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Gradert nicht als Mitschuldiger irr Frage kommen, da ste in der Zeit, als der Mor- geschah, mit ihm zusammengewesen ist. Die Zeugin hat das auch den Belgiern gegenüber erklärt. Zur Hauptverhandlung ist fie aber merkwürdigerweise nicht geladen worden. OermisGtes. Poetischer Aberglaube. Bei dem Stamms der Senela» Indianer herrscht ein sehr poetischer Gebrauch. Wenn ein Mädchen stirbt, so sperren sie einen jungen Vogel ein, solange, bis er beginnt zu singen. Dann sehen sie ihn in seinem Käfig auf das Grab bet Toten, beauftragen ihn mit Grüben, Küsten, zärtlichen Worten an die Verstorbene und öffnen daraus die Türe seines Gefängnisses, um ihn freizulasten. Wenn er nun sich hoch in die blaue Lust aufschwingt und fortfliegt, so glauben sw. daß er die Flügel nicht eher rasten läßt, die Augen nicht früher schließt, als bis er im Laird der Geister aniangt, um dort all' die Grübe, Küste und Zärtlichkeiten zu überbringen, die man ihm aufgetragen hat. Das Ende einer „Tauschehe". In der polnischen Bezirksstadt Bobrka ermordete die Gattin des Schul leiters Bosakow durch vier Axthiebe den Lehrer Koby - lanski, einen ehemaligen ukrainischen Offizier. Den Hintergrund der Mordtat bilden seltsame Eheverhältnisse Die Mörderin hatte ein Liebesverhältnis mit Kobylanski, und Kobylanskis Frau revanchierte sich, indem sie zu Bo- sakow in Beziehungen trat. Beide Männer waren über, eingekommen, demnächst auch offiziell ihre Gattinnen zutauschen. Während der Schuldirektor mit der Lechrer- frau in bestem Einvernehmen lebte, herrschte unter den Heiden anderen Unfriede, weil es Kobylanski mit der Treue Nicht sehr genau nahm. Die eifersüchtige Direktorssran behauptet, den in seiner Ausführung geradezu grauen haften Mord rm Jähzorn begangen zu haben. ZomMNÄMbes. Zum Johannistag (24. Juni). Wenn die Natur im üppigsten Vollwuchs prangte, alles Pflanzenleben der Frucht und Ernte entgegenreifte und dann der Tag kam, an dem die Sonne am längsten am Himmel stand, feierten unsere deutschen Vorfahren das Fest der Sommersonnenwende. Man brachte Trer- opfer, vom Rind bis zur Katze herab; denn Wodan und Freia mußten gerade jetzt gut gestimmt werden zum Heile des armen Menschengeschlechts, das so ganz und gar vom Erntefegen abhing. Wenn aber dann die Opfer dargebracht waren, wenn Speise und Trank alt und jung geschmeckt hatten, flammte es auf einmal von den Bergesgipfeln in Heller feuriger Glut, und durch die Flammen sprangen die Menschen, um sich zu kräftigen und neu zu stählen durch die Berührung mit dem geheimnisvollen Zauber des Sounwrndfeuers. Im deutschen Gebirge hat sich der uralte Brauch des Sonnwendfeuers bis zum heutigen Tage erhallen. Und heute noch wie vor mehreren tausend Jahren flammt und sprüht es in der Sonnwendnacht von den Bergeshöhen, und die Burschen und Mädel springen durch das wunder-- kräftige Feuer, während die Alten daneben stehen und beobachten, wie hoch die Flammen schlagen, und wie hoch der Qualm über die Erde dahinzieht; denn davon hängt es ab, ob die Ernte gut wird oder nicht. Andere wieder werfen Blumenkränze ins Feuer und sagen dabei: „So wie dieser