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Vingr« blieben erfolglos. Zwischen Alsne und Ourcq machte» die Deutschen verzweifelt« Anstrengungen, gleichzeitig von Nor den und Osten her in den Wald von Villers-Cotterets einzu dring«». Unsere Truppen hielten heldenmuiiz den Stoß der an dieser Angriffsfront angesetzten feindlichen Kräfte aus und brachen ihren Vormarsch, wobei sie ihnen blutige Verluste beibrachten. Westlich von Soissons wurden die Deutschen zum Stehen gebracht. Starke Gegenangriffe brachten uns wieder in den Besitz von Faverolles, das zuerst vom Feinde besetzt worden »ar. In der Gegend südlich von Nille-en- Tardenois behaupteten die französischen und englischen Trup pen ihren ganzen Gewinn nördlich von Champlat. Clemenceau schweigt sich aus wi Pars», 4. 6. (Agence Havas.) Deputiertenkammer. Vor vollbesetztem Hause erklärte Clemenceau, die Inter pellationen über die militärische Lage nicht beantworten zu können. Er habe sich vor der Heereskommission ausgesprochen, kömie aber gegenwärtig öffentlich nicht mehr sagen. Außerdem widersetzte er sich dem, daß die Kammer sich als Eeheim- komitee konstituiere. Im Namen der Sozialisten bat Lachin Clemenceau, Erklärungen abzugcben und verwahrte sich gleich zeitig gegen jeden Gedanken von Feindseligkeit, denn es handle sich um das Wohl des Vaterlandes. Clemenceau wiederholte, daß es ihm unmöglich sei, nach Verlauf von sechs Tagen der Schlacht schon Erklärungen über die militärische Lage abzu geben. Eine Untersuchung über die Verantwortlichkeit sei im Gange, er Werde aber nicht die Feigheit begehen, Maßregeln gegen Führer zu ergreifen, die sich um das Vaterland ver dient gemacht hätten. wi Paris, 5, Juni. (Agence Havas.) Am Schlüsse der Kämmersitzung bestanden mehrere Abgeordnete auf Festsetzung eines nahen Termines zur Erörterung der Interpellationen üb«r die militärische Lage. Clemenceau verweigerte jede Fest setzung der Debatte und stellte die Vertrauensfrage. Man schritt zur Abstimmung, und die Pertagung auf unbestimmte Zeit, welche die Regierung forderte, wurde mit 377 Stimmen dafür und 110 dagegen angenommen. wi Gens, 5. 6. Clemenceau ist entschlossen, auch in der Eeheimsitzung die sozialistische Interpellation nicht zu beant worten. Wie „Echo de Paris" meldet, wird sich der Mi nisterpräsident zeder Diskussion widersetzen. Ereignisse zur See Neue U-Boots-Erfolge s Berlin, 4. 6. (Amtlich.) Durch die Tätigkeit unserer U-Boot« wurden im Sperrgebiet um England wiederum 12VV0 Brt. versenkt. Unter den versenkten Dampfern be fanden sich zwei mittelgroße bewaffnete Dampfer, einer da von englischer Nationalität. Der Chef des Admiralstabes der Marine. * » * Zwei neue feindliche Ministerreden beleuchten die durch d«n U-Boot-Krieg geschaffenen Ernährungsnöte des Viel verbandes w>eder einmal besser, als Zahlen zu schildern vermögen. Nach „Obseroer" vom 28. 