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halten läßt. Meine Stellung zur Sozialdemokratie ist bekannt; ich habe sie oft genug kundgegeben und meine Quittung hierfür in der sozialdemo kratischen Presse erhalten. Ein Paktieren mit der von Haß gegen die Arbeitgeber erfüllten Sozialdemokratie gibt es für ' mich nicht; jeder Versuch, zu paktieren, ist mir stets als Schwäche erschienen und der Glaube, durch Nachgiebigkeit und Nachsicht die Sozialdemokratie zu ge winnen und zur Mitarbeit an den Auf gaben des Staates zu bestimmen, als ein verhängnisvoller Irrtum. Ich denke, wenn ich die Arbeiten, welche wir im Laufe der letzten 24 Jahre in unseren Vereinen auf dem Gebiete der sozialen Gesetz gebung geleistet haben, ins Auge fasse, nicht zum mindesten auch an unsere Mitwirkung auf dem Gebiete der Arbeiterschutzgesetzgebung und der Gewerbeordnung, an die Kämpfe um die Utopie eines Normalarbeitstages für erwachsene männliche Arbeiter, eines Minimallohnes und der Einführung des Zerrbildes, eines parlamentarischen Regimes in die Fabriken in der Form von Arbeiter ausschüssen. Es galt eine Zeit, zu welcher man in diesen an den berufensten Stellen unserer Regierung das Allheilmittel für alle soziale Un zufriedenheit erblickte und diejenigen als rück ständig in ihren Anschauungen über das Ver hältnis des Arbeitgebers zum Arbeiter und als Despoten bezeichnete, welche an dieses Allheil mittel nicht glaubten. Es bedurfte der größten Anstrengung der Industrie, um zu verhindern, daß die Bildung dieser Ausschüsse durch die Ge werbeordnung als obligatorisch eingeführt wurde, und wir waren froh, daß sie nur fakultativ ein geführt wurden. Und heute? Die Frage ist von der Tagesordnung der öffentlichen und parlamentarischen Diskussion geschwunden, und wo die Arbeiterausschüsse eingeführt waren, führen sie ein Scheindasein oder sie sind ein geschlafen. Wenn ich aber hierbei mit Befriedigung die Tatsache registriere, daß innerhalb der Arbeiter unserer Eisen- und Stahlindustrie nie auch nur der Versuch einer irgend nennenswerten Streik bewegung gemacht worden ist, auch nicht während der durch den Streik der Bergarbeiter im Jahre 1889 herbeigeführten gewaltigen Erschütterung unseres gesamten Wirtschaftslebens, so tue ich dies lediglich, um zu konstatieren, daß alle die vielfachen Versuche, welche von berufener und unberufener Seite zur Verbesserung des angeblich veralteten Anschauungen unterliegenden Verhält nisses der Großindustrie zu ihren Arbeitern gemacht wurden, hier durchaus unangebracht sind. Denn wir haben im großen und ganzen zufriedene Arbeiter, wenn die Unzufriedenheit nicht von außen hereingebracht wird, und ich habe jeder Immiszierung Dritter in unsere Arbeiter verhältnisse von jeher den Grundsatz entgegen gestellt, daß der Arbeitgeber in guten wie in schlechten Zeiten mit seinen Arbeitern selbst fertig werden müßte. Und nun, meine verehrten Herren, werden Sie mich fragen, warum ich so ausführlich geworden bin, warum ich aus meinen Erinnerungen gerade dieses und jenes herausgegriffen habe. Ich tat das, erstlich der Versuchung folgend, hier gern das noch einmal vorzuführen, was ich in Gemein schaft mit Ihnen durchdacht, verhandelt und gearbeitet habe. Dann aber tat ich es auch, um Ihnen den Beweis zu führen, wie sehr ich mich mit den Anschauungen unserer Industrie bisher und auch jetzt noch identifiziere und wie sehr ich mich immer in diesen Anschauungen bewegen werde. Ich wollte Ihnen damit beweisen, daß es mir ganz unmöglich sein würde, mich im Geiste von Ihnen zu trennen und meine Interessen nicht mehr allen denjenigen hoch wichtigen Fragen zuzuwenden, die mich Jahr zehnte lang beschäftigt haben. Und nachdem die letzte Delegiertenversammlung des Central- verbandes Deutscher Industrieller mir die Ehre erwiesen hat, mich wieder zum Vorsitzenden des Centralverbandes zu erwählen, werde ich ja Ver anlassung haben, mich nach wie vor mit allen Fragen und allen Interessen des Industriebezirkes zu beschäftigen, und ich werde in der Lage sein, dieses noch intensiver und mehr tun zu können als bisher.“ Dies Versprechen hat der Verewigte in vollem Umfange gehalten. Und nun ist er von uns gegangen, viel zu früh für die Seinen, für die deutsche Industrie und für das Vaterland, das in ihm einen seiner besten Söhne ver loren hat; denn, wenn von einem, der sich redlich und mit Aufopferung seiner ganzen Kraft in den Dienst einer großen Sache ge stellt hat, so gilt von ihm in vollem Umfange das Horazische Wort Exegi monumentum aere perennius. Die Redaktion.