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1101» LMKilU iN stliMKU Nr. 254. zu Nr. 146 des Hauptblattes. 1925. Beauftragt mit der Herausgabe; RegierungSrat Brauße in Dresden. Landtagsverhandlungen. 145. Sitzung Donnerstag, den 25. Anni 1925. Präsident Winkler eröffnet die Sitzungum l Uhr 9 Minuten nachmittags. Am Regieruugstisch Ministerpräsident Heldt, die Minister Bünger, Elsner, Müller (Chemnitz),Müller (Leipzig) sowie Regierungsvertreter. Präsident: Vor Eintritt in die Tagesordnung must ich auf etwas eingehen, was den Landtag berührt. Der Herr Abg. Menke veröffentlicht in einem Teil der sozial demokratischen Presse einen Artikel „Gesetzesmacherei und Koalitionsregierung" und schreibt da u. a: Trotzdem hat nach den neuerlichen Feststellungen am Schlüsse einer Sitzung des Landtags der Prä sident erklärt: „Die Fraktionen haben mir ihre Zn- stimmung zu dem Schreiben des Herrn Minister präsidenten erklärt. Das Haus ist also damit ein verstanden." In den Landtagsmitteilungeu über die 88. Sitznng steht auf der Tagesordnung ein Schreiben des Herrn Ministerpräsidenten, die unterschiedliche Berechnung von Gebühren für Bestattung von Mitgliedern und Nicht- mitgliederu der Kirche betreffend, und dazu die Be schlußfassung, daß dieses Schreiben in Abschrift den Fraktionen zugestellt werden soll. Das ist geschehen. Die Fraktionen haben dazu Stellung genommen. Des weiteren hat der Präsident in der 89. Sitznng erklärt: Des weiteren will ich dein Hause bekanntgeben, daß auf das Anschreiben der Regierung vom 3. März 1924, von dem ich Dnrchschriften an alle Fraktionen anshändigen ließ, Ausstellungen bei dem Präsidium nicht eingegangen sind rind »vir infolgedessen anneh- men, daß das Haus mit den dort niedergelegten Ge dankengänge,» einverstanden ist. Nachdem Wortmeldungen hierzu uicht erfolgt und Ein wände hierzu nicht erhoben worden sind, habe ich fest gestellt, daß das Haus die Meinung der'Regiernng ein hellig billigt. Herr Abg. Menke ist sowohl in der 88. als auch in der 89. Sitzung anwesend gewesen, und es wäre ihm sehr leicht möglich gewesen, Einspruch gegen die von mir konstatierte Zubilligung der einzelnen Frak- tionen zu erheben. Ich bitte die Presse, von dieser Richtigstellnng Kenntnis zu nehmen. Vor Eintritt in die Tagesordnung beantragt sodann der Abg. Renner (Komm.), den kommunistischen Antrag über die Zollvorlage, den sic im Sächsischen Landtage eingebracht haben, auf die Tagesordnung der heutigen Sitzung zu setzen. Der Antrag wird ohne Anssprache abgelehnt. Abg. Menke (Mindert), d. Soz. — zur Richtigstellnng): Der Herr Landtagspräsident hat eben vorgelesen, was sich über diese Angelegenheit, die er berührt hat, nach den, Protokoll hier zngetragen hat. Er hat bannt klipp und klar bewiesen, daß ich nicht zu viel und nicht zu wenig in meinen Ausführungen in der Presse gesagt habe. Der Herr Landtagspräsident hat erklärt, ihm seien keine Einwendungen zugegangen, und er nimmt an, daß das Haus damit einverstanden sei. Das ist dem Sinne nach genau dasselbe. Das wird die Öffentlichkeit auch beurteilen können, wenn sie die Gegenüberstellung der Ausführungen des Herrn Präsidenten und meiner Aus führungen in der Presse liest. Ich befürchte nur, die bürgerliche Presse wird eine Gegenüberstellung der Dinge nicht bringen. Aber eins, verehrter Herr Präsident: Wo lesen Sie aus meinen Ausführungen, die ich in der Presse oder hier im Hanse gemacht habe, heraus, daß sich irgendwie eine Spitze gegen Ihre Person richtet? Das hat mir vollständig fern gelegen, ich habe im Gegenteil ans die Ausführungen des Herrn Kolle gen Siegert erklärt: meine Ausführungen richten sich letzten Endes gar nicht gegen den Präsidenten. Ich unterstelle an sich als wahr, daß das alles vor