4. erklärte der eng lische Nahrungsmittelminister Lord Rhondda in einer Unter redung: „Bisher ist die deutsche Nahrüngsmittelblockade un wirksam gemacht worden mit Hilfe der Vereinigten Staaten. Aber Amerika muß nicht denken, daß die Nahrungsmittellage des Verbandes nicht wirklich gefährlich sei. Eie ist sehr ernst. Wenn Amerika seine Nahrungsmittelerzeugung und den Bau von Schiffen nicht beschleunigt, so werden die Verbandsmächle groß« Schwierigkeiten haben. Der mäßige Hunger, den wir leiden, rührt keineswegs von der knappen Welternte her. In Australien ist viel Weizen, in Südamerika viel Fleisch vorhanden, aber wir können sie nicht herbekommen." Der Ernährungsminister der Vereinigten Staaten er mahnte 500 Vertreter des amerikanischen Hotelgewerbes zu äußerster Sparsamkeit im Weizenoerbrauch und begründete diese Forderung laut „Newyork Times" vom 20. 3. mit folgenden Worten: „Wir haben festgestellt, daß die ameri kanische Ernte hinter unserer Schätzung Zurückgeblieben ist. Wir wissen heute, daß das amerikanische Volk seinen Weizen bedarf um die Hälfte einschränken muß, wenn wir unseren europäischen Verbündeten auch nur das Mindestmaß ihres Brotbedarfes liefern sollen. Es ist möglich, daß unsere Be völkerung ihren Brotverbrauch eines Tages um mehr als die Hälfte einschränke» muß. Eine wettere Schwierigkeit liegt natürlich in der stetig wachsenden Schiffsraumknappheit." Der Hunger drüben mug schon recht empfindlich sein, wenn feindliche Minister so sprechen, wenn Lord Rhondda ihn » London, 5. 6. („Reuter".) D e Admiralität meldet: Am 3l. Mat tank nach Zusammenstoß ein Zerstörer. Keine Verluste. Kleine psmttcve Nacdlicblen Die Sienervorlage pd 2n parlamentaritchen Krerjen ist man der Ansicht, daß die Steueroorlage nunmehr in ablehbarer Zeit glatt erledigt werden dürste. Der Besihlteuerontrag Gröber freilich, so meint man, hat kaum mehr Aussicht auf Annahme, nachdem die einzel staatlichen Finanzminister auch jetzt noch auf ihren entschiedenen Widerstand beharren. Vermutlich wird die Lösung in der Weise erfolgen, daß man neben der Vermögenszuwachssteuer, die jetzt zunächst für die Gesellschaften eingeführt und erst auf physische Personen ausgedehnt werden sollte, eine allgemeine Einkommensteuer in da» Steuerbukett aufnehmen wird. Der deutsch-finnische Frikdensvertrag genehmigt pd Stockholm, S. 6. „Dagens Nyhettl" melden aus Hel- singfors: Gestern nachmittag wurde vom finnischen Senat der Friedensvertrag mit Deutschland in dritter Lesung genehmigt. Der erste deutsche Zug durch Holländisch Limburg pd Amsterdam, S. 6. Wie aus Roermond gemeldet wird, ist heute früh der erste deutsche Zug durch Holländisch-Limburg gefahren. Er bestand au» 36 Wagen, die mit Holz und Brettern beladen waren. Sperrung der spanischen Grenze vs Bäsel, k. 6. Nach einer Havasmeldung aus Perpignan wurde die spanische Grenze vorgestern abend um 6 Uhr für eine unbestimmte Zeitdauer gesperrt. Finnland vf Stockholm, 6. 6. Die Zahl der wegen Teilnahme an der Revolution tn Finnland verhafteten Personen, die von den Gerichten abgeurteilt werden sollen, wird auf 60000 bis 80000 geschätzt, doch ist die Zahl der wirklichen Revolutionäre viel ae- htüger. 2n vielen Gegend«, des Landes hatten die Rote« die ganze erwachsene Bevölkerung zum Anschluß gezwungen. Italien pi Lugano, 5. 