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Altgermsmisekes: Oonar Ich melde mit finsterem Grollen mich an, Mit Blitzen durchfahr ich die Wolkenbahn — Ich schwinge den Hammer mit Riesengewalt, Daß weithin hörbar der Himmel erschallt. Die Lüfte erglühen im sengenden Rot, Wenn Hof dir und Habe in Gluten loht. Wild flattern die Flammenzungen im Sturm, Laut wimmert Hilfe die Glocke vom Turm. Es raset verzehrend mein heiß Element, Das frei entfesselt nicht Schranken mehr kennt. Mein sichtbares Zeichen ist flammender Brand, Mit Donnern und Tosen zieh ich übers Land. G. Zieschang. In den Mannten. Bon Friedrich v. O p p e l n - B r o n i k o w s k i. Dem Asphaltdunst der glühenden Großstadt entronnen, genieße ich wie ein Epikuräer die reine, würzige Bergluft. Ich habe keinen Ehrgeiz auf Hochtouren wie in früheren Jahren. Ein bezwungener Gipfel ist gewiß eine schöne Sache, aber das Leben ohne Ehrgeiz, ohne Schweiß und Wagnis ist auch etwas wert. Ich halte es Heuer mit den Reisenden, die sich die Wirtshäuser von innen und die Berge von unten ansehen. Ich liebe diese Berge und besuche sie nicht zum ersten Male. Die Dolomiten sagen mir mehr zu als das klassische Pathos der Schweiz. Heer sperren keine erdrückenden Berg riesen mit ewigen Schneefirnen den Horizont; keine düsteren Talgründe stürzen ins Abgrundlose- hinab. Die Berge sind um'tausend Meter nledrlger, die Täler breiter und freund licher, Licht, Luft und Leute südlicher, schon halb italienisch. Und an die Stelle niederschmetternder Majestät tritt die Phantastik der Bergformen rn unendlicher Mannigfaltigkeit. Bald glaubt man sich vor zerstörten Riesenburgen, bald vor einem zertrümmerten Dom vsn ausschweifender Gotik, bald vor den Gebilden einer Tropfsteinhöhle zu befinden. Neben dem Spitzen, Gezackten, Himmelstürmenden das Flachrunde, Bastionsartige, überall senkrechte Zerklüftungen, von wage rechten Gesteinsschichten durchkreuzt, Bündel riesenhafter Orgelpfeifen oder Tropfsteinsäulen, ganze Register von Tür men und Türmchen, vom Uebergroßen bis zum Winzigen, Nadelspitzen und Messerklingen, drohende Finger und Miß gestalten, eine Felswüste barocker Gebilde, die der Phantasie eines Höllenbreughel entsprungen sein könnte. Und darunter der dunkelgrüne Gürtel kniehoher Latschenkiefern und die hell grünen, lichten Lärchenwälder in blumigen Matten. Ewig Wechselnd sind auch die Farben dieser Kalkberge. Sie bieten allen Beleuchtungseffekten den Spiegel dar, schim mern zartrosa in der Frühe, goldig am Vormittag, im warmen Silbergran am Mittag, bernsteingelb oder korallenrot am Abend. Bald sind sie in Duft aufgelöst, bald heben sie sich haarscharf von dem satten, milden Himmelsblau ab, werden düster und blauschwarz, wenn Wolkenschatten darüber hin- zichen, und verschleiert sich einmal das strahlende südliche Licht, so zeigen sie ihre Eigenfarbe: blaugrau, wo sie ver wittert sind, sonst goldbraun mit mächtigen blutroten Ein sprengungen. Nur hier und da setzen einige leuchtende Schnee firnen ihren herrischen Akzent auf diese steinerne Dithyrambe. Das alles spiegelt sich in den herrlichen Bergseen, die in feierlicher, weltentrückter Stille daliegen, Us Juwelen und höchste Steigerung dieser Landschaft. Ich besuchte den fast 8100 Meter hohen Misurinasee und den 1500 Meter hohen Pragser Wildsee, beide von einziger Schönheit. Der zweite, dem Königssee ähnlich, von hohen, steilen, graublauen Fels wänden eingerahmt, smaragdgrün und von schauriger Tiefe, der andere in breitem, waldumdunkeltem Becken, überragt von den hohen Drei Zinnen, die von hier aus einer ein gekerbten Pyramide gleichen, eine Fata Morgana, die hinter dem Waldgürtel untermittelt empor starrt, von dem tief blauen, ganz niedrigen Himmel überpsannt, als stieße sie in ihn hinein, beängstigend schön, wie eine