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Schon der Sturz des Kabinetts Briand war eine Überraschung, zumal dieser Rücktritt in einem Augenblick stärkster außenpolitischer Spannungen erfolgte, außerdem das Vertrauensvotum aus einem wirklich nicht sehr wich tigen und überzeugend wirkenden Grunde keine Mehr heit fand. Erstaunlich war auch die Weiterentwicklung. Der Ruck nach links, den der Führer der „siegreichen" Oppositionspartei, Daladier, dadurch herbeiführen wollte, daß er den Sozialdemokraten ebenso viele Sitze im Kabinett anbot, als er für seine eigene Partei vorgesehen hatte, iü an der Weigerung des sozialistischen Parteivor- Frankrcichs neuer Ministerpräsident. standes — gegen eine überaus starke Minderheit uvrigens — gescheitert, auch die offizielle Verantwortung für die Politik eines Kabinetts unter radikalsozialistischer, also scharf links stehender Führung zu übernehmen. Obwohl man sich sowohl über das außen- wie das innenpolitische Programm eines solchen Kabinetts völlig einig geworden war! Und obwohl für die Entscheidung in dieser Frage doch nicht so ganz ohne Belang sein konnte, daß sowohl " wie in Deutschland die Sozialdemokratie ' Taxierungen die führende Rolle spielt! Erstaun- aber in Frankreich diese Partei nicht zu- ü,? die Beteiligung am Kabinett angeboten bequem gemacht wurde, blicd sie im Lager der welleich, deswegen, weil man dadurch bei den allerdings erst für igzv fällig weidenden Neuwahlen ZU" amei Früchte zu ernten hofft. uueryand Erstaunliches ereignete sich nun auch im Erlaus der Krise, spielten angebliche oder wirk liche Mißverständnisse, Mißdeutungen oder — Intrigen eine so erhebliche Rolle, daß auch der zweite Versuch scheiterte, em Zwar nicht ganz nach links orientiertes, sich mehr auf die Mitte stützendes Ministerium zu bilden. Und nun hat ^.ardien ein Kabinett zusammengebracht, das sich von dem früheren Ministerium Briand höchstens dadurch unterscheidet, daß es noch weiter nach rechts hinübergreift, man es schon als „p o i n c a r i st i s ch" be zeichnen kann. Und m diesem Kabinett sitzt als Minister des Auswärtigen auch wieder derselbe Briand, den vor kurzem die parlamentarische Mehrheit der jetzigen Re- gierung gestürzt hat! Sitzen auch andere Minister, die kurzem dem Kabinett Briand angebörtcn, u. a. k.Ä. d". KrlegsmlNister Magnat, dessen Auslegungs- Durchführung der Nhcmlandräumung vor kurzem in Deutschland Erstaunen und Befremdung hervorriefen. . . ^ria^ hatten die Radikalsozialisten bei seinem ersten Erscheinen vor der Kammer zwar kein Mißtrauensvotum ausgesprochen, sich viLh^^ enthalten! Eesichts des fetzt erfolgten Ruckes nach rechts könnten sie sich aber doch zu einer andern Haltung, nämlich zur ausdrücklichen Ablehnung des Vertrauens für das Kabinett Tardieu, entschließen. Vorläufig will man zwar die neue Regierung »nach lhwn Zeiten" beurteilen, aber es würde nicht übermäßiges Erstaunen erwecken, wenn zum mindesten ein großer ^cil dieser Partei eine radikalere Oppositionspolitik betreiben wurde. »z u r u n s D e u t s ch e ist es von Wichtigkeit, daß m einer Entschließung dieser Partei von der "euen Regierung em unbedingtes »Testbalten an der von Herriot im ^ahre 1924 begonnenen LÄn Briand fortgesetzten ^ verlangt wird Den Beweis dafür, daß das Mlnlftcrillm ardieu eine Wendung in den dentsck-sranz^ nicht bedeutet, darf es allein schon durchdlebadige Auf nahme der stillschweigend vertagten Verhandlungen über dieRäumunqdes Saargeblctes ^nngen. Man darf als Deutscher die Befürchtung nicht verhehlen daß Briands Politik wohl größeren Widerstanden als bisher begegnen wird. Wobei man noch als das vielleicht Er staunlichste bei dieser an Seltsamkeiten reichen Geschichte der französischen Regierungskrise die Mitteilung betrachten Was geht in Polen vor? Vor folgenschweren Ereignissen in Polen Warschau, 4. November. Angesichts der noch völlig un klaren Lage werden in parlamentarischen Kreisen mit