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MsdmfferTageblalt Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: Lie 8 gespaltene Raumzeile M Rxfg., die < gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen MReichs- psennig, die 3gespaltene Reklamrzeile im textlichen Teile I Reichsmark. NachweisungsgebLdr rv Reichspsennige. Dor« geschriebeneEischeinungs« tag-und Platzvarschristen werden nach Möglichkeit »veknivkemök: Am» LBilSorUff Nr. v dcrScksichtigt. Anzeigen annahme dis norm.IVUtzr. > - - Für die Richtigkeit der durch FcrnrusübermitteltenAnzeigen übernehmen wir kein« Garantie. zederRabatlansprn 6 erlischt, wenn derBelrag durch Klage cingezogen weiden mutz oder derAuslraggeber in Konkurs gerüt. Anzeigen nehmen alle Dermilllun gsstellen entgegen. Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Das .Wilsdruffer Tageblatt» erscheint an allen Werktage» nachmittags S Uhr. Bezugspreis: Bei Abholung in Ler Geschäftsstelle und den Ausgabestellen 2 RM. im Monat, bei Zustellung durch die Boten 2,3V RM., bei Postbestellung 2 AM. zuzüglich Abtrag- -„,. . . gebühr. Einzelnummern rSRpsg.AllePostanstalten Wochenblatt für Wilsdruff u. Umaea«nd Postbote»undunsercAus- trägernnd Geschäftsstellen 2—I! nehmen zu jeder Zeit Be- stellungen entgegen. Im Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht kein Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. Donnerstag, den 7 Juni 1928 Nr. 131. — 87. Jahrgang Telegr.-Adr.: .Amtsblatt« Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2K40 Erregung in Genf Der sanste Muffolini. Zieht man von den Reden Mussolinis über aus wärtige Politik alles ab, was faschistische Stimmungs macherei oder südliches Temperament ihn sprechen heißen, so bleibt ein Rest, der den Vorzug hat, überaus klar und unzweideutig, gar nicht dunkel, gar nicht „diplomatisch" zu sein. Unbekümmert um das, was Freund oder Gegner denkt, sagt er seine Meinung. Das hat er auch jetzt wieder getan, als er im Senat seine große Rede über die auswärtige Politik und die Stellung Italiens in der Welt gehalten hat. Man kann es verstehen, daß er mit unzweideutigem Stolz darauf hinweist, wie gut diese Stellung Italiens sich in den letzten Jahren entwickelt hat. Nach überallhin sind die Fäden gesponnen, teils fester, teils loser, aber Italien ist wirklich eine Weltmacht, die außerdem noch auf eine ziemlich unbedingte Rücken deckung durch England verfügen kann. Was uns Deutsche an der Rede Mussolinis besonders interessiert, sind natürlich seine Ausführungen über das Verhältnis Italiens zu Deutschland. Er vermeidet es dabei, die harten und lauten Töne zu wählen, die er namentlich bei dem letzten Konflikt mit Deutsch-Ssterreich angeschlagen hat und die auch ans Deutschland gemünzt waren. Jetzt klingt es leiser: „Die Beziehungen zwischen den beiden Völkern könnten un endlich viel besser sein, wenn die Sympathie, die in frühe ren Zeiten zwischen ihnen herrschte und die sozusagen naturgegeben war, heute nicht eine Einbuße erlitten hätte durch die Handlungsweise gewisser unverantwortlicher Kreise, die den grotesken Anspruch erheben, sich in innen politische Fragen einmischen zu wollen." Keine Drohung also, wie noch vor kurzem, sondern nur eine Mahnung: freilich ganz unberechtigt ist. Hierin stößt eben der italienische Chauvinismus zusammen mit der Idee des Mmderheitenrechts namentlich auf kulturpolitischem Ge biete, ein Recht, vas man ja auch als eine Frucht — und zwar als eine gute — des Weltkrieges betrachten sollte. Die innenpolitischen Fragen Italiens gehen uns gewiß nichts an und ob nicht die Sympathie, die zwischen den beiden Völkern in früherer Zeit wirklich bestanden hat, eine tiefe, immer noch nicht verharschende Wunde geschlagen erhielt durch den Treubruch Italiens während des Weltkrieges und den Griff nach den deut- Wen Gebieten