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Früher: Wochenblatt für Wilsdruff und Umgegend Erscheint bl« auf weitere» nur Montag», Mittwoch» u. Freitag» nachmittag»; Uhr für den folgenden Tag, Sezugsdrei» bei «elbfiabholung f, die Woche v, 18, 11.—24.11, Zoo Milliarden, durch unsere Austräger zugetragen in der Stadl R5 Milli arden auf dem Land- Z20 Milliarden, durch die Post monatlich entsprechend. Mle Postanstalten und Postboten sowie unsere Au»ttäger und Geschäftsstelle nehmen jederzeit Bestellungen entgegen. Fm Faste höherer Gewalt, .Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen hat der Bezieher leinen Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Kürzung de» Bezugspreise». Dieses Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, Fernruf Wilsdruff 6 / Postscheck Dresden 2640 Anzeigenpreis: di- ü gespaltene Raumzelle 20 Soldpfcnnig, die Z gefpaltene Zeile der amtlichen Betannlmachungen 40 Sold pfennig, die Zgespaltene Reklamezeile im textlichen Teile der Zeitung 50 Goldpfennig. Nachweisungsgebühr 20 Goldpfcnntg. Doegeschriebene Srscheinungstage u. Plahvorschrificn werden nach Möglichleii borücksichtigt. Anzeigenannahme bis vormittag« 10 Uhr. Für die Richtigkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übernehmen wir leine Garantie. Feder Rabatt anspruch erlischt, wenn der Bettag durch Klage eingezogen werden muß oder der Auftraggeber in Kontur» gerät. des Amtsgerichts u. Stadtrats zu Wilsdruff, Forstrentamts Tharandt, Finanzamts Nossen. Nr. 138 — 1923 — 82 Aahrgang. Sonnabend / Sonntag 24. / 25 November AoAeniMbMe. Dr. Zeigner verhaftet. — Seziermeffer und Eiterbeule. — 88 332 und 334. — Bubtagsgedanken. — Am Narrenseil der Führer. — Drachensaat. — Der Verführten Mafsentritt. Ein neues Morgenrot. „Dr. Zeigner verhaftet!" — So meldete es in den Morgenstunden des 21. November, just an dem Tage, der tief- innerster Einkehr und Büste gewidmet sein soll in deutschen Landen, die Zeitung. Drei Worte — kurz hinklatschend, aber geeignet, aus den tiefsten Gründen der Volksseele heraus ihr tausendfaches Echo wachzurütteln. Kurz im Ausdruck die Mel dung selbst, inhaltsschwer aber in ihrer Bedeutung, gewaltiger wohl in ihrer Auswirkung, weltenwendend vielleicht in ihren unausbleiblichen Nachwirkungen! — Den „Leipziger Neuesten Nachrichten" kommt das Verdienst zu, das Seziermeffer an eine Eiterbeule gesetzt zu haben, die von ihrem giftigen Inhalt schon viel zu viel an den ehedem gesunden Organismus abgegeben hatte. Höchste Zeit war es, nun zum Seziermeffer zu greifen. Noch ist die Hoffnung nicht unberechtigt, daß sich der Giftherd auf die aufgestochene Beule lokalisieren lästt. Soweit sich die Mitteilungen der „L. N. N." bestätigen — und wer wollte nach der nunmehr erfolgten Verhaftung Zeigners daran noch zweifeln? —, konzentriert sich der Knäuel der gegen den gewesenen Iustizminister und Ministerpräsidenten gerichteten Beschuldigungen im 8 332 des Strafgesetzbuches für das Deutsche Reich. Dieser lautet: „Ein Beamter, welcher für eine Handlung, die eine Verletzung einer Amts- oder Dienstpflicht enthält, Ge schenke oder andere Vorteile annimmt, fordert oder fich versprechen lästt, wird wegen Bestechung mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren bestraft. Sind mildernde Umstände vor handen, so tritt Gefängnisstrafe ein." Inwieweit der 8 334, der über die allgemeine Fassung „Beamter" hinausgeht und den Richter besonders benennt, der den Schuldigen gleichfalls mit Zuchthaus bedroht, heran zuziehen ist, bleibt abzuwarten. Daß des Gesetzes ganze Wucht ihn treffen wird, ist