sich gegangen ist, es muß aber auch als wahr unterstellt werden, daß ein großer Teil der damals noch einigen Fraktion der Sozialdemokratischen Partei diese Dinge nicht gekannt hat. Wir konnten also, als der Herr Prä sident auf die Ausführungen einging, gar nicht darauf eingehen, weil »vir die Dinge nicht kannten. Aber das kam für mich gar nicht in Frage, fondern einzig nnd allein die Tatsache, daß man auf diese Art und Weise, wie es geschehen ist, keineswegs ein Gesetz abündern kann. (Sehr richtig! b. d. Minderh. d. Soz.). Das war der springende jPunkt und daran läßt sich anch dnrch Hin und Wider nichts deuten. Präsident: Der springende Punkt ist, daß seinerzeit, als ich diese Feststellungen machte, kein Mitglied des Hauses dagegeir Einspruch erhoben hat. Der weitere springende Punkt ist der, das; der Herr Abg. Menke etwas anderes in seinem Artikel gesagt hat, als iir der seinerzeitigen Sitzung gesagt worden ist, nämlich er sagte ausdrücklich: die Fraktionen haben ihre Zustimmung zu dem Schreiben des Herrn Präsidenten erklärt. Das ist nicht wahr. Das habe ich nicht gesagt, fondern ich habe nur konstatiert, daß die Fraktionen keine Ein wendungen gemacht haben. Ich nehme an, daß man mit diesem Artikel dem Vorstände des Landtages wieder einmal zeigen wollte, wie er die Regierung bei Gesetzes durchbrechungen unterstützen will. (Sehr richtig! b. d., Mindert), d. Soz.). Dnrch den Zwischenruf des Herrn Abg. Edel wird auch hier festgestellt, daß das die Absicht war. Ich stelle in der Osfentlichkeit fest, daß, wenn diese Absicht obgewaltet hätte, es eben eine vollständig unfaire Handlungsweise des Herr», Abg. Menke wäre. (Abg. Liebmann: Unfair war es vom Präsidium, so zn handeln! — Abg. Menke: Der»» Präsidenten verzeihen wir auch alles!) Hierauf wird in die Tagesordnung eingetreten. Punkt 4: Zweite Beratnng über Kap-14 (Landtag) des ordentlichen Staatshanshaltplans für das Rechnungs jahr 1925 sowie über einige hierzu vorliegende Ein gaben. (Mündlicher Bericht des Hanshaltansschnsses Drncksache Nr. 1418.) Der Antrag des Ansschusses lautet: 1. in Tit. 2 neu einzustellen: „1 Oberrcgierungssekretär ^Vll", „1 Oberwächter II," unter Anrechnnng der Dienstjahre, statt „Technischer Betriebsoberinspektor IX" zn setzen: „Betriebsoberingenienr ^IX", 2. unter Tit. 3 einzusetzen: 50 000 M. und in der Erläuternngsspalte die Ziffern zu streichen, 3. im übrigen die Einstellungen beim Kap. 14 nach der Vorlage zn genehmigen, 4. die Eingaben des Oberbibliotheksfekretärs Striegel und der Obermaschinisten Heine und Häntzschel auf sich beruhen zn lassen. Berichterstatter Abg. Göldner (Mehrh. d. Soz.): Bei Kap. 14, Landtag, sind die Einnahmen nm 11400 M. geringer als im Vorjahre. Dies ist ans den Wegfall des Mietzinses für die von der Sächsischen Staatsbank innegehabten Räume zurückzuführen. Daß es notwen dig war, mehr Sitzungszimmer und vor allem mehr Arbeitsränme für den Landtag zu schaffen, dürste wohl heute von alle»» Abgeordnete»» anerkannt werde»». Des halb »var es nur zu begrüßen, daß die Staatsbank diese gastliche Stätte verließ und das Landtagsgebäude seinen eigentliche»» Zwecken in erhöhtem Maße dienst bar gemacht werden konnte. Vor allein ist auch die Einrichtung vor» Bädern zn begrüßen, denn das Be streben, sich nach anstrengender Tätigkeit eine Er frischung anßerhalb des Erfrischnngsranmes zn bieten, dürfte bei alle»» Parteien dieses Hauses vorherrschend sei»». Redner begründet dann den Antrag des Ausschusses Nr. 1418 unter Eingehung ans die einzelnen in Frage kommenden Beamten näher und bittet um dessen An nahme. Ferner teilt er mit, daß der AnSschnß folgen de»» Entschließungsantrag Schminkte-Ellrodt ange gen ommen hat: Der Landtag wolle beschließen, den Präsidenten zu