Kranz verbrennt, so soll auch mein Unglück ver brennen." In der Schweiz ist es Brauch, eine Strohfigur, den „Tattermann", zu verbrennen, indem man sie an eine Stange bindet und diese dann so lange mit brennendem Reisig bewirft, bis fie Feuer gefangen hat. Am Bodensee machen sich die Buben den Spatz, mit glühenden Stangen; die sie Johamnsstangen HÄßen, herumzulaufen und Schabernack zu treiben. Ein origineller alter Brauch herrscht noch in Bayern. Es ist das Scheibenschlagen in der Johannisnacht; denn der christliche Glaube hat die Spuk- und Zaübernacht zur Johannisnacht gemacht, wie denn auch der Sonnwendtag Johannes, dem Jünger Jesu, geweiht wurde. Das Scheibenschlagen geschieht in der Weise, daß man eine in der Mitte durchlöcherte Holzscheibe im Feuer glühend werden läßt, sie dann an einen Stock steckt und schließlich weit in die Lust schleudert, ein Anblick, der in der dunsten Nacht ganz zauberisch wirkt, besonders wenn die leuchten den Feuerscheiben gleichzeitig von mehreren Bergesgipfeln aus durch die Lust fliegen. Der alte Brauch verlangt es, daß die Scheiben irgend jemand zu Ehren geschlagen wer den, gewöhnlich einer geachteten Persönlichkeit, wie Pfarrer oder Bürgermeister, vor allem aber auch zu Ehren der Geliebten. Dabei singt man allerhand Sprüchlein, wie z. V. das alte: „Scheib' auf, Scheib' ab, Die Scheib' geht krumm und grad', Die Scheib' geht links und rechts, Geht aus und ein Und meinem Schatz ins Fenster 'nein." Gleichzeitig wirst man aber auch Schandscheiben zu dem schönen Zweck, Feinde oder Nebenbuhler zu ärgern, und die Sprüche, die bei diesen Scheiben gesungen werden, lassen an derben Anzüglichkeiten nichts zu wünschen übrig. Der, dem eine solche Schandscheibe geworfen wird, hat allen Grund, sich zu ärgern; denn das Schandscheiben werfen bedeutet nichts anderes als das Symbol eines richtigen kleinen Haberfeldtreibens. So lustig, stellenweise überlustig aber der Johannis tag und der Johannisabend begangen wurden, für um so unheimlicher uud gefahrvoller galt früher hier und da und gilt vielfach auch heute noch die Johannisnacht. Keine Stunde im ganzen Jahre — die Walpurgisnacht ausgenommen — war Mes Schreckens und Zauberspuks so voll wie diese. Des Teufels ganze Sippe, Geister und Hexen, hatten nach dem Volksaberglauben in dieser Nacht freien Lauf. Deshalb wurden sofort nach ^.ve Nuri» Türen, Fenster und Läden sorgfältig geschlossen und aller lei zauberkräftige Kräuter auf dem Herde zur Abwehr der bösen Geister verbrannt, während die ganze Nacht hin durch mit Glocken geläutet wurde. Gleich der Walpurgis nacht ist die Johannisnacht die günstigste Zeit für allerlei schwarze Künste, zum Pflücken hellbringender Kräuter und unsichtbar machenden Farnsamens, zum Schneiden der Wünschelrute und für Schatzgräber. Auch die Zukunft ent hüllt sich in ihr auf mannigfache Weise, überaus ersin- dungsreich in Mitteln zu diesem Zweck sind namentlich die jungen Mädchen; in Hessen und Böhmen, in England und Schweden, in Sachsen und Dänemark suchen ste mit Hilfe von Blumen, die in der Johannisnacht gepflückt und- unter allerlei geheimnisvollen Manipulationen zu Kränzen ge wunden werden, der