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No. 39. PAPIER-ZEITUNG. 1329 Verein Deutscher Holzstoff-Fabrikanten. Generalversammlung zu Nürnberg 4. bis 6. September 1887. (Schluss zu No. 38.) Herr Generalkonsul Christophersen aus Christiania berichtigt unsere Anführung an dieser Stelle in No. 37, Seite 1259, dass der Preis für trocknen Holzstoff frei Hamburg 112 Mk. die Tonne sei, dahin, dass er den Preis auf 112 bis 115 Mk. die Tonne frei norwegischer Hafen an gegeben habe. Festmahl und Ausflug. Auch der gesellige Theil des bekanntgemachten Programms wurde vollständig durchgeführt. Nachdem bereits Sonnabend und Sonntag Vor mittag den 3. und 4. September sich eine grössere Anzahl Theilnehmer eingefunden und begrüsst hatte, wurde an letzterem Tage eine zahlreich auch von mehreren Gästen besuchte Vorstandssitzung unter dem Vorsitz des Herrn Dr. Seilnick abgehalten, für welche viel Verhandlungsstoff vorlag, und die von 11 bis 1/2 Uhr währte. Nach gemeinschaftlichem Mittagessen folgte von 3 bis 5 Uhr eine vertrauliche Besprechung der bayerischen und einiger sächsischen Holz pappenfabrikanten , worauf man sich zum Konzert nach dem grossen Restaurant am „Maxfeld" begab, wo immer mehr Kollegen zum Theil mit Damen eintrafen und bald lebhafte Unterhaltung pflegten. Harmlose Bierreisen machten den Schluss des ersten Tages. Montag, 5. September, fand nach der Generalversammlung in der „Rosenau“ das Festessen ebendaselbst von 41/2 bis gegen 8 Uhr statt. Unter den zahlreichen Theilnehmern befanden sich auch einzelne Damen. Den ersten Trinkspruch brachte der Vorsitzende, Herr Dr. Sellnick, auf Se. Majestät den Kaiser und Se. Königl. Hoheit den Landesregenten aus, worauf die Kapelle die Nationalhymne anstimmte. Hierauf wechselten zahlreiche Tischreden und gemeinschaftliches Singen der Tafellieder mit nur kurzen Unterbrechungen ab. Besonderen Beifall fand die herzliche Ansprache des Herrn Generalkonsul Christophersen aus Christiania, der sich in warmen Worten anerkennend über die von deutschen Fachgenossen geübte Kollegialität äusserte. Er sprach sein Bedauern aus, dass bei ihm im Norden nicht gleich gutes Einvernehmen herrsche und lud die An wesenden ein, ihn gelegentlich in Christiania zu besuchen. Herr Dr. Sellnick dankte im Namen der Versammlung und stellte den Besuch in Aussicht. Die Redaktion der Papier-Zeitung hatte der Versammlung eine hübsch ausgestattete Zusammenstellung von Tafelliedern gewidmet, die allgemeinen Beifall fanden und deren Absingung fröhlichste Stimmung erzeugte. Ein viertes, gleich dem Speisezettel auf Holzpappe gedrucktes Tafellied war von einem ungenannten Verfasser gestiftet. (Wir werden einige dieser Lieder an anderer Stelle wiedergeben. D. R.) Nach Aufhebung der Tafel begaben sich die Theilnehmer gruppen weise in verschiedene Lokale der Stadt, wo die Ereignisse des Tages in vertraulicher Unterhaltung weiter besprochen wurden. Am Dienstag, 6. September, war der Vormittag der Besichtigung von Sehenswürdigkeiten Nürnberg's gewidmet, namentlich wurde die alte „Burg“ mit ihren Merkwürdigkeiten von vielen Fachgenossen besucht. Gegen 12 Uhr traf man sich beim Frühstück im Restaurant „zum Krokodil,“ worauf am Nachmittag ein gemeinschaftlicher Ausflug nach der den Herren Weissmann & Felsenstein in Fürth gehörigen Holzschleiferei und Pappen fabrik „Neumühle“ bei Erlangen, unter Führung des Herrn Weissmann, unternommen wurde. Ehrenpforten und Inschriften waren zum Empfang der Gäste vorbereitet und verfehlten nicht, dieselben in fröhlichste Stimmung zu versetzen. Die Fabrik liegt an der Pegnitz, besitzt eine dauernd verfügbare Wasser kraft von 160—180 Pferdekräften und arbeitet mit 4 Turbinen, 2 Schleif steinen, 1 Feinmühle und 3 Pappenmaschinen. Vor etwa 7 Jahren wurde sie aus einer Papierfabrik in eine Holzschleiferei und Pappenfabrik ver wandelt ; sie ist geräumig und wird elektrisch erleuchtet. Nachdem die von den Herren Weissmann, Vater und Sohn, geleitete Besichtigung beendet war, nahmen die Gäste im Fabrikhof ein in liebenswürdigster Weise ge spendetes Vesperbrod ein. Herr Direktor Walther dankte im Namen der Anwesenden für die freundliche Aufnahme und brachte ein Hoch auf die Familie Weissmann und das Gedeihen ihrer Fabrik aus. Um 9 Uhr abends waren die Festtheilnehmer wieder in Nürnberg und verabschiedeten sich dort mit dem Wunsch: „Auf fröhliches Wiedersehn!