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zember 1888 bei dem Börsenvereins-Vorstand zur Genehmigung einzu reichen. Bis zu demselben Termine haben diejenigen Mitglieder der Orts und Kreisvereine, welche noch nicht Mitglieder des Börsen Vereins sind, ihre Aufnahme in denselben zu beantragen. Gegen diese Bestimmungen erhoben insbesondere die Berliner Buchhändler Widerspruch, welche viel mit den Provinzen arbeiten und bisher bei regelmässigem Bezug etwa 10 Prozent Abschlag gewährten. Die Korporation der Berliner Buchhändler hielt am 6. September eine Versammlung ab, in welcher folgender Beschluss einstimmig angenommen wurde: „Die ausserordentliche Hauptversammlung der Korporation der Berliner Buchhändler, zu der auch sämmtliche selbständigen Buchhändler Berlins, die nicht Korporationsmitglieder sind, eingeladen wurden, erklärt : 1. dass sie dem § 3 No- 5 der neuen Satzungen des Börsenvereins nicht beistimmen, vielmehr keine Bestimmung gutheissen kann, welche schon jetzt den Maximalrabatt, welcher dem Publikum gewährt werden darf — innerhalb wie ausserhalb des Wohnorts — auf weniger als zehn Prozent bemisst; 2. dass sie die Bestimmung des § 13 No. 4 der neuen Satzungen verwirft, weil darin nur diejenigen Vereine als Organe des Börsenvereins an erkannt werden, bei denen sämmtliche Mitglieder zugleich Mitglieder des Börsenvereins sind. Die Korporation der Berliner Buchhhändler ist als juristische Persönlichkeit nicht in der Lage, auf ihre derzeitigen Mitglieder einen Druck in dieser Richtung auszuüben. Sie glaubt auch nicht, die ihr als Organ des Börsenvereins naturgemäss erwachsenden neuen Aufgaben mit dem Zweck der Korporation in Einklang bringen zu können. • Die Versammlung beauftragt den Vorstand der Korporation der Berliner Buchhändler, diesen Beschluss zur Kenntniss des Vorstandes des Börsenvereins, wie auch in geeigneter Weise zur Kenntniss des Gesammt- buchhandels zu bringen.“ Die Hauptversammlung des Börsen Vereins, welche über die Statuten-Aenderung beschliessen sollte, fand am 25. September in Frankfurt a. M. statt und war von etwa 400 Mitgliedern des Börsen vereins besucht. Den Bericht erstattete Herr Kommerzienrath Kröner-Stuttgart. Er leitete denselben nach »Frankf. Journal« mit einer kurzen Darlegung der gegenwärtigen Verhältnisse und einem Rückblick auf die Reformbestrebungen des Vereins ein und führte dann etwa Folgendes aus: Wenn es so weiter gehe wie bisher werde ein Kampf Aller gegen Alle hervorgerufen, der endlich damit enden müsste, dass einige Grossisten in den grossen Städten das Hauptgeschäft an sich reissen, während Krämer und Buchbinder, welche den Buchhandel als Nebenerwerb treiben und daher mit geringerem Verdienst arbeiten können, den Sortimentsbuchhandel in der Provinz vernichten würden. Das Verschwinden literarisch gebildeter, auf dem Büchermarkt gut orientirter Sortimenter würde aber für Verleger, Schriftsteller und Bücherkäufer gleiche Nachtheile haben. Der Vorstand werde sich an die Regierungen wenden, um die jetzt gefassten Beschlüsse nach ihrer Bedeutung und Wirkung darzulegen und Wohlwollen für diese Bestrebungen zu erbitten, Eine Verletzung der Gewerbefreiheit stehe nicht in Frage. Eine solche Verletzung wäre es, wenn man den Verein hindern wollte, auf dem Boden der Gemeinschaft diejenigsn Maassregeln zu treffen, die ihm zur Selbsterhaltung nöthig und zur Beförderung der allgemeinen Interessen des Erwerbszweiges nützlich erscheinen. Der Vor tragende beleuchtete sodann die Folgen eines ablehnenden Beschlusses Mehr als 600 Verleger hätten sich freiwillig bereit erklärt, dem beabsich tigten Schutz des Sortiments sich anzuschliessen. Lehne die Versammlung heute ab, so sei nicht etwa nur der Status quo wieder hergestellt, sondern viele Verleger würden an den weiteren Reformbestrebungen nicht mehr Theil nehmen