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Vergänglichkeit. Heute noch reichste Blüte mit betäubendem k»ust, und morgen schon liegen die zarten Blätter am Boden, in Spiel des Windes. Darum: Wenn ihr seht der Rose Pracht, Denkt, wie bald sie Wind verstreut; Nicht, daß es euch traurig macht, Sondern, daß ihr rasch euch sreut! — Voraussichtliche Witterung. Heist bei geringer Be- Mung, schwache südöstliche Winde, zunehmend» Gewilter- »igung. k — Im Landtag herrscht die letzten Tage vor den Sommer- Nien Hochbetrieb. Täglich sinden Plenarsitzungen statt, die oft is in die Nacht hinein dauern. In Riesentagesordnungen »erden die wichtigsten Gesetzentwürfe durchgepeitscht und letzten tatskapitel erledigt. Am Donnerstag war wiederum eine agesordnung von 23 Punkten ausgestellt worden, deren Ei nigung wieder eine Sitzung bis in die Nachtstunden hinein Htig machte. Auster einer ganzen Reihe von Etatkapiteln Nrde auch die Gewerbesteuervorlage verabschiedet. In der ^chlustabstimmung wurde die Vorlage nach mehr als achtstün diger Sitzungsdauer gegen die Stimmen der Bürgerlichen an- tnommen. — Die Polizeistunde. Das Ministerium des Innern hat die Polizeistunde einheitlich auf 1 Uhr nachts festgesetzt. — 75 Jahre Wilsdruffer Zweigverem der Gustav-Adolf- »tistung. Am kommenden Sonntag den 15. Juli feiert der kilsdrufser Zweigverein der Gustav-Adolf-Stiftung in hiesiger Ürche sein 75jähriges Bestehen. Am Morgen von 9 Uhr an Pird Herr Psarrer Wolke einen Kindergottesdienst abhalten. Aachmittags '/-3 Uhr beginnt der Feslgottesdienst, in dem Pfarrer Nitschmann-Hainichen die Festpredigt hält. Vor der Predigt Pird Händels „Halleluja" vom Kirchenchor mit Orgelbegleitung Gehör gebracht und nach der Predigt singt Frl. Doris Rost Weckers „Mache, mich selig o Jesu". Unmittelbar an dem Gottes dienst findet in der Kirche die übliche Nachversammlung statt. )err Konsistorialrat Walter wird über seine Erlebnisse in Rust and berichten. Wir machen auf diesen Vortrag, der schon vieler- tts größtes Interesse sand, besonders aufmerksam. Der Herr Vortragende war selbst schon zum Tode verurteilt. Psarrer Kalter-Naustadt gibt Bericht übers Dresdner Hauptvereins- iahresfest. Pfarrer Henter-Taubenheim als Vorsitzender leitet ie Versammlung. Gesang des Frl. Rost und Vorträge des sirchenchores werden mit Gemeindegesang abwechseln. Bei ieser Reichhaltigkeit läßt sich zahlreichster Besuch erwarten, der heraus erwünscht ist. . — Schule Wilsdruff. Heute Freitag, abends 6 Uhr findet in allg. Elternabend in der Schule statt, auf den an ieser Stelle hingewiesen sein soll. — Zur großen Armee. Einer der wenigen hiesigen Vete- anen von 1870/71, Herr Hermann Sauer, wurde zur großen ilrmee abgerufen. Er ruhe in Frieden! ! — Die Marktmusik fällt am Sonntag aus. Dafür spielt die Ptadtkapelle am Montag den 16. Juli, abends */-8 Uhr im Oberen Parke nach folgendem Programm: 1. „In Reih und Mied", Marsch von Schubert. 2. Ouvertüre „Die Kunst, geliebt w werden" von Gumber. 3. „Das Mutterherz", Lied von Bohner. 4. „Ein Vöglein sang im Lindenbaum", Paraphrase svn Eberle. 