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No. 41. PAPIER-ZEITUNG. 1371 Buchgewerbe. Druckindustrie, Buchbinderei, Buchhandel. Sachliche Mittheilungen finden kostenfreie Aufnahme, Mitarbeiter und Korrespondenten erhalten angemessenes Honorar. Eingesandte Werke finden Besprechung. Das Geschäfts- oder Kontobuch. (Schluss zu No. 37.) Die beschriebene Art des Rückenanmachens ist die verbreitetste; doch wird die Arbeit auch noch auf andere Weise ausgeführt. So wird vielfach der Pappstreifen des Rückens nicht bis an den innern Bruch ange schmiert und festgeklebt, sondern bis an den ersten, dicht am Einlege rücken liegenden Bruch. Demnach gebt bei diesen Büchern die Rücken spannung nur von Falz zu Falz, während sie bei zuerst beschriebener Art von Deckel zu Deckel reicht. Der Unterschied zwischen beiden Arten zeigt sich besonders in aufgeschlagenem Zustand des Buches- Fig. 5 zeigt ein aufgeschlagenes Buch mit Rückenspannung von Deckel zu Deckel; Fig. '6 ein solches mit Spannung von Falz zu Falz. Fig. 5. Fig 6. Bei Fig. 5 beginnt die scharnierartige Verbindung zwischen innerem Buch und äusserer Decke erst da, wo die starken Pappdeckel am Rücken angesetzt sind; der dazwischen liegende Theil, der sogenannte Rückenfalz, hat keinerlei feste Verbindung mit dem inneren Buch, sondern hebt und senkt sich unabhängig von diesem. Dadurch wird beim Auf- und Zu schlägen eine Geschmeidigkeit erzeugt, die dem in Fig. 6 abgebildeten Buchrücken abgeht. Bei diesem liegt die scharnierartige Verbindung an der Stelle, wo der geklebte, federartige Sprungrücken beginnt; es ist also keine vermittelnde und den ausübenden Stoss und Druck mindernde Ver bindung vorhanden, wie sie in Fig. ö der freischwebende Rückenfalz ge währt. Die Folge ist, dass das innere Buch beim Oeffnen kräftiger her ausgeschnellt und beim Schliessen ebenso zurückgestossen wird. Dadurch wird das Buch aber auch mehr angestrengt, als wenn das Herausspringen mit geringerem Druck unter Vermittlung des geschmeidigen freischwebenden Rückenfalzes geschieht. Desshalb zieht man in neuerer Zeit die Art des Ansetzens mit freiem Falz (Fig. 5) als zweckent sprechender vor. Zum besseren Verständniss wird es nöthig sein, näher zu beschreiben, wie der Sprungrücken auf das Buch wirkt und das Heraus springen desselben ermöglicht. Das Buch bildet in geschlossenem Zustand in seinem Rücken eine kreisförmige Rundung. Wird es in der Mitte aufgeschlagen, so zieht sich der bisher kreisförmige Durchschnitt des Rückens zu einer annähernd geraden Linie auseinander. Dadurch bekommt der Rücken von Falz zu Falz grössere Ausdehnung. a. Umfang. b. Durchmesser. Fig. 8. Würde Fig. 7 die gedachte Rundung des Rückens sein, so würde sich dieselbe zu einer Linie ausgezogen in der Fig. 8, a angegebenen Breite ausdehnen, während b den Durchmesser des Halbkreises, Fig. 7, ver anschaulicht. Obgleich sich nun der Rücken eines aufgeschlagenen Buches nicht zur vollständig geraden Linie auflegt, so ist doch die Aus dehnung, welche er durch Annäherung an die gerade Linie bekommt, gross genug, um erhebliche Formveränderungen zu veranlassen. Man denke sich Fig. 9 als den Buchlücken in geschlossenem Zustand Das innere Buch sowie der äussere Papprücken liegen mit ihren Rundungen fest ineinander, wobei die Buchrückenrundung von dem geklebten Papp rücken wie von einer Feder umschlossen wird. Oeffnet