Zukunft ihre Geheimnisse abzu- lauschen und den zukünftigen Liebsten im Traume zu schauen. Von unerschöpflicher Mannigfaltigkeit sind die Vollsgcbräuche, die sich an den Johannistag knüpfen; allein schon ihre Aufzählung würde ein Buch füllen. NieMlMgiBUWLW nderZertvomL.AprttMLSdW3L.März1S24 bericht, erstattet für die BeztrkSverscwtMvmv am 28. April 1824! vom Amtshauptmauu Schmidt. ! Wie unser Wirtschaftsleben, so stand auch die gesamte § Verwaltungstätigkeit der Behörden in dem hinter uns lie genden Berichtsjahre unter dem Einflüsse einer in ihrem Ausmaße niemals für möglich gehaltenen Geldentwertung. Den katastrophalen Absturz der Mark führen uns recht deut lich vor Augen einige Zahlen aus den Monaten August bis November 1923. Eine Goldmark kostete am 8. August: 1 Mil- lwn Papiermark, am 7. September: 10 Millionen, am 3. Ok tober: 100 Millionen, am 11. Oktober: 1 Milliarde, am 2L Oktober: 10 Milliarden, am 3. November: 100 Milli arden und schließlich am 20. November: 1 Billion Papiermark. Die Gesamtwirkung der Geldentwertung zeigt recht drastisch die folgende Gegenüberstellung: Anfang 1918 berechnete man den Wert der öffentlichen und privaten Schulden auf 200 Gold- «Miarden, bis zum 20. November 1923 sank deren Gold wert aus 20 Psg. So erklärt sich, daß die Ausstellung des Hanshaltplanes im Vorjahre nur einen problematischen Wert haben konnte, alle Voranschläge wurden im Laufe der Zeit über den Haufen geworfen. Erst die Aufstellung eines Gold-Etats im letzten Vierteljahr brachte wieder den not wendigen Ueberblick für die Finanzgeschäfte. lieber die schlimmste Zeit hat uns das Notgeld binweg- gchoifsn. Davon wurden im Bezirk ouSgeoeben: 47189 Billionen PaPi er Notgeld in 15 Sorten und für 150 041 Goldmark wert beständiges Notgeld auf der Grundlage der Dollarwährung. Aus der nunmehr beendeten Zwangswirffchaft und aus den Ueber- schüssen der Notgsldwirtschaft wurden zum Teil die Bezüge der Angestellten genommen, sind erhebliche Verbesserungen in dem Er ziehungsheim Bohnitzsch, die Einrichtung des Kinderheimes im Wettinstift wie auch verschiedene Baulichkeiten des Wettinstistes —- Vförtnsrhaus, Wäschereianlage, Wafferanlage usw. — bezahlt worben. Die Notgeldausgabe hat eö inbesondere ermöglicht, daß der große Geldbedarf für die Erwerbslosen- und Rentnerfursorg-e stets befriedigt werden konnte. Für die übrigen Finanzsachen des Bezirks besteht die Be- zirkskaffenverwaltung. Als Vermögen des Bezirks sind vorhanden: ein großer Poften münde!sichere Wertpapiere, die allerdings nicht mehr den früheren Wert darstellen, das schuldenfreie Wettinstift Loswig mit erheblichem Bestand an Wold, Garten- und Wiesen, rmd, das Kindererziehungsheim Bohnitzsch mit Feldwirtschaft, >a« Einnehmerhaus Scharfenberg, das Auto und Bestände an Betriebsstoff. Itachdem eine große Hypothek des Wettin- U-fts hat abgefkoßen »verden können, verbleibt als einzige Bezirks schuld noch eine Forderung des Landwirtschaftlichen Aredit- vereinS aus der Zeit der Kriegs Unterstützungen. Der Bezirk hat auch im abgelaufenen Rechnungsjahre die Vergnügung», und Getränkesteuer den Gemeinden überlasten und trotzdem sie An teile der Gemeinden