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I — 371 — der um Mit Fels umpanzertes Eroßkampfschiff, Umdroht von Geschwadern ans Luv und Lee, Wider Stürme und Schüsse, wie gegen Nordwest Starrst du fest, Vorpost von Deutschland, Wachehaltendes Helgoland! Helgoland hielt die Wache. Tag um Tag, und Nacht ' Nacht! Ohne daß der Feind kam. Die Leute witterten Spione und entdeckten Lichtsrgnale und geheimnisvolle Zeichen, die sich nach den mit vieler List und vielem Aufwand durch- geführteu Hausumstellungen und Hausdurchsuchungen als das harmlose Flattern'einer Gardine rm Winde, das Drehen einer Epiegeltür oder die Bewegungen eines blechernen Schorn- fteinaufsatzes entpuppten, welch letzterer so unvorsichtig ge wesen war, Has Eefunkel des friedlich auf dre kriegerische Insel herabschauenden Mondes in seinem glänzenden Antlitz wiederzuspiegeln. Einige Schüsse, wohlgezielt aus den „Ver va; U-Soot Im klieNtalten Nicht vom Briefkasten der Kaiserlich deutschen Reichspost soll hier die Rede fein, sondern vom Briefkasten der Zeitung, d. h. jener nützlichen Einrichtung, die dem Gedankenaustausch zwischen Leser und Schriftleitung dient. Gründen geräumt werden mutzte. Leere Häuser, verlassene Badevillen erzählten stumm und trübselig von der glück lichen llngebundenheit einstigen Badelebens. Ein vergessener Kanarienvogel, ein verschlafener Kater, sonst war das Leben erstorben. Und über Nacht wurde der Badeort 'zu einem waffenstarrenden, vollgerüsteten Bollwerk. Damals sang Dichter: Eewaffnete Kliff, Uralt verankert in uralter See, 8 - SH Und er ging und lieh sie zurück, die, müde und zu Tode erschöpft von allen Erregungen dieses Morgens, auf "ein Ruhebett sank. Mark Tryon aber fuhr in die Maiden Lone, ging in das Zimmer seines Schwiegervaters. Die beiden Herren hatten eine lange und ernste Unterredung miteinander. ' Fortsetzung folgt. 6» velueb auf helgoia»a im Wege 5. Plauderstunden im Offizierfpeisehaus. Heute abend Musikessen. Wer da wohl nicht Lust ge habt hätte, der freundlichen Einladung zu folgen und nach dem anstrengenden Besichtigungstage rm'Kreise der Offiziere feine Helgoländer Eindrücke an der gemütlichen Tafelrunde des Offizierspeisehauses zu vertiefen. Ein mächtiger Saal nimmt uns auf. Tafel in Huf- «issnform. Von der Empore lätzt die brave Kapelle der Helgoländer Matrosenartillerie ihre melodischen Wersen er tönen. Das Abendbrot ist höchst einfach, den Kriegsverhält nissen angemessen./ Flinke Ordonnanzen servieren geräuschlos. Als sie abräumen und die Zigarren bringen, beginnt für mich die eigentliche Feierstunde des Aages. Es ist nicht ver wunderlich, datz die Herren dem neugierigen Ausfrager gern alle gewünschte Auskunft erteilen und datz das Bächlein des Redestromes, sehr nach meinen Wünschen, emsig flietzt. Helgoland ist eine Insel. Das ist in der Tai keine Neuigkeit. Und doch ist mir der Begriff insularer Ab- - geschlossenheit selten so zum Bewutztsein gekommen, als auf dem Roten Fels im nordischen Meer. Vier Kriegsjahre aus diesem am weitesten vorgeschobenen Posten unserer Wacht im Norden. Auf der kahlen Felsenfläche, auf der wirkliche Bäume ein unbekannter Begriff, Blumen eine Seltenheit sind. Alles was der Mensch zu seinem Dasein braucht, was den Tausenden von Leuten als notwendiges Lebensbedürfnis unbedingt zugeführt werden muh, kommt von dem Festlande. Nichts, rein nichts bringt die Insel hervor, wenn man von den dürftigen Erdäpfeln und Gemüsearten absieht, die in einzelnen Gärten. gezogen werden. Doch, in etwas ist Helgoland ein kleines Dorado, in der Fischversorgung. M arinefahrzeugr lausen nach See und holen zappelnde Schollen, Butte und Kabeljaus. Sehr zum Ergötzen der Marinemagen. Und datz die Helgoländer Hummer sich eines ganz besonderen Ansehens erfreuen und von ganz besonderer Güte sind, darast dürste auch mancher Feinschmecker im lieben deutschen Vater land heute noch.dunkle Erinnerungen aus einstigen gesegneten Friedensjahren haben. Aber auch diese Gaumenkitzler sind heute nicht mehr so reichlich auf dem Markte als,im Frieden. Mobilmachung. Helgoland war ebenso überrascht von ihr, wie das ganze Deutschland. Riesige Arbeitsleistungen mutz ten da in jenen Augusttagen vollbracht werden. Die Besatzung wurde verstärkt. Reservisten kamen, Munition, Proviant, soweit die