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Für die Richtigkeit de« durch Fernruf übermit- Fernsprecher: Amt Lvilsdruff 206 telten Anzeigen überneh men wir keine Gewähr. — Bei Konkurs »nh Zwangsvergleich erlischt jeder Anspruch auf Nachlaß. Bekanntmachungen des Landrates zu Meißen und des Bürgermeisters z« Wilsdruff, des Finanzamts Nossen sowie des Forstrentamts Tharandt Nr. 135 — 98. Fahrgang Drahtanschrift: „Tageblatt" Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Mittwoch, den 14. Juni 1939 Die Sta-tsuchi Die Schicksalsfrage des deutschen Volkes Ob auf dem Internationalen Landwirtschaftskongreß in Dresden, ob auf der Leipziger Reichsnährstandsaus- stellung oder auf dem ersten Großdeutschen landwirtschaft lichen Genossenschaftstag in Wien, der soeben begonnen hat, immer steht die Frage der Landflucht oder, besser ge sagt, Stadtsucht im Mittelpunkt der Aussprache. Auf dem letzten Reichsbauerntag hat Reichsbauernführer Darrs fest- gestellt, daß heute in der deutschen Landwirtschaft rund 800 000 Arbeitskräfte fehlen. Die Stadtsucht hat damit ein Ausmaß angenommen, daß die Erzeugung ernst lich gefährdet ist. Erschreckend geradezu, zu erfahren, daß 1933 ins gesamt 52 Großstädte mit über 19 Millionen Einwohnern oder 30,4 v. H. der Gesamtbevölkerung gezählt wurden. Einzelne Großstädte haben ihre Bevölkerung von 1819 bis 1933 mehr als verhundertfacht. 1819 z. B. zählte Essen 5000 und im Jahre 1933 654 000 Einwohner. Besonders die Industriegebiete wirken anziehend auf die Menschen vom Lande. So ist die Landflucht gewissermaßen zu einer Ost West Wanderung geworden. Von 1840 bis 1910 wurden durch diese Wanderung den vorwiegend landwirt schaftlich gegliederten Gauen des deutschen Ostens rund 3,5 Millionen Menschen entzogen. Insgesamt verlor das Land von 1882 bis 1933 über 12 Millionen Menschen an die Stadt. Innerhalb der letzten vier Jahre haben 584 000 Men schen das Land verlassen. Allein der Rückgang an deutschen Landarbeitern betrug von 1933 bis 1938 21,4 v. H. jedoch ist, wie der Reichsbauernführer in Goslar feststellte, die Landflucht nicht nur eine Landarbeiterslucht, sondern ebenso eine Landflucht der Bauernsöhne und Bauern töchter. Von den abgewanderten 3,5 Millionen Menschen Waren 56,4 v. H. selbständig und nur 43,6 v. H. Land arbeiter. Am stärksten hat sich die Stadtsucht unter der weib lichen Bevölkerung ausgewirkt. Von 1925 bis 1933 kamen, um nur ein Beispiel zu nennen, auf 100 abge wanderte Männer im Regierungsbezirk Osnabrück 601 Frauen. Diese Stadtsucht der Frauen verursachte ein un gesundes Geschlechterverhältnis in Stadt und Land. Kamen im Jahre 1933 auf 1000 Männer im Alter von 17 bis 34 Jahren im Reichsdurchschnitt 1058 Frauen, so waren es auf dem Lande 901 Frauen und in den Großstädten 1092 Frauen. Diese Abwanderung der Arbeitskräfte vom Lande Mußte sich naturgemäß in einem Rückgang der land wirtschaftlichen Erzeugung auswirkcn, der be reits eingesetzt hat. Die Zahl der Milchkühe ist z. B. um 300 000 Stück oder um 3 v. H., die Buttererzeugung um 30 000 Tonnen oder um 5 v. H. zurückgegangen. Die Stadtsucht gefährdet aber nicht nur die Nah- Ningsfreiheit des deutschen Volkes, sondern sie wird auch zu einer ernsten bevölkerungspolitischen Ge fahr, denn das Landvolk ist der Blutsquell der Nation. Die Verstädterung führt also auf die Dauer zu einer Selbststerilisation des deutschen Volkes. Die Stadtsucht gefährdet