gewiß. Just am Bußtage erfolgte die Verhaftung. Bußtagsaedanken auch sind es, die der Zeigner- Skandal zur Auslösung gebracht. „Bist du ein Meister in Israel und weißt das nicht?" So mahnt die Heilige Schrift. Und an anderer Stelle: „So das geschieht am grünen Holz, was soll am dürren werden?" Und: „Wer des Herrn Willen weiß und tut ihn nicht, der ist doppelter Streiche wert." Doppelter Streiche hat sich Dr. Zeigner zu gewärtigen. Am grünen Holz . . . Die Sozialdemokratie hat jahr zehntelang nach der Herrschaft gestrebt und hat dieses Strebens Ziel erreicht. Hundertlausende ihrer Anhänger haben sich Jahr um Jahr am Narrenseil der Führer gängeln lassen, immer in der Hoffnung, das verheißene „gelobte Land" der Völker- ausföhnung und gegenseitigen Beglückung, das Land des süßen Nichtstuns, das Land des Wohllebens mit eigenen Augen zu schauen. Ein Gemisch von blindwütenden Fanatikern, eitlen Strebern, harmlosen Phantasten, ruhmgierigen Egoisten die Führer, durchsetzt auch von einzelnen, die an die alleinselig machenden Wirkungen der Lehren ihrer Vorbeter glaubten. Ein Heer, ein unübersehbares, die Anhängerschaft. Prächtige Ge stalten, fleißige, intelligente, willige, ordnungliebende, sparsame ! Männer, eifrig bemüht, ihren Platz im Berufsleben, wie auch sonst im bürgerlichen und geselligen Leben der Menschen mitein ander auszufüllen, — so fanden vor Jahrzehnten die Urheber und Verfechter des Gedankens der menschlichen Gleichmacherei den Boden vor, in den sie ihre Drachensaat versenkten. „Geistiger Fortschritt", „Hebung des Klassenbewußtseins", „Politische Schulung" und dergleichen waren die Vorwände, unter denen sie ihre volkszersetzende Tätigkeit begannen. Zögernd zuerst, dann willfähriger werdend, wurde ihnen Gefolgschaft geleistet. Die Massenpsychose setzte ein und begrub unter ihrem Terror olle noch verbliebenen Zweifel an der Echtheit der empfangenen Weisungen im Gefühlsleben ganzer Volksschichten wie in jedem Einzeln. Bis — die alte, im Ausbau zu innerer Festigung so wohlgeformte Welt unter den Keulenschlägen der Führer, zer malmt von den Massentritten der Verführten, zusammenbrach. Der Krieg, der grausige, bot ihnen die willkommene Gelegen heit, den Enterhaken da einzuschlagen, wo sich die klaffendsten Wunden zeigten. Wunden schlagen ist leichter denn Wunden heilen und Einreißen leichter als Aufbauen! Sie wollten aufbauen, — ihre, eine andere Welt! Und mußten doch so bald erkennen, daß dazu Handlangertum allein wohl am allerwenigsten ausreicht . . . Ist aber der Zeigner-Skandal der stinkendste Ausfluß dessen, was blindwütiger Fanatismus, in Einzelindividuen auf ganze Völker losgelassen, in seinen Folgen zu zeitigen vermag? — Die kartoffelstehlenden Stadträte sozialistischer Abstempelung in der Magdeburger Gegend, die zahllosen Veruntreuungen sozialistischer Gewerkschaftsbeamten und Parteifunktionäre, die Rüpeleien sozialistischer Abgeordneter in den gemeindlichen und ländlichen Parlamenten bis in das Wallot-Gebäude in Berlin hinein alles, alles das sind Zeichen, die genügt haben sollten, zur Einkehr zu zwingen, noch bevor der Morgen des 21. November, dieses Bußtages, graute. Den steilen Weg zur Verdammnis, zu Schande und Schmach, in Elend und Not haben die Führer der roten Internationale das deutsche Volk Berlin, 23. Nov. (Telegraphische Originalmeldung.) Der Chef der Heeresleitung, General von Seeckt, hat die Deutschvölkifche Partei, die Kommunistische Partei Deutschlands und die Nationalsozialistische Partei für das ganze Reich ver boten. Die Dresdner Volkszeitung verboten! Dresden, 20. Nov. Vom