6. Wie verlautet, beabsichtigt die italienische Regierung Maßnahmen zu ergreifen, um die Verschleppung der neuen spanischen Epidemie durch Waren aus Spanien zu ver hüten. Namentlich soll die Epidemie durch Orangen, Kartoffeln und andere Nahrungsmittel übertragen werden. Di« Anerkennung der neuen ukrainischen Regierung pu Aus Kiew wird unter dem 2. d. Mts. gedrahtet: Heute nachmittag 4 Uhr fand in Kiew in der gegenwärtigen Residenz k«s Hetmans Skoropadski seitens des deutschen Botschafter» Freiherrn von Mumm und de» österreichisch- ungarischen Botschafters Grafen Forgach di« feierliche Ucber- reichung des Anerkennungsaktes ihrer beiderseitigen Regie rungen statt. Die Ansprache des deutschen Botschafters lau tete: Mein österreichisch-ungarischer Kollege und ich haben die Ehre, Eurer Erzellenz zwei Handschreiben zu überreichen, durch welche die Anerktnnung der Regierungsübernahme sei tens Eurer Erzellenz ausgesprochen wird. Die Erwiderung des Hetmans lautete: In meinem Namen und im Namen der ukrainischen Regierung danke ich für die Anerkennung. Ich werde, wie bisher, den ukrainischen Staat im festen Zu sammenhang mit den Zentralmächten führen. Nach dem offiziellen Akte sand in den Nebenräumen des Empfangs saales ein ungezwungener Cercle statt, an welchem sich nebst dem Hetman und den beiden Botschaftern das Gefolge des Hetmans und die Herren der Begleitung der Botschafter be teiligten. pr Lugano, S. 6. Der Petersburger Korrespondent de» „Messaaaero" bringt eine höchst merkwürdige Meldung: Es ist iestzustellen, schreibt er, daß die Bourgeoisie nicht nur in der Ukraine allein und in Finnland, sondern ganz Rußland zu Deutschland neige. Selbst die Kadetten und die Oktobristen verhehlen nicht mehr den Grund, daß die deutschen Heere in Rußland die Ordnung Herstellen möchten, ja sogar die Partei Miljukow ist deshalb bereit, den Deutschen die Hand zu bieten Mimin der belgische» MnMespMdemen b Le Ham«, 3. Juni. Der belgische Ministerpräsident Brocqueville ist zurückgetreten. Der König hat die Führung der Geschäfte dem früheren Vorsitzenden des Abgeordneten hauses, Looreman, anvertraut. Der Rücktritt Brocquevilles wurde nicht durch eine Meinungsverschiedenheit in Fragen der inneren oder äußeren Politik Hervorgemfen, sondern ist das Ergebnis gewisser Verschiedenheiten der Anschauungen über Regierungsmethoden. Looreman übernimmt das Porte feuille der wirtschaftlichen Angelegenheiten, eines Departe ments, welchem die Befugnisse des Departements des natio nalen Wiederaufbaues angeschlossen sind. Zu der Meldung vom Mmisterwechsel in Belgien be merkt die „Frkft. Ztg.": Die Meldung ist von einschnei dendster Bedeutung für die Politik Belgiens. Looreman ist ausgesprochener Flame. Das Kabinett Looreman bedeutet eine vollkommene Umwälzung der Flamenpolitik der belgischen Regierung. Annexionspolitik und Wirtschaftskrieg nach dem Krieg ist damit von Belgien aufgegeben. Belgien ist der erste Ententestaat, der mit den wirtschaftlichen Racheplänen der Entente offen vor aller Welt bricht. Irland; hak gegen kngland „Es ist selbstverständlich," schreibt die Amsterdamer Zei tung „Het Nieuws van den Dag" vom 22. Mai, Morgen ausgabe, „daß die Irr», die als ungefähr einziges, was England ihnen gelassen hat, den Haß gegen alles, was englisch ist, von Geschlecht zu Geschlecht vererbt haben, sich heftig dagegen anflehnen, daß England seine Hand auf die besten Kräfte des Volkes lege« und die Dienstpflicht auf Irland ausdehnen will- Allerdings hat der englische Premier minister zugesagt, daß die Einführung der Homerule voran- gehen soll. Aber die Iren sehen ihre Forderung einer Selbstverwaltung einfach als ihr Recht an. Sie sind ein selbständiges Volk. Sie verlangen als solches angesehen zu werden. Sie verlangen die ihnen zustehende Freiheit. 'Aber sie wollen sie nicht dadurch erkaufen, daß sie Soldaten an England geben. „Ich will die Blüte der irischen Jugend," sagt Lloyd George, „und ich werde Irland Homerule geben". Aber die Iren verlangen ihre Selbstverwaltung bedingungs los. Welchen Grund hätten außerdem die Iren, um für I England gegen Deutschland zu kämpfen? Sie glauben nicht I an Englands Aufrichtigkeit, was die Losung der Selbst- I bestimmung der Völker angeht, und das ist vom irischen I Standpunkt aus sehr begreiflich. Sie hassen die Engländer, I aber sie hassen die Deutschen nicht." Aie'r grmaebt wird Ein englischer Fabrikant, der mit einer Ungarin ver- I heiratet ist, befand sich bei Kriegsausbruch auf seinem ungari- I schen Besitz, durfte sich dort frei bewegen, mußte sich nur zwei- I mal wöchentlich auf dem Polizeirevier melden. — Vor kurzen, I ist er aus Oesterreich-Ungarn entlassen worden und nach der Schweiz (Zürich) übergesiedelt. — Auf dem Konsulat ist er über die Behandlung in Oesterreich ausgefragt worden, und als er nur Gutes berichten konnte, hat man ihn gewarnt, mit diesen Aussagen vorsichtig zu sein, weil er sonst keine Erlaubnis zur Heimreise erhalten und sich der Gefahr .aussetzen würde, als Spion behandelt zu werben. Dasselbe würbe ihm m Bern gesagt- , . Vie dentlcde lleberlegenbeit in der llult Amerikanische Zeitungen aus den Anfangstagen der gro- I ßen Offensive, die jetzt eintreffen, bringen in ihren Berichten über die Verhandlungen der Senatskommissionen für Militär angelegenheiten vom 25. März bemerkenswerte Feststellungen. „Chicago Daily Tribune" schreibt vom 26. März: „Nach General Wood haben die deutschen Flieger die volle Luftherr schaft über den amerikanischen Abschnitt. In einzelnen Fällen find sie so tief geflogen, daß die amerikanischen Truppen mit Revolvern auf sie schossen. General Wood gab auch der Ansicht Ausdruck, daß die fremden Kampfslugzeugmotor« lei stungsfähiger sind als der Libertymotor." Laut „Neuyork Times" vom gleichen Tage gestand General Wood, „daß I Frankreich und England enttäuscht seien über die Langsamkeit I der amerikanischen Kriegsvorbereitungen, da sie geglaubt hat- I ten, daß die Vereinigien Staaten, weM sie einmal im Kriege I seien, mehr Kraft zeigen würden." Verwendung Oec Ludendottk-Spende Ein ganz neuer Grundsatz ist für die Verteilung der I durch die Ludendorff-Spende zusammengebrachten Gelder auf- I gestellt worden. Sie fließen nicht, wie das bei anderen Samm- I lungen üblich war, in einen Zentralfonds zusammen, um von I da aus wieder über das Deutsche Reich verteilt zu werden, I sondern sie bleiben von vornherein in dem Landesteil, in den, I sie gesammelt worden sind. Jeder Spender hat also die Ge- I wißheit, daß seine Gaben denjenigen Kriegsbeschädigten zu- I gute kommen, die ihm am nächsten stehen müssen. Nur «in I Bruchteil der gesammelten Gelder, nämlich 15 Prozent, wird I an die Zentralstelle abgeführt und bildet einen Ausgleichs- I fonds, der denjenigen Landesteilen zugute kommt, tn denen I infolge ärmerer oder weniger zahlreicher Bevölkerung das I Ergebnis hinter ander«« Lande»teil»n zurückbleiben mutz." I Die Aufgaben» bi» mit den gesammelten Mittel« zu löse« sind, umfassen in Ergänzung der staatlichen Fürsorge: Fort setzung der Heilbehandlung, Berufsausbildung, Arbeitsbeschaf fung, vor allem aber in gewissen Fällen Bargeldunterstützung. Die Notwendigkeit einer solchen hat sich auf Grund der bisherigen Kriegserfahrungen bereits helausgestellt. Es gilt häufig, dem Kriegsbeschädigten mit seinen Angehörigen übe;r die Zeit hinwegzuhelfen, in welcher er für seinen Beruf wieder tauglich gemacht werden soll; es gilt, falls er fick «in«m neuen Beruf« zu wenden muß, ihm Arbeitsgerät und Arbeits kleidung zu schaffen; es gilt, dem «inen oder anderen das Kapital vorzustrecken, mit dessen Hilf« «r sich selbständig machen kann. In zahllosen Füllen wird die Wiederaufrichtung der wirtschaftlichen Eristenz des Kriegsbeschädigten davon ab hängen, ob ihm eine gewisse Geldsumme zur Verfügung gestellt werden kann. Gerade dies« segensreiche und notwendige Art.der Un terstützung indessen erfordert naturgemäß außerordentlich große Mittel. Um so mehr darf darauf gerechnet werden, daß bei der Bemessung des Beitrags jeder einzelne bis an die Grenze seiner Leistungsfähigkeit herangeht. veuilcder fielebrtsg Berk«, 4. Juni. Vizepräsident Dr. Paasch« gedenkt des gestorbenen Präsidenten in längerer Rede, während der das Haus sich von den Plätzen erhebt. Reichskanzler Graf von Hert ling: Der schwer« Schlag, welcher den Reichstag durch den Tod seines hochverehrten Präsidenten bettoffen hat, hat bei den verbündeten Regie rungen und der Reichsleitung auf das schmerzlichst« Anteil nahme gefunden. Der Verewigte war «in Mann von großen Talenten, des Geistes und des Herzens, von vielseitiger Bildung, von vielgestaltigem Interesse und vor allem «in Alann der Arbeit und der Pflicht, berufen zu großer Zeit an der Spitze des Hauses zu Stehen. Er hat seines Amtes unermüdlich gewaltet, bis ihn «ine schwer« Krankheit davon fernhielt und der Tod ihn davon erlöst«. Sein Andenken wird in Ehren bleiben. (Bravo!) Vizepräsident Dr. Paasche bringt sodann «ine Reihe von Beileidstelegrammen zur Verlesung, darunter solch« vom Kaiser, Hindenburg, dem Reichskanzler, Ludendorff, frem den Parlamenten, und gedenkt mit warmen Worten des Wer kes unserer braven Truppen bei den neuen schweren Kämpfen, die uns in siegreichem Vorgehen bis an die Ufer der Marne gebracht haben. Jetzt, wo wir nach dem Osten hin die Hände frei haben, wird es uns gelingen, den entscheidenden Schlag zu führend Für das neu« Blutvergießen sind nicht wir ver antwortlich, sondern die, die unsere Friedenshand zurückge wiesen haben. Hoffentlich gelingt es unseren Truppen recht bald, einen ehrenvollen Frieden zu erreichen. (Beifall.) Vor Eintritt in die Tagesordnung ruft Vizepräsident Dr- Paasche den Abgeordneten Cohn-Nordhausen (U. Soz.) noch für eine Aeußerung in seiner letzten Rede vor Pfingsten zur Ordnung. Die Anleihegedenkschrift für die Schutzgebiete 1916 wird in einmaliger Beratung ohne Erörterung erledigt. Ls folgt die Beratung der Novelle zum Schutzhaftgesetz vom 4. Dezember 1916 in Verbindung mit dem mündlichen Be richt des Ausschusses für den Rrichshaushalt und über die Handhabung des Belagerungszustandes und der Zensur. Di« Erörterung dieses Ausschußberichtes wird auf Antrag Scheid«- mann vorweggenommen. Abg. Freiherr von Rechenberg (Ztr.): Das Echutzhaftgesetz sollte die Auswüchse des Be- I lagerungszustandes beseitigen, hat sich aber als lückenhaft I erwiesen. Wir wünschen gleiches Recht für alle. Abg. Bauer (Soz.): Das Wort: Ich kenne keine I Parteien mehr! gilt nur noch bedingt. Versammlungen der I Vaterlandspartei werden gestattet und begünstigt, sozialdemo- I kratische Versammlungen aber verboten, namentlich in der I Wahlrechtsfrage. Man befürchtet Beunruhigung im Volke; I diese wird aber durch Verschandelungen im Landtag, nicht I durch Versammlungen verursacht. Das Versammlungsrecht I der Gewerkschaften wird vom Kriegsministerium nicht mehr I so wohlwollend gehandhabt wie zur Kanzlerschaft Bethmann I Hollwegs. Jetzt prallen alle Beschwerden beim Kriegsmini- I sterium ab- Unsere Forderung bleibt die Beseitigung d«s I Belagerungszustandes. Staatssekretär Wallraf: Auf Einzelheiten wird erst I morgen eingegangen werden können. Für heute soll fest- I gestellt werden, daß die Regierung den Beschwerden der Ge- I wirtschaften nicht ausnahmslos ablehnend gegenübersteht. Im I Gegenteil, manche Härten sind in Verbindung.mit den Mili tärbehörden beseitigt worden. Auch hinsichtlich des Verbotes sind wir bestrebt, Milderungen herbeizuführen. Im übrigen aber sind Belagerungszustand und Zensur Kri«gsnotwendig- keiten. In den feindlichen Ländern wird schärfer vorgegangen als bei uns. Abg. Freiherr von Richthofen (natl.): Auch ich bin in Schlesien unter das Redeverbot gefallen. Die Bevölkerung hat aber Anspruch darauf, ihren Abgeordneten zu hören- D«r Reiseverkehr muß durch Erleichterung der Paßvorschristen gefördert werden. Nachdem wir im Osten zum Frieden ge kommen sind, sollte auch die Besprechung der Ostfragen zensurfrei gelassen werden. »Och Der Aeltestenrat des Reichstages trat gestern vor Beginn der Vollversammlung zusammen und einigte sich dahin, di« Wahl des Präsidenten des Reichstages soll auf dre Tagesord nung vom Donnerstag gesetzt werden, damit in der Zwischen zeit die Fraktionen hierüber beraten können und das Ergebnis dieser Fraktionsberatungen in einer neuerlichen Sitzung de» Aeltestenrates besprochen werden kann. Man hofft, soweit sich heute übersehen läßt, gegen Mitte Juli die Sommer pause beginnen zu können. vrr vertagt« Landtag Unter dieser Ueberschrift wendet sich die Leipziger Zeitung mit folgenden Ausführungen gegen jährlich« Landtags tagungen: Es liegt in der Natur der Sache, daß «in Parlament bei gewissen Abschnitten seiner Tätigkeit kein ungeteilte» Lob davonträgt. Jede Partei hat auf einen Teil ihrer Hoff nungen verzichten müssen, und so wrrd sie ihre Erfolge d«m eigenen Verdienste, die Mißerfolge dagegen der Unbelehr barkeit der Gegner oder-dem Eigensinn der Regierung zu- schreiben. Die Regierung, di« das sachliche Ergebnis un parteiisch übersieht, wird dagegen öfters in die Lage kommen, ven Landtag und seine Allheiten vor der Oefsentlichkeit zu rechtfertigen. Und fürwahr, der Landtag hat in seiner letzten sechs- bis siebenmonatigen Tagung doch recht Ersprießliches geleistet. Es wird kaum ein Parlament geben, das in dieser Kriegszeit eine so bedeutsame Aufgabe gelüst hat wie die Ver staatlichung des sächsischen Kohlenbergbaues. Diese Aufgabe in einem Staat« zu bewältigen, wo der Kohlenbesttz zu einem großen Teile bereit, erschlossen ist, ist in der Tat so ane»