Erscheinung aus einer anderen Welt. Und habe ich mich an diesen erhabenen oder phantasti schen Bildern satt gesehen, um sie nie zu vergessen, so finde ich neues Glück in der Beschränkung. Unter dem leichten Schatten der zierlichen, hellgrünen Lärchenbäume lagere ich mich in das üppige Gras, aus dem lila Bergastern hervorlugen und über das schon ein Flor von Herbstzeit losen hingestreut ist. Ich lausche dem Glockenkonzert des Almviehs oder folge träumend dem raschen Zickzack fluge eines blasgelben Postillions oder eines seltenen Alpen schmetterlings mit ausgezackten, schwalbenschwanzartigen Flügeln, der über seine duftende Weide hinsegelt: Enziane aller Gattungen, lila oder tiefblau, in Nestern wuchernd, an hohen Stauden blühend oder dicht am Boden ihre Einzel blüten duckend, gelbe Ranunkeln, wilde Orchideen, Berg primeln, Aurikeln, Rapunzeln und Soldauellen, die ganze Regenbogenskala dieses in Blumen verwandelten Lichtes. Höher hinauf sprießen die großen gelben Trollblumen wie riesige Butterblumen; in feuchten Winkeln schießt gelber oder lila Sturmhut in mannshohen Büscheln auf; goldgelber < Alpenmohn leuchtet zwischen den grauen Schutthalden wie verlorene Dukaten; silbkrgraues Edelweiß gattet sich mit der flechtenartig kriechenden Gletscherweide, dem kleinsten Baume der Welt, und das letzte Leben endet in Moosen und polster bildenden Schneepflanzen mit ihren Miniaturblüten. So hoch bin ich bisher gekommen, d. h. bis zu dritthalb tausend Metern. Das genügt mir, um Lungen und Beine zu stärken, die Schönheit im großen und kleinen zu genießen und Heerschau zu halten über dies Volk von Berghäuptern. Ich bin vom Misurinasee nach der Dreizinnenhütte gepilgert, habe die senkrecht aufsteigenden Leiber der drei Kolosse um schritten und von der Paßhöhe auf die phantastische Fels wüste geschaut. Rechts ragt der Paterkofel auf; geradeaus türmen sich die Berge des Sextentales, die aus grauen Schutt halden emporbrechen wie aus einer bestaubten Schneedecke, und links, durch den Einschnitt des Ampezzotales getrennt, winkt die Pyramide der Hohen Gais herüber. Den Horizont aber sperren die Riesenwände der Hohen Tauern, im Neu schnee leuchtend, und im Rücken, hinter der jähen Doppel zacke des Monte Criställo, ragen die Schneehäupter des Antelao und Sorapis. Tiefe Stille verschlingt alle Geräusche; nur wenn ein Stein sich unter dem Schr^ meiner Bergstiefel vom Fels pfade loslöst, poltert er dmnpf in die Tiefe, bis er irgendwo an einem Felsblock zerschellt oder im Abgrund verschwindet. Es liegt etwas Ueberwältigendes in dieser Stille des Hoch gebirges, etwas von der Ewigkeitsweihe des Todes. ! Ende der Olympischen Spiele. Die Deutschen an zweiter Stelle. » Als letzter aller olympischen Wettbewerbe wurde die den Preis der Nationen abschließende reitsportlichc Konkurrenz zu Ende geführt. Noch einmal war das Olympiastadion das Ziel von über 40 000 sportbegeisterten Zuschauern, zum letztenmal versammelten sich die offi ziellen Vertreter aller beteiligten Nationen, um dem feier lichen Schlußakt beizuwohnen, an dem auch dieKönigiu Wilhelmina von Holland, Prinzgemahl Heinrich und die Thronfolgerin Juliane mit ihrem Gefolge teilnahmen. An den letzten Reitwettbewerb schloß sich diePreis - Verteilung an die Olympiasieger an, die nach Län- i oern geordnet vor der Ehrentribüne ausmarschierten. Die ersten Preise wurden von der Königin der Nieder lande an die Sieger verteilt. Die zweiten Preise verteilte Vrinmemabl .Hemrick und die dritten der Präsident des Deutscher Sieg im Olympiade-Architektur- Kunstweitbewerb. Der Nürnberger Stadigartendirekior Alfred Hensel er hielt im Olympiade-Kunstwettbewerb für den Entwurf des neuen Nürnberger Stadions die Goldene Olympiade-Medaille für Architektur auf dem Gebiete des Sports. Internationalen Olympischen