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geradezu erschreckend sind. Um Ihnen in dieser Beziehung ein zum Glück freilich seltenes Ergehniss aus meiner Praxis anzuführen, hat sich bei der nach obiger Methode erfolgten Berechnung das Schwefelausbringen auf einem Kiesofenbetriebe auf nur 43 pCt. der Schwefelmenge gestellt, welche mit den Schwefelkiesen aufgegeben war. Mithin sind in diesem Fall 57 pCt. des Gesammtschwefels, infolge mangelhafter Röstung, theils in den Rück ständen verblieben, theils als unabsorbirte schweflige Säure entwichen, theils auch gleich zu Schwefelsäure — S0 8 — oxydirt. Um die bei Kies ofenbetrieb stets in sehr bedenklichem Grad eintretende Bildung von Schwefelsäure in den Gasen auf einfache und sichere Weise festzustellen, habe ich ein Verfahren ausgearbeitet, welches sich im Prinzip der früher beschriebenen Untersuchung der Laugen anschliesst. Der Gehalt der Ofen gase an schwefliger Säure wird, wie Ihnen wohl bekannt, nach der „Reich"- sehen Methode bestimmt, indem man die Menge der Ofengase misst, welche eine bekannte Menge Jodlösung entfärben. Bei diesem Prozess findet sich in der entfärbten Probeflüssigkeit, gerade wie bei der Titrirung der Sulfit lauge, einerseits Jodwasserstoffsäure, anderseits Schwefelsäure, und zwar muss die Menge der letzteren, wenn die Ofengase nur schweflige Säure enthielten, genau der Menge des aufgegebenen Jods entsprechen. Hat man also z. B. 10 cc 1/10 Normaljodlösung durch die Gase entfärbt, so muss beim nachherigen Austitriren der Lösung mit 1/0 Normalnatron genau das Doppelte hiervon also 20 cc verbraucht werden, um die Lösung neutral zu machen. Enthalten dagegen die Ofengase neben SO, auch SOs, so wird diese zwar nicht auf das Jod einw’irken, wohl aber mit in der Probeflüssig keit gelöst und zurückgehalten werden, und letztere wird dadurch, beim nachherigen Austitriren mit 1/10 Normalnatron davon um so mehr erfor dern, je höher der Gehalt der Ofengase an Schwefelsäure war. Sind also beispielsweise für 10 cc Jodlösung, anstatt der berechneten 20 cc 1/0 Nor malnatron 21, 5 cc erforderlich, so repräsentiren diese überschiessenden 1, cc etwa 13 pCt. Schwefel, die infolge falscher Ofenführung unmittelbar zu Schwefelsäure anstatt zu SO, oxydirt sind und für die Sulfitlaugendarstel- Jung nicht nur verloren gehen, sondern auch, namentlich bei Betrieb mit Kalkstein, diesen mit einem unlöslichen Gipsüberzug bekleiden und da durch eine weitere Lösung mit den Schwefligsäuregasen verhindern. Es liegt mir ein Fall vor, wo etwa 20 pCt. des verbrannten Schwefels als Schwefelsäure auftraten; für eine Schwefelsäurefabrik ist das, wie ich schon früher bemerkte, sehr erwünscht, bei Darstellung von Sulfitlaugen muss ein derartiger Verlust aber doch vermieden werden. Es mögen solche und ähnliche Erfahrungen wohl den Anlass dazu ge geben haben, dass die Verwendung von Schwefelkies immer mehr gegen über der von Schwefel zurücktritt, bei welchem die Einbussen in den Röst- rückständen fortfallen, und so grosse Verluste durch Oxydation und durch Undichtigkeit der Oefen nicht leicht eintreten können. Immerhin sind mir aber auch dort Fälle bekannt, bei denen das effektive Ausbringen an schwef liger Säure nur 80 pCt. des verbrannten Schwefels repräsentirt, und ich glaube nicht fehl zu greifen, wenn ich das mittlere Ergebniss der noch jetzt in den meisten Fabriken benutzten Schwefelöfen mit 85 pCt. annehme. Es liegt nun wohl die Frage nahe, wie hoch überhaupt die Ausbeute an schwefliger Säure aus Schwefel bei normaler Laugenzusammensetzung ge bracht werden kann. Ich habe mich mit Lösung dieser Aufgabe für den Grossbetrieb seit Jahren praktisch beschäftigt und bin heute, Dank der Liebenswürdigkeit der betreffenden Firma, imstande, über eine längere Betriebszeit der von mir auf der Cellulosefabrik der Kymmene Aktie Bolag zu Konvola bei Abo gemachten Anlage das nachstehende Zeugniss zu ver öffentlichen : Abo, 12. August 1887. Auf Wunsch bescheinigen hierdurch, dass