5. „Auf Flügeln der Liebe", Walzer von Kriebstein. — Aerztlicher Sonntagsdienst (nur in dringenden Fällen) bonntag den 15. Juli: Sanitätsrat Dr. Bqrtcky-Wilsdrufs und Nr. Wottburg-Seeligstadt. — Der große Sachsenpreis 1923 des Deutschen Motorrad- ahrer-Verbandes, Landesgruppe Mitteldeutschland, wird näch sten Sonntag in vier Klassen ausgefahren. Die Fahrt beginnt "in 15. Juli um 5 Uhr morgens in Chemnitz, führt nach Mitt weida-Nossen— W i l sd r u f f — G r u m b a ch—Frauenstein ^Olbernhau—Chemnitz. Gleichzeitig wird die Klubmeisterschaft Pn Sachsen auf der Landstraße ausgefahren. Die Fahrer derben in Wilsdruff zwischen 7 und 8 Uhr erwartet. Am Dollar: 12. Zuli 186532,00—187468,00 Mk. „ 13. Zali 186532,00-187468,00 Ml- „Adler" befindet sich eine Fahrttontrolle mit Zwangsaufenthalt, lieber 300 Teilnehmer sind bereits gemeldet. Die Anwohner der berührten Straßen tun im eigenen Interesse gut, die Straße zu sprengen. Vielleicht wäre es auch möglich, auf der Bahnhof straße den städtischen Sprengwagen fahren zu lassen. — Landeskulturrat. 8n der Dienstagsitzung des Landes kulturrates wurde der bisherige stellvertretende Vorsitzende, Geheimer Oekonomierat Steiger-Leutewitz, anstelle des ver storbenen Geh. Oekonomierats Dr. Andrä zum Vorsitzenden des Landeskulturrates einstimmig gewählt. Zum stellvertretenden Vorsitzenden Gutsbesitzer Friedrich. In den Verhandlungen wurden u. a. gegen die Milchhöchstpreise lebhafte Einwendungen erhoben und gesagt, die Kinder, die Mütter und die Kranken würden es am eigenen Leibe erfahren, wohin die Politik der Regierung führen werde. Geh.-Rat. Dr. Sala erklärte, daß. Unsere Uostbezieher werden gebeten, nun sofort die 1VVV Mark Nachzahlung für Juni zu leisten, sofern es noch nicht geschehen ist. Verlag d. Wilsdruffer Tageblattes. das Wirtschaftsministerium sich zurzeit zu einer Aufhebung der Milchhöchstpreise nicht entschließen könne. Er sei der Meinung, durch die in kurzen Zeitabständen festgesetzten Höchstpreise den berechtigten Ansprüchen der Landwirtschaft genügend Rechnung getragen zu haben. Der Vorsitzende erklärte, daß der Landes kulturrat von dieser Mitteilung der Regierung nur mit Bedauern Kenntnis nehmen könne. Gutsbesitzer Schober erklärte, die sächsischen Verbraucher würden vor einer Katastrophe stehen, wenn nicht umgehend die Höchstpreise aufgehoben würden. — Angestelltenversicherung. Die durch Verordnung des Reichsarbeitsministers für die Zeit vom 1. Juni 1923 cm auf 18 Millionen Mark bezw. 22,5 Millionen Mark festgesetzte Versicherungspflichtgrenze hat sich als zu niedrig erwiesen. Der Reichsarbeitsminister hat daher unterm 22. Juni 1923 die Ver sicherungspflichtgrenze in der Angestelltenversicherung im unbe setzten Gebiet auf 27 Millionen Mark, im besetzten Gebiet, im Einbruchsgebiet und in dem Gebiet, in dem besondere Vor schriften für die Erwerbslosenfürsorge gellen, auf 34 Millionen Mark vom 1. Juni 1923 an festgesetzt. Wer diese Grenze über schreitet, scheidet erst mit dem ersten Tage des vierten Monats nach Ueberschreiten der Versicherungsgrenze aus der Versiche rungspflicht aus. Die beabsichtigte Anfügung neuer Gehalts klassen tritt erst später in Kraft. Es sind also gegenwärtig für alle Versicherten, deren Entgelt mehr als monatlich 60 000 Mark beträgt, Beiträge in Klasse 13 mit monatlich 4840 Mark zu ent richten. — Große Brotverteuerung in Sicht? Wie eine Berliner Mittagszeitung hört, wird in der Brotversorgung Berlins in allernächster Feit eine Aenderung eintreten, die sich auf die Ge staltung des Brotpreises ungünstig auswirken muß. Man rechnet, daß vom 23. Juli an eine beträchtliche Preissteigerung des Markenbrotes eintreten wird, da von diesem Zeitpunkte an die Reichszuschüsse wegfallen. Man glaubt, daß von diesem Zeitpunkte an sich das Markenbrot auf mindstens 10 000 stellen wird. — Große Steigerung der Fleischpreise. Der am Montag abgehaltene Viehmarkt brachte infolge des geringen Auftriebes in allen Viehgattungen ganz enorme Steigerungen. Besonders wirkte sich die Erhöhung bei Rindern