ermächtigen, allen Beamten, Angestellten nnd Dienern des Landtags, eine gleichmäßige Anfwands- entschädignng dann zu gewähren, wen»» sie wegen Voll- oder Ansichutzsitzungen ihre regelmäßige Arbeits zeit überschreiten müssen. Ohne Aussprache wird hierauf der Antrag des Aus schusses einstimmig nnd der Entschließungsantrag Ellrodt - Schmincke gegen wenige Stimmen angenommen. Pnnkt 2 der Tagesordnung: Zweite Beratung über Kap. 32 (Kunstzwecke) des ordentlichen Ltaats- hanshaltplans für das Rechnungsjahr 1925, sowie über die hierzu vorliegenden Eingabe»». (Mündlicher Bericht des Hanshaltansschnsses H, Drncksache Nr. 1395) Der Antrag des Ausschnsses lantet: Der Landtag »volle beschließe»»: 1. bei Kap. 32X (Akademie der bildenden Künste zu Dresden) des ordentlichen Staatshaushaltplans für das Rechnungsjahr 1925 den Znschnß ii» Höhe von 211000 M. zu genehmigen nnd die Eingabe Nr. 1218 (Prüfnngsausschuß) der Akademie der bildenden Künste ii» Dresden der Regierung als Material zn überweisen; 2. bei Kap. 328 (Knnstzwecke im allgemeinen) des ordentlichen Staatshaushaltplans für das Rech nungsjahr 1925 den Zuschuß in Höhe von 117500 M. zu genehmigen nnd die Eingaben ») Nr. 1741 nnd 2033 (PrüfungsausjckZtß) des Patronatsvereins bzw. Direktoriums des Kon- servatoriums für Musik und Theater iu Dresden der Negierung znr Berücksichtigung zu über weisen, I») Nr. 1442 (Prüsuilgsausschuß) des Kirchenvor stands von St. Anne»» in Annaberg und Nr. 2025 (Prüfnngsausschuß) des Vorstands des Zweck verbandes Sächsische Landesbühne der Regie- rnng zur Erwägung zu überweisen, o) Nr. 1430 (Prüfungsausschuß) der Sächsische»» Landesbühne, E. B. in Dresden, Nr. 1458 (Prü- fungSausschuß) des Stadtrates in Leisnig nnd Nr. 1527 (Prüfungsausschuß) des Stadtrats ii» Olsnitz i. V. für erledigt zu erklären; 3. die Regierung zu ersuchen, ungesäumt Verhand lungen betreffs der baulichen Erhaltung der Annen- ' kirche in Annaberg einzuleiten. Berichterstatterin Abg. KrauBüttner (Mehrh. d.Soz ): Zu dem Kap 32, Abteilung Etat der Akademie der bildende»» Künste iu Dresden lag dein Ausschuß als Eingabe Nr. 1218 der Ausschnitt emer Rede des bedentenden Malers Geh. Rat Prof. Ludwig v. Hofmann vor über „Die Knust und die wirtschaftliche Not", die er anläßlich des Semesterabschlusses der Dresdner Kunstakademie dieses Jahr abgehalten hat. Prof. Hofmann betont darin, daß die Regierenden zu allen Zeiten die Erkenntnis von der Bedeutung kultu reller Einrichtungen nnd Leistlmgen, von ihrem höhere»» Nutzen nnd ihrer Wichtigkeit für die Geltung des Staatswesens haben müßte»». Was jetzt vernachläßigt »vird, kann später mir mit größten» Aufwand wieder hergcstellt werden, und wir verliere»» mit der Höhe nnserer geistigen Leistlingen das Letzte, was »»ach Verlast unserer politischen und militärischen Machtmittel übrig blieb, »un unsere Geltung in der Welt zn begründen. Niemals dürfe deshalb der Bestand höherer Lehran stalten nnd der Kunst von einer Berechnung ihrer nutz haften Rentabilität abhängig gemacht werden. Von einer Stagnation ii» der Kunst nnserer Tage ist noch nichts zu bemerken, nnd so ist nicht zn befürchten, daß »vir im Stumpfsinn rein materieller Interessen dahinvegitieren, sonder»» »vir wolle»» in» Vertrauen auf bessere Zeile»» nach Kräfte»» das Niveau halten und sogar noch zn heben versuchen. Deshalb begrüßten »vir im Ausschuß einstimmig die Hoherziehung des Zu schusses i»» diese»»» Etatkapitel. Ich bitte das hohe Haus, unseren» Antrag gemäß den Zuschuß von211000M. zu genehmigen und die eingangs kurz skizzierte»» Aus führungen von Prof. v. Hofmann der Regierung als Material zu überweisen. Bei Kap.32Abt. 8. Kunstzwecke im allgemeinen, konnten »vir dieses Jahr die erfreulichen Wiederein- stettungen bei