpen als Rohmaterial verwendet wurden, habe sich in den Jahren 1850 — 60 der sogenannte Holzschliff, dann das Stroh-, und endlich das Natronzellstoff Verfahren entwickelt. Indessen seien alle diese Verfahrensarten — die letzte, weil man unter hohem Druck und mit starker Ueberhitzung arbeiten muss — sehr theuer und kaum lukrativ gewesen. Die gewiegtesten Fachmänner haben sich vergeblich angestrengt, billigere Surrogate und ausgiebigere Methoden zu finden. Schliesslich sei es ihm, Kläger, nach einer Unzahl kostspieliger und zeitraubender Versuche geglückt, ein Ver fahren zu entdecken, bei dem der sogenannte doppeltschwefligsaure Kalk — dessen chemische Zusammensetzung in der Theorie bestritten sei — als Lösungs- und Aufschlussmittel für die Holzfaser eine Hauptrolle spiele und gleichzeitig sowohl Cellulose, als Gerbstoff gewonnen werde. Als er so weit war, habe er sich redlich bemüht, unter der Hand Erkundigungen einzuziehen, ob ein ähnliches Verfahren sich schon irgendwo angewendet oder beschrieben finde, aber in Erfahrung gebracht, dass in der ganzen Zellstoff- und Papierbranche nichts der artiges bestehe. Eine Erfindung könne vom Erfinder auf verschiedene Weise ausgebeutet werden, indem derselbe entweder das ganze Geheimniss für sich be halte oder Anderen mittheile, oder aber für seine Erfindung ein Patent nehme und mit Hilfe dieses Rechtschutzes weiterarbeite oder arbeiten lasse. Der Patentschutz bilde nicht immer das absolut sicherste Mittel: oft diene die Wahrung des Geheimnisses den Erfinderinteressen weit nachhaltiger. Im Zweifel, was für ihn (Kläger) das beste sein möchte, habe er sich entschlossen, Beides zu vereinigen, und bloss ein einzelnes Moment seines Verfahrens, den eigentlichen Kochprozess unter Anwendung von doppeltschwefligsaurem Kalk und einer Temperatur von 108° Celsius zum Patent angemeldet, wobei er die im Verlauf seines Verfahrens und durch dasselbe entstehende Gerbsäure für mindestens ebenso wichtig wie die Cellulose hielt und mit zur Anmeldung brachte. Seine Meinung sei damals gewesen und sei noch, dass die Gerbsäure bei billiger Herstellung eine grosse Zukunft haben müsse, und nur an der Auffassung als ob die in seinem Verfahren genommene Gerbsäure sich zur unmittelbaren Verwendung im Gerbprozess eigen, könne er nicht mehr festhalten. Unabhängig von dem unter Nummer 4179 patentirten Verfahrensmoment sei von ihm theils zuvor, theils nachträglich eine ganze Reihe einzelner patent fähiger Momente und Apparate ersonnen worden, ohne welche die technisch Ausbeutung seines Prinzips kaum, jedenfalls aber nicht in sehr nutzbringender Weise möglich werde, und welche die zur Behandlung des Rohmaterials und der Cellulose dienenden Gefässe und Handgriffe, die Vorbereitung des Holzes selbst, die gesammte Einrichtung der Fabrik, die ganze Gliederung des Verfahrens treffen. Diese Einzelerfindungen habe er, weil in Münden noch das alte gemeine Recht in Kraft stehe, wonach die Bestärkung eines Vertrags durch Eid für zu lässig gelte, sich nicht patentiren lassen, sondern es vorgezogen, alle seine Arbeiter auf das Fabrikgeheimniss zu vereidigen und dieselben so zu vertheilen, dass keiner von der Thätigkeit des andern Kenntniss erhielt. Erst als er seitens derjenigen Fabrikanten, an welche er die Ausbeutung seines Verfahrens gegen Vergütung