Südtirols, darauf hinzuweisen ist für Deutschland ja selbstverständlich, wird aber bei dem faschistischen Italien niemals auf Verständnis stoßen. Zurückhaltend äußert sich Mussolini dann auch noch über die zukünftige Gestaltung des deutsch-italie nischen Verhältnisses. Er wünsche, daß jene „Wolken" sich zerstreuen mögen, denn dann könnte die Zusammenarbeil zwischen den beiden Völkern schon allein auf wirtschaft lichem Gebiete ausgezeichnete Ergebnisse herbeiführen. Trotz der Verbeugung, die er dabei Deutschland auch wegen des herzlichen Empfanges des Gene rals Nobile in Stolp macht, ändert dies nichts au der Tatsache, daß gerade in den deutsch-italienischen Wirt schaftsbeziehungen Deutschland weit mehr der gebende alt der nehmende Teil ist und daß unserer Ausfuhr nach Italien immer stärkere Hemmnisse in den Weg gelegt wer den. Zielt doch die gesamte italienische Wirtschaftspolitil ab auf eine weitestmögliche Ausschaltung jeder Abhängig keit vom Ausland und das führte zu immer neuen Aus einandersetzungen selbst mit solchen Staaten, mit denen Italien Handelsverträge abgeschlossen hat. Zweierlei noch ist bemerkenswert bei der Rede Musso linis. Über die Beziehungen zu Deutsch-Österreich gleite! er mit einer kurzen Handbewegung hinweg, obwohl man eher erwartet hatte, er würde auf die jüngsten Vorkomm nisse in Jnsbruck noch näher eingchen. Viel auffallender aber ist seine unzweideutige Kriegserklärung gegen die Friedensver träge von Trianon, die einst die Entente dem Ungarischen Staat auferlegte. Gleich damit im Zusammenhänge sprach Mussolini auch mit stark betonter Freundlichkeit über die „greifbaren Beweise der italie nischen Freundschaft", die den Bulgaren erwiesen Worden seien; Bulgarien könne auf diese Freundschaft auch in Zukunft rechnen. Dort der Vertrag von Trianon und hier der von Reuilly — da liegt die entsprechende Schluß stKgerung auf Versailles denn doch allzu nahe, und was Mussolini von dem ungarischen Volk sprach, dem der Friedensschluß „allzusehr ins lebendige Fleisch ge schnitten" habe und das ein besseres Schicksal verdiene, gilt ja auch für Deutschland. Zweifellos wird gerade dieser Schluß der Rede Musso linis in den anderen Ententestaaten viel Aufsehen machen und ein entsprechendes Echo finden. Die besonders scharf be tonte ungarisch-italienische Freundschaft in einem Augen blick, da in Genf die Optantenfrage und die „tragikomische Episode der Zerstörung der Maschinengewehre" behandelt werden soll, wirkt womöglich noch auffallender, kenn zeichnet aber die Stellung, die Muffolini dem Völkerbund gegenüber einnimmt; sie kommt auf eine kaum verhüllte Mißachtung heraus. * Das Berliner Echo der Mussolini-Rede. Die letzte Rede Mussolinis vor dem Senat hat in NrrNner volitischen Kreisen beträchtliches Aufsehen er- Oer ewige Streit um Wilna. Ausschußbericht über Szt. Gotthardt. In der dritten öffentlichen Sitzung des Völkerbund rates verlas nach einem kurzen Geplänkel, das Zaleskis Ernennung zum Berichterstatter in der albanischen Minderheitsbeschwerde betraf, der holländische Außenminister Beelaerts seinen Bericht über den Stand der polnisch-litauischen Ver handlungen. Der Bericht besagt im wesentlichen, daß trotz der erfreulichen Aufnahme direkter Verhandlungen leider festgestellt werden müsse, daß diese Verhandlungen, die der Rat für das gute Einvernehmen und den davon abhängigen Frieden zwischen den beiden Ländern als un erläßlich bezeichnet habe, noch zu keinem Ergebnis geführt hätten und sich ohne nennenswerte Fortschritte hinzögen. Im Anschluß daran nahm Litauens Ministerpräsident Woldemaras das Wort, um sich wieder über polnische Schikanen zu beschweren, worauf, was vorauszusehen war, der polnische Außenminister Zaleski alle diese Beschwerden als unbegründet zurückwies. Und nun kam der große Moment: Chamberlain erhob sich. Zuerst