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MsdmfferAgeblait Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meitz^n, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. «n,ei,«xprkis: di« 8 ,<spaltkne Raum,eilk 20 Rpfg., dir « gespaltene Zeile der amtlichen Bebanntmachuneen K> Reich«, pseunig, die sgespaltene Redl-mezeile im textlich«» Teile 1 Reichlmard. oiachweisungsgrbül r AI Reichspgnnigc. P^> geschriebene Erscheinung«. — - , tage und Platznorschriftr« werden nach Möglichkeit Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 berücksichtigt. Anzeigen, annahm-di«norin.lvUhr. ! Mr die Richtigkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übernehmen wir keine Garantie. Jeder Radatlansprvü erlischt, wenn derBeiragdnrch Klage eingezoge» werden mutz oderderAuktraggeber in Konkurs gerät. Anzeigen nehmen a!i,-Drrinittlupg>iftelIcn entgegen. Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, M«« -Wilsdruffer Tageblatt^ «rschrint an allen Werktagen nachmittags 5 Uhr. Pe,«,»preis: Bei Abholung in Brr »eschSstsstelle uud de» «usgadestellrn 2 RM. im Mona«, bei Zustellung durch dje Boten 2,3V RM., bet Poftbeftrllung LRM. zuzüglich Abtrag. . ,, ... . gebühr. Einzelnummern «Apsg. «llePoftanstalten Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend Postboten und unscr-Aus. A»,er«ud DeschäsI»s,-llen — nehmen zu jeder Zeit Be. stell»»,«« entgegen. ImFall-höherer Bemalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht Ke!» Anspruch aus Lieferung »ee Zeitung oder Kürzung de» Bezugspreises. — Rücksendung'eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. Nr. 227. — 87 Jahrgang Telegr.-Adr.: „Amtsblatt" Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Donnerstag, den 27. September 1928 M MIM ü Wehrmacht und Volk. Während in Genf immer neue Erdschollen in die Grube geworfen werden, in der man die vor zehn Jahren verheißene Weltabrüstung beigesetzt hat — „preisend mit viel schönen Reden" —, erhielt die Bevölkerung des be setzten Nheinlandes praktischen politischen Anschauungs unterricht durch die Veranstaltung der englisch-französischen Manöver. Dort Truppenmassen — doch nur ein kleiner Teil des gesamten Heeres! — in modernster Bewaffnung, Hunderte von Flugzeugen in der Luft, zahlreiche Tank geschwader und Batterien schwerer und schwerster Artil lerie. Ihr Dröhnen war die Begleitmusik zu Briands Rede über — Deutschlands Kriegsbereitschaft. Praktischer Anschauungsunterricht als Nebenwirkung bedeuten auch die deutschen Manöver, die sich in den letzten Tagen vor den Augen Hindenburgs in Schlesien abspielten. Reichswehrminister Gröner hat bei der Endkritik nur ausgesprochen, was sich ebenso der Reichswehr, Soldaten und Offizieren, immer wieder auf drängt wie den Zuschauermassen: die Armut an modernen Kampfmitteln, aber auch der Wille in der Truppe, diese Mängel wettzumachen durch höchstmögliche Lei stungsfähigkeit im Rahmen des uns in Versailles Gestatteten. Schon die beiden letzten Jahre des Welt krieges zerschlugen ja selbst die Schützenlinien, stellten den Grabenkämpfer fast auf sich selbst, zerstörten meist die Ver bindung nach hinten und nach beiden Seiten. Die Front kämpfe lösten sich auf in Einzelkämpfe als einzig mögliche Abwehr überlegenen Angriffsmaterials. Diese Entwicklung ist weitergegangen, weil der moderne Einzelkämpfer selbst Träger immer stärkerer Kampfmittel wurde, das einfache Gewehr schon fast ver altet erscheint. So ist fast wichtigste Aufgabe militärischer Erziehung die Ausbildung dieser Einzelpcr- sönlichkeit zu schnellem, aber überlegtem selbständigen Handeln geworden. Die zwölfjährige Dienstzeit des deutschen Reichswehrsoldaten ermöglicht dies besonders — einst (1919) nach des Generals Foch Ansicht in sogar ge fährlicher Weise. Auch jetzt — daran erinnerte Gröner — spricht man gerade unter Hinweis auf diese lange Aus bildungszeit von der Reichswehr als der „modernste n" Armee der Welt; Ausrede ist es, um eigene