ziemlichem Nachdruck zwei Gerüchte verbreitet. Das eine besagt, daß das Schicksal des Kabinetts Switalski bereits entschieden sei, und zwar in dem Sinne, daß für den entscheidenden Kampf mit der Oppo sition ein noch stärkerer Mann (das heißt wohl Marschall Pil- sudski) an die Spitze der Regierung treten solle. Spätestens am Dienstag werde über die Veränderungen innerhalb des Kabinetts, die von langer Hand vorbereitet seien und nichts mit dem ange kündigten Mißtrauensvotum der Opposition zu tun hätten, völlige Klarheit herrschen. Das zweite Gerücht will wissen, daß das Par lament um einen Monat vertagt werden solle. Ob in diesen von Mund zu Mund verbreiteten Nachrichten, deren Ausgangspunkt nicht zu ermitteln ist, ein wahrer Kern steckt, kann nur die Zeit lehren. Da sie aus einer außerordenlich erregten Atmosphäre stammen, sind die Gerüchte natürlich mit größter Vorsicht aufzu nehmen. Am Montag vormittag ist dem Sejm-Marschall Daszynfli ein Brief des Staatspräsidenten übermittelt worden, der anschei nend am Sonntag abend geschrieben wurde. Der Brief stellt eine Antwort auf die Weigerung Daszynskys dar, an einer Sitzung mit Marschall Pilsudsky teilzunehmen. Der Staatspräsident stellt dar in fest, daß er die Haltung des Sejm-Marschalls als Ablehnung ausfasse, die Vorfälle vom 31. Oktober in der von ihm vorgeschla genen Weise durch eine gemeinsame Besprechung zu klären. Der Adjutant des Staatspräsidenten hat das Sejm-Gebäude verlaßen, ohne aus diesen Brief eine Antwort zu erhalten. Gegen 12 Uhr mittags begann die angekündigte Sitzung des Aeltestenrates, zu der der Vorsitzende des Regierungsblockes vom Sejm-Marschall keine Einladung erhalten hat. Die Uebergehung Oberst Sloweks steht im Zusammenhang mit dem vom Regic- rungsblock geplanten Mißtrauensvotum gegen Daszynski. Dieser teilte den Fraktionsführern mit, daß er die nächste Sejm-Sitzung auf Dienstag zwölf Uhr mittags ongcsetzt habe. Weiter gab er bekannt, baß verschiedene Sicherheitsmaßnahmen getroffen wer den sollten, um neue Zwischenfälle zu vermeiden. Ohne besonderen Ausweis werde niemand das Parlamentsgebäude betreten dür fen. Die zum Mittwoch einberufene Eröffnungssitzung des Se nats ist auf den 12. November vertagt worden. Was sagte Wazniak? Eine rätselhafte Explosionsangelegenheit. Der Bericht des Zeugen Wazniak, der in der Black - Tom- Angelegenheit in Amerika eine große Rolle spielt, ist von dem Vertreter der deutschen Regierung der deutsch- amerikanischen Kommission, die die Klärung der An gelegenheit herbeiführen soll und die in Hamburg tagt, vorgelegt worden. Bekanntlich ist die deutsche Regierung von den Ameri kanern als Urheberin der Black-Tom-Explosion während des Krieges, bei der umfangreiche Werksanlagen in dieLuftflogen, bezeichnet worden. Aus diesem Grunde sind Deutschland etwa 80 Millionen Mark in Rechnung gestellt worden. Die deutsche Regierung be streitet aber, mit der ganzen Angelegenheit irgend etwas zu tun gehabt zu haben. Um diese Behauptung zn be weisen, wurde schon seit Monaten ein gewisser Wazniak gesucht, der wiederholt erklärt haben soll, die Explosion sei auf eine ganz natürliche Ursache, nämlich auf einen durch Unachtsamkeit entstandenen Brand, zurückzuführen. Da der Zeuge jedoch erst ausfiudig gemacht werden konnte, nachdem die Frist für die Vorlegung des gesamten Materials verstrichen war, ist mit beiderseitigem" Einver ständnis eine Verlängerung der Frist vereinbart worden. Ob sich die amerikanischen Mitglieder der oben genannten Kommission aus Grund des Berichtes Wazniaks von der Unbegründetheit der gegen Deutschland erhobenen Beschuldigungen überzeugen lassen werden, ist zurzeit noch eine offene Frage. darf, daß Briand — offenbar im Hinblick aus vte Ent schließung der Radikalsozialisten — sich in der Kammer ausführlich über die aktuellen Fragen der Außenpolitik äußern, also gerade das tun wird, was er als Minister präsident ablehnte und deswegen den äußeren