Insel noch nicht hinreichend damit versehen war. Und die biederen Helgoländer gingen. Wurden zu Schiff nach Hamburg und Altona gebracht, da die Insel aus militärischen ^s>sS WM MI räter", machten dem Spionenspuk ein Ende. Sogar eknen hohen geistlichen Herrn holte das übereifrige Wachpersonak eines Nachts aus den Federn, üm das Haus nach Spionen zu durchsuchen. Gerne hörte man diesen lustigen Geschichten aus den ersten Kriegswochsn zu. Die neuesten Operettenschlager der braven Kapelle patzten ausgezeichnet zu den heiteren Er zählungen. Der Schatten des 28. August 1914 taucht auf. Draußen dichter Nebel, Kanonendonner, Funksprüche, datz unsere kleinen Kreuzer mit weit überlegenen feindlichen Panzer kreuzern handgemein geworden waren. Alle Geschütze der Insel fertig zum Feuern, unbeschreibliche Erwartung in der Seele jedes Einzelnen. Der Nebel verzieht sich für einige Augenblicke, ein Kreuzer taucht verschwommen auf. Der bren nende Tatendrang der Leute sprach ihn für einen Feind an und wollte nicht verstehen, warum nicht sofort das Feuer er öffnet wurde. Torheit! Der da eiligst nordwestwärts dampfte, war ein Schiff unserer Flagge, das den bedrängten Brüdern zu Hilfe eilte. Kein Engländer wagte sich an zenem traurigen Tage unter die Helgoländer Kanonen. Alle anderen Erzäh lungen sind Märchen, Hirngespinste einer überhitzten Phan tasie. Das war Helgolands schwärzester Kriegstag. Mit erleben zu müssen der kämpfenden Kameraden Not und Fest gebannt zu sein, nicht helfen zu können, untätig die Hande in den Schoß legen zu müssen. Drei Tage später wird.der Heizer Neumann von S. M. S. „Cöln" fast leblos einge- bracht. Der einzige Ueberlebende des tapferen Schiffes. Eine rührende Aufnahme wurde ihm hier zuteil. Wochen, Monate, Jahre vergingen. Des Dienstes ewig gleichgestellte Uhr drückte dem Kriegsleben völlig den Stem- ' pel auf. Etwas Abwechselung brachten in das ereignislose ! Dahinleben viele losgerissene englische Minen, die vor die Hafeneinfahrt oder an die Schutzmaucrn antrieben. John Bull gab seine Visitenkarten ab. Persönliches Erscheinen ' wäre den Helgoländer Kriegern ganz entschieden lieber ge wesen. Ab und zu kamen Gäste. Der Kaiser stattete der Insel einen Besuch ab, an den die Leute heute noch voller Stolz denken. Hanseaten, Oesterreicher, Ungarn, Lürken, Bul- s garen, neutrale Presseleute und dann die vielen Kameraden ! von der Flotte. Da steht in einer Ecke des Speisesaals > der „Jserne Hinnerk" von Helgoland. Eine Argonneneiche s liefert« das Material. Die Wehr des gepanzerten Riesen ist über und über mit Nägeln bedeckt, goldenen, silbernen und eisernen. Tas Nageln zum besten des Roten Kreuzes j gehört auch heute noch zu einer gewohnheitsmätzigen Beschäf- tignng mancher Herren, besonders zum Monätsanfang. 'In teressiert studiere ich die Inschriften. Auf dem blanken Schild das Kaiserwort: „In aufgedrungener Notwehr mit reinem ! Gewissen ergreifen wir das Schwert!" Tvrpedobootsflottillen, s die heimgekehrten Sieger aus der Skagerrakschlacht spendeten im ersten Siegesjubel eine ansehnliche Anzahl von Nägeln, U-Boot« verewigten ihre Bootsnummer, Helden damit Kre Namen, wie Hersing, eh: er zu seiner erfolgreichen Dardan el- lensahrt von hier aufbrach, und Otto Weddigen, als er nach seinem unerreichten Meisterstück hier einlief. Der bescheidene s Kapitänleutnant war ein gern gesehener Gast in diesem Raum. ! Um so herzlicher die Trauer über sem jähes, heute noch unauf geklärtes Ende. Da.sind die Nägel, die österreichische Luft schiffer, türkische Flieger und bulgarische Armeeoffiziere hier einschlugen. Auch einige Zivilisten hatten Gelegenheit, dem „Eisernen Heinrich" zu opfern. Schade, datz er so wenig Besucher sieht. Vielleicht verhilft ihm der mit dem Frieden wieder einsetzende Fremdenbefuch zu weiterer Ausschmückung seines gleißenden Nagelgewandes. Es war schon spät, als ich die Schritte nach dem Hotel lenkte. Helgoland im allertiefsten Schlummer. .Rauschen der Brandung, eintönige Wachtpostenschritte, das Miauen eines Katers. Aber ich wußte, daß dort drüben auf dem Oberlande viele Hundert« von Männern wachten, an Geschützen, Aus guckstellen und Scheinwerfern. Und mir fiel beim Schlafen gehen das schöne Wort aus sonniger Friedenszeit An: Allezeit treu bereit, für des Reiches Herrlichkeit!