für die Erwerbslosen-, die Sozial- und K ein- pentnerfürsorg« fast voll getragen. Außer der Bezirksamt s sind gls besondere Bezirkssteuern nur die Jagdpacht- und Zu ' rsteuer -erhoben worden; die letztere ist niedriger zur Erhebung --kommen, wie in Nachbarbezirkem AIS Ueberschuß aus 182'! Wimen auf neue Rechnung ca. 24 OM Goldmark vorgetragen erden. Diese gestände ermöglichen mit de« noch ein« kurz« b it verfügbaren WeständetHt^r Zugtiersteuer für April und DV die großen Be- Nirksaufgaben zu erfülle«, wie fie besonders mich die Reichs- Mrsorge-Berordnung neu entstanden sind. Im Verpflegheu« Wettinstift ist rotz der Verhängnis- Pollen Geldentwertung der weitere Au au nicht aufgehälten word«n. Die Zahl der Insassen stieg i- Berichtsjahre von 170 auf 205. Das Kinderheim ist jetzt voll -elegt. Es waren am JahreSschluh 85 Sinder untergebracht, mvon eine größere Zahl Mus andere« Bezirken. Die Unterbri- gung von Erholungs- -lindern auf vier bis sechs Aachen aus den Bezttts- oemeinden hat sich gnt bewährt. Bei den ErnShrnngÄ- sihwierigkeiten des Vorjahres leistet- die große Gartenwirtschaft recht gute Dienste. Das StrstSareal tonnte noch kurz vor Fayres- sihluß durch den Kauf einer Elbu ese vergrößert werden. Die «Narten- und Feldwirtschaft wurde durch die Umwandlung eines Stück Waldes in Feld vergrößert. - Das Ernährungsamt der Amtshauptmannschaft konnte -mit dem Schluffe des Kahres 1923 gänzlich abgebaut werden, da di« öffentliche Brotversorgung im Bezirke der Amtshauptmann- -schäft Meißen mit dem 15. Oktober 1923 aufhörte und der Bezirk für die Folge als Bedarfskommunalverband nicht anerkannt »vorden war. Es darf am Schluffe dieses Abschnittes festgestellt ftnd anerkannt werden, daß die Meißner Landwirtschaft ihren Ablieferungspflichten stets nachgekommen, so daß dis Brot- Versorgung im allgemeinen ohne Störung vor sich gegangen tst und auch bis zum Schluffe die bisherige Mehlmeng« von täglich LOO Gramm für den Kopf der verforgungsberechtigten Bevölkerung zewährt weisen konnte. , Die Brotpreise haben sich, infolge der Geldentwertung bis zum Schluffe des Wirtschaftsjahres 1922/23 wiederholt geändert. Betrugen doch die Abgabepreise der Reichsgetreide- Lelle am 31. Mürz 1923 197 000 Mark für die Tonne Roggen »nd 212 000 Mark für die Tonne Weizen, während sie am iSchlussc der Zwangswirtschaft auf 3 500 000 000 für die Lonne Roggen und 4 000 000 000 Matt für die Tonne Wei ßen gestiegen Ware«. Entsprechend dieser Getreidepreise fliegen auch die Brotpreise. Während am 31. März 1923 das Kilogramm noch 369 Mark und das 1900 Gramm-Brot noch 700 Mark kostete, stellten sich die Preise für 1 Kilogramm bzw. für ein 1900-Gramm-Brot wie folgt: 1800 ML für ein 1900-g-Drot 1850 Mb für «in IMO^-Brot v S4M ML für ein 1900-g-Brot S-500 ML für ein 1900-g-Brot 7800 Mk. für -in 1000-Z-Brot I0100 Mk. für ein 1900-g.Brot 41000 Mk. für ein ttOO-Z-Brot IW000 Mk. für ein 1900-g-Brot 3M 000 Mk. für ein 1900-z-Brot 3240000 ML für ein 1900-g-Vrot 8000000 ML für ein 1900^-Brot 7 100000— Alk. für 1 kg, 13500000 ML für ein 1900^-Brot VOM 8. 10. bis 15. 10. 2.8: 8000000.