und die Schleuder-Konkurrenz würde sich namhaft ermuntert fühlen. Leipzig habe sich nahezu einstimmig für die Reform ausge sprochen. Das Berliner Sortiment habe allerdings erklärt, dass es nur bestehen könne, wenn es einen Theil des Provinzialgeschäfts in der Weise betreibe, dass es in der Provinz zu Preisen verkaufe, bei denen der Pro vinzialsortimenter nicht bestehen könne. Die schwierige Lage der Berliner Sortiments-Kollegen sei nicht zu verkennen; bei einmüthiger Durchführung der Reform werde aber auch ihnen eine bessere Stellung zu Theil werden. Der Vorsitzende schloss mit der Bitte, die vorliegenden Anträge anzu nehmen, und versicherte, dass der Vorstand unter ruhigem Abwarten der Folgen die Beschlüsse der Versammlung durchführen werde. Das gemein same Ziel seien Förderung und Schutz des deutschen Buchhandels. Die Hauptberathung wurde eingeleitet durch Herrn Dr. Paetel-Berlin, welcher die von der Korporation der Berliner Buchhändler mit grosser Majorität beschlossene ablehnende Resolution als Beauftragter des Vor standes verlas, ohne sich darüber zu äussern. Im Verlauf der Debatte theilte Herr Buchhändler Mühlbrecht mit, dass sich von 62 Sortimentern in Berlin 58 gegen und 4 für die Statutenrevision erklärt hätten. Im Sinn der letzteren spricht Herr Buchhändler Fr. Luckhardt-Berlin und hebt hervor, dass sehr angesehene Berliner Kollegen wohl jetzt schon auf dem Boden der Revision ständen. Auch Herr L. Simion-Berlin macht die Eröffnung, dass er zwar gegen die Anträge stimme, dass aber der Ber liner Buchhandel nach der heutigen Beschlussfassung an der Durchführung der Reform sich thatkräftig betheiligen werde. Als Wortführer des bekämpften Grossisten-Geschäfts sprach Herr Buchhändler Streller-Leipzig. Herr Maier, in Firma Maier & Müller in Berlin, legte nach erfolgter Abstimmung gegen die Legalität und die statutarische Zulässigkeit motivirten Protest ein, den er zu Protokoll zu nehmen bat. Ausserdem betheiligten sich an der Generaldebatte Herr Dr. E. Brockhaus-Leipzig, um die Stellungnahme des Leipziger Buch handels zu erklären und seine persönliche Zustimmung zu moti viren, zu der er sich im Interesse der Gesammtheit trotz aller Bedenken zuletzt doch entschlossen habe; im Sinne des Provinzialbuchhandels begrüsste Herr Strauss-Bonn die vorliegenden Anträge auf’s lebhafteste. Hierauf wurde die Generaldebatte geschlossen. Die Vorlage wurde en bloc mit 361 gegen 27 Stimmen angenommen. 7 Herren unter Führung des Herrn Jul. Springer-Berlin enthielten sich der Abstimmung. Einstimmig wurde schliesslich dem Vorstand die Ermächtigung ertheilt, redaktionelle Aenderungen und solche, welche die zuständige Register behörde (Leipziger Amtsgericht) noch vorschlägt, vorzunehmen. Die scharf zugespitzten Meinungsverschiedenheiten innerhalb der deutschen Buchhändlerschaft beschäftigen jetzt wiederum auch die Tagespresse. Die meisten Berliner Zeitungen vertreten den Stand punkt der Berliner Korporation, der ja auch zugleich der des lesenden Volkes sein muss. Auch von Seiten der Schriftsteller wird die Forde rung vollständiger Verkaufsfreiheit unterstützt, und zahlreiche Ver leger schliessen sich den Bestrebungen des Börsenvereins nur aus Schicklichkeitsgründen an. Der deutsche Buchhandel steht daher dicht vor einer Krisis, und man darf gespannt sein, wie der Meinungs streit, der sich zu einem Kampf Berlins gegen Leipzig zuzuspitzen scheint, enden wird. Büchertisch. Die Farbenmischung für Druckereien. Herausgegeben und verlegt von Wilhelm Reich, Berlin SW., Kürassierstr. 