floß seine Rede sanft und milde dahin. Väterlich mahnend und nur ein bißchen strafend wandte er sich an die streitenden Parteien, denen er freundlich zur Einigung und Einigkeit zuredete. Der Bericht des holländischen Berichterstatters über die Verhandlungen hätte ihm eine schwere Enttäuschung bereitet. Man sei ja eigentlich nach so langen Verhandlungen noch nicht einen einzigen Schritt weitergekommeu. Rach dieser resignierten Ein leitung donnerte Austen Chamberlain, an Woldemaras persönlich sich wendend, los: „Ich möchte Herrn Woldemaras dringend bitten, etwas mehr Mäßigung und Versöhnlichkeit zu beweisen, und zwar jene Versöhnlichkeit, ohne die der Völkerbund nicht bestehen kann. Gewiß ist Litauen eine kleine Nation und hat deshalb doppelten Anspruch auf die Sympathien aller Ratsmitglieder. Aber ein kleines Land darf auch diese Sympathien nicht mißbrauchen, um sich Provoka tionen gegenüber größeren Ländern ungestraft zu leisten. Die Enttäuschung des Nates müßte sehr groß sein, wenn er nach abermals drei Monaten erfahren sollte, daß wiederum in den Verhandlungen kein Fortschritt erzielt worden sei. Denn der Rat hat doch schließlich die Auf gabe, auch in jener Gegend der Welt den Frieden herbei- zuführcn rmd zu. stabilisieren." regt. Der allgemeine Eindruck der Rede wird als be friedigend bezeichnet und es wird darauf hingewiesen, daß ihr Ton sich durch Voranstellung staatspolitischer Er wägungen auszeichne. Allerdings glaubt man den Teil der Rede, der sich offensichtlich auf Südtirol bezieht und in dem Mussolini davon spricht, daß unverantwortliche Kreise in Deutschland sich in innenpolitische Angelegen heiten Italiens einmischten, nicht unerwidert lassen zu dürfen, ^cs wird darauf hingewiesen, daß mit dieser Südtiroler Frage, wie Mussolini bekannt sein dürfte, nicht nur unverantwortliche Kreise Deutschlands sich beschäf tigen. Die italienische Regierung pslege ja auch für ihre Minderheiten amtlich einzutreten. Man brauche dabei nur an das Eintreten der italienischen Regierung für ihre Minderheiten in Malta, Tunis, Algier, Cypern und sonstwo zu denken. Nobile noch nicht gesichtet. Ergebnislose Suche. Die Suche nach Nobile ist bis jetzt ergebnislos ver laufen. Weder Leutnant Lützow-Holm noch die Hunde schlittenexpedition hat irgendeine Spur von der „Jtalia"- Mannschast entdecken können. Das Wetter ist zurzeit klar und günstig. Die schwedische Hilssexpedition ist fertig zur Abfahrt nach Spittbergen. Die Meldung, daß die Obdorsker Radiostation einen Funkspruch Nobiles aufgefangen habe, wird nicht be stätigt. In Gelehrtenkreisen hält man es jedoch für wahrscheinlich, daß Nobile auf Franz-Josef-Land nieder gegangen ist. Am 11. Juni geht der Eisbrecher „Malygin" mit einem großen Wasserflugzeug von der Küste Nowaja Seml-jas ab. Die russischen Professoren Samoilowitsch und Derjugin teilen mit, daß die Forschungsinstitute der Sowjetunion Maßnahmen vorbereiten zur Errichtung einer Forschungsstation auf dem sogenannten Franz- Josef-Land, das zum Sowjetgebiet ge höre, was aus einem Beschluß der Zentrale des Exekutivkomitees vom 15. April 1926 über die territoriale Zugehörigkeit der Polargebiete hervorgehe, der seinerzeit vom Kommissariat des Äußern den Regierungen, mit denen die Sowjetunion diplomatische Beziehungen pflegt, mitgeteilt worden sei. Raey Eyamvenam sprach in noch schärferem Lone der französische Ratsdelegierte P a n l - B o u c o u r, der eine Art „befristeten Ultimatums" empfahl uud, wenn auch das nichts nützen sollte, eine „andere Lösung" als Menetekel an die Wand malte. Deutschlands Delegierter, Staatssekretär von Schubert, schloß sich zwar dem allgemeinen Bedauern über die geringen Fortschritte der polnisch-litauischen Ver handlungen an. wollte aber auch die Schwierigkeiten an erkannt wissen, die gerade bei ncugegründeten Staaten und