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PAPIER-ZEITUNG. 2651 Feuersichere Bau-Konstruktionen. (Schluss zu Nr. 88.) Seitens der Berliner Feuerwehr waren die Lücken, die zwischen den einzelnen Ausstellungen geblieben waren, mit gewöhnlichen berührten und beputzten Bretterwänden, Holzbauten, mit gewöhn lichen Thüren, die mit Eisenblech beschlagen waren, ausgefüllt. Die Thüren haben sich überall so gut bewährt, wie man dies bereits kannte, d. h. sie reichen in den meisten Fällen so lange aus, bis die Feuerwehr da ist und Hilfe bringen kann; nachhal tigen Schutz gewähren sie nicht. Dann hatte ein Ingenieur Heilemann in Berlin, der durch seine Bau-Isothermal-Anstalt ein Isothermalsystem in die Baukunst eingeführt hat, ausgestellt, er hatte aber keine günstigen Erfolge. Seine Einbauten entsprachen bei den Proben nicht dem, was er in Aussicht gestellt hatte. Die Decke war in kurzer Zeit vom Feuer zerstört, die I-Träger bogen durch, und es blieben nur Trümmer. Ferner hatten die Mannesmannwerke 2 Säulen hergegeben, leider war aber die Firma nicht zu bewegen, diese Säulen ohne Ummantelung dem Feuer preiszugeben; sie haben nur zugestimmt, dass die Säulen in einer ausreichenden Umkleidung von Cement dem Feuer ausgesetzt wurden. Dieses musste, da es Bedingung der Firma war, so ausgeführt werden, und beide Säulen hielten sich sehr gut, ebenso auch die Umhüllung. Es wäre aber wünschens- werth, dass gerade die Mannesmannröhren auch einmal ohne Um hüllung im Feuer erprobt werden könnten. Das Asphaltwerk Wigankow in Berlin (Martinikenfelde) hatte die Ausführung der feuer- und schwammsichern Deckenkonstruktion nach dem System Kleine übernommen. Die Decke besteht aus Tafeln, welche aus rheinischen Schwammsteinen zwischen hoch kantig gestellten Flacheisen in Verbindung mit Cementmörtel her gestellt werden. Die Deckenkonstruktion muss als durchaus feuer sicher bezeichnet werden. Die Aktiengesellschaft für Monierbauten hatte feuersichere Decken- und Treppenkonstruktionen ausgestellt. Die Konstruk tionen waren tadellos; es war eine Freude, zu sehen, wie das Feuer, und auch nachher der Wasserstrahl machtlos davon ab prallten; sowohl eine Treppe wie Gewölbekonstruktionen waren hergestellt und belastet worden und bewährten sich sehr gut. Huber & Co. in Breslau hatten Thüren (System Monier) aus gestellt. Es hat einiges Aufsehen erregt, eine Thür, die lediglich aus Cement besteht, mit Eisendrahtgeflecht-Einlage anzufertigen, und es herrschte allgemein Misstrauen dagegen. Dass sich die vorhandene Konstruktion nicht zweckentsprechend zeigte, lag wohl nur an dem Thürrahmen. Dieser bog sich aus, es entstand ein breiter Spalt, durch diesen drangen die Feuergase in den zu schützenden Raum. Die Thür wurde aber nicht beschädigt; sie wurde später 2 Etagen tief herabgeworfen, und es ist ihr auch dabei nichts geschehen. Ich glaube wohl, dass diese Thür für grosse Lagerräume eine Zukunft haben könnte. Die deutsche Xylolithfabrik von Otto Sening & Co. in Pot- schappel bei Dresden hatte Steinholz ausgestellt; davon waren Fussböden hergestellt, und zwar in einem Raum, der als Petroleum lager diente. Das Steinholz hatte sich gut bewährt, es bekam nur einige Narben; der Fussboden blieb dicht, das Holz selbst brannte nicht. Der Ingenieur Kühlewein-Berlin hatte sein neues Verfahren, Asbest und Cement zu mischen, angewendet, und hat damit gute Resultate erzielt. Seine Eisenummantelung schützte das Eisen vollkommen; selbst mit unsern grossen und schweren Aexten war es nach dem Brande nur mit grosser Mühe möglich, einige Oeffnungen hineinzuschlagen, um das Eisen untersuchen zu können. Ebenso war eine Wand und zwei Thüren, die er hergestellt hatte, so widerstandsfähig gegen das Feuer, wie es Niemand er wartet hatte. Tretzdorf & Co. in Berlin brachten eine feuersichere Asbest farbe zur Anwendung, mit welcher Theile eines Bodenverschlages gestrichen wurden. Leider hatte das Mittel keinen rechten Erfolg; der Anstrich war spät und an unrechter Stelle angebracht. Die feuersichern Anstriche haben überhaupt nicht den Werth, den ihm die Erfinder beilegen; gewöhnlich halten die ganzen Anstriche nur kurze Zeit und haben den Nachtheil, dass, wenn sie gut aus geführt sind, das darunter befindliche Holz verrottet und verkommt; im übrigen werden sie alle leicht durch Stoss oder Schlag und Feuchtigkeit beschädigt. Ich kann daher niemals dazu rathen, für derartige feuersichere Anstriche grosse Aufwendungen zu machen. Herr Kreisbaumeister Hoffmann äusserte sich nach diesem Vortrage, dass er Cement als nicht so empfehlenswerth halte, wie Herr