überlassen, eine ungerechtfertigte Renitenz erfahren musste, habe er einzelne der Nebenerfindungen im deutschen Reich und im Ausland zum selb ständigen Patent angemeldet. Seit dem Augenblick, wo das Patent Nummer 4179 allgemeinere Aufmerk samkeit zu erregen begann, sei aber — angestachelt durch die eminente Ertrags fähigkeit seiner Haupterfindung — die ganze Konkurrenz mit allen Mitteln darauf ausgegangen, eine Nichtigkeit des Patents herauszuspüren, was endlich unter Beihilfe seines ehemaligen Geschäftsführers Vogel, der insoweit den Verräther spielte, dem Fabrikanten Behrend in gewissem Sinn wirklich gelang, sofern in der That Benjamin Chew Tilghman zur Bereitung von Cellulose aus Holz zwar nicht die gleiche, wohl aber eine ähnliche Aufschlussflüssigkeit, wie die klägerische, sich hatte patentiren lassen. Allein, obgleich mit Rücksicht auf diese vermeintliche Identität des Ver fahrensprinzips das Reichgericht seinen Patentanspruch Nummer 4179 Ziffer 1 theilweise vernichtet habe, verkenne dasselbe doch nicht, dass seinem Verfahren viele selbständige Momente innewohnen; die Gründe zu dem Urtheil gehen im wesentlichen dahin, dass das Patentirte nicht neu, und das Neue nicht patentirt sei. Uebrigens habe das Tilghman’sche Verfahren Von Anfang an keine Lebens fähigkeit besessen und über 10 Jahre lang — Beweis: Sachverständigengut achten — weder in Amerika, noch sonst wo Anwendung gefunden; während das klägerische Verfahren in einer geradezu erstaunlichen Schnelligkeit eine förmliche Umwälzung auf dem Gebiet der Papierfabrikation ins Leben rief. Hierüber und dafür, dass seine Erfindung für patentfähig erachtet werden müsse, seien dem Reichsgericht mehrere übereinstimmende Gutachten der her vorragendsten Sachverständigen vorgelegen. Durch die schlimmen Erfahrungen der letzten Jahre gewarnt, habe nun Kläger sein erprobtes „Verfahren zum Reinigen von Papiermaterialien namentlich Von Zellstoff“ sich unter Nummer 33,283 nicht auf den eigenen Namen, sondern auf den des Fabrikanten Leonhardt in Oedekoven patentiren lassen, auf dessen von ihm verlesene schriftliche Aeusserung und auf dessen mündliches Zeugniss er sich berufe. Dieses Reinigungsverfahren sei aber von Anfang an ein integrirender Be* standtheil des gesammten Prozesses und als solcher allen denjenigen Personen mitgetheilt und zur Benützung überlassen gewesen, welche über die Ausbeutung seines Celluloseverfahrens mit ihm Verträge abgeschlossen hatten, insbesondere auch der Beklagten, welche es unbestrittenermaassen noch jetzt benutze. Was sein Gesammtverfahren von anderen Methoden unterscheide und ganz hervorragend lukrativ mache, beruhe in dem Umstand, dass der ganze Prozess, vom Beginne bis Zum Schlüsse, in einem einheitlichen Akt vor sich gehe, wo gegen er sonst in mehrere zeitlich und örtlich getrennte Abschnitte zerfalle. Das zur Cellulosebereitung bestimmte Holz werde in einem grossen Kessel» dem sogenannten Kocher, aufgeschichtet, dann unter mässigem Druck und mit mässig überhitztem Dampf — wodurch die Anwendung grosser Gefässe sich er mögliche — gedämpft, hierauf nach Abstellung des Dampfes mit dem Auf schlussmittel getränkt nnd nach Ablaufenlassen des letzteren mit Wasser aus gespült, um schliesslich nach Ablauf auch des Wassers als reine, schneeweisse Cellulose aus dem Kocher genommen zu Werden.