“ Aus den Aeusserungen der Scheidenden ging hervor, dass sie von den Nürnberger Verhandlungen den besten Eindruck mitnahmen. Allgemein wurde die kollegialische Rückhaltlosigkeit gerühmt, mit welcher in öffent licher Sitzung wie im Zwiegespräch Erfahrungen ausgetauscht wurden Man erhielt den Eindruck, dass die Betheiligten unter Hintansetzung aller Sonderinteressen hier nicht als Konkurrenten, sondern als Kollegen mit einander verkehrten, und nur ein gemeinsames Ziel, die Hebung ihres Industriezweiges, mit Eifer verfolgten. Trockengehalts-Differenzen. Ich lese soeben in dem Bericht über die Generalversammlung des Vereins Deutscher Holzstoff-Fabrikanten unter Punkt 4 c. der Tagesordnung, dass man zur Vermeidung der sich immer wiederholenden Klagen über die Trockengehaltsdifferenzen einen Preis von 300 Mk. für die Erfindung eines genügenden Trockenapparats ausschreiben will. In dieser Form dürfte wohl das Ergebniss der Berathung über diesen Gegenstand nicht richtig wiedergegeben sein, denn ich kann mir nicht denken, dass eine Versammlung von Fachmännern in solcher Weise Ursache und Wirkung zu verwechseln imstande ist. Wer die Trockengehalts differenzen in den Trockenapparaten oder in der Methode der Trocken gehaltsermittlung sucht, der ist meiner Meinung nach stark auf dem Holz weg. Die Trockengehaltsdifferenzen haben ihren Grund ganz wo anders, wie ich darzulegen versuchen will. Zuvor möchte ich aber noch eines Streitpunktes zwischen Holzschleifern und Papierfabrikanten gedenken, das ist der Zuschlag von 12 % für luft trocken. An sieh ist es im Grund genommen natürlich nur eine Preisfrage, ob 10 oder 12° zugeschlagen werden ; natürlich aber ist nur der Zuschlag von 10 %■ So oft ich auch den Versuch gemacht habe, selten hat dürr trockener Hoffstoff, auch bei längerem Liegen an der Luft um 10 %, niemals aber um 12 % zugenommen, d. h. soviel Feuchtigkeit angezogen, und ich halte es daher nicht im Interesse der Holzschleifer selbst, bei einem auf die Natur basirten Modus sich auf einen unnatürlichen, oder in der Natur nicht vorhandenen Prozentsatz zu versteifen. Der oder jener Professor hat vielleicht im Laboratorium einmal 12 ° Zunahme festgestellt, in der gewöhnlichen Praxis geschieht dies nicht, und wenn es einmal ans Beseitigen von Differenzen gehen soll, was einen vorhergehenden Streit voraussetzt, so wird man am besten thun, auch gleich von vornherein darauf Rücksicht zu nehmen, dass man für sein Recht jedenfalls Beweise wird beibringen müssen; mit dem Beweis aber, dass dürrtrockener Holzstoff 12 °/ anzieht, um lufttrocken zu sein, hapert es sicher. Doch das nur nebenbei. Wenn der Beschluss der Generalversammlung im Eingang richtig wiedergegeben wäre, so würde dies mit anderen Worten heissen: Die Generalversammlung ist der Ueberzeugung, dass die jetzigen Trockenapparate den Trockengehalt nicht richtig angeben, oder dass die jetzt in Anwendung befindlichen Methoden nicht derart sind, um den Trockengehalt richtig zu ermitteln. Dies würde richtig sein, wenn bewiesen wäre, dass ganz gleich nasser Holzstoff auf diesen Apparaten oder bei diesen Methoden bei mehrmaliger Trockengehaltsermittlung verschiedene Resultate gäbe, oder (wenn die Holzschleifer beständig weniger Trockengehalt fänden als die Papier fabrikanten — dann würde Punkt 4 c. der Tagesordnung wohl überhaupt nicht existirt haben); mit noch