Wehrkreiskommando ging der „Dresdner Volkszeitung" heute folgende Verfügung zu: Die Herstellung und der Vertrieb der „Dresdner Volks zeitung", Organ der Vereinigten Sozialdemokraten in Dresden, wird hiermit auf die Dauer von zehn Tagen verboten. Von diesem Verbot werden auch alle etwa unter einem anderen Namen oder in anderer Form erscheinenden Fortsetzungen dieser Zeitung, alle Kopf- und Ersatzblätter umfaßt. Zuwiderhand lungen gegen das Verbot, der Anreiz oder die Aufforderung zu Zuwiderhandlungen werden mit Gefängnis oder Geldstrafe bis zu 15 000 Goldmark bestraft. * Der Zug nach rechts! Danzig, 22. Nov. Die am letzten Sonntag hier statt gefundenen Parlamentswahlen brachten folgendes Ergebnis (die eingeklammerten Zahlen zeigen die vordem gehabte Zahl der Vertreter der einzelnen Parteien): Deutschvölkische 7 (0), Deutschnationale 33 (33), Zentrum 16 (16), bürgerliche Wirt schaftsgruppen 12 (4), Demokraten 9 (22), Vereinigte Sozial demokraten 28 (28), Kommunisten 11 (7), Polen 5 (7). Bremen, 22. Nov. Auch in Bremen fanden am letzten Sbnntag Neuwahlen statt. Auch sie zeigten den Zug nach rechts unverkennbar, wie die nachstehenden Angaben beweisen. Es er hielten Sitze: Deutschvölkische 7 (0), Deutschnationale 12 (8), Deutsche Volkspartei 26 (30), Demokraten 16 (23), Zentrum 2 (2), Hausbesitzer 3 (0), Vereinigte Sozialdemokraten 36 (51), Kommunisten 18 (6). Verbilligung und Steigerung der Produktion dringendes Bedürfnis. Essen, 20. Nov. Die Vertreter der Arbeitnehmer- Verbünde des Bergbaus nehmen in einem Schreiben an den Zechenverband zu den von diesem ausgesprochenen Forderungen Kleine Leitung für eilige Leser. * Als voraussichtlicher Nachfolger des verstorbenen Reichs bankpräsidenten Havenstein wird andauernd der jetzige Währungskommissar Dr. Schockt genannt. * Nach der der deutschen Regierung übergebenen Note der Alliierten soll -die Militärkontrolle in Deutschland am 1. Dezem ber wieder beginnen. * Eine Anzahl rheinischer Redakteure wurde vom franzö sischen MilitärPolizeigericht zu Geldstrafen von 20 bis 40 Gold mark verurteilt, weil sie über angebliche Bedingungen des Generals Degoutte für die Arbeitsaufnahme berichtet hatten. Umformung der sächsischen Polizei. Auf überparteilicher Grundlage. Der Militärbefehlshaber für Sachsen kündigte vor einiger Zeit eine Umstellung der sächsischen Landespolizei auf überparteiliche Grundlage an. Soeben ist eine ganze Reihe besonderer Beamter der Landespolizei bis auf wei teres ihresDienstes enthoben worden. Darunter befindet sich der Polizeipräsident von Dresden, Menke, der Polizeimajor Kmetzsch und der kommunistische Polizei- Hauptmann Schneidenbach. Ferner sind aus der Landes- zentrale der Polizei folgende Oberkommissare ihres Dienste-s enthoben worden: Miersch, Oehmichen nnd Rudolf, in Chemnitz Negierungsrat und Zivilkommissar Westfälinger, außerdem je ein Zivilkommissar in Matzen, Zwickau, Bautzen und Zittau, drei in Leipzig.' hinabgeführt. Ihnen folgten die Hunderttausende Irregeführter, Verblendeter, willig, vertrauend, hoffend. Unter ihren dröhnen den Schritten haben Welten gezittert. Das Morgenrot der Ein- und Umkehr ist ihnen allen nun aufgegangen. Es wird ihnen den Weg zur Rückkehr hell erleuchten, zur Rückkehr zu geordneten Bahne», zu ebenen Verhältnissen, zu Gesittung und Rechtschaffenheit. Wenn das Morgengrauen des 21. November 1923 seine aushellenden Strahlen in die Herzen derer hinein- versenkt hat, die durch willenloses Mitläufertum auf der ab schüssigen Bahn zu Korruption und Feilheit, zu Pflichtvergeffen- heit und niedrigster Gewinnsucht Sumpsb-lumen von