angesichts der ganzen Vorgeschichte in diesem Falle zweifellos bestünden. Er gab dann der Hoffnung Aus druck, daß cs in nicht zu langer Zeit gelingen werde, die Schwierigkeiten wenigstens teilweise zu überwinden. Zum Schluß gab es dann noch lebhafte Wortgefechte, an denen Chamberlain. Belaerts, Woldemaras und Zaleski beteiligt waren und die damit endeten, daß der Rat beschloß, die Beschlußfassung über die ganze polnisch-litauische Angelegenheit auf seine nächste Sitzung zu vertagen. ÜeberraschendesZntermezzo nnSZt -Goüha: d-Iaii Der Bericht des Dreisrausschusses des Völlerbuns- rates über die E r g e b n i s s e der Untersuchung des S z e n t - G o 1 t h a r d - Z w i s ch e n f a l l e-s, der vom Generalsekretariat des Völkerbundes streng geheim gehalten wurde und erst bei Beginn der Erörterung des Berichtes im Rat veröffentlicht werden sollte, ist zur all gemeinen Überraschung von einem Genfer Blatt im Wortlaut veröffentlicht worden. Wie aus der Veröffentlichung ersichtlich ist, ergaben die Erhebungen der RUstungssachverständigen, daß die Maschinengewehrbestandteile der beschlagnahmten Sen dung von Maschinengewehren von der Firma Schwarzlose herrühren, daß jedoch wesentliche Be standteile wie Läufe, Kühler usw. fehlen. Es handelt sich um Material, das bereits vor oder während des Krieges' hergestellt wurde. Der Bericht stellt fest, daß die Zer störung in ausreichendem Maße erfolgt und jedes prak tische Risiko der Verwendung zu Kriegszwecken ausge schaltet sei. Die ungarische Regierung habe sich bei ihrem Vorgehen streng nach den Vorschriften des Bahnverkehrs und der Verzollung gerichtet, jedoch an scheinend die Feststellung des wirklichen Empfängers des Materials nicht für notwendig gehalten. Die Erhebungen hätten nicht den Beweis dafür ergeben, daß das Material nicht dazu bestimmt gewesen sei, das ungarische Gebiet wieder zu verlassen. Tagung -es sozialdemokratischen parieiausschuffes. Für die Koalitionspolitik. Der Parteiausschuß der Sozialdemokratischen Partei trat im Volkshause in Köln zu einer vertraulichen Sitzung zusammen. Die Verhandlungen, über deren Er gebnis eine parteiamtliche Verlautbarung ausgegeben werden soll, wurden durch ein Referat von Hermann Müller-Frauken eingeleitet. Der Parteiausschuß be faßte sich, wie es heißt, mit der Frage, ob die Voraus setzungen für eine K o a l i t i o u s p o l i t i k der S. P. D. gegeben seien. Auf Grund der Beschlüsse des Ausschusses wird die Reichstagsfraktion ver S. P. D. endgültig be schließen, in welcher Form und von welchen Persönlich keiten die Koalitionspolitik geführt werden soll für den Fall, daß der Reichspräsident die Sozialdemokratie mit der Regierungsbildung beauftragen sollte. Es wird behauptet, daß die S. P. D. die Zlbficht habe, Hermann Müller als Reichskanzler, Seve ring als Reichsinnenm nister und Hilferding als Reichsfinanzminister vorzuschlagen, und daß sie darüber hinaus noch zwei weitere Ministersitze beanspruche. * S. p. s. zur Regierungsbildung bereit. Köln. Der sozialdemokratische Parteiausschuß nahm nach mehrstündiger Beratung folgende Entschließung an: In dem Ergebnis der Neichstagswahlen hat das deutsche Volk den Willen bekundet, daß die Sozialdemokratie die Führung bei der Regierungsbildung übernimmt. Der Parteiausschnß er klärt sich damit einverstanden, daß die Fraktion die not wendigen Verhandlungen hierfür einleitet. Locarnisation Mitteleuropas. Minister Benesch über die letzten politischen Ereignisse. Im Auswärtigen Ausschuß des Tschechischen Ab geordnetenhauses erstattete Minister des Äußern Dr. Benesch einen Bericht über die letzten politischen Ereignisse. Zur Abrüstungsfrage sagte der Minister, die Haupt schwierigkeit lüge in den Meinungsverschiedenheiten zwischen den Großmächten, die besonders bezüglich der Marineabrüstunaskonferenz zutaae aetreten seien. Die