heute schon den lebensnotwendigen Geburten überschuß. Von 1931 bis 1933 fiel die ländliche Geburten ziffer von 36,2 a. T. auf 18,3 a. T., die städtische Geburten ziffer in der gleichen Zeit von 29 a. T. auf 15,1 a. T. Der Rückgang betrug also auf dem Lande 16,9 a. T., dagegen in der Stadt 13,9 a. T. Dieser stärkere Geburtenrückgang ist eine Folge der Arbeitsüberlastung der Landfrau, die ihr die Möglichkeit nimmt, Mutter zahl reicher Kinder zu sein. Schließlich droht durch die Abwanderung in die Stadt eine Gegenauslese des deutschen Volkes. Von 8000 Schülern eines hessischen Kreises z. B. waren 47,5 v. H. der Ab- gcwanderten gut begabt und 43,3 v. H. genügend begabt. Ebenso führt die Stadtsucht als Grenzflucht zu bedenk- uchen v o l k s p o l i 1 i s ch c n Schädigungen. Der Bevölkerungsdichte Ostpommerns z. B. mit 48,6 Menschen W Quadratkilometer steht eine solche von 73,4 Menschen je Quadratkilometer in der benachbarten Woiwodschaft Pom- werellen gegenüber. Alle diese Maßnahmen des deutschen Landvolkes selbst Rtr Bekämpfung der Stadlsucht finden ihre stärkste Unter stützung durch Partei und Staat. Durch Gesetze und Ver ordnungen hilft der Staat dem deutschen Bauern bei der Erhaltung der Scholle, die er als Treuhänder des Volkes bestellt. So wertvoll diese Hilfe an sich ist nnd so not wendig sie ist, so bedeutet sie doch keine Hilfe für die -muer. Das deutsche Landvolk kann seine Aufgaben heute sucht mehr allein erfüllen. Damit wird die Landflucht zur Schicksalsfrage des ganzen deutschen Volkes. Von der Entscheidung, ob das Landvolk allein oder ob das ganze Volk an seine Seite tritt, hängt der Bestand unseres Volkes ab. Franco Met na» Rom Besuch Ende September General Franco wird, wie „Agenzia Stefani" von Maßgebender Seite aus Burgos erfährt, Ende Sep tember nach Nom kommen. 22 Milliarden RM. Steuereinnahmen StaaSsserretÄr Mmhaedt über die Grundlage der deutschen FmsmMSrMast Im Verein Berliner Kaufleute legte der Staats sekretär im Reichsfinanzministerium, Reinhardt, die Grundgedanken der heutigen Finanzpolitik dar und be antwortete die häufig aufgeworfene Frage, woher das ganze Geld komme. In diesem Zusammenhang gab der Staatssekretär ein Bild von der ständig steigenden Finanzkraft des Reiches und teilte mit, daß noch ein wei ter Spielraum vorhanden sei, der nur zum Teil in An spruch genommen werde. Unter Hinweis darauf, daß die Sicherung der Lebensrechte Großdeutschlands nur durch eine starke Wehr macht möglich gewesen sei, wandte sich der Staatssekretär gegen die Ansicht, daß man den Aufbau der Wehr macht auf längere Jahre hätte erstrecken sollen. Er ver sicherte, daß in diesem Falle Deutschland höchstwahrschein lich im vorigen Jahr ein Krieg aufgezwungen worden wäre, dessen Kosten bestimmt größer gewesen wären, als die für den Aufbau der Wehrmacht notwendigen. Keine Gteuererhöhungen Staatssekretär Reinhardt betonte, daß die Vorbe lastung des Reichshaushalts, gemessen an der Größe der Leistungskrast der deutschen Volkswirtschaft, als klein zu bezeichnen sei. Habe das Steueraufkommen des Reiches im Jahre 1932 nur 6,6 Milliarden Mark betragen, so sei die Summe im Rechnungsjahr 1938 auf 17,7 Milliarden gestiegen, werde im laufenden Rechnungsjahr wahrscheinlich 22 Mil liarden Mark erreichen und 1940 noch größer sein. Der Staatssekretär erklärte, das Einkommensteuer gesetz vom Februar 1939 und die Mehreinkommensteuer seien die letzten