der Art eines Dr. Zeigner eine Brutstätte bereiten halfen, dann haben auch sie ihre Schrecken für uns verloren. Jupiter. hinsichtlich der Arbeitszeitverlängerung und der Aenderung sonstiger Arbeitsbedingungen Stellung. Die Verbände sagen- darin, daß sie sich nicht der Erkenntnis verschließen können, daß Verbilligung und Steigerung der Produktion dringendes Be dürfnis ist. Die Wiedereinführung der Vorkriegsarbeitszeit lehnen sie jedoch einmütig ab mit Rücksicht auf den Ernährungs zustand der Belegschaften, dann aber auch, weil die Absatz- Verhältnisse ungeklärt seien. Was die Franzosen nach englischer Meinung beabsichtigen. London, 20. Nov. Der Vertreter der „Times" in Köln äußerte die Ansicht, daß die Franzosen die Arbeitslosen an Ruhr und Rhein verhungern lassen wollten, um dadurch die ttnabhängigkeitserklärung des Rheinlandes zu erzwingen. Verbotene Böttcher-Versammlung. Vom Dresdner Polizeipräsidium wurde auf Veranlassung des Militärbefehlshabers eine für Sonntag vom Landtags- abgeordneten Paul Böttcher airgrsetzte Versammlung in Dresden verboten. Böttcher wollte über das geschmackvolle Thema sprechen: „Können Hitler, Seeckt und Fellisch Arbeit, Lohn und Brot bringen?" v. Kaehne bei einer neuen Schießerei^ schwer verwundet. Berlin, 20. Nov. Auf Petzower Gebiet im Bereiche des Rittergutsbesitzers v. Kaehne ist es in der vergangenen Nacht wiederum zu einer schweren Schießerei gekommen. Der junge Herr v. Kaehne, der bekanntlich vor einiger Zeit wegen Körperverletzung zu neun Monaten Gefängnis verurteilt worden ist, weil er einen Holzsammler angeschossen hatte, stieß in der Nacht zum Dienstag auf die beiden Arbeiter Kießler und Körner aus Glindow, die im Petzower Forst angeblich Holz sammelten. Es kam zu einer Schießerei, wobei zuerst der Arbeiter Kießler infolge eines Brust'schusses zusammenbrach. Eine Sekunde darauf fiel Kaehne, der zu Pferde saß, ebenfalls schwerverwundet aus dem Sattel. Er hatte einen schweren Kopfschuß erhalten. Die Botschosterkouserenz entscheidet. . . . Paris, 21. Nov. Die Sitzung der Botschafterkonferenz war um 6.50 Uhr zu Ende. Es ist ein Einverständnis erzielt worden. Die für die deutsche Regierung bestimmten Noten werden noch heute abend veröffentlicht. Verhaftung Dr. Zeigners Arif Veranlassung des Oberstaatsanwalts in Leipzig ist der frühere Ministerpräsident Dr. Zeigner in Dresden verhaftet und dem Leipziger Untersuchungsgefängnis zu geführt worden. In der bekannten Anschuldigungsasfäre gegen Zeigner Verdunkelungsgefahr vorlicaen. kl« Lanütsgrsntrag rum „fall Belgier". Die Abgeordneten der Deutschen Volkspartei Dr. Kaiser, Bünger, Blüher und Anders haben den Antrag im Landtage eingebracht, zu beschließen: 1. einen Untersuchungsausschuß laut Artikel 21 der Ver fassung zur Prüfung folgender Fragen einzusetzen: a) in welchen Fällen ist während der Amtstätigkeit des früheren Iustizministers Dr. Zeigner die Begnadigung oder Nieder schlagung in Strafsachen durch Gewährung persönlicher Vor teile irgendwelcher Art beeinflußt oder -belohnt worden; b) welche Beamten haben bei solchen Begnadigungen und Niederschlagungen mitrewirkt, um sie gewußt oder sie ver antwortlich beschlossen? 2. Die Regierung zu beauftragen, die Strafuntersuchung f gegen den vormaligen Iustizminister und Ministerpräsidenten s Dr. Zeigner auf keinen Fall einem politischen Staatsanwalt i zu übertragen oder zu belassen, sondern durch den für den regel mäßigen Geschäftsgang zuständigen Staatsanwalt führen zu lassen, sowie weiter die Einrichtung der politischen Staats anwälte überhaupt aufzuheben. Seeckt an cker Arbeit!