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136 Stahl und Eisen. Ausbildung von Gießereitechnikern in Frankreich. 29. Jahrg. Nr. 4. mit verschiedenen Arten der Massenherstellung vertraut gemacht, unter anderem auch mit Arbeiten auf der Formmaschine. Die Schüler des dritten Jahrganges liefern schon recht schwie rige Arbeiten, es wird verlangt und erreicht, daß sie zum Schlüsse vielgestaltige Maschinengehäuse, doppelwandige Dampfzylinder und ähnliche, die größte Sorgfalt des Formers und Gießers bean spruchende Teile in tadelloser Ausführung allein und selbständig herstellen. Im allgemeinen wird alle vierzehn Tage gegossen. Die Schüler sind selbstredend gehalten, alle Vorbereitungen dazu, wie das Ausbessern und Herrichten des Kupolofens, das Gichten der Sätze, Vorbereiten der Gieß pfannen usw. allein zu besorgen. Ebenso wird die Sandaufbereitung, Kernmacherei und Kran bedienung von den Schülern allein gehandhabt. Bronze- und Messingschmelzungen im Tiegel ofen kommen — wohl der hohen Kosten wegen — verhältnismäßig selten vor, nur in den Fällen eigenen Bedarfes solcher Gußstücke. Die Schüler des letzten Jahres verbringen etwa zwei Monate in der Modellwerkstätte und einige Wochen in der mechanischen Werkstätte. Es wird beim Unterrichte in diesen Nebenbetrieben ebenso wie in der Gießerei ganz besonderer Wert auch auf mündliche, Vortragsweise Unterweisung durch die Betriebsleiter (Werkstättenvorstände) während der Arbeit gelegt. So oft sich ein geeigneter Anlaß gibt, sammeln diese Beamten die Schüler eines Jahrganges oder auch der ganzen Fachabteilung uni sich. In der Modell werkstatt wird mit den Gießern z. B. Plan und Ausführung einfacher und zusammengesetzter Modelle besprochen, und die Schüler werden über die Nutzbarmachung verschiedener Hilfsmaschinen aufgeklärt. Bezüglich ihres praktischen Könnens begnügt man sich, sie so weit zu bringen, daß sie auf Grund vorgelegter Zeichnungen das H olz zu den Modellen richtig auswählen und im allge meinen vorrichten können. In der mechanischen Werkstatt sollen sie Kenntnisse in der Prüfung der Brauchbarkeit von Gußstücken verschiedener Verwendungszwecke gewinnen und sich einige Vertrautheit mit dem Anreißen und Aufspannen derselben aneignen. Die Zeit hierfür scheint zwar ziemlich knapp zu sein, es kommt aber hier eine andere Einrichtung zu Hilfe. Schon bei Beginn des zweiten Jahres kommt ein Schüler nach dem andern jeweils auf eine Woche in die anderen Betriebe. Er darf sich darin frei nach Gutdünken bewegen, hilft bei den Arbeiten der Kameraden, wo es ihm gerade gefällt oder wo Hilfe benötigt wird. Er hat dadurch reiche Gelegenheit, sich mit allen Einzelheiten wirk lich vertraut zu machen. Da jeder Jahr gang nur zehn Schüler hat, bringt jeder Gießereischüler schon während des zweiten Jahres insgesamt vier bis fünf Wochen in den Nebenbetrieben zu. Wissenschaftliche Ausbildung. Bei der kurzen Dauer der Ausbildung und der Inan spruchnahme eines großen Teiles der Zeit für die praktische Arbeit kann die wissenschaftliche Ausbildung nicht sehr tiefgründig sein. Es werden die Kenntnisse in französischer Sprache, Erdkunde und Geschichte vertieft und dazu französische Verfassungskunde, Industrie-, Zoll-, Verwaltungs- und soziales Recht sowie öffent liche Gesundheitskunde gelehrt. Algebra wird bis zum binomischen Gesetz Newtons, darstellende Geometrie bis zu den Grundgesetzen der Per spektive, und Graphostatik in den Grundbegriffen vorgetragen. Dazu treten als neue Unterrichts gegenstände technische Mechanik und Feuerungs kunde. Physik einschließlich Elektrizität wird vorzugsweise in ihren technischen Anwendungen behandelt. Besondere Pflege wird dagegen dem technischen Zeichnen, den Anfängen der Kon struktionslehre und der anorganischen Chemie gewidmet. Die Schüler werden in den Stand gesetzt, schließlich alle einfachen Konstruk tionen, welche einem Gießereitechniker in seiner Praxis unterkommen können, selbständig und sicher zu entwerfen und sauber auszuführen. Im analytischen Laboratorium wird die Be stimmung des Eisens und der Schmelzmaterialien gelehrt. Abgangsprüfung, Diplome. AmSchlusse des dritten Jahrganges muß sich jeder Schüler einer Prüfung unterziehen, die sich über sein allgemeines Wissen und seine theoretische und praktische Fachausbildung erstreckt. Die Prü fungsnote über praktisches Können wird von den Arbeiten im dritten Jahre wesentlich beeinflußt. Der Schüler wählt in der letzten Zeit seiner Ausbildung selbst die ihm best geeignet erschei nende Ausführungsart ihm übertragener Werk stücke. Die mehr oder weniger tadellos ge lungene Arbeit wird dann schon für die Prüfung klassifiziert. Ein in diesem Zeiträume miß glücktes Gußstück vermag den Schüler ganz beträchtlich zurückzusetzen. Diejenigen, welche die Prüfung mit Auszeichnung bestehen, erhalten das Diplom als „Ingenieur des Ecoles d’Arts et Metiers“, während die weniger tadellos ab schneidenden sich mit einem Diplom als „lve brevete“ abfinden müssen. Ganz hervorragende Prüfungsergebnisse geben außerdem Anspruch auf eine Medaille, welche in Silber, für den jeweils ersten der so ausgezeichneten Schüler jedoch in Gold ausgeführt wird. Die 15 besten mit Medaillen bedachten Schüler einer Anstalt erhalten außer dem eine Beisteuer von je 500 Fr., falls sie sich innerhalb der beiden ersten Jahre nach dem Verlassen der Schule in einer Handels- oder sonstigen industriellen Gießerei noch ein Jahr lang praktischer Arbeit unterziehen. Diese Schulen stellen einen neuen Typ dar. Die Uebertragung ihres Prinzipes in entsprechen-