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No. 47. PAPIER-ZEITUNG. 1487 Ein Papier-Handelshaus von echter deutscher Art. Sonnabend, 15. Oktober 1. J., feierte das Grosshans Sei. 0. F. Boll mann Wwe. & Sohn in Braunschweig die Vollendung seines neuen Geschäftshauses. Nur die Angestellten und Bediensteten mit ihren Frauen nahmen an der Festlichkeit Theil. Die Tafel, welche im „grossen Geschäfts zimmer“ aufgestellt war, vereinigte 49 fröhliche Festgenossen. Während des Essens wechselten Ansprachen, Trinksprüche und Lieder, die das Haus im besondern und das Papier im allgemeinen launig behandelten. Von den 12 Versen eines dieser Lieder geben wir nachstehend einige wieder, um die harmlos-lustige Stimmung, welche bei der Mahlzeit herrschte, zu kennzeichnen: Papier, Papier, Das alle brauchen wir Zum Zeichnen, Schreiben, Drucken, Und auch hindurch zu gucken, Wozu sie’s alle brauchen. Man mag’s nicht unterseuchen, Zum Tinglingling, zum Tinglingling, Denn manches ist nicht schön. In Lösch, in Lösch, Taugt mehr als in der Wäsch’ Der Dinte schwarze Flecken, Auch mag sie keiner lecken; Das Löschen ist was Gutes, Man thut es frohen Muthes, Zum Tinglingling, zum Tinglingling, Zumal bei grossem Durst. Das Druck, das Druck, Das hat so seinen Muck’ Kaum fasst man’s, es ist schnurrig, So sind die Finger durrich, Dient’s erst zu Zeitungsbogen, Kann’s gar nichts mehr vertrogen. Zum Tinglingling, zum Tinglingling, Zu nichts ist es mehr nütz. Papier, Papier, Ein Vivat bring ich dir, Ob Stroh, ob Zuckerkannich, Die Farben noch so mannich- fach immer sein auch mögen, Ob Rollen oder Bögen, Zum Tinglingling, zum Tinglingling, Dir bringen wir ein Hoch! Dann wurde die Lehrzeit eines der jüngern Leute für beendet erklärt. Der junge Mann erhielt die in dem Hause eingeführte Auszeichnung: zwei Sterne am Kragen des allgemeinen Geschäftsrockes, welchen Inhaber und sämmtliche Angestellte tragen — natürlich mit den ihnen zukommenden Gradzeichen. Nach aufgehobener Tafel ging man zum Tanz über, der mit Vorträgen, Aufführungen und sonstigen Scherzen abwechselte; die Feier dauerte bis morgens 5 Uhr. Das Geschäft besteht seit 1776, diese Jahreszahl ist über dem Eingang zum alten Hause zu lesen, während 1887 am neuen Hause steht. Das neue Haus Ist gross und geräumig, vier Stock hoch, aus Stein und schwerer Eisenkonstruktion gebaut, denn die Belastung ist eine ausser ordentliche. Das alte Haus hat einen Aufzug für Handbetrieb, das neue einen durch Maschine bewegten. Die Waaren rollen auf einem Schienenstrang von dem auf der Strasse vorfahrenden Wagen bis vor den Aufzug und können somit mühelos bis an ihren Bestimmungsort befördert werden. Alle Maschinen stehen in hellen, grossen Kellerräumen. Die Erwärmung der Häuser wird durch C'entralheizung (warmes Wasser), die Beleuchtung der Geschäftszimmer und sämmtlicher Läger durch elektrisches Licht erzielt. Wir glauben im Namen einer sehr grossen Zahl von Fachgenossen zu sprechen, wenn wir nachträglich noch deren herzlichste Glück wünsche für das fernere Wohlergehen und Gedeihen des altbewährten Handlungshauses senden. Firmen wie diese, bei denen in erster Linie Ordnung, Rechtlichkeit, Treu und Glauben gepflegt werden, ragen wie Leuchtthürme aus dem tosenden Meere gehässigen Kon kurrenz-Treibens und dienen als Pflanzstätten für'gediegene Geschäfts leute. Die schönen neuen Räume würden wohl kaum ausgereicht haben, wenn der Inhaber der Firma, Herr Laue, alle seine zu selbst ständigen Kaufleuten und Fabrikanten herangewachsenen Lehr- und Zöglinge hätte um sich versammeln wollen. Mit welcher Dankbar keit diese an ihrem Meister und Lehrherrn hängen, haben die Fach- Versammlungen gezeigt, an denen sich Herr Laue mit stets regem Interesse für alle Fachfragen betheiligte. Die Thode’sche Papierfabrik zu Hainsberg bei Dresden hat im abgelaufenen Jahr 4 118 604 kg