23. Nach längerer Pause ist von diesem Werk, welches wir in No. 13 besprachen, das dritte Heft erschienen Es enthält Probedrucke in blauer Farbe, welche theils durch eine und dieselbe Farbsorte mit mehr oder weniger Firnisszusatz, theils durch Mischung verschiedener Farben hergestellt sind. Rasche Fertigstellung des Werks wäre erwünscht. Menschenhaut - Einbände aus alter Zeit finden sich in mehreren Sammlungen als Sonderbarkeiten aufbewahrt. Bei einigen derselben weiss man auch, wessen Haut das geschmeidige helle Leder geliefert hat. Meist waren es Verbrecher, die nach Gesetzesspruch gewaltsamen Tod erlitten hatten, und Aberglauben sowie die Sucht, etwas Ungewöhnliches zu be sitzen, mögen wohl zu der Wahl des schauerlichen Stoffes geführt haben. Der letztere Trieb führt auch in der Neuzeit ab und zu noch zur Ver wendung gegerbter Menschenhaut. Ein solcher Fall wird von Tages zeitungen aus Paris berichtet. Dort brachte ein vornehm aussehender Herr zwei Stücke gegerbter Menschenhaut zu einem Buchbinder um daraus zwei Brieftaschen fertigen zu lassen. Dieser weigerte sich erst, die Arbeit auszuführen, verstand sich aber dazu, als der Auftraggeber sich als höherer Beamter auswies und durch Vorlegung von Bescheinigungen den Nachweis rechtmässigen Erwerbes führte. Die Stücke waren aus der Haut des kürzlich hingerichteten Mörders Pranzini geschnitten. Das Aufsehen, welches dieser Vorfall erregte, wurde noch dadurch gesteigert, dass als Besteller der beiden Täschchen die Herren Taylor, Polizeipräsident von Paris, und Garon, ein höherer Beamter im Sicher heitsdienst, ermittelt wurden. Beide hatten im Prozess Pranzini eine her vorragende Rolle gespielt und kamen auf den geschmacklosen Gedanken, sich von dem Mörder der Rue de Montaigne „ein Andenken“ aufzuheben. Sie beauftragten mit der Besorgung der Hautstücke einen ihrer gewandtesten Agenten namens Rossignol. Dieser wandte sich an einen Saaldiener der praktischen Medizinschule, den ehemaligen Agenten Godinet, der vor einigen Monaten abgesetzt worden war, weil er einen jungen Menschen in einer Rauferei auf den Boulevards getödtet hatte. Godinet beeilte sich, dem Wunsch seiner gewesenen Vorgesetzten nachzukommen und schnitt ein Stück Haut aus der Wade Pranzinis aus, das sodann mit Alaun behandelt und einem Portefeuille-Fabrikanten der Rue de la Verrerie zum Verarbeiten gegeben wurde, welcher rothseidene gefütterte Täschchen daraus fertigte. Der Saaldiener Godinet ist infolge seiner unerlaubten Handlung bereits entlassen, und man glaubt, dass auch die Herren Taylor und Garon wegen ihrer sonderbaren Geschmacksrichtung vom Minister des Innern Disciplinar- strafen erhalten werden. Elektrizität in Druckereien. Für die elektrischen Erscheinungen in Karl Wallau’s Druckerei in Mainz, welche wir auf Seite 1232 er wähnten, giebt der Elektrotechnische Anzeiger jetzt folgende Erklärung Die Umfassungsmauern des Gebäudes, in welchem sich die Druckerei befindet, sind von der Muttererde durch eine dicke Asphaltschicht getrennt, welche zur Fernhaltung der aus dem Boden aufsteigenden Feuchtigkeit dienen sollte, in diesem Fall aber zugleich die Isolirschicht für die sich ansammelnde Elektrizität bildete. Die Böden der verschiedenen Arbeits säle sind ebenfalls mit einer dicken Asphaltschicht belegt, auf welcher unmittelbar die Schnellpressen und die Hilfsmaschinen stehen, so dass auch diese sämmtlich isolirt werden. Nur einige eiserne Zwischensäulen sind vor handen, welche mit der Erde in leitender Verbindung stehen. An dem Morgen des Tages, an welchem die früher geschilderten auffallenden Erscheinungen beobachtet wurden, hatte der Maschinenführer vor Beginn des Betriebes sämmtliche Treibriemen mit einem klebrigen Fett überzogen, das dazu dienen sollte, die Reibung zwischen den Riemen und den Riemen scheiben zu vermehren. Dieses Fett war aus Harz und Leinöl bereitet. Sobald nun der Betrieb der Maschinen begann, wirkte jede einzelne Riemen scheibe als Reibungs-Elektrisirmaschine in grossartigem Maassstabe, wobei auf dem mit Harz überzogenen Riemen sich negative und auf der eisernen Riemenscheibe positive Elektrizität bildete.