man das Buch in der Mitte, so zieht sich die Buchrundung gerade und gewinnt dadurch an räumlicher Ausdehnung von Falz zu Falz. Da der Papprücken den Buch rücken fest umschliesst, so drückt letzterer bei seiner Ausbreitung auf die beiden Schenkel des halbkreisförmigen Papprückens und spreizt diese aus einander. Fig. 10 zeigt einen Rücken in diesem halbgeöffneten Zustand. Der obere Strich deutet den ausgedehnten Buchrücken und der untere Kreis den ausgespreizten Sprungrücken an. Das Buch ist so weit geöffnet, dass die Deckel ungefähr im rechten Winkel zu einander stehen, also noch nicht ganz aufgeschlagen sind und zum Tisch folgende Stellung einnehmen: Legt man die Deckel ganz auf, so wird der Buchrücken dabei zur grössten Ausbreitung aufgezogen, neigt sich schliesslich unter der ziehenden Einwirkung der Blätter nach der entgegengesetzten Richtung und bricht nach derselben heraus. (Fig. 11.) Indem das geschieht, lässt die Spannung zwischen dem ausgespreizten Papprücken nach, dieser schnappt federnd in seine frühere Rundung zurück und stösst den Buchrücken empor. Fig. 11 zeigt das Buch in diesem Zustand; der unten liegende runde Rücken ist zu seiner früheren Gestalt zurückgegangen, während das Buch seiner Rundung entgegengesetzt herausgetreten ist. Diese Lage des Buches in geöffnetem Zustand ist auch an Figg. 5 und 6 zu sehen. Durch dieses federnde Zuschnappen des Sprungrückens und das dabei erfolgende Heraus stossen des inneren Buches findet das sogenannte „Springen“, und dadurch auch das flache Auflegen des Geschäftsbuches statt. Macht man das Buch wieder zu, so erfolgen die beschriebenen Vor gänge in entgegengesetzter Richtung. Der Buchrücken nähert sieh wieder einer geraden Fläche und spreizt den Papprücken auseinander. Hat er den Punkt der grössten Ausbreitung erreicht, so neigt er nach seiner ursprüng lichen Rundung, der federnde Sprungrücken schnappt zu und umschliesst den nun wieder runden Buchrücken. Das „Ueberziehen“, d. h. Bekleben der Aussenseite des Kontobuches mit Stoffen oder Papier unterscheidet sich von der gleichen Arbeit an anderen Büchern nur in einzelnen Punkten. Beim Einschlagen des Rückens wird nicht der verbindende Buchfalz eingeschnitten, sondern der Einschnitt wird in den Einschlag des Ueberzugstoffes gemacht. Ueberzieht man das Buch mit Moleskin, so ist der Moleskin der besseren Haltbarkeit wegen einige Minuten vor dem Ueberziehen mit Kleister anzuschmieren; dann wird das Buch mit dickem Leim bestrichen und der gekleisterte Moleskin aufgeklebt. Unterlässt man dieses vorherige Kleistern, so wird die Ver bindung nicht fest genug, und der Moleskin kann sich bald wieder von den Pappen ablösen. Die Ecken der Deckel werden an Geschäftsbüchern meist abgerundet. Dies erhöht die Haltbarkeit, da scharfe Ecken sich leicht abstossen. Die Rücken werden theils mit aufgelegten Bünden, theils glatt gearbeitet. In letztem Fall lässt man die Schilder zum Schutz etwas vertieft ein. Zu diesem Zweck schneidet man vor dem Ueberziehen ein Stück des obersten aufgeklebten Papprückens in der Grösse des Rückenschildes aus und löst es ab, so die Vertiefung erzeugend. Arbeitet man das Buch mit aufgelegten Bünden, so ist dies nicht nöthig, da die hohen Bünde schon genügend schützen. Die äussere Verzierung des Kontobuches kann mannigfaltig sein; am beliebtesten ist das Auflegen von Juchtenleder, der