- ML für 1 KL 17000000 ML für ein 1000^-Brot Trotz dieser verhältnismäßig hohen Preise mutz auch hier wieder betont werden, daß der Kommunalverband Meißen Stadt und Land bis zum Schluffe der öffentlichen Brotversorgung fast immer den niedrigsten Brotpreis nutzt nur unter den Nachbarbezirken sondern m ganz Deutschland gehabt hat. Das ist nicht zuletzt der beidersetts stets ver- tändnisvollen Mitwirkung des ErnahrungsauWusses Mei- ßen Stadt und Land zuzuschreiben, dm» hlerftrr nochmals der D 1 der Amtshauptwonn,chast ausgesprochen fei. Dis bei der Aufhebung der öffentl Se furch tun gen sind bezüglich der nit Mehl und Brot zum Glück mcht liege« allerdings entsprechend oer ntwertuna. gewaltig. Während 06 vom 4. 6. bis 17. 6. 23: S48.— ML für 1 KL »om 18. 6. bis 1. 7. 23: 074.— ML für 1 kg, ,om 2. 7. bis 15. 7. 28: 1262L0 ML für 1 kg, ,oom 16. 7. bis 22. 7. 23: 1841.— ML für 1 KK vom 28. 7. bis 5. 8. 23: 4102.— ML für 1 kg, vom 6. 8. bis 19. 8. 23: 5312.— ML für 1 kg, oom 20. 8. bis 25. 8. 23: , 21 565.— BtL für 1 kg, oom 26. 8. bis 2. 9. 28: 78 WO.— ML für l KL oom 3. 9. bis 16. 8. 23: 157 780.— Mk. für 1 KL oom 17. 9. bis 23. v. 23: 1180000.— ML jür 1 k- vom 24. 9. bis 30. 9. 23: 2053 000- Alk. ftir 1 KL 1. 10. bis 7. 10. 23: ichen Brotversorguug gehegte» Versorgung der Bevölkerung emgetroffen. Die Drvtp reise rapid fortschoeitenden Geld es markenfreie 4-Pfunb-Brot, 4. a» 4- ju-ttover WSS LV Mill. Matt und am «. Oktober »och 48 Mill. Matt kostet«, stieg t«r Preis nach Aufhebung der Äfeaülch«!, Brotverfocgniig am !20 Mill., SSVO Mill, und Ä tw November 1LW auf 2ISM0 Mill. Mark. Ein Still- MiL m» atz 1V. Stotz. WW «s 2lö 000 Mill. Mark. Ein St ll'- stww der Preissteigerung trat erst mit der Einführung wertbe ständiger Zahlungsmittel eia. Von da ab ist auch ersreulicher- weffs em steter Rückgang der Brotpreise zu verzeichnen. Während daS -L-Pfd.-Brot am 28. November 1923 noch 84 Pf. kostete, fiel der Preis allmählich auf 66, 58, 55 und 52 Pfg. Seit Februar hält sich der Preis auf 50 Pfg. Verschiedene Bäckereien, namentlich Mübleabäckereis«, liefern ein etwas dunkleres Brot z. Zt. mit 46 Pfg. Die Kohlenwirtschast fand mit dem 1. Oktober 1923 ihr Ende, nachdem ihre Durchführung schon vorher durch ", verschiedene Verordnungen des Reichskohlenkommissars er- - Heblich durchlöchert worden war. Der Uebergang vollzog sich reibungslos, der Abbau erfolgte allmählich. Ein Kohlen mangel trat nicht ein, da die hohen Preise in Verbindung mit dem schlechten Geschäftsgang in der Industrie erhebliche Ab satzstockungen in den Kohlenwetten und damit Kohlen- übersluß verursacht hatten. Einen Ausschnitt aus dem Bilde der großen Not im Berichts jahre, geben uns die Zahlen der Erwerbslosen. War am Ende des letzte« Berichtsjahres die bereits damals im Meißner Bezirk unbekannte Höhe von 786 Bollerwerbslosen, 361 Kurz arbeitern und 1005 Zuschlagsempfängern mit einem Monatsbedarf von 88 Millionen Mark erreichst, so stiegen diese Zahlen in der folgende« Zeit noch beträchtlich, um erst vom 15. Juni an etwas Ul falle«. Ab 15. September wird dieses Fallen durch erhöhte Erwerbslosigkeit abgelöft. Am 1. Oktober sind im Bezirk« bereits 1282 männliche Erwerbslose, 275 weibliche, 2086 