Stude. Man hielt den Cement ehemals für einen ausgezeich neten Baustoff, mit dem man wunderbare, sonst unerreichbare Dinge herstellen könne. Bereits 1878 wurde zufolge von baulichen Erfahrungen darauf aufmerksam gemacht, dass der Cement zwar zu ganz besondern Leistungen fähig ist, aber er hält nur einige Jahre. Dies gilt für alle Verwendung von Portland-Cementen in damals üblicher Weise bei Hochbauten. Nachdem dieses durch viele Beispiele nachgewiesen war, wurde in spätern schrift stellerischen Arbeiten von Dr. Michaelis, also von Seiten eines Cementtechnikers, bestätigt, dass diese Beispiele nicht nur Beweise richtiger Beobachtung seien, sondern es wurde erwiesen: es müsse so sein. Der Cement kann in solchen Fällen und in unsern Gegenden nicht halten. Es fehlen ihm durchaus alle die Eigen schaften, durch die er dauerhaft sein kann. Holz und Eisen wurden vom Vortragenden auch erwähnt, und zwar beide in Gemeinschaft, aber völlig verkehrt angewendet. Er schien es für bedenklich zu halten, durch Holz Eisen zu schützen, durch eine Ummantelung von Holz, wenn dieses Holz noch in irgend etwas Anderes eingewickelt ist. Es ist eine längst festgestellte Thatsache, dass eine Holzsäule, ein starker Holzstiel, einzeln stehend, viel länger dem Angriff des Feuers widersteht, als eine eiserne Säule. Eine eiserne Säule wird schon bei geringen Hitzegraden erstens durch die Dehnung gefährlich, die sie ausübt, und dann bei 5—600° C Hitze, d. i. bei noch nicht halb so hohen Hitzegraden, wie sie bei grossen Bränden vorkommen, wird sie flüssig. Ich glaube, dass Holz und Eisen, wenn nicht in der vom Vortragenden beschriebenen, durchaus und nach verschiedenen Richtungen verkehrten Weise angewendet, zusammen ein vor zügliches Mittel bilden, Gebäuden die Feuersicherheit zu verleihen. Das Eisen ist ein fester Körper, der durch seine grosse Festigkeit unsere Achtung herausfordert und gerade als Säule fast un ersetzlich ist, weil er einen so kleinen Raum einnimmt. Er wird aber durch eine geringe Aenderung der Wärme, namentlich wenn er, wie in vielen Gebäuden durch viele Etagen hindurch als Säule geführt ist, ein gefährlicher Baustoff. Dennoch meine ich, wir können auf die eiserne Säule nicht verzichten. Ich empfehle, die unersetzliche e : erne Säule so anzuwenden: Eisen als Mantel der Stütze, Holz als Kern, und zwischen beiden Stein. Die Ab messungen werden so bestimmt, dass sowohl der Eisenmantel, als der Holzkern jeder für sich, bei einem geringen Sicherheits- koefficienten die Gebäudelast tragen können. Der Stein wird in diesem Falle als tragende Stütze garnicht in Betracht gezogen, sondern lediglich als schlechter Wärmeleiter, und dieser Aufgabe entsprechend, ist auch die Wahl des Steins zu treffen. Die Eisen stützen dürfen nicht etwa in der grundverkehrten Art, wie es üblich ist, durch mehrere Geschosse gehen; ein besseres Mittel, um ein Gebäude bei entstehendem Brande eiligst Zusammenstürzen zu lassen, könnte Niemand erfinden. Also nicht Eisenstütze auf Eisenstütze, sondern zwischen je 2 Stützen Mauerwerk legen. Hierauf entgegnete Herr Branddirektor Stude noch Folgendes: Die Behauptung, dass Cement sich nur bis zu einem gewissen Alter gegen Feuer widerstandsfähig zeigt, war mir sehr interessant, doch fehlen bis jetzt noch genügende Erfahrungen, denn es ist jetzt eine neuere Konstruktion, den Cement direkt mit dem Eisen zu verbinden, um feuersicher zu bauen. Immerhin halte ich den Hinweis des Vorredners für bemerkenswerth, und soweit, wie ich das jetzt hier beurtheilen kann, für nicht unbegründet. Was die Behauptung betrifft, dass Holzkonstruktionen sicherer seien, als Eisenkonstruktionen, so ist dies allgemein bekannt. Jeder Feuer mann, der praktische Erfahrungen gemacht hat, weiss dies, denn auch nach dem grössten Feuer sind die Streckbalken meist begängig. Es ist mir geglückt, in Bremen vor 7 Jahren durchzusetzen, dass bei den grossen Speichern in dem neuen Freihafen an Stelle der Eisenkonstruktionen, die man in Hamburg genommen hatte, Holz konstruktionen angewendet wurden, und sie haben sich bereits praktisch gut bewährt. Ein ehrlicher Mensch wird sich nicht zum Hunde machen, um einen Knochen erhaschen zu können. Wer aus derselben Schüssel mit dem Satan essen will, muss einen langen Löffel haben. Lass dich auf nichts ein, was Reue im Gefolge haben kann. Es ist besser, barfuss zu gehen, als auf einem Wagen in die Hölle zu fahren; es ist besser, dass der Vogel hungert, als dass er für den Bratspiess fett gemacht wird. Wenn die Maus dadurch, dass sie am Käse nagt, gefangen wird, so hat sie wenig gewonnen. Spurgeon.