Papier gegen 4 069 847 im Vorjahr erzeugt und für 1 688 650 Mk. 54 Pf. gegen 1 738 642 Mk. 67 Pf. verkauft. Der Ueber- schuss aus dem Fabrikbetrieb und den Anlagen beträgt 179 316 Mk. 33 Pf. gegen 308104 Mk. 38 Pf. in 1885—86. Hieraus erhält der Erneuerungs fonds 57 905 Mk. 66 Pf. und wächst dadurch auf 1 425 553 Mk. an. Aus dem Rest sollen auf die 2 720 000 Mk. Aktien 31/3 pCt. Dividende ver theilt werden, wie wir in NoB37 mittheilten. Der Effektenbestand beträgt 710 345 Mk., die Aussenstände belaufen sich auf 444 000 Mk. An Partial obligationen stehen noch 819 000 Mk. aus. Die Bestand-Konti haben eine Vermehrung von 84 787 Mk. erfahren, aus deren Zusammenstellung besonders folgende Posten von Interesse sind: 47 562 Mk. 34 Pf. auf Graham-Sulfitstoffprojekt und zwar 45 312 Mk. für 4 Kochkessel und 2250 Mk. 34 Pf. für Frachten hierauf und fernere Kosten des Konzessionsverfahrens. Der Geschäfts-Bericht sagt hierzu etwa Folgendes: Wie bereits im letzten Geschäftsbericht dargelegt, hatte die An gelegenheit wegen Konzessionirung des Sulfitstoff-Bereitungsverfahrens nach Graham-System eine völlig unerwartete Wendung genommen, indem die in erster Instanz bereits ertheilte Genehmigung durch die Entscheidung der Königlichen Kreishauptmannschaft uns wieder entzogen wurde. Inzwischen hatten wir jedoch die Anfertigung der erforderlichen Kochkessel zum Kochen des Holzes auf Grund des mit Graham abgeschlossenen Vertrages bereits bestellt, um uns deren rechtzeitige Lieferung, welche einen Zeitraum von etwa 9 Monaten in Anspruch nehmen sollte, zu sichern. Trotz der in zwischen erfolgten Rücknahme der Konzession seitens der zweiten Instan mussten die Kessel abgenommen und mindestens zum grössten Theil bezahl werden. Wir haben nun zwar im Lauf des Jahres in Verhandlungen ge standen, die erwarten liessen, dass uns die Kessel von einem Konsortium behufs Gründung einer ähnlichen Anlage an einem anderen Ort ohne Verlust abgenommen werden würden; nachdem jedoch diese Aussichten sich zerschlugen, haben wir für erforderlich gehalten, die bisherige interimistische Buchung durch Uebertrag in der aus der Bilanz ersichtlichen Weise zu regeln. Unser Augenmerk bleibt darauf gerichtet, wenn möglich noch die für die Fabrikation unendlich wichtige Sulfitstoff-Bereitung zur Ausführung zu bringen, oder, wenn dies nicht gelingt, in anderer Weise über die Kocher zu verfügen. 29 309 Mk. 38 Pf. für Anschaffung und Ausrüstung von zwei neuen Kalandern, welche seit Dezember 1886 auf dem Beiwerk „Neuwerk“ in Betrieb sind und nach Vollendung der Kalanderanlage auf dem Hauptwerk dieser einverleibt werden. Der Geschäftsbericht der Direktion schliesst mit folgenden Sätzen: Wenn es trotz einer höheren Produktion, welche den Beweis für den voll ständigen Betrieb unserer Maschinen liefert, nicht möglich war, ein besseres Ergebniss vorlegen zu können, so müssen wir als Ursache in erster Linie die abnorm niedrigen Preise bezeichnen, welche bei einzelnen Sorten sogar ein Arbeiten mit Verlust bedingten, wenn wir nicht langjährige Verbindungen ganz aufgeben und die Maschinen zeitweise beschäftigungslos stehen lassen wollten, was mit noch höheren Nachtheilen verbunden gewesen wäre. Dies gilt nament lich von Zeitungsdruckpapieren, welche zu einem Preis gehandelt werden, der mit den Selbstkosten in einem absoluten Missverhältniss steht. Während nun die besseren Sorten bisher diesen Ausfall wenigstens zum Theil deckten, ist auch bei diesen Sorten inzwischen ein so wesentlicher Preisrückgang eingetreten, dass ein Ausfall im Gesammtresultat unmöglich abzuwenden war. Dazu kommen noch die bei allen Papiersorten ohne Ausnahme sich geltend machenden, durch eine sich immer mehr überbietende Konkurrenz hervorgerufenen, aufs höchste gesteigerten Ansprüche der Abnehmer hinsichtlich der Qualität der Papiere. Dass wir dabei bedacht sein