aus, die rund 100 v. H. betrug. Auch bei Schweinen und Kälbern sind gewaltige Steigerungen zu verzeichnen. Naturgemäß müssen den Vieh- preifen die Fleischpreise automatisch folgen. Die Löhne aber bleiben zurück und die ärmere Bevölkerung muß den Schmacht riemen immer enger schnallen, was natürlich auch wieder den Fleischern Schaden bringt. — Dresden. In einem unserer Vororte hat sich (verbürgt wahr!) folgendes ereignet: Man fand im Hause eines Bäckers, das zuletzt ein mürrischer Bettler verlassen hatte, auf jeder Treppenstufe einen Einmarkschein. 37 Scheine bis zum Erker! Damit wollte der verbissene Bettler gewiß zum Ausdruck bringen: „Für diese Papierstückchen kann ich mir nicht mal eine Schachtel Schweden oder einen Strick zum Aushängen kaufen! Hätte mir nur jeder einen Vorkriegspfennig gegeben, so hätte ich jetzt ein paar Papiertausender in der Tasche!" — Man sieht, auch die Bettler haben jetzt nichts zu lachen. — Heidenau. Die hiesige Gendarmerie nahm einen in Dohna wvhnhasten, in einem hiesigen Betriebe beschäftigten, etwa 30 Jahre alten, verheirateten Tischler fest, der in Dohna -eine Tischlerwerkstatt besitzt, wie sie mancher Tischlermeister nicht aufzuweisen vermag. Er arbeitete aber noch in einem Be triebe in Heidenau, wo er setzt etwa 500 000 oU Wochenlohn hatte. Trotz guten Auskommens bestahl er seinen Arbeitgeber in starkem Maße. Bei einer in seiner Werkstatt in Dohna vor genommenen Durchsuchung wurden wertvolle Hölzer und andere Gegenstände im Werte von vielen Millionen Mark vorgefunden. — Freiberg. Die Pechfabrik von Albrecht Kanis, an der Berthelsdorfer Straße gelegen, wurde am Dienstag nachmittag durch ein Großfeuer vollständig zerstört. Nur die Wohngebäude konnten erhalten bleiben. — Niederneukirch. Durch Feuer zerstört wurde das Wohn haus des Rentenempfängers Lehmann, angeblich durch Selbst entzündung des auf dem Boden lagernden feuchten Heues. Zwei Familien wurden dadurch obdachlos, erhielten jedoch durch die Gemeinde Unterkunft angewiesen. — Klein-Sermuth. Einen bedeutsamen Verlust erlitt ein Gutsbesitzer. Er wollte Heu einfahren und benutzte dabei die Furth durch die Mulde, um zu seiner Wiese zu gelangen. Die Fahrt mit dem leeren Wagen durch das Wasser ging gut, als er aber auf der Rückfahrt die Mulde abermals passierte, stürzte eines seiner Pferde und ertrank. Das andere konnte nur mit Mühe durch Zerschneiden der Stränge gerettet werden. — Oschatz. Montag morgen hat in unseren Fluren die Ernte begonnen und zwar mit dem Schnitt von Raps und Wintergerste. — Schwarzenberg. Zwei aus dem Ruhrgebiet unterge brachte Schulknaben im Alter von 8 und 13 Jahren gondelten trotz mehrfachen Verbotes auf einem Brett auf einem kleinen Teiche. Durch Brechen des Brettes versanken die Knaben in den Fluten und ertranken. Einer von ihnen ist ein Waisenkind. — Borna. Mit einer bemerkenswerten Veröffentlichung sind die Aerzte der Amtshauptmannschaft Borna in die Reihe der „Naturalienanhänger" eingerückt. Als Schlüsselzahl sür die Berechnung der ärztlichen Honorare soll fortan der am Tage der Rechnungsbegleichung an der Leipziger Börse notierte Roggenpreis gelten. Zugrunde gelegt wird der Roggen mit einem Friedenspreis von 20 (anstatt 10 für den Zentner (so daß also nur die Hälfte der Roggenteuerung angerechnet wird). Die Grundgebühr der Konsultation wird mit mindestens 1 des Besuches mit 2 jeder Kilometer mit 50 Pfennig an genommen. Dementsprechend wird die Konsultation mit 5 Psund, der Besuch mit 10 Psund und der Kilometer mit 2'/- Pfund Roggen bewertet. Auffallend oft hatte Erni