Komitees, Graf de Daillei- Latour. Mit Worten des Dankes an die Königin der Nieder lande, an die Stadt Amsterdam und das holländische Volk sowie an die Organisatoren dieses größten aller Wett bewerbe schloß der Präsident des Internationalen Olym pischen Komitees, Graf de Baillet-Latour, die 9. Olympischen Spiele und lud die Jugend aller Länder ein, in vier Jahren bei den 10. Olympischen Spielen in Los Angeles (Amerika) sich zu versammeln. Während unter Trompetenklang und Artilleriesalut die Olympische Flagge im Stadion niederging, überreichte der Bürgermeister von Paris dem Bürgermeister von Amsterdam die Olympische Fahne, die bis zu den nächsten Spielen im Rathaus von Amsterdam aufbewahrt werden wird. Mit der holländischen Nationalhymne schloffen die 9. Olympischen Spiele 1928. * Cndklaffemeni -er Faiionen. Nation: I. Preise 2. Preise 3. Preise Totalpunkte A mcrika 22 18 16 118 Deutschland 11 9 18 69 Frankreich 7 12 6 51 Finnland 8 8 9 49 Holland 8 9 5 47 Schweden 7 6 12 45 England 4 11 7 41 Italien 7 6 6 39 Schweiz 6 5 4 32 Kanada 4 4 7 27 Ungarn 5 5 0 25 Tschechoslowakei 2 5 2 18 Dänemark 3 2 4 17 Argentinien 3 2 1 14 Polen 2 1 4 12 Japan 2 2 1 11 Österreich 3 0 1 10 Estland 2 1 2 10 Weitere 14 beteiligte Nationen vermochten nur weniger als 10 Punkte zu erringen. Oer Hausbesihertag in Görlitz. Forderungen an den Reichstag. Auf dem 49. Verbandstag des Zentralverbandes Deutscher Haus- und Grundbesitzervereine sprach der Vor sitzende, Stadtrat Joseph H u m a r - München, über „Die Forderungen des deutschen Hausbesitzes an den neuen Reichstag". Wir ersuchen den Reichstag darum, so be tonte der Redner, den geplanten Entwurf eines Wohn- h e i m st ä t t e n g e s e tz e s im Sinne des Entwurfes des ständigen Beirates für Heimstättcnwesen beim Reichs arbeitsminister abzulehnen, falls ein solcher von der Regierung vorgelegt werden sollte. Änderungen des Bürgerlichen Gesetzbuches zur Schaffung eines sozialen Mietrechtes seien abzulehnen. Von besonderer Be deutung, so führte der Referent weiter aus, sei der Ruf nach Senkung der Realsteuern. Nachdem die Aufwer tung auf Grund des geltenden Gesetzes nahezu restlos vollzogen fei, dürfe die Aussprache über die Aufwertungs frage nicht mehr eröffnet werden. Alle Forderungen des deutschen Hausbesitzes an den neuen Reichstag müßten in den Ruf nach Schutz des Privateigentums und nach Achtung der verfassungsrechtlich gewährleisteten Vertragsfreiheit ausklingen. „Freie Wirtschaft und freies Recht auch für den deutschen Hausbesitz!", so schloß der Redner seine Ausführungen. , * Reichsmietertagung in Wilhelmshaven. Der Reichsbund deutscher Mieter faßte auf seiner diesjährigen Tagung in Wilhelmshaven am Sonn tag eine Entschließung, in der folgende Forderungen ge- stellt wurden: «il8ärukk, vkssänsr 81rsSs, llsrl Lorn vor L»1orH»1o Koman von k. IVlillsr unci korM von XVertüern LopxriLlrt bx LlsNin keucdtvsnZsr, »Lils (8ssls) s10 Als aber der Morgen des Mittwoch anbrach, wußte er es doch nicht. Er hatte eine entsetzliche Nacht durchlitten und sah wie ein Schwerkranker aus, mit seinen verwachten Augen, den bleichen hohlen Wangen und dem schmerz lichen Zug um den Mund. Seine Umgebung glaubte, Gram um den Verstorbenen habe ihn so verändert und ehrte seinen Schmerz, obgleich man ihn nach dem Ver hältnis, in dem Vater und Sohn zueinander gestanden, nicht recht begreifen konnte. Zur festgesetzten Stunde suhr Franz im Landauer zur Bahn, um Dolly und ihre Mutter abzuholen. Die übrigen Trauergäste wurden später erwartet, und so blieben Franz einige Stunden, in denen er ihr das Schreckliche offen baren mußte. Mit gefurchter Stirn ging er den Bahn damm auf und nieder. Als der Zug einfuhr, fah er Dolly auf den ersten Blick. Sie sprang hastig zur Erde und sank ihm in die Arme. Er küßte sie mit glühender