sogenannte „Vor stoss“. Derselbe dient zugleich als Schutz und Verzierung und wird bei werthvollen Büchern oft reich vergoldet. Ausserdem werden vielfach Metallbeschläge zu demselben Zweck verwendet. Das „Anpappen“, d. h- das Ankleben des Vorsetzes an die inneren Deckel seiten findet bei aufgelegten Deckeln statt. Das Vorsetzblatt wird mit Leim angeschmiert, der Deckel zugeklappt, wieder aufgemacht und das daran haftende Vorsetzblatt fest angerieben. Nach dem Antrocknen wird je hinten und vorn zwischen Deckel und Buch ein der Buchgrösse ent sprechendes Zinkblech eingelegt und das Buch eingepresst. Um gleichzeitiges Pressen des zwischen Deckel und Rücken hohlliegenden Falzes mit zu bewirken, schneidet man der Breite des Falzes entsprechende Papp streifen und legt diese zur Ausfüllung je zwischen Deckel und Pappe vor dem Einpressen ein. Dadurch erreicht man, dass der Falz glattes Aussehen bekommt und sowohl der Rücken als die Deckel scharf vortreten. Das Eindrücken der Seitenzahlen wird mittels hierzu gebauter Paginir- Maschinen ausgeführt. Dieselben haben das Aussehen einer Kopfdruck presse und werden wie diese durch Treten in Bewegung gesetzt. An der Stelle, wo sich der Typenkasten befindet, ist bei den Paginirmasehinen ein selbstthätiges Zahlenwerk angeschraubt, das die Zahlen von 1—1000 entweder fortlaufend oder nach vorheriger Stellung nur die geraden Zahlen 2, 4, 6 u. s. w- oder die ungeraden 1, 3, 5 u s. w. druckt. Letzteres ist nöthig, weil immer erst ein Biatt auf einer Seite mit einer Zahl versehen wird, und wenn diese trocken ist, die Rückseite. Werden fortlaufende Seitenzahlen gedruckt, so nennt der Buchbinder das Buch „paginirt“, werden je zwei einander gegenüberstehende Seiten mit gleichen Ziffern versehen, so heisst das Buch „foliirt“. Letztere Zählweise wird da an gewendet, wo beide gegenüberliegende Seiten ein zusammengehöriges Ganzes bilden; z. B. bei Kassen-Büchern, wo die eine Seite zum „Soll“ und die andere zum „Haben“ bestimmt ist Das Eindrücken der Seitenzahlen ist eine einfache Arbeit und erfordert nur stete Aufmerksamkeit. Soli z. B. ein Buch foliirt werden, so stellt man das Zahlenwerk mit fortlaufenden Zahlen, also 1, 2, 3. Man legt das Buch gerade vor sich auf den Tisch und bringt es in die richtige Ent fernung zur „Zunge“, jenem vorstehenden Eisentheil, der als Unterlage beim Drucken dient. Auf demselben befindet sich ein verstellbarer Winkel, in den die obere Ecke des zu druckenden Blattes gelegt wird. Ist das Zahlenwerk auf 1 gestellt, so legt man 5 — 6 Blätter von der linken Seite auf die Zunge, drückt mit dem Fuss auf den Tritt, das Zahlenwerk be wegt sich nieder und druckt die 1. Nun lässt man das Werk wieder emporgehen, wobei es um eine Zahl fortrückt, wendet das Blatt um und druckt die 2 u s. f. Ist die vordere Seite getrocknet, so druckt man die Rückseite auf dieselbe Weise. Beim „Paginiren“ bedruckt man erst alle Vorderseiten mit ungeraden und dann die Rückseiten mit geraden Zahlen, wodurch man fortlaufende Seitenzahlen erhält. In Deutschland kommen fast nur die beschriebenen Arbeitsweisen zur Anwendung. In Frankreich und Amerika werden Kontobüchereinbände auch noch auf andere Arten gefertigt: Rücken und Deckel stossen dann eng aneinander, und der dazwischen liegende Falz fällt weg. In einem späteren Aufsatz werde ich auch diese Arbeitsweisen beschreiben. E. G.