Kurzarbeiter und 1077 Zuschlagsempfänger mit einem MonatSbsdarf an Unter stützungen von rund 500 Milliarden vorhanden. Am 1. November gibt es 2666 männliche, 418 weibliche, 3770 Kurzarbeiter und 3546 Zuschlags«mpfänger. An der Jahreswende tst endlich der Höchst stand mtt 4SW männlichen, 858 weiblichen und 7200 ZuschlagZ- empfängerrr erreicht, während die Zahl der Kurzarbeiter, die am 15. November di« Höchst za bl von 4607 aufwirS, auf 2181 zurück- gogangs« war. Der damals aufzuwendende Monatsbetrag betrug rund W Billionen Mark. Seitdem sind die Zahlen glucklicher- weise »war langsam, aber ständig gefallen. Am 31. März wurden gezählt 1858 manul-iche. 211 weibliche Vollerwerbslose. 205 Kurz- arbeüer und 8760 Zuschlagsempfänger, der aufzubringend« Mo- natsbctrag beläuft sich auf rund 90 000 Goldmark. Die im Herbst vorige" Jahres einsetzende Geldentwertung bewirkte von Woche zu Woche die notwendigen Erhöhungen der Unterstützungssätze. Aber fast immer waren die Beträge bei der Auszahlung cm die Empfänger wieder entwertet, so daß mit Recht gesagt werden mutz, daß die an sich kärglichen Unter stützungssätze nicht mehr entfernt zum täglichen Lebensunterhalt ' ausreichten, geschweige denn zur Beschaffung von Bekleidungs stücke» und Heizmaterial. Dies wirkt« sich wiederum dahin aus, daß zahlreiche Erwerbslosendeputationen an den Amtsstellen der Gemeinden und der Amtshauptmannschaft vorstellig wurden und erreichte«, daß mehr oder weniger weitere Unterstützungen zumeist t» Naturalien gewährt wurden. Auch die Gesetzgebung änderte sich insofern, daß ab 1. 11. 1923 aus Grund der Notverordnung vom 15. 10. 1923 einmal die Erwerbslosenfürsorge den Arbeitsnachweisen angegliedert und die Erwerbslosenunterstützungsbeträge nunmehr von Ar beitgeber« und Arbeitnehmern bis zu einem bestimmte Höchstbeirage aufgebracht werden sollen. Diese Verordnung setzt Wetter fest eine Zuschußpslicht der Gemeinden und eine BeiHUsepslichi von Reich und Land, letztere aber erst dann, wenn die von den anderen Beteiligten auszubringenden Mittel nicht ausreichen. Mit der Erhebung der von Arbeit gebern uud von Arbeitnehmern aufzubringenden Mittel find die Krankenkaffen beauftragt, mit der Festsetzung der Höh« der Beiträge der Verwaltungsausschuß des öffent lichen Arbeitsnachweises. Neri war schließlich noch die Be stimmung, daß der Verwaltungsausschuß, soweit die Ge legenheit dazu besteht, di« Unterstützung von einer Arbeits leistung iPslichtarbeit) abhängig zu machen hat, deren Durch führung v^lsach aus den Wtdcripruch der Erwerbslosen streß. Ganz wesentliche Veränderungen hinsichtlich der Einrichtung der Fürsorge und des Verfahrens brachte die letzte Ver ordnung Vom 16. Februar 1924. Sie bestimmte auch, daß die Gemeinden die Kosten des Arbeitsnachweises, soweit ste nicht durch die Beiträge der Arbeitgeber und Arbeitnehmer gedeckt sind, und ein Neuntel des Aufwandes der Erwerbslosen fürsorge im Bezirke des Arbeitsnachweises tragen, das heißt, der Bezirk hat alles zu tragen, da der Bezirksausschuß durch Beschluß vom 3. Dezember 1923 das bisher von den Ge meinden zu tragende Fünftel auf die Bezirkskasse über nommen hat. An Kosten für den