Markhoff in letzter Zeit der Stadt zu tun. Sophia wunderte sich schon dar- ^ier, daß die Schwester tagtäglich so viele Besor Äugen hatte und einmal hatte Erni sich unter allerlei wrwänden von ihr getrennt. Als sie das wieder versucht hatte, folgte ihr So ma unauffällig. Das Ziel Ernis war die Straße, st der Eberhard von Petersdorfs wohnte. Langsam promenierte Erni einige Male auf und >b: dann ging sie weiter, aber nicht, ohne sich meh rere Male umzusehen. Am Abend war sie dann tief "erstimmt und suchte sehr zeitig ihr Lager auf. Ein heftiger Schrecken erfaßte Sophia. Hatte Eber- !ard eine heimliche Verabredung mit ihr gehabt? Aber 'ein, das war gänzlich unmöglich, so gewissenlos han delte er nicht! Eher lag die Möglichkeit vor, daß Erni seinen <8eg zu kreuzen suchte: denn es war Sophia nicht ditgangen, wie groß Ernis Bestürzung war, als sie erfahren hatte, daß Eberhard von Petersdorfs dem- Echst die Stadt verlassen würde. Felix hatte ihnen diese Nachricht gebracht. , Und das, was sie schon einmal geahnt hatte, stürde ihr fast zur Gewißheit, als sie eine Photo graphie Eberhards vermißte und sie durch Zufall ist Ernis Schreibmappe fand, die offen auf dem rische lag. Das Herz wurde ihr schwer. Ihr kleiner Liebling »atte sich wohl in eine unglückliche Liebe für Eber- !ard hineinphantasiert! Geschwärmt hatte sie ja rm- ver schon für den hübschen ritterlichen Schwager, Md ihre Freude, ihn zu sehen, nie verhehlt. Und als Sophia das Bündnis gelöst hatte, da war §rni tagelang traurig gewesen und sie hatte oft Tra den in den Augen gehabt. Sophia atmete auf. Gottlob, daß Petersdorfs ortging; Erni würde dann sicher bald über diese Back- nschschwärmerei hinwegkommen. — „Morgen abend wird Petersdorfs weggegessen; ich stelde mich deshalb bei euch an!" telephonierte Anne marie. „Allein ist's zu Hause zu langweilig. — Ihr mißtet es nicht? Hatte Felix nicht gesagt, daß Eber hard in drei Tagen geht?" Erni war gerade am Telephon gewesen; nun Mißte sie es. Noch drei Tage. Wenn sie ihn doch ern- »ml noch when würde! Sie konnte nicht ruhig wer- en, wenn er ihr nicht Lebewohl gesagt hatte. Viel- war ihr der Zufall günstig, wie schon mehrere icale, da sie sich getroffen und kurze Zeit miteinander Seplaudert hatten. . . Für Eberhard war die Begegnung einigermaßen »emUch gewesen; doch Erni hatte ihn so erwartnnas- "oll und fragend angesehen, daß er stehen bU-b und mt ihr sürccheu mußte. uno nun sich diese Begegnungen wiederholten, wußte er, daß es von Ernis Seite kein Zufall war, und es schmeichelte ihm doch, Gegenstand dieser offen baren Schwärmerei zu sein. Erni hatte Glück. Ihrer Beharrlichkeit verdankte sie es, daß ihr Eberhard vor seiner Abreise begegnte. In der späten Nachmittagsstunde bummelte ja alles, was Zeit hatte, in der Hauptstraße, und so konnte es durchaus nicht auffallen, daß Erni Markhoff schon mehrere Male auf- und abgeschritten war. Endlich sah sie Eberhards schlanke Gestalt in der kleidsamen, blauen Uniform schon von weitem. Sie ging direkt auf ihn zu, so daß er sie sehen mutzte. Er blieb stehen und unbekümmert um die Vorüber ziehenden — mochten die denken, was sie wollten — reichte sie ihm mit kräftigem Druck die kleine, feste Hand. „Welches Glück, Fräulein Erni, baß ich Sie noch mal sehe!" sagte er lächelnd. „Ich freue mich auch," entgegnete sie. „Felix sagt, Sie — Sie gingen nun forr —" „Ja, Erni, der Abschied wird mir schwer! Doch ist es wohl besser so! Ich lasse hier viel zurück." Erni schluckte an ihren Tränen. Er sah es ver räterisch in ihren Augen blinken. Und da, jetzt löste sich ein klarer Tropfen, und da noch einer. Langsam rollten sie über die runden, rosigen Wangen. Es erschreckte ihn. Schnell bog er in eine Seiten straße ein und sie ging folgsam neben ihm her. „Wenn ich 'mal von L. 