Ab neigung gegen jegliche Abrüstung zu verschleiern — und im übrigen waren es ja die „Großen Vier", die in Ver sailles alles bis aufs kleinste, bis auf Patronenzahl und den letzten Tragriemen, bei der Reichswehr festgesetzt haben. Auch uud vor allem ihre Gestalt als Söldnerheer. Unsere Reichswehr hat es vermieden, der nahe liegenden Gefahr eines solchen Söldnerheeres zu erliegen. Wohl jeder Deutsche kann unterschreiben, was Gröner über die gute Haltung, die straffe Mannes zucht bei der Reichswehr sagte. Gröner sprach weiter darüber hinaus den Wunsch aus, die Öffentlichkeit sollte immer mehr aufgeklärt werden vor allem über den Geist d e r R e i ch s w e h r — und der heißt: nursachliches, nur militärisches Arbeiten zu kennen als, wenn auch nur kleines, aber doch nicht schwaches Macht instrument des Staates und damit Stütze für den Staat. Fern jeder Tages- und Parteipolitik. Daß die Führer der Reichswehr gerade an diesem obersten Grundsatz festhiclten — trotz mancher uns ja jetzt be kannten Verlockung —, war die Voraussetzung dafür, daß sich das deutsche Volk und seine Wehrmacht nicht fremd und kalt gegenüberstehen, sondern daß wir die deutschen Jungen, die sich auf zwölf Jahre hindurch zu dem viel fach so entsagungsvollen, nur geringe Aussichten auf Hochkommen und Beförderung bietenden Dienst in der Reichswehr verpflichten, immer nur als Söhne unseres Volkes betrachten können. „Förderung des Stolzes und der Liebe zur Reichswehr" verspricht sich Gröner davon, wenn er der Öffentlichkeit Arbeit und Geist des kleinen Heeres zeigt; Weckung und Stärkung des Wehrwillcns auch im ganzen Volke als Folge dieses Stolzes und dieser Liebe. Vergangen ist die Schule der allgemeinen Wehrpflicht für das deutsche Volk: im Volksheer von einst fand der Wehrwillen seine Verkörperung. Das ist zerschlagen bis auf den geringen Nest, den die Reichswehr darstellt. Aber sie wirkt durch ihr bloßes, wenn auch bescheidenes, Dasein wenig nach außen, von woher uns selbst ein Kleinstaat fast mühelos überrennen könnte, wohl aber nach innen als Vorbild. * Die große Parade vor dem Reichspräsidenten. Abschluß der Hindenburg-Manöver. Die Hindenburg-Manöver in Schlesien fanden ihren Abschluß mit einer großen Parade vor dem Reichspräsi denten, an der etwa 15 000 Mann teilnahmen. Der Paradeplatz befand sich bei Obersohra, wo Hindenburg, an spalierbildcndcn Militär- und Kriegerverclnen vorbei- fahrend, stürmisch begrüßt am Mittwoch vormittag ein traf. Die Parade, die von schönstem Herbstwetter be günstigt war, wurde von dem Oberbefehlshaber des Gruppenkommandos I, General von Tschischwitz, befehligt. Der Reichspräsident nahm den Vorbeimarsch der Truppen Ser Raubzug gegen dar Mrvemögen Ausdehnung des Kriegsanleihebetruges. Große internationale Fälscheraffäre. Die Untersuchung gegen die Kriegsanleihefälscher, in die bekanntlich auch Hugo Stinnes jun. verwickelt ist, zeigt immer mehr, daß es sich hier um einen internationalen Ring handelt, der sich zusammengetan hat, um das deutsche Volksvermögen zu schröpfen und sich mit Millionen die eigenen Taschen zu füllen. Dabei ist mit beispiellosen Machenschaften und ziel bewußten Fälschungen vorgegangen worden, die in der Geschichte internationaler Bekrugsfälle ihresgleichen suchen. Bisher hat es sich herausgestellt, daß 20 Milliarden Kriegs anleihematerial fälschlich als Altbesitz bezeichnet und zur Einlösung eingereicht worden sind. Davon sind für fünf Milliarden Mark Ablösungsstücke ausgegeben worden, weil es nicht gelungen ist, in diesen Fällen den Betrug nachzuweisen. Es ist ferner erwiesen, daß sich der Betrug nicht allein auf Kriegsanleihe beschränkt, sondern sich auch auf deutsche Kommunalanleihen erstreckt. Die Ermittlungen haben ergeben, daß allein der hollän dische Bankier Horn, der auch zu dem internationalen Konsortium gehört, für mehr als lOO Millionen Mark Kommunalanleihen, insbesondere solche westdeut scher Städte, zur Anmeldung gebracht und zum