Maßnahmen, durch die eine bessere An passung des Steuersystems an die Leistungskraft der i Steuerpflichtigen geschehen sei. Weitere Maßnahmen sol- > cher Art seien nicht mehr zn erwarten und würden auch finanzpolitisch und steuerpolitisch nicht mehr erforderlich sein. Oer neue Finanzplan Nach eingehenden Darlegungen über die Arbeit der Neichsfinanzverwaltung ging Staatssekretär Reinhardt auf den neuen Finanzplan ein. Er erwähnte, daß der das Steueraufkommen übersteigende Finanzbedarf des Reiches in den vergangenen Jahren durch kurz- oder mittelfristige Schulden gedeckt und dann durch langfristige verzinsliche Anleihen des Reiches abgelöst worden sei. Es hätten noch viele Milliarden im Anleihewege beschafft werden können, jedoch hätten die finanz- und kreditpoliti schen Grundsätze des Nationalsozialismus geboten, daß der außergewöhnliche Finanzbedarf des Reiches insoweit, als er das Steueraufkommen noch übersteige, anders als bisher gedeckt werde und insbesondere der privaten Wirtschaft der Geld- und Kapitalmarkt nicht durch das Reich versperrt bleibe. Der noch nicht durch Steuern ge deckte Teil des außergewöhnlichen Finanzbedarfs werde künftig nur noch durch die Ausgabe verzinslicher Steuergutscheine gedeckt. Staatssekretär Reinhardt erläuterte eingehend di« Technik und Anwendung der Steuergutscheine und er klärte u. a. zu der einkommensteuerlichen Behandlung der Steuergutscheine I und II, daß das gesetzliche Aufgeld, mit dem die Steuergutscheine II ausgestattet seien, auch in der Hand von Privatpersonen einkommensteuerpflichtig sei. Der Staatssekretär wandte sich zum Schluß ent schieden gegen die Auffassung, daß man in dem Steuer gutscheinverfahren Jnflationswirknngen erblicken könne. Währungsgemäß wirke sich das Verfahren vielmehr in der entgegengesetzten Richtung aus. Der Ssn-erbemrftragte Englands M Ä^aslNN Kal Strang Vollmachten? VMS drängt zur Elle Der englische Sonderbeauftragte Strang, der die englischen Einkreisungsverhandlungcn mit Moskau wie der in Gang bringen sott, ist nach kurzem Aufenthalt in Warschau, wo er mit den maßgeblichen polnischen Stellen Fühlung genommen hat, nach Moskau weitergeflogen. Mit der Reise Strangs lebt in London und Paris wieder das Rätselraten der Presse auf, was Strang in Moskau wolle und was er erreichen könne. Bezeichnen derweise heißt es, nachdem die englische Presse ihren Lesern seit einer Woche eingehämmert hat, daß Strang die Formel nach Moskau bringe, die alle Schwierigkeiten in den Verhandlungen mit Sowjctrutzland lösen werde, plötzlich, Strang habe noch gar keine endgültigen Richt linien für Moskau bekommen. In unterrichteten Londoner Kreisen verlautet, daß die britische und französische Re gierung immer noch darüber verhandeln, welche Form die Kompromißformel, die man Sowjetrußland Vor schlägen will, erhalten und mit welchen Vollmachten Strang nachträglich versehen werden soll. Bisher ist, wie die Londoner Blätter behaupten, Strang lediglich „unter richtet", wie weit die britische Regierung zu gehen bereit sei. „Jede Verzögerung ist gefährlich" In Paris ist man nach wie vor sehr beunruhigt über den Stand der Verhandlungen zwischen London und Moskau, und die Pariser Presse gibt London immer wie der den Rat, das Einkreisungsgespräch nur nicht ein schlafen zu lassen. In diesem Zusammenhang werden die letzten Reden Chamberlains und Halifar' in Paris mit sichtlicher Genugtuung ausgenommen, da