Leidenschaft, war aber so toten bleich, daß Frau von Albinger, die knapp hinter ihrer Tochter stand, lebhaft ausrief: „Mein lieber Junge, wie übel du aussiehst." Franz zwang sich zu einem Lächeln. „Die letzten Tage waren erschütternd", sprach er ernsthaft. „Ich hatte keine Ahnung, daß es ihn so ergreifen werde", flüsterte Frau von Albinger der Tochter zu, wäh rend Franz sich an den Diener wandte, um ihm Weisungen wegen des Gepäcks zu geben. „Ich wundere mich darüber, denn er schien doch wirklich kein so zärtlicher Sohn zu sein." Franz saß im Wagen den Damen gegenüber; er hielt die schlanken Finger seiner Braut in seiner Rechten. Wenn er auch nicht gut aussah, Dollys Erscheinung war dafür das blühende Leben! Die schwarze Trauerkleidung bildete einen vorteilhaften Kontrast zu ihrem zarten Teint, ihren blauen Augen und dem blonden Haar. „Mein armer Franz", flüsterte sie mitleidsvoll. „Wie schmerzlich für dich! Wir wären gern gleich zu dir ge kommen, nachdem unsere Trauerkleidung fertig war. Nicht wahr, Mama? Weil du aber nichts erwähntest, dachten wir, daß du es vielleicht vorziehen würdest, allein zu sein." „Du bist so gütig und selbstlos, Dolly !" „Nein, im Gegenteil, ich bin so selbstsüchtig, daß ich am liebsten immer in deiner Nähe weilen möchte, ob du da nach begehrst oder nicht." Er küßte ihre kleine, behandschuhte Rechte und war entzückt von den zärtlichen Worten, die ihr so natürlich auf die Lippen traten. Als man auf dem Schloß eintraf und die Wirtschafterin den Damen ihre Zimmer anwies, stand er in Gedanken versunken in der Vorhalle. Sie war so gut, so unschuldig. Wie sollte er es je über das Herz bringen, ihr in die Augen zu blicken, wenn er sie so schmählich hinterging? Er würde sich selbst verachten müssen, so lange er lebte, hätte er auch vor der Welt die Komödie weitergespielt, die der alte Graf in Szene gesetzt; vor dem unschuldigen Mädchen, in dessen innerster Seele er zu lesen glaubte, konnte er es nicht. Während sie ihm volle Aufrichtigkeit entgegenbrachte und vor ihm ihr ganzes reines Dasein offenbarte, füllte er ihr etwas ver bergen, was seine Selbstachtung kostete? Würde sie ihm das je verzeihen können, wenn sie doch einmal davon erfuhr? Nein, dann wäre ihr und sein Leben vernichtet! Er hörte ihren leichten Schritt auf, der Treppe; mit ernster Miene trat sie auf ihn zu, und er las doch in ihren Blicken, daß sie ihm gern zugelächelt haben würde Mit hungrigen Blicken schien er ihre Schönheit verschlingen zu wollen. Er legte ihre Hand in seinen Arm. „Liebst du mich, Dolly?" „Wie du fragst? Natürlich liebe ich dich." „Ich weiß eine Stelle im Garten, an der uns eine halbe Stunde lang niemand finden wird. Komm." Sie folgte ihm und empfand es als Erleichterung, das düstere Haus verlassen zu können, wenn sie es auch nie mals eingestanden haben würde. Der Sonnenschein und der Blumenduft waren so herrlich, als ob es gar keinen Tod geben könnte. Hier im Garten vergaß man ihn. Er leichtert atmete sie auf. Jung und lebensfrisch wie sie war, Hatzte sie alles Düstere und entfloh ihm, wo sie konnte. „Freust du dich sehr darauf, Gräfin Trevarrack zu wer den, Dolly?" „Gewiß freue ich mich, deine Frau zu werden." „Würdest du dich aber ebensosehr freuen, wenn ich nur ein armer Teufel wäre?" Das Mädchen blickte ihn verwundert an: dann lächelte es. Die Phrase klang sonderbar im Munde eines Mannes, der Schätze genug besaß, um sie dem geliebten Weibe zu Füßen zu legen. Wünschte er Schmeichelworte und Huldi gungen zu vernehmen? „Ich bin überzeugt, du würdest in allen Lebenslagen gleich 'nett sein, Franzi." „Ich würde Wohl immer der gleiche bleiben, aber ich habe mir in jüngster Zeit die Frage gestellt, ob du meine Werbung angenommen hättest, wenn ich nicht der Sohn des Grafen Trevarrack gewesen wäre." (Fortsetzung folgt.)