größten Teil die Ablösrmgsstücke auch erhalten hat. Die deutschen Städte hatten bekanntlich, ähnlich wie das Reich bei der Kriegsanleihe, für die Aufwertung ihrer Anleihen einen Unterschied zwischen Alt- uud Neubesitz gemacht. Nachdem allein bei Horn ein Betrug in solchem Umfange aufgedeckt Worden ist, besteht der dringende Verdacht, daß auch die übrigen Mitglieder des umfangreichen internationalen Schieberkonsortiums in ähnlicher Weise versucht haben, das deutsche Volksvermögen auszuplündern. Von der Gruppe Stinnes sind rund 70 Mil lionen Mark Altbesitz zur.Aufwertung augemeldet worden, ein gewisser Bela Grosz hat aus Bukarest und Wlen 44 Millionen, der obengenannte Bankier Horn aus A m - st erd am etwa 16 Millionen und eine belgische Gruppe über 40 Millionen Mark gemeldet. Außerdem soll auch der österreichische Fmanzmann Castiglioni seine Hand im Spiel haben, und immer weitere Kreise im Jn- und Ausland werden von dem Verdacht erfaßt, an dem Raubzug beteiligt zu sein So kommt auch noch der Generaldirektor eines Berliner Vergnügungspalastes, der Wiener Schneid, in Betracht, der einer der Väter des ganzen Kriegsanleiheschwindels zu sein scheint. Die Ver dachtsmomente erstrecken sich auch bis in die Kreise der Deutschen Reichs bank hinein, denn hier scheinen In diskretionen vorgekommen zu sein, die allein es den Be trügern möglich gemacht haben, in einer derartig um fassenden Weise ihre Pläne zur Verwirklichung zu bringen. Als nämlich zum ersten Male ein Unterschied zwischen Altbesitz und Neubesitz gemacht wurde, richtete die Reichs bank zusammen mit dem Reichsfinanzministerium Listen ein, aus denen hervorging, welche Kriegsanleihestücke zu einem bestimmten Stichtag als Altbesitz angesehen werden sollten. Außerdem wurde von der Reichsbank ein Labo ratorium eingerichtet, in dem mit Hilfe von Quarzlampen die einzelnen Anleiheftücke darauf hin geprüft wurden, ob Veränderungen an ihnen vorgenommen worden waren. Wurden auf diese Weise Schiebungen festgestellt, so wurde zunächst den Leuten, die sie versucht hatten, mitgeteilt, daß man sie durchschaut habe, und fast immer wurden in diesen Fällen die Aufwertungsansprüche zurückgenommen. Von der Art dieser Kontrolle der Reichsbank müssen die Fälscher Kenntnis bekommen haben, denn sie haben es verstanden, in späterer Zeit sich dieser Kontrolle zu ent ziehen oder sie aus irgend nne Weise unwirksam zu machen. Jedenfalls bedeutet dieser Betrugsskandal, dessen tat sächliche Ausdehnung man noch immer nicht überblicken kann, das größte internationale Fäl schungsmanöver, das die Welt je gesehen hat. von einem erhöhten Podium aus ab. Ihm zur Seite stand der Reichswehrminister Gröner und hinter ihm hatte der frühere Chef der Heeresleitung, Generaloberst v. Seeüt, zu Pferde Aufstellung genommen. Jnfanterieabteilungen eröffneten die Parade, ihnen folgten Maschinengewehre, Minenwerfer, Pioniere, eine Kraftfahrabteilung, ein Rad fahrerbataillon, Nachrichtenabtellungen, Artillerie und schließlich die Kavallerie im leichten Trabe. Nach Beendi gung des Vorbeimarsches fuhr der Reichspräsident nach seinem Manöverquartier, Schloß Joachimstein, zurück, von wo aus er dann die Rückreise nach Berlin antrat. * Oie Leistungen der Truppen während des ganzen Manövers waren außerordentlich groß. Die Tagesleistungen einzelner Aufklärungsabtei lungen betrugen über 100 Kilometer. Die reitende Artillerie brachte es auf Marschleistungen bis zu 80 Kilo meter, also großartigen Leistungen, die den Leistungen im August 1914 im Westen in keiner Weise nachstehen dürften. Dabei blieb aber — und das ist das entscheidende — der Gesundheitszustand der Truppen durchaus gut. Während der ganzen Übungen vom 17. bis 26. September betrug der Krankenbestand der Truppe nur 1,2 Prozent. Auch die Kavallerie hatte trotz der großen Leistungen nur einen ganz geringen Abgang von Pferden; denn der Pferde abgang betrug nur 2,9 Prozent. Sr. Eckener als Beobachter. Die zweite