sie als eine Art Richtigstellung der Erklärungen beider Minister betrachtet werden, die in Paris wegen ihres „zu großen Entgegen kommens" an Deutschland peinlich überrascht hätten. Ver schiedene Pariser Blätter wollen wissen, daß England Berichte seiner Berliner Vertreter erhalten habe, worin dringend zum Abschluß des Dreierpaktes mit Sowjet rußland geraten und darauf aufmerksam gemacht wird, daß jede Verzögerung gefährlich werden könne. Moskau besteht auf Intervention im Baltikum Bemerkenswerterweise beschäftigt sich die halbamtliche Moskauer „Prawda" in dem Augenblick, als Englands Sonderbeauftragter im Kreml vorspricht, erneut mit der Frage der „Garantie" für die drei baltischen Staaten, über die sich England, Frankreich und die Sowjetunion bekanntlich immer noch unterhalten. Das Blatt betont noch einmal mit Nachdruck den Standpunkt Moskaus, der auf ein Jnterventionsrecht in Lettland, Estland und Finnland hinausläuft, wenn — wie die ..Vrawda" sich ausdrückt — deren „Neutralität direkt oder indirekt ver letzt wird". Welche Absichten der Moskauer Politik dabei vor schweben, läßt sich aus den Aeußerungen des Blattes unschwer erkennen. Bald wird darin von einer „drei fachen Garantie der Neutralität der baltischen Staaüm" gesprochen, bald von ihrer „Unterstützung durch die fried liebenden Mächte", bald von einer „Hilfeleistung bei einem direkten oder indirekten Angriff seitens der Dikta turen". Auf jeden Fall aber scheint für das bolschewistische Blatt eine eigene Willensäußerung der drei erwähnten Staaten überhaupt nicht in Frage zu kommen. Den Ein wand, daß die Annahme einer solchen „Unterstützung" die drei Länder ihrer Souveränität berauben könne, will die „Prawda" keinesfalls gelten lassen. „Mr aarantieren nicht aus Liebe" Englands Schwindel mit der „Unabhängigkeit" der kleineren Staaten. Was England unter „Unabhängigkeit" und „Gleich berechtigung" der kleineren Staaten versteht, zeigt der frühere britische Kriegsminister Duff Cooper mit einer geradezu zynischen Offenheit im neuesten seiner allwöchent lich im „Evening Standard" erscheinenden Artikel. Duff Cooper setzt sich für einen sofortigen Abschluß eines Bündnisses mit der Sowjetunion ein und streift da bei die Frage der „Garantierung" der baltischen Staaten. „Diese Staaten sind für Sowjetrußland", so sagt er, „was Belgien für England ist. Aber Sowjetrußland fehlt di« zusätzliche Sicherheit des englischen Kanals. Wenn nun eine belgische Negierung erklären sollte, daß sie die Garan tie Frankreichs und Englands nicht länger mehr benötig« — etwas, was nicht unmöglich ist —, würde eine solch« Erklärung dann etwas an der Tatsache ändern, daß Eng land dennoch in den Krieg ziehen würde, um zu verhin dern, daß Belgien in die Hände einer großen feindlichen Macht fiele? Das würde natürlich nicht der Fall sein. Di« Garantie würde bestehen bleiben, gleichgültig, ob Belgien sie w'insKie oder nickt. Wir müssen realistisch sein und den Tatsachen ins Auge sehen. Wir garantieren die Grenzen eines Landes nicht aus Liebe für dessen Bewohner, sondern aus Rück sichtnahme auf nufere eigene Sicherheit. Wenn Sowjetrußland die Integrität der baltischen Staaten als wesentlich für seine eigene Sicherheit ansieht, so können wir es deswegen nicht tadeln. Und wenn wir Sowjetrußland ersuchen, England im Notfall zu unter stützen, können wir uns nicht weigern, ihm gegenüber eine gleiche Verpflichtung einzugehen."