zwei uns von der Maschinenbauanstalt Gölzern bei Grimma zu unserer Sulfitcellu- lose-Fabrik bei Konvola gelieferte Laugenbereitungsapparate, laut System Dr. A. Frank, welche seit Mai dieses Jahres in Arbeit sind, und welche zusammen 66 Kubikcentimeter Lauge von 4,4—4,5 pCt. Stärke (SO2) in 24 Stunden produziren, in jeder Beziehung zu unsrer besondren Zufriedenheit funktioniren, sowie dass von dem Verwendeten Schwefel 96 pCt. ausgenutzt werden. pp. Kymmene Aktie Bolag Ernst Dahlström. Ich bemerke hierzu, dass die Ausnutzung des Schwefels nach der vor her von mir erwähnten Methode aus den effektiv erhaltenen Laugen er mittelt ist, sowie ferner, dass für die beiden Apparate von mir nur für eine Leistung von 60 cbm in 24 Stunden garantirt war. Durch diese Anlage ist also der thatsächliche Beweis geliefert, dass selbst in den heissen Sommermonaten und bei Herstellung sehr starker Laugen eine praktische Ausnutzung des Schwefels von 96 pCt erreicht, diese Forderung mithin auch in anderen Fabriken gestellt werden kann. Wie schon das hohe Ausbringen ergiebt, ist bei meinen Apparaten ein Verlust an SO, und somit eine Belästigung in der Fabrik, oder gar in der Nachbarschaft, völlig vermieden. Der Beweis hierfür ist auch in anderer Art dadurch erbracht, dass einer meiner Apparate in einer Cellulosefabrik mitten im Fabriklokal und neben der, nur durch eine leichte Wand davon getrennten, Pressmaschine unter gleichem Dach arbeitet. Bei dieser An lage hat das von mir selbst kontrollirte Ausbringen bei Verwendung eines Ila Schwefels, mit 98,7 pCt. Gehalt an reinem Schwefel, 95 pCt. betragen, stimmt also mit Obigem nahezu vollkommen. Theoretisch sollen 100 Ge wichtstheile reiner Schwefel 200 Gewichtstheile schweflige Säure geben, bei einer Ausnutzung von 96 pCt. liefern also 100 Schwefel 192 SO 2 , bei 95 pCt. 190 SO 2 . Der Rest des Schwefels war zum grossen Theil in den Waschern in Form von Schwefelsäure nachweisbar, von der sich in' folge Feuchtigkeit der Luft u. s. w. immer eine kleine Menge bildet- Beinahe ebenso wichtig wie diese günstige Ausnutzung des Schwefels ist aber bei meinem System der Laugendarstellung die vollkommene Beherr schung des Gehaltes der Laugen an Basen, sei dies nun Kalk oder Magnesia, oder ein Gemisch beider, eine Aufgabe, die beim Betrieb von Thürmen, der von Wind und Wetter, Dichte und Lagerung der Füllung und zahl reicher anderer Nebenumstände abhängt, garnicht zu lösen ist. Es ist heute wohl allgemein anerkannt, dass die Aufschliessung der Inkrusten, oder die Freilegung der reinen Cellulose lediglich durch die schweflige Säure erfolgt, und wenn es dafür noch eines Beweises bedürfte, so ist dieser durch die im Laufe dieses Jahres in einer bedeutenden deutschen Fabrik, nach dem Verfahren von Pictet, mit Anwendung reiner schwefliger Säure im Grossen gemachten Versuche erbracht. Es soll damit nicht gesagt sein, dass die Gegenwart der Basen in den Sulfitlaugen bei dem heute allgemein benutzten Verfahren überflüssig ist, vielmehr haben sie die meiner Ansicht nach sehr wichtige Funktion, die im Kochprozess durch Oxydation gebildeten stärkeren Säuren aufzunehmen und zu binden und dafür die mit ihnen ursprünglich verbundene schweflige Säure abzu geben, so dass die an sich unwirksamen Monosulfite von Kalk oder Magnesia dadurch zu Sicherheitsventilen und gleichzeitig zu Reserven werden, welche im Laufe der Kochung immer wieder freie SO, hergeben. Dass durch diesen Prozess bei richtiger Leitung aber nur ein Theil des Calciummono sulfits zerlegt wird, geht daraus hervor, dass sich sowohl in den Laugen selbst, als auch in den Kochern und in der Cellulose stets noch unzer setztes Calciummonosulfit findet, welches also nicht in Thätigkeit getreten oder nicht für den Kochprozess ausgenutzt ist Wir wissen ferner, dass bei sehr kalkreichen Laugen die Ausscheidung von Monosulfit, sog. Gips, in den Kochern zum Schaden des Erzeugnisses oft sehr massenhaft auftritt. Aufgabe der rationellen Fabrikation