anderen Worten: Die Generalversammlung ist der Ueberzeugung, dass es an den Apparaten oder Methoden liegt, wenn die Holzschleifer so oft mehr Trockengehalt finden als die Papierfabrikanten. Nun, erklärlich ist dieses Verhältniss ja immerhin; es handelt sich aber darum, ob es auch richtig ist. Gehen wir zunächst auf die Apparate ein. Meiner Meinung nach ist kein Apparat der beste Apparat, d. h. ich halte dafür, dass dem Holz schleifer am wenigsten Unrecht geschieht, wenn die Trocknung nur durch Luft von solchen Wärmegraden geschieht, die eben genügen, um alles Wasser bis zur lufttrockenen Grenze aus dem Holzstoff zu verflüchtigen. Dieses Verfahren ist entschieden das natürlichste, das am wenigsten Gefahren in sich tragende, aber es hat immer Fehler — es dauert zu lange, wenigstens in vielen Fällen länger als der Holzschleifer auf Abrechnung warten will. Diesem Verfahren am nächsten dürfte dann eine Trocknung mittels eines Apparats kommen, dessen doppelte Wände durch heisses Wasser erwärmt werden, denn hierbei kann eine grössere Hitze als 100° nicht zur Einwirkung gelangen. Für die — wenn nicht gut Acht gegeben wird — gefährlichsten Apparate halte ich diejenigen, wo über effektiver Flamme getrocknet wird, denn dabei kann der Holzstoff bis zu einem Grad gebacken werden, dass er nur noch wenige Prozente Feuchtigkeit wieder anzuziehen vermag. Aber auch selbst bei diesen Apparaten halte ich es für ausgeschlossen, dass — vorsichtige, gewissenhafte Handhabung vorausgesetzt — ein gleich nasser Holzstoff verschiedene Trocken gehalte, also beim Holzschleifer einen höheren, beim Papierfabrikanten einen niederem ergiebt. So liegt wohl auch, wenn wir der Sache auf den Grund gehen, die Frage nicht, sondern sie lautet so: warum findet der Papierfabrikant bei einer ihm gesandten Ladung Holzstoff so oft einen andern Trockengehalt als der Holzschleifer? Dieses Räthsel kann aber jeder Holzschleifer selbst sehr leicht lösen. Wir wollen einmal sehen, wie der Holzschleifer, wenn er aufs Gewissen hafteste Vorgehen will, den Trockengehalt einer Ladung ermitteln könnte. Jeder Sachverständige wird mir zugeben, dass dies zum Beispiel geschehen würde, wenn der Schleifer von jedem der 200 Zentner, welche eine Wagenladung bilden, eine Probe von 50 Gramm, nehmen wollte, den Trockengehalt jeder 50 Gramm ermittelte, und den Durchschnitt dieser 200 Proben berechnete. Die Ladung kommt beim Papierfabrikanten an, dieser nimmt ebenfalls beim Ausladen 200 mal 50 Gramm, ermittelt ebenso die 200 Trockgehalte und — findet ein ganz anderes Resultat. Ein Tele gramm ruft den Holzschleifer herbei; er zieht nochmals 200 Proben, ermittelt daraus den Trockengehalt und — findet weder sein erstes noch das Resultat des Papierfabrikanten sondern — wieder ein anderes! Wie geht das nun zu! Da können doch nur die Apparate oder die unvollkommenen Methoden schuld sein? Nein, Freund, das Geheimniss liegt in dem langen Zettel, den nun der Holzschleifer zum Belege der Richtigkeit seines ersten Resultats hervorzieht. Jedenfalls ist dieses von den drei Resultaten das richtigste, aber sieh Dir nur die 200 Einzelresultate an, welche Verschiedenheit! Jedes Resultat hat einen anderen Trocken gehalt, Differenzen bis über 10%! Lebten wir noch im Paradiese, so würde das erste Ergebniss genügen und Käufer und Verkäufer sich dabei beruhigen! So einfach liegen aber leider die Verhältnisse nicht mehr, und es wird wenige Holzschleifer geben, die nicht willig zugeben, dass der Käufer das Recht beanspruchen kann, sich davon zu überzeugen, dass er auch das bekommt, was er bezahlen soll. Es wird aber lediglich Zufall sein, wenn bei einer aus Holzstoff von so verschiedenen Trockengehalten zusammengesetzten Ladung ein zweites Mal derselbe Durchschnittstrockengehalt gefunden wird, und ich behaupte bestimmt, dass selbst der Holzschleifer nicht ein zweites Mal imstande