Werkstättenfahrt des „Graf Zeppelin". Das Luftschiff „Graf Zeppelin" ist in Friedrichshafen zu der angekündigten Werkstättenfahrt aufgcstiegen. Die Fahrt diente vor allem dem Zweck, das Funktionieren der Funkstation endgültig festzustellen und die Wirkung des Umbaues an den Motorengondeln auszuprobieren Dr. Eckener ist nicht mitgefahren, sondern hat, wie er es Sei den früheren Gelegenheiten auch machte, vom Lande aus die Manövricrbewegungen beobachtet, so z. B. auch die Wirkung des Luftdrucks auf die Hülle. An Bord be fanden sich etwa 25 Gäste, darunter auch Ministerial dirigent Brandenburg und die anderen Vertreter des Reichsverkchrsministeriums und der Deutschen Versuchs anstalt für Luftfahrt, außerdem Vertreter der Konzern- Werke der Lustschiffbaugesckschaft und der Kommandant der „Los Angeles". Das Schiff manövrierte immer in der Nähe des Bodensees und landete am Mittwoch abend wieder in Friedrichshafen. Die Lusttüchiigkeiiserklärung mii Vorbehalt. Über die offizielle Lufttüchtigkcitserklärung des „Gras Zeppelin" bat in Friedrickshaken eine aemeinsame Besprechung zwischen Vertretern des Reicksverkeyrsministeriums, der Deut schen Versuchsanstalt für Luftfahrt und des Luftschiffbaues Zeppelin stattgefnnden. Hinsichtlich der Zulassung des Luft schiffes kamen alle drei beteiligten Stellen zu folgendem Er gebnis: Nach befriedigendem Verlaus einer Probefahrt mit Kraftgas wird die Versuchsanstalt dem Reichsverkehrsminister eine Luft- tüchtigkettserklärung ausstellen, die mit bestimmten Vorbe halten bezüglich aerodvnamischer, statischer und allgemeiner Betriebsfeststellungen versehen ist. Diese Feststellungen können ihrer Natur nach erst im Laufe eines längeren Betriebes des Luftschiffes gemacht werden. Wegen der Vorbehalte werde die Versuchsanstalt dem Reichsverkehrsminister Vorschlägen, die Zulassung des Luftschiffes, befristet bis zum 1. April 1929, auszusprechen. Während dieser Zeit soll der Luftschiffbau be rechtigt sein, alle in seiner Absicht gelegenen Fahrten mit dem Schiff auszuftthren. Die Vorbehalte werden bis zum 1. April zu klären sein, woraus dann der endgültigen Zulassung des Luftschiffes nichts mehr im Wege stehen würde. Die nächste Fahrt. Friedrichshafen, 26. September. Wie Dr. Eckener dem Vertreter der Telegraphen-Llnion mitteilt, wird die nächste große Fahrt nach einer Ruhepause am Donnerstag übermorgen, Freitag, stattfinden und voraussichtlich nach Osten, d. h. nach München und Wien sichren. Da man noch vor Anbruch der Dämmerung in Friedrichshafen zurück sein will, wird diese Fahrt schon sehr früh am Morgen angrtreten werden. Schluß in Genf. Bewaffnetes und unbewaffnetes Europa. Kurz vor Schluß der neunten Völkerbundversammlung in Genf rückte der greise Vertreter Ungarns, Gras Apponyi, die trotz aller Abrüstungsredereien fortdauernde Beunruhigung der Völker noch einmal in neue Beleuchtung. Immer wieder werde hier von Sicherheit und Sicherheits- Vorkehrungen gesprochen, niemand aber von den Staaten mit den gewaltigen Heeren wolle ernstlich an die Abrüstung Heran gehen, die doch zweifellos das selbstverständlichste Sicherheits- Moment biete. In Europa bestehe ein bewaffnetes nnd ein unbewaffnetes Lager. Die unbewaffneten Völker würden als minderwertig von der anderen Seite betrachtet. Gegenseitiges Vertrauen könne unter diesen Verhältnissen nicht mlskommen. Ohne dieses Vertrauen aber gebe cs leine moralische und auch keine andere Sicherheit. Eine Nation, die den Namen einer Nation verdiene, könne diesen Zustand minderen Rechts nicht ertragen. Man müsse aufhören, die Teilung der Welt in zwei Lager zu verewigen. Der Völkerbund könne unter diesen Verhältnissen sein Ziel nicht erreichen. Mit der vorliegenden unbestimmten Resolutiou zur Abrüstuugsfrage sei uicht mehr getan als bisher. Die bekannte Entschließung wurde schließlich bei Stimm enthaltung Deutschlands und Ungarns als angenommen er klärt und dann nock einige Zeit über die sogenannten Muller-