ist es also, von dem an sich unwirk samen Calciummonosulfit nicht viel mehr in den Laugen zu haben, als der chemische Prozess der Aufschliessung erfordert. Nach meinen Untersuchungen und Versuchen, die sich freilich nur auf Ritter-Kellner-Kocher und auf rotirende Kocher erstrecken, ist ein Kalk gehalt der Laugen von 1 pCt. für die bezeichneten Zwecke vollkommen genügend, ein höherer Kalkgehalt bewirkt nur vermehrte Ausscheidung von Monosulfit. Zwei Sulfitlaugen, von denen die erste einen Kalkgehalt von 1,7 pCt. bei 4 pCt. Gesammt-SO 2 , die andere einen Kalkgehalt von 1 pCt. bei 3,2 pCt. Gesammt-SO,, und beide also 2,06 pCt. freie aktive schweflige Säure enthalten, sind in Betreff ihres Aufschliessungs vermögens für Cellulose m. E. durchaus gleichwerthig, und die zweite, scheinbar schwächere hat noch den Vorzug, dass bei ihrer Anwendung weniger Monosulfit auf der Cellulose abgeschieden wird. Berechnet man aber die Herstellungskosten der beiden Laugen, so ergiebt sich Folgendes: Die erste Lauge mit 1,7 pCt. Kalk erfordert für Bindung der 0,7 pCt. Kalk ein Mehr von 0,8 pCt. schwefliger Säure, oder pro Kubikmeter Lauge 8 Kilo schweflige Säure mehr, welche bei voller 100 prozentiger Ausnutzung des Schwefels einem Mehrverbrauch von 4 kg Schwefel pro Kubikmeter ent sprechen würden. Da aber, wie vorhin bemerkt, die Ausnutzung des Schwefels in den meisten der bisherigen Anlagen nur 85 pCt. beträgt, so erhöht sich obiger unnützer Mehrverbrauch nach dem Verhältniss von 85 :100 = 4 : x = 4,70 auf nahezu 48/4 Kilo Schwefel pro Kubikmeter Lauge, d. h. also bei einer mittleren Fabrik, welche mit zwei Kochern ä 20 Kubik meter Laugenfüllung arbeitet, auf 40 X 4,7 = einem Mehrverbrauch von 188 Kilo Schwefel. Setzt man nun in Vergleich zu dieser Ausnutzung von 85 pCt. die durch meinen Laugenapparat erzielte Ausnutzung von 95 pCt. in Rechnung, so stellt sich das Exempel folgendermaassen: 40 Kubikmeter Lauge von 4 pCt. SO, und 1,7 pCt. Kalk erfordern bei 85 pCt. Ausnutzung 85 :100 = 800 : x = 941 Kilo Schwefel, 40 Kubikmeter Lauge von 3,2 pCt. SO, und 1 pCt. Kalk erfordern bei 95 pCt. Ausnutzung 95 :100 = 640 : x = 675 Kilo Schwefel. Mithin stellt sich bei unzweckmässiger Laugenzusammensetzung und mangelhafter Ausnutzung des Schwefels der Mehrverbrauch an letzterem bei einer Tagesleistung von 40 Kubikmetern auf 941 — 675 = 266 Kilo, was bei Berechnung des Schwefels mit 10Mk.50 Pf. pro 100 Kilo loko Fabrik einen Geldbetrag von 27 Mk. 93 Pf. pro Tag, oder bei 300 Kochungen im Jahre 27,93 X.300 = 8379 Mk. ergiebt. Es wird an der Hand dieses Beispiels leicht sein, für jeden einzelnen Fall die be treffenden Vergleichszahlen zu finden. Wie schon vorhin bemerkt, beschränkt sich aber der Schaden, welcher bei übermässigem Kalkgehalt der Lauge erwächst, nicht auf die Kosten für Mehrverbrauch an Schwefel, derselbe tritt vielmehr in zuweilen recht empfindlicher Form selbst bei sorgfältiger Ausscheidung grosser Mengen Sekundawaare in der Weise auf, dass sich in sonst gutem Stoff weisse Trübungen und Knoten zeigen, welche von ausgeschiedenem Calcium monosulfit herrühren und meiner Ansicht nach die Ursache der bei Ver arbeitung der Cellulose in den Papierfabriken öfter beobachteten schwarzen Stippen sind. Es haben mir aus mehreren Cellulosefabriken derartig ge trübte Massen vorgelegen, und ich theile wegen des allgemeinen Interesse, welches die Aufklärung dieser wichtigen Frage hat, hier das einfache Ver fahren mit, welches ich anwende, um rasch festzustellen, ob die Knoten von Monosulfit herrühren. Ich benutze dafür eine mit etwas Schwefelsäure versetzte Jodlösung; tupft man davon mit einem Glasstab eine kleine Menge auf die Cellulosemasse, so färbt sich letztere, wenn sie rein ist, in dem bekannten jodbräunlichen Ton, an allen Stellen wo sich dagegen Knoten von Monosulfit befinden, entstehen sofort weisse Flecke, da die durch den Säurezusatz frei gemachte schweflige Säure die Jodlösung zersetzt und entfärbt. (Fortsetzung folgt.)