'rüberkomme, — ich hab's den Kameraden versprochen — werden wir uns hoffent lich auch Wiedersehen!" „Ach ja!" stieß sie hervor und versuchte, unauf fällig die Tränen wegzuwischen. Ihn rührte es, ihren Schmerz zu sehen. An fangs hatte er ihre kindliche Anhänglichkeit gutmü tig belächelt, dann hatte er aber doch über Erni nach gedacht und gesehen, daß sie ein entzückendes, tau frisches, blondes Geschöpfchen war, das ganz gut den Vergleich mit der edelschönen, ernsten, so ganz anders gearteten Schwester aushalten konnte. Unwillkürlich waren ihm da Sophias Worte ein gefallen, daß Erni viel besser zu ihm gepaßt hätte. Vielleicht hatte sie da nicht so unrecht gehabt. Die ses lebenslustige, reizende, anspruchslose Ding wäre ihm nicht so überlegen gewesen, wie Sophia. Es drängle ihn, Erni noch etwas Gutes, Liebes zu sagen, etwas, das ihr über den Abschiedsschmerz hinweghalf. „Ich sehe zu, daß ich bald einmal kommen kann. Darf ich Ihnen inzwischen einige Ansichtskarten schrei ben, damit Sie mich in gutem Andenken behalten? Sie sammeln doch noch?" ^yr Gesichtchen heilte sich aus. „Ach ja, bitte," sagte sie eifrig. „Also lassen sie es sich immer gut gehen, Frau lein Erni. Darf ich Sie um einen Gruß an Sophia bitten?" fragte er leise. Eberhard hielt Ernis Hand fest und in ihren groß und voll nufgcschlagenen Augen las er eine selbstver gessene, hingebungsvolle Liebe. Es wurde ihm ganz wunderlich zumute. „Leben Sie wohl, liebe, kleine Erni," sagte er zärtlich. „Ich vergesse Sie nicht." Zufrieden, fast glücklich, ging Erni heim. Sie hatte ihn nochmal gesehen, hatte ihn gesprochen und er hatte „liebe, kleine Erni" zu ihr gesagt und wollte sie nicht vergessen. — Das war doch so viel. Den Gruß an Sophia bestellte sie aber nicht Aus irgendeinem Grunde scheute sie sich, das zu tun. Da hätte sie doch sagen müssen, daß Eberhard ihr begegnet war. Und oie Schwester würde sie dann wie der so unbequem fragend ansehen — nein, nein, lieber nicht. Deshalb schlüpfte sic heute Abend zeitig ins Bett. Dort hatte sie genügend Muße, sich ungestört jeden Blick, jedes Wort des schwärmerisch geliebten Mannes ins Gedächtnis zurückzurufen 4- Die drohendste Gefahr war für den Augenblick abgcwendet. Robert Markhoff war mit dem Erfolg von seiner Reise zurückgekehrt, daß Karl Ludwig Keil mann ihm die dreißigtausend Mark zur Deckung des Wechsels gegeben hatte. Für die nächsten Tage hatte Kommerzienrat Keil mann seinen Besuch in Aussicht gestellt, um sich per sönlich von allem zu überzeugen und fast mit Freude sah Robert seinem Kommen entgegen. Im Kontor hatte es sich bald herumgesprochen, daß Frau Harriet Markhoff in den nächsten Tagen aus längere Zeit zu ihren Verwandten nach Neuhork zu rei sen beabsichtige. Allerlei bedenkliche, sorgenvolle, auch unerfreu liche Bemerkungen wurden daran geknüpft. Als Mo nika auch davon erfuhr, war es ihr, als ob eine eisige Hand ihr Herz zusammendrückte. Konnte nicht auch ein anonymer Brief in Frau Markhoffs Hände gelangt sein, der ihr den Anlaß zu jener Reise gegeben hatte, die gerade jetzt sehr sonder bar war? Sie fühlte, wie Robert Markhoff sie beobachtete, sie verlor ihre Sicherheit und cs geschah, daß ihr in einigen Briefen Fehler unterliefen, die Otto Ladewig gutmütig lächelnd verbesserte. Er glaubte doch nicht anders, als daß bräutliche Liebe Monika so zerstreut sein ließ.