Tit. 1 und 2 — 00000 M. zur Herstellung monumentaler Kunstwerke der Malerei und Bildhanere«, 10000 M. zur Erwerbung von Bildhanerarbeiten und 20 000 M. znr Erwerbung von Kunstwerken sür ösfent liche Gebäude — konstatieren. Diese Einstellnngen sind ei»» dringendes Bedürfnis zur Milderung der wirtschaft lichen Notlage der freie»» Künstler und zur Förderung der Knnst. Für die gesamte Denkmalspflege Sachsens sind nur 15000 M. eingesetzt. Wenn man bedenkt, daß z. B- Bayern 9 Beamte als Tenkmalspsteger hat, so ist es von uns nur zu begrüßen, daß der bis jetzt nur an- gestellte Tenkmalpfleger in Kap. 24 ^4 Tit. 4 nunmehr von» 1. April d. I. an als Beamter gebucht ist. Die Einnahmen für die Denkmalspflege erhöhen sich durch die Ergebnisse der Landeslotterie des Sächsische»» Hei- matschutzes, der Vi üi» das Landesamt abgab, in Höhe voi» 24 700 M., d'e 9000 M. sind davor» für die Neuanslage des große»» sächsischen Inventarisationswerkes zurück- gestellt. In» übrige»» sind daraus Beihilfen an die Orts- museen, und zwar sür die Erzgebirgsschau in Augustus- burg, sür das Heimatmuseum in Frankenberg und für das Altertumsmusenm in Dresden gegeben worden, sowie Beihilfen zur Instandsetzung von Knnstdenkmülern, die ich hier im Plenum nicht alle einzeln anführe»» »vill. Bei diesem Titel hat uns die Petition 1442 intensiv beschäftigt, die uns ersucht, eine größere Snmme für die bauliche Ernette rung der Annenkirche in Annaberg einznstcllen. In Anbetracht, daß wir es hier mit einem der bedeutendsten Banwerke der Spät- gothik zi» tnn haben, das im Innern anch Kunstschätze ersten Ranges birgt nnd auf eil» 400 jähriges ehr würdiges Alter zurücksieht, glaubte ich, im Ausschüsse befürworte»» zu sollen, daß ei»» bestimmter Betrag schon in den Etat eingestellt werde»» möge. Nach lebhaftem Für nnd Wider wurde beschlossen, die Eingabe der Regierung zur Erwägung zu überweisen, sowie die Regiernng zu ersuchen, nngesänmt Verhandlungen be treffs der baulichen Erhaltung der Annenkirche einzn- teilen, was Sie als Pnnkt 2 1» und Punkt 3 des AuS- schnßantrages finden. Wir erwarten, daß dnrch Zu sammenarbeit von Staat, Stadt, kirchliche»» und privaten Organisationen es gelinge»» mnß, die bedroh lichen Schäden zu beheben und das 400 jährige altehr würdige Bauwerk zu erhalte»». Es werden dazu jedoch insgesamt »ach Voranschlägen 120000 bis 150000 M. notwendig sein, wovon nur 40000 M. bis jetzt auf gebracht sind. Tit. 5: Die Förderung der Tonkunst — dieser un bestritten volkstümlichen Knnst — ist, wenn inan den Gesamtetat aller anderer» Künste vergleichend ansieht, am stiefmütterlichsten bedacht. Es sind wieder nur 5000 M. eingesetzt. In» letzte»» Jahre ist diese Snmme zwischen das Dresdner und Leipziger Konservatorium verteilt »vorbei». Das Leipziger Konservatorium hat sich durch Vermietung seiner Räume zu Meßzwecken über Wasser gehalten, und auch im nächsten Jahre solle»» 40000 M. dadurch zu erzielen sein, was von mehreren Leiten in» Ausschüsse als nicht gerade würdig bezeichnet worden ist. Ich bat jedoch »m Ausschuß, lebhaft unterstützt z. B- von Herrn Abg. Schiffmann, das Kuttstittstilnt einmal großzügiger zu finanzieren, »in» so mehr, als es jetzt unter der Leitung Professor Pauers einen nenen Aufschwnng nimmt. Eine Vorlage der Regierung, resp. Einstellungen im Nachtragsetat wurden hierzu zugesagt. Die Eingaben des Dresdner Konservatoriums Nr. 1741 und 2033 wurdcn mit Ein verständnis der Regiernng als zur Berücksichtignng überwiesen Ter seit 1870 am Dresdner Konservatorium bewilligte staatliche Freistelleufonds von «4000 M. »var letztes Jahr mit 3000M. angesetzt und ausgezahlt worden, eine Summe, die auch für das neue Schuljahr erbeten wurde, und mit der eine größere Anzahl minderbemit-