Arbeitsnachweis und für die Erwerbslosensürsorge sind im Berichtsjahre rund 24 006 Mark gezahlt worden. Hinsichtlich der Arbeitsnachweise ist noch zu be richten, daß im Bezirke drei Arbeitsnachweise bestehen, an denen aber der Bezirk nur als Errichtungsge-meinde beteiligt ist, die Verwaltung führen die Städte Meißen und Freital und der Bezirk Großenhain. Zum Arbeitsnachweis Meißen Stadt und Land gehören die Städte Meißen, Nossen, Lommatzsch und sämtliche Gemeinden, außer den zu Freital und Großenhain geschlagenen. Zum Arbeitsnachweis Frei tal und Umgegend gehören vom Bezirke die Stadt Wilsdruff und die Gemeinden Kesselsdorf, Grumbach, Kaufbach, Her zogswalde, Steinbach und Roitzsch. Zum Arbeitsnachweis Bezirk Großenhain die sechs Gemeinde!!: Boritz, Bahra, Alt- und Reuhirschstein, Zschochau und Schänitz. Die Beruss- beratung wurde dem Arbeitsnachweis Meißen angeschloffen. Bei dem Versicherungsamte herrschte auch im Berichtsjahre ein reger Verkehr. Durch den schnell ein getretenen wirtschaftlichen Niedergang und die rasend zu nehmende Geldentwertung machten sich oft behördliche An ordnungen und Verfügungen, insbesondere auch öftere Neu festsetzungen der Ortspreise, nach denen der Wett der Sach bezüge sür die Arbeiter- und Angestelltenversicherung zu be rechnen ist, sowie der Ortslöhne notwendig. Die Kranken kassen hatten unter der Inflation mit den größten Schwierig keiten zu kämpfen und vermochten sich nur unter großen An strengungen über Wasser zu halten und ihre Leistungsfähig keit zu sichern. Dazu kam noch, daß Ende November von dem Verein der Kassenärzte im Medizinalbezirk Meißen sämt lichen Krankenkassen des Bezirks wegen der Bestimmungen der ZZ 1 und 2 der Reichsverordnung über Aerzte und Krankenkassen vom 30. Oktober 1923 die Arztverträge für den 1. Dezember 1923 gekündigt worden waren. Die erkrankten Kassenmitglieder wurden von den Aerzten als Privatkranke behandelt und die Krankenkassen waren deshalb in den meisten Fällen genötigt, diesen Mitgliedern die verlegten höheren Arztkosten voll zu erstatten. Erhebliche Schwierig keiten äd»d jedoch wegen des vertragslosen Zustandes, der inzwiDen wieder aufgehoben ist, nicht eingetteten und eine Gefährdung der ärztlichen Versorgung der Krankenkassen- mitglieder war damit nicht verbunden. Die Einhebung und Ablieferung der Beiträge, die aus Grund der Verordnung über sie Aufbringung der Mittel sür die Erwerbslosen fürsorge vom 15. Oktober 1923 seilens der Krankenkassen von den beitragspflichtigen Arbeitgebern und Arbeitnehmern durchzuführen ist, hat auf leine besonderen Schwierigkeiten gestoßen, obwohl den Krankenkassen dadurch eine nicht un erhebliche Mehrarbeit auferlegt worden ist und sie auch durch die zu gewährenden Leistungen an die erkrankten Erwerbs losen bei mäßigen Beiträgen nicht unerheblich in Anspruch genommen worden sind. Recht ungünstig fühlbar hatte sich die Inflation auch für die Invaliden- und Hinterbliebenen-, sowie Unfallrenten- empfänger gemacht, da die Teuerungszuschläge zu den Renten infolge der fast täglich steigenden Teuerung und Geldentwer tung nickt lcknell genug und ausreichend folgen ronnteu. — (Fortsetzung folgt.)