Grund für seinen Sturz abgab. Man wird in Deutschland daher das, was Briand sagen oder — nickt sagen wird, wohl sehr genau prüfen müssen. Max von Baden schwer erkrankt. Besorgniserregender Zu st and. Prinz Max von Baden, der letzte Kanzler unter dem Kaiserreich, liegt seit einiger Zeit im Städtischen Kranken- Prinz Max von Baden. Haus in Konstanz schwer krank danieder. Der Zustand des Kranken ist besorgniserregend. Der Prinz steht im dreiundsechzigsten Lebensjahr. Er leidet an stark vor geschrittener Arterienverkalkung und verfiel Sonntag in längere Bewußtlosigkeit. Dann trat eine geringe Besse rung ein, doch bleibt der Zustand ernst. Prölat Leicht droht mit Austritt MS der ReichrkoMion Bamberg, 4. November. In einer Versammlung der katholischen Arbeiter- und Arbeiterinnenvereine der Erzdiözese Bamberg hielt der Führer der Reichstagssraktion der Bayrischen Volkspartei, Prälat Leicht, eine Rede über den Kampf gegen die Auslöfung der Familie. Im Hinblick auf die letzten Vorgänge im Strafrechtsausfchuß des Reichstages erklärte der Redner, daß sich die Anzeichen häuf ten, als ob jetzt ein Sturm erfolgen solle, um die christliche Familie in ihrer sittlichen Grundlage zu erschüttern und aufzulösen. Prälat Leicht erklärte: „Ich kann es nicht mehr schweigend mit ansehen, wie Strafgesetzbuch und Rechtsausschuß immer tiefer eingreifen, um die ganze Gesetzgebung, vor allem die Familiengesetzgebung, aufs neue bedrohen und auszuhöhlen. In grundsätzlichen Dingen gibt es keine Kompromiße. Auch wenn wir in der Koalition ver bleiben, verleugnen wir unsere christlichen Grundsätze nicht. Ich sage es mit Nachdruck: hier muß ein Halt kommen, sonst wird man uns nicht mehr lange in einer solchen Koalition sehen! Ich kann es auch als Arbeiterpräses nicht verantworten, daß unsere katho lischen Arbeiter draußen den Kampf gegen die Sozialdemokraten führen und hier mit diesen paktieren auf die Gefahr hin, daß die christlichen Belange mit Füßen getreten werden. Da gibt es ein Halt und wir werden es zur rechten Zeit auszusprechen wissen. Nicht ich habe vor, noch länger tatenlos zuzusehen, wie mit unserer: Belangen umgegangen wird. Wir sind mit dem Zentrum einig, daß eine Erleichterung der Ehescheidung unter keinen Umständen eintreten und zugelassen werden darf. Man soll auf sozialdemo kratischer oder anderer Seite nicht glauben, daß das Zentrum und die Bayerische Volkspartei sich dazu gebrauchen laßen, etwa den Aoung-Plan noch durchzuführen, um dann die Sozialdemokraten aus der Regierung ausscheiden zu lassen. Wir wollen vielmehr eine Sicherung dafür haben, daß mit uns nicht Schindluder getrieben werden kann." In einer Entschließung wird verlangt, daß Zentrum und Bayerische Volkspartei solche Bestrebungen auf das entschiedenste ablehnen und nötigenfalls auch die politischen Konsequenzen ziehen. Internationale Reparatronsbank. Die Verhandlungen in Baden-Baden. Die erste Lesung der Treuhändervereinbarungcn ist vom Organisationskomitee der B. I. Z. heute nachmittag in mehrstündiger Sitzung in Angriff genommen worden. Sachliche Entscheidungen wurden jedoch nicht getroffen. Der ganze vom Unterausschuß für die Treuhänderauf gaben der B. I. Z. ausgearbcitete Entwurf wurde nach allen Richtungen hin durchgesprochcn mit dem Ergebnis, daß bereits eine große Anzahl seiner Bestimmungen dem Redaktionskomitee zur endgültigen Formulierung über wiesen werden konnte. Eine Reihe der Bestimmungen wird allerdings in Baden-Baden Wohl kaum abschließend behandelt werden können, weil hierzu auch die Regierun gen der Gläubigermächte gehört werden müssen, denn die Treuhändervereinbarungen sind Verträge, die die Ne gierungen der Gläubigerländer mit der B. I. Z. abzu schließen haben. Diese Fragen werden voraussichtlich auf der zweiten Haager Konferenz Gegenstand von Beratun gen sein. Die allgemeine Aussprache wird fortgesetzt werden, und zwar sollen zunächst die Sachlieferuncst fragen behandelt werdem