mussten, auch in dieser Richtung — selbst mit Opfern — dem Ruf unseres Etablissements gerecht zu werden, ist wohl selbst verständlich. Aber auch elementare Ereignisse, welche geeignet waren die Kosten unserer Fabrikation ungünstig zu beeinflussen, wirkten zu dem unbefriedigenden Ergebniss mit. Eine durch 5 Monate andauernde Trockenheit brachte einen solchen Mangel an Holzstoff mit sich, dass frische Waare zeitweilig um keinen Preis oder doch nur um die Hälfte theurer als gewöhnlich zu haben war. Blieben uns auch, dank der rechtzeitig beschafften Vorräthe an norwegischem Holzstoff, solche Zwangskäufe erspart, so stellten sich doch die Mehrausgaben für dieses Material so wesentlich höher, dass ein ungünstiger Einfluss auf das Resultat unserer Fabrikation nicht ausbleiben konnte. Erwähnen wir nun noch, dass der eben besprochene Wassermangel auch von direktem Einfluss auf unsere Betriebskraft war, so erhellt daraus, welche Schwierigkeiten und Kosten uns aus Verhältnissen erwuchsen, gegen deren Gewalt wir machtlos sind. Einen treffenden Beleg für die Wirkung des erwähnten Wassermangels liefert unsere verhältnissmässig kleine Holzstoffanlage in Rabenau, welche in Folge dieses Umstandes einen um ein Viertel geringeren Ertrag gegen das Vorjahr ergeben hat. Endlich haben wir noch zu erwähnen, dass durch unaufschiebbare durch greifende Erneuerungen in unserer Soda-Wiedergewinnungs-Anlage Stillstände derselben hervorgerufen wurden, welche gleichfalls ihren ungünstigen Einfluss geltend machten, indem diese Anlage im Geschäftsjahr 1885/86 einen Gewinn von 4,814 Mk. 46 Pf. ergab, während in diesem Geschäftsjahr mit 1,559 Mk. 18 Pf. Verlust gearbeitet wurde. Die Gesammtwirkung dieser Umstände kann wohl das ungenügende Resultat des diesjährigen Rechnungsabschlusses erklärlich machen. Zudem möge für die Vergleichung der diesjährigen Gewinnziffer mit der vorjährigen darauf hin gewiesen werden, dass man im vorigen Jahr in der glücklichen Lage war, eine im Geschäftsbericht für 1884/85 erwähnte Rückstellung auf Kreditorenkonto für erledigt anzusehen und mit zum Gewinn zu ziehen, was in diesem Jahr selbstverständlich nicht der Fall sein konnte. Während der Lohnbetrag für 100 Mk. Papierwerth im Jahre 1885/86 14 Mk. 40 Pf. betrug, steigerte sich derselbe in diesem Jahr auf 15 Mk. 90 Pf.; die Erklärung dafür liegt im erheblich gesunkenen Fakturirungswerth. Die Regiekosten stellen sich auf 15,5 Pf. gegen 15,54 Pf. pro Kilo. In den Preisen für Lumpen, Chemikalien und Stroh sind nennenswerthe Aenderungen nicht eingetreten, es entfällt somit ein Anlass, auf diese näher zurückzukommen. Dagegen beziffert sich der Mehraufwand für Kohlen im Vergleich mit dem Vorjahr auf ca 25 000 Mk. Da schon seit dem Geschäftsjahre 1885/86 sich ein weiteres Herabgehen der Preise für geringere Papiersorten fühlbar machte, so schien es uns dringend geboten, unsere Fabrikation noch mehr für bessere Sorten einzurichten. Zur Erreichung dieses Zweckes war es unerlässlich, unsere Kalanderanlagen zu er weitern und zu verbessern, die Zahl unserer Holländer zu vermehren und die damit zusammenhängenden weiteren Fabrikations-Einrichtungen zu treffen. Nachdem der Aufsichtsrath die vorgeschlagenen Maassregeln geprüft und genehmigt hat, geht deren Ausführung jetzt ihrer Vollendung entgegen. Ebenso haben wir unserm Aufsichtsrath den Antrag unterbreitet, behufs ganz wesent licher Kostenersparniss diejenigen unserer älteren Dampfmaschinen, welche nach weislich den grössten Dampfverbrauch ergaben, durch neue Maschinen zu ersetzen, für deren ökonomisches Arbeiten uns vollgiltige Garantieen geboten sind. Zum Betriebe der neuen Maschinen sind allerdings auch neue Dampfkessel für höheren Druck zu beschaffen. Die Fertigstellung aller dieser Anlagen hat bereits be gonnen und wird in den Hauptsachen mit Schluss des Jahres 1887 vollendet sein.