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Richard Strauss (1864-1949); Foto um die Jahrhundertwende Die Kunst, meinte Richard Strauss, müsse „denselben Gesetzen" ge horchen „wie das immer neu sich gestaltende Leben, sie unterliege dem Prozeß des Ewigseins in ewig neuem nie endenden Werden". Die enge Verbindung von Kunst und Leben, das Abbilden, das Wi derspiegeln des Lebens in der Kunst hatte durchaus leitmotivische Bedeutung für das Schaffen des Komponisten. Dieses Werden und Vergehen, Schaffen, Formen, Wan deln und wieder Zerstören sind wie Tag und Nacht, Optimismus und Endstimmