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Leipziger Tageblatt ipzig zig. i' 9. >r l- «oiiss 07931 «»»» ^>^5^,- ü^^a^r,iE «alliLLLL» ilfaxre »atürl. kur kur deouia- ««« 1 3 0) 693 28 875 24 660 91 542 1 l L k L 1 2 se^. 11483 große- 1 zu l5 000, 108544 24 231 482 41 t «500, 51 281 6 3 8 8 8 >,»S7 ». 11. »er Rr. 111. 1VS. Jahrgang L. Beilage Donnerstag, SS. April 1VVV r. Gerichtssaal. Neichsgericht. r«. Leipzis, 20. April. LÜegea G«twen»an« »«» Fahrrädern ist am 1L. Februar vom Laub, gerichte Leipzig b« Tapezier« Bruno Hellwig zu 5 Fahren Zuchthaus verurteilt worden. Sein« Revision wurde vom Reichsgerichte verworsen.— ÄleichsallS verworfeu wurde die Revision des Elektromonteur» KarlLieck- srldt, der vom Landgerichte Freiberg am 29. Januar wegen schweren Rück- sallsdiebstahlS verurteilt worden ist. b 8 3 6 7 l 3 8 32» 8.7 647 444 !« 4) lsdorf. en. den. . Fritz eipzig. 8 620 622 1.42 967 275 24 19 43 31 3 7 1 II 3 1 83 6 48 45 18 1 II» 373 ASniglicher Landgericht. ; Leipzig, 21. April. Merkwürdige Erfinderideen entwickelte der 25 Jabre alte Kaufmann und Artist Curt Spranger, der unter der Anklage der Eiprestung und des DiebstadlS der vierten Strafkammer des Landgerichts aus der Strafanstalt Tegel vorgejührt wurde, wo er eine Gefängnisstrafe von drei Jahren abzusitzrn hat. Der Angeklagte stammt aus Dresden. Wegen Betrugs, Zuhälterei, Kuppelei und dergleichen mehr hat er mit de» Gerichten schon olt Bekanntschaft gemacht. Bon Beruf Kaufmann, hat er sich bald dieser, bald jener Beschäftigung zugrwandt, und ist schließlich unter dir Artisten gegangen, er wurde der Manager einer Ringkämpfergesellichaft. Da verfiel er auf eine Idee, mit der er Geld zu verdienen hoffte, er wollte nämlich» angeregt durch die Hinrichtung des Berliner Raubmörders Hennig, eine solche Exekutiv» mit all ihrem Drum und Dran auf die BarietSbübne bringen. Ter Delinquent, dem ein falscher Kopf ausgesetzt werden sollte, sollte um diesen Kovf kürzer gemacht werden, der Henker im Frack sollte den Kopf dem Publikum zeige» usw. Sprang« hatte fick, wie er behauptete, auch schon die erforderlichen Apparate bauen lasten, da er aber keine Zadlung leinen konnte, so wurden sie mit Arrest belegt. Dieser schlechte Erfolg dielt ihn aber nicht ab, weitere Attraktionen zu ersinnen. Auf einem Pferde sitzend, wollte er im Zirkus von einer Plattform au- einer Höhe von zwölf Metern einen Salto wortals in ein Wafferbasstn auSsühreu. Dazu erfand er einen Apparat, der Rofi und Reiter im Salto werfen und mit größter Präzision funktionieren sollte. Vom Zirkus Busch will Spranger bereits für Erde September vergangenen Jahres engagiert gewesen sein, da kam aber seine Verhaftung wegen seiner Betrügereien, wegen deren er sich auch noch io Berlin zu verantworten haben wird, dazwischen und mit dem Grldverdienen war es wieder nichts. Im vergangenen Sommer wohnte Spranger bei einer WIltwe S., wo auch ein gewisser M, der sich für einen Ingenieur auSgab, mit einem in seiner Begleitung befindlichen Mädchen sich einlogiert hatte. Außer dieser Bekanntschaft lernte Spranger dort auch eine Kellnerin B. kennen, der er von seinen Erfindungen und seinem Bankgnthabeu erzählte, mit der er sich ver lobte und von der er dann sich öfters Darlehen geben ließ. DaS Mädchen batte auch fünf Pfandscheine über sehr wertvolle, ihr gehörende Schmuckgegenstände, Spranger ließ sich diese Pfandscheine zum Einlöien deS Schmuckes geben und verkaufte sie daun für 100 an einen Wirt. Als die B. das erfuhr, machte sie ihm Vorwürfe, die er mit Ohrfeigen beantwortete. Dann verschwand Spranger, aber schon nach einigen Tagen erhielt die B. rin Telegramm, sie solle auf den Meßplatz kommen, wo er sie erwarten werde, das Mädchen ging auch hin, machte sich aber schnell wieder aus dem Staube, al» sie bei Spranger einen Revolver bemerkte. Zwei Tage danach ließ Spranger da- Mädchen in einen Hausflur rufen, er verlangte von ihr 2b zur Reise nach Berlin, wo er sein Zirkusevgagement antreten müsse, verschwand daun aber, al- die B. einen Schutzmann herbeiholeu ließ. Für seine HinrichtuugSszene hatte Spranger den sogenannten Ingenieur M. nnd dessen Begleiterin engagiert. Der letzteren stahl er auS der Wohnung Kleider, Straußenfedern und sonstige Sachen im Werte von 230 Diese Sachen hat er daun gemeinichastlich mit M. sür 10 versetzt, zwei Tage darauf wurden beide verhaftet, aber nach kurzer Zett wieder auf freien Fuß gesetzt. M. suchte den Sprang« zur Flucht uach Basel zu veranlassen, wohin er nach Einlösung der artistischen Apparate Nachkommen werde. Spranger aber zog es vor, nach Berlin zu fahren, von wo au- er am 8. November an M. schrieb, er muffe ihm, dem Brieslchreiber, unter allen Um ständen Ä 0 zur Flucht schicken, bekomme er das Geld nicht, daun werde er sich eine Kugel in den Kopf schießen, ihn, seinen Komplicen, aber vorh« als Anstifter zu dem Diebstahl anzrigen. Dar Gericht hielt die Erpressung nicht sür erwiesen, dagegen den Diebstahl, und verurteilte de» Angellagtru zu einer Zusatzstrase von drei Mouaten Gefängnis. Eine ganz durchtriebene Hochstaplerin stand vor der zweiten Stras- kammer des Landgerichts unter der Anklage des Rückfallsbetrugs. Es war die 82 Jahre alte, anS München stammende Schauspielerin Gisela Ammann. Dir Angeklagte hat eine sehr gute Bildung genossen, sie war, wie sie behauptete, fünf Jahre lang zu ihver Ausbildung auf dem Konservatorium, scheint auch als Schauspielerin tüchtig gewesen zu sein, denn sie war am Münchener Gärtner-Theater und am Burgtheater in Wien engagiert. Die Ammann ist dann aber vom Jahre 1899 an auf falsche Wege geraten und hat sich eine Anzahl Betrügereien zuschulden kommen lassen, weswegen sie denn auch wiederholt bestraft worden ist. Gegenwärtig verbüßt sie eine Gefängnisstrafe von neun Monaten in Magdeburg, von wo sie dem Gericht hier vorgeführt wurde. Anfang August v. I. tauchte die Ammann, auf ihren Fahrten hier in Leipzig auf, sie kam zu der Inhaberin einer feinen Familienpension und wünschte sich auf einige Zeit einzumieten. Die Pensionsinhaberin Fran H. zeigte ihr zuerst ein Zimmer für den Preis von 1,50 für den Tag, das Zimmer war der Mieterin aber nicht elegant genug und sie mietete ein Zimmer für 3 pro Tag. Auf dir Frau H. verstand die Ammann einen sehr guten Eindruck zu machen, sie erzählte der Wirtin, daß sie die Schau- Ipielerin Gisela Dora Melitta Wagner-Hellmuth sei und ein Engagement an das Deutsche Theater in New Pork mit einem Jahresgehalt von 6000 habe. Sie wolle sich hier in Leipzig einige Zeit aufhalten, um ihre Reisevorbereitungen zu treffen und sich eine Gesellschafterin zu suchen. In der Tat hat die Ammann denn auch durch eine Vermieterin die Schneiderin St. als Begleiterin engagiert, sie machte dem Mädchen begreiflich, daß es am besten sei, wenn auch ihre Sachen mit in ihre, der Ammann, Reisekofser gepackt würden. Und so ließ sich die St. auch verleiten, ein Kostüm im Werte von 60 herzugeben, das die Ammann allerdings nicht in ihrem Koffer unterbrachte, sondern schleunigst anzog, worauf sie verschwand. Der Frau H. war sie für Wohnung und Kost etwa 50 .tl. schuldig geworden, davon hat die H. nur 5 .ik bekommen. Ein Verdacht, daß es mit der Mieterin nicht ganz richtig sei, war wohl in der Frau H. aufaetaucht, aber sie hatte den Verdacht immer wieder unterdrückt, schließlich fragte sie bei b:r Firma an, bei der die Ammann sich einen Reisekoffer bestellt haben wollte, und da erfuhr sie, daß von einer solchen Bestellung in dem Geschäfte nichts bekannt war. Nach dem Verschwinden der Mieterin machte Frau H. Anzeige und nach einigen Tagen wurde die Ammann gefaßt. Sie wird wegen ähnlicher Schwindeleien noch von den Staatsanwaltschaften in Berlin und Darm- stadt gesucht. In der Verhandlung vor dem hiesigen Landgericht erklärte die Angeklagte, daß sie in Not gewesen sei. Die Strafkammer er kannte gegen die Angeklagte wegen Rückfallsbetrugs auf -eine Zusatz- strafe von sechs Monaten Gefängnis, so daß die Ammann vorläufig insgesamt ein Jahr und drei Monate Gefängnis zu ver büßen hat. Deutscher Reichstag. Berlin, 21. April. sPrivattelegramm.) 242. Sitzung. StimmrrngsbUd. Es gibt noch UeberraschunK-n auf der Welt. Der Antrag Wölzl, der den städtischen Oktrois erne Gnadenfrist bis 1914 ge währen wollt« uyd um den sich gestern die Parteien fast ausnahmslos in sich selbst veruneinigten wird in der namentlichen Abstimmung mit großer Mehrheit adgelehni, oder er fällt von selbst um, weil der Kom- Missionsantrag, der über die ganze Petition den Uebergang zur Tages ordnung verlangt, mit 238 gegen 61 Stimmen angenommen wird. Der namentlichen Abstimmung halber ist das Haus schon zu Beginn der Sitzung stark besetzt. 302 Abgeordnete erheben sich bei der Zählung. Das ist ein seltener Anblick, aller der Oktrois zuliebe oder vielmehr zu leide, denn sie teilt ja nun das Los aller echten, rechten Petitionen, aus denen nie etwas wird. An die Spitze des Tages stellt sich Herr Erzberger mit einer großen Red: über die Unverletzlichkeit der Gesetze. Dem bayrischen und sächsischen Bevollmächtigten reibt er die gestrige Haltung derb unter die Nase, und Herr Geheimrat Fischer lächelt verbindlich. „Aus wüchse der Gcmeindeautonomie" und „Unfug der Selbstverwaltung", soll man das weiterhin dulden? Das sei ferne! Für diese Rede bekommt Herr Erzberger vom Genossen Ulrich die Schmeichelei zu hören, er sei ein weißer Rabe unter seinen schwarzen Kollegen. Tann tritt noch einmal Hcrc Wölzl selber hin und sucht seine Position zu retten, aber es nutzt ihm nichts. Wohl findet er bei Herrn Speck sZtr.) Verständ nis — in dieser komischen Debatte geht es nun einmal nicht anders, als daß Bruder wider Bruder streitet, siehe Speck kontra Erzbcrger — also bei Herrn Speck findet er Verständnis, aber dann richtet sich noch zum Schluß Herr Basser mann auf und gibt die Losung zu dem Todes urteil, von dem jetzt Wölzl und sein Oktroi ereilt werden. Also sind wir nun um eine Petition leichter, und wenn Herr Basscrmann recht be hält, werden unsere Lebensmittel billiger. Der zweit«: Punkt der Tagesordnung ist schnell geschafft. Den Polen wird die Freiheit des Grundeigentumserwerbs in dritter Lesung debattelos genehmigt. Das haben sie ihren schwarzen und roten Brüdern zu verdanken. Auch die Freisinnigen stimmten mit >:in. Der letzte Punkt, das Erfinderrecht der Angestellten und Arbeiter, kommt aus Rechnung der Wirtschaftlichen Ver einigung. In geistiger und materieller Hinsicht soll besagtes Erfinder recht geschützt werden. Herr Lattmann begründet b:n Antrag. In der allgemeinen Diskussion ergibt sich dann, daß es im wesentlichen auf eine Revision des Patentanmelbewesens ankommt. Der Abg. Dr. Iunck sNatl.) beleuchtet auch die ideelle Seite des Erfinderschutzes, den Schutz des Ehrenrechts. Da im übrigen alle Redner sich «einig zu sein scheinen, schließt man die Diskussion und nimmt den Antrag in erster Lesung einstimmig an. Bei der späteren genauen Formulierung wird es aber wohl doch noch einen lebhaften Meinungsaustausch geben. Sitzungsbericht. Am DuudesratStische: die Kommissarien. Präsident Graf Stolberg eröffnet die Sitzung 2 Uhr 25 Minuten. — Tie Beratung des Berichts der Petitionskommission über die Petition wegen Abänderung bzw. Aufhebung des Z 13 deS Zolltarisgesetzez von 1902, die Beseitigung der st ädtijchen Oktrois abl. April 1910, wird fortgesetzt. Die Kommission beantragt Uebergang zur Tagesord nung. Von Woclzl sNatl.) wird beantragt, die Frist des Bestehen bleibens der Oktrois bis Ende 1914 auszudehnen, bzw. die Petition in dieser Beschränkung den verbündeten Regierungen zur Berücksich tigung zu überweisen. Abg. Erzbcrger sZtr.): Sonderbarerweise sind gestern von Herrn Gothein immerfort nur Angriffe gegen das Zentrum gerichtet worden: in den übrigen Parteien gibt es auch Strömungen für den Antrag Woclzl. Ich bin gegen eine weitere Hinausschiebung der Aushebung der Oktrois, ebenso wie nur ein Teil des Zentrums 1902 für den 8 13 des Zolltarifgesetzes gestimmt hat. Dabei gebe ich aber zu, daß sür Bayern, wo die Reform der Steuergesetzgebung bevorsteht, besondere Verhältnisse bestehen. Auch erkenne ich an, daß die Folgen des ZollttarifgesetzeS in früheren Jahren noch nicht so zu übersehen waren als jetzt. Abg. Ulrich iSoz.f- Der Gang der Debatte zeigt, daß es sich bei der Petition wie bei dem Antrag Woelzl um mehr handelt, als bloß um die Hinausschiebung des Gültigkeitstermins für den 8 13, nämlich um eine völlige Beseitigung. Man würde den 8 13 jetzt schon beseitigen, wenn nicht der augenblickliche Zeitpunkt gar so ungünstig wäre. In dem Moment, in dem man von uns über 500 Millionen Steuern, hauptsächlich aus indirektem Wege, verlangt, will man den Gemeinden das Recht der indirekten Oktroisteuer einräumen. Eine derartige Politik können wir nicht mitmachen. Wir stimmen für die Aufrechterhaltung des 8 13, somit gegen den Antrag Woelzl. Herrn Basscrmann bitte ich, seinen ganzen Einfluß aus seine Fraktionsgenossen geltend zu machen, damit der 8 13 aufrecht erhalten bleibt. sZurui Bassermanns.) Ich registriere mit Vergnügen, daß die Mehrzahl der Nationalliberalen für de-n Uebergang zur Tages ordnung eintreten wird. Abg. Woelzl sNatl.): Herr Gothein hat gestern die abfällige Kritik erwähnt, die die Arbeit des Vorstandes des bayerischem Statistischen Landesamtes über die direkten Steuern in Preußen und Bayern in den Conradschen Jahrbüchern erfahren hat. Inzwischen hat diese Kritik durch den Urheber jener Arbeit eine sehr deutliche Abfertigung in de» „Münchener Neuesten Nachrichten" erfahren. Herr Bassermann sprach gestern vom Standpunkte Mannheims aus. Wären ihm die Verhält nisse Münchens genauer bekannt gewesen, würde er wohl einen anderen Standpunkt zu dieser Frage einnehmen. Ich möchte Sie dringend bitten, meinem bescheidenen Anträge zuzustimmen. sBeisall.) Abg. Speck sZtr.f: Herr Ulrich sollte sich über die neue Wirtschafts politik ein Privatissimum von Schippel lesen lasten. Herrn Gothein bemerke ich, daß ich den Einslnß des Oktrois auf die Preisbildung nicht geleugnet habe, sondern daß ich nur gesagt habe, daß der Oktroi in Bayern bei den geringen Sätzen, die dort erhoben werden, von ver schwindendem Eirnluß sei. Der Angriff des Abg. Gothein gegen den Vor stand des bayerischen Statistischen Landesamtes war vollständig de placiert, denn die Statistik, die ich gestern angeführt habe, rührt nickt vom bayerischen Statistischen Landesamt, sondern aus dem Kaiserlichen Statistischen Amt in Berlin her. Wenn ich mich gestern nun ans Opportnnitätsgründen für Beibehaltung der Oktrois bis 1914 ausge- svrochen habe, habe ich nichts anderes getan, wie Herr Gothein selbst, der 1902, als die sofortige Aufhebung der Oktroi- beantragt war, die Hinausschiebung empfahl, damit die Gemeinde sich ain die Aushebung der Oktrois einrichten konnte. sSehr gut! rm Zentrums Herr Gothein wirst uns vor, das Prinzip der Zentrumspartei sei ein Prinzip der Prinziplosigkcit. Er sollte mit solchen Vorwürsen doch etwas vorsich tiger sein. Zeugt es von Ueberzeuaungstreue, wenn der Freisinn in Preußen die Polenpolitik verwirft, aber hier beim Postetat für die Ost markenzulage stimmt? sBeisall im Zentrum.) Abg. Bassermann sNatl.): Es besteht Gefahr, daß später eine Reihe von Städten mit abermaligen Petitionen kommt, so daß der 8 13 illusorisch wird. Dazu möchten ich und ein großer Teil meiner Freunde nicht die Hand bieten. Gegenüber verschiäenen Behauptungen stelle ich fest, daß in Mannheim, und anderwärts wird'S ebenso gewesen sein, das Brot hauptsächlich in den ärmeren Stadtteilen billiger wurde, als nach dem Fallen der Zollschranken Brot und andere Backwaren vom Lande eingefübrt wurden. Eine Versassungsverletzung, wie Abg. Lender behauptete, liegt nicht vor. Reichstag und Bundesrot können jederzeit ein Spezial gcsetz erlassen oder celeieigcn. Wir halten das Aolltarisgesetz für ein einkeitlickes, zusammenhängendes Werk, das nicht zerstört werden darf. Als Kompensation für die Ver teuerung der Lckensmittcl durch de» Zolltarif, namenstlck sür die ärmere Broölterung, verlangen wir tsie Aufhebung des 8 13 und bii'k», für den Uebergang zur Tagesordnung zu stimmen. Damit schließt die Beratung. Nach persönlichen Bemerkungen der Abgg. Erzderger und Gothein, welch ie^tcrcr unter an dauernder g'. ßer Unruhe des stark gefüllten Hauies sich gegen den Vor wurf der Prinzipienlosigkeit verwahrt, wird zur Av'tr m mn ng ge- schrilten. - In namentlicher Abstimmr.rz wird der Kommissionsantrag auf Uebergang zur Tagesordnung mit 238 gegen 61 Stimmen, bei 3 Stimmenthaltungen, angeuommeu, womit der Antrag Woelzl erledigt ist und auch die über diesen bean tragte namentliche Abstimmung entfällt. ES folgt die dritte Beratung des von polnischen Abgeordneten beantragten und in zweiter Lesung unverändert angenommenen Gesetzentwurfs: Keinem Reichsangehöriaen dürfen mit Rücksicht auf Glaubensbekenntnis, politische Gesinnung ober Nationalität Beschränkungen irgendwelcher Art bei Erwerb oder Veräußerung von Grundeigentum oder Errichtung von Wohnstätten auferlegt werden. Alle entgegenstehenden landesgesetzlichen Bestimmungen werden aufgehoben. — Ohne Dis kussion wird der Gesetzentwurf im einzelnen in der Gesamtabstimmung gegen die Stimmen der Rechten nnd fast aller Nationallibcralen endgültig angenoomme«. Zur Beratung steht hierauf der Antrag der Wirtschaftlichen Ver einigung: Den Reichskanzler zu ersuchen, bei der bevorstehenden Reform des Patentgesetzes in dasselbe Bestimmungen auf- znnehmen, durch die die Erfindungen der technischen Angestellten und Arbeiter in geistiger und materieller Beziehung mehr als bisher geschützt werden. Abg. Lattmau« sWirtsch. Vag.) begründet diesen «Antrag, der eine wichtige Frage betreffe, an der die Arbeiterunlernehmer großes Interesse hätten. Wir haben gestern alle Petitionen der technischen An gestellten der Regierung als Material überwiesen, aber ohne Dis kussion. Die Verträge zwilchen den Arbeitgebern und den Angestellten enthielten zum großen Teil keine ausdrückliche Bestimmung darüber, was aus den Erfindungen der Angestellten wird. In der Regel hat der Angestellte nur dann Anspruch auf seine Erfindung, wenn feststeht, daß der Arbeitgeber nicht dabei beteiligt ist. Aber um fcstzustelleu, ob dies der Fall ist, mangelt es an jeder gesetzlichen Grundlage, und daß die Rechtsprechung in diesem Punkte unklar ist, das hat auch der Juristentag anerkannt. Der Redner weist an Hand der vom Bunde der technisch-industriellen Beamten gemachten Aufstellung nach, daß der Nutzen aus der Erfindung in der Regel dem Dienstherrn zufallt. W>g. Dove sFrs. Vga.): Dem Anträge wird hier wohl kaum wider sprochen werden. Die Schwierigkeit beginnt erst bei der Frage, mit welchen Mitteln das Ziel erreicht werden soll. Die Namensnennung des Erfinders muß zugebilligt werden. Unser Patentgesetz beruht auf der Annahme, daß der Anmeldende des Patentes gleichzeitig der Er- sinder ist. Man wird aber nicht so weit gehen, den Angestellten die Möglichkeit zu bieten, lediglich in seinem Interesse Erfindungen zu machen. Er hat auch auf die Wissenschaft und die Allgemeinheit Rück sicht zu nehmen. Weitere Schwierigkeiten dürfte die Festsetzung der An sprüche bieten. Einerseits wird dahin zu arbeiten sein, dem wirklichen Erfinder ohne zu großes Risiko zu seinem Recht zu verhelfen, anderer seits nicht die Tätigkeit des Patentamtes zu erschweren. Im übrigen sollten wir dem Anträge zustimmen, um damit daS große Interesse ver Volksvertretung an einer baldigen Rebistss »es Patentgesetzes zu bekunden. Abg. Juuck sNatl.): Es handelt sich hier um eine außerordentlich wichtige-Frage, die aber nur bei einem neuen Patentgesetz geregelt wer- den kann. Die Schwierigkeit beginnt erst, wenn es sich darum handelt, eine bestimmte Form für den Schutz der Angestellten zu finden. Es handelt sich hier um die Lösung eines schwierigen sozialen Problems und wir werden mit allem Ernst an diese Frage herantreten. Vor der Schaffung eines zwingenden Rechts werden wir nicht zurückschrecken: Kuliverträge, wie sie oft vorgekommen sind, müssen unmög lich gemacht werden: der Angestellte mnß einen angemessenen Nutzen von seiner Erfindung haben: in dieser Beziehung könnte das österreichische Gesetz vvrbikdlich sein. Wir können nur wünschen, daß die Reform des Patentqesetzes uns bald vorgelegt wird; an unserer Mitwirkung soll eS nicht fehlen. sBeisall.) Abg. Nacken sZtr.): Wir stimmen dem Antrag zu, wie jeder sozial fühlende Politiker ihm beitreten muß. Die Schaffung eines einheit lichen Rechts für die Privatbeamten ist nach wie vor eine dringende Forderung meiner Partei. Abg. Frank-Mannheim sSoz.): Meine Freunde werden dem An trag zustimmen. Aber über die soziale Ausgestaltung des Patentgesetzes gehen, wie die Debatte ergeben hat, die Meinungen auseinander. Einig ist der Reichstag in dem Verlangen nach dem Schuh des Erfinder namens. Der Kernpunkt aber ist die Entschädigung des Erfinders oder die Gewährung von Gewinnanteil durch die Arbeitgeber. Die Per sönlichkeit der Angestellten muß gegenüber der Nebermacht deS Groß kapitals geschützt werden. Daraus wird der Antrag Lattmann-Behrens fast ein- stimmig angenomme-, Schluß nach 6 Uhr. Nächste Sitzung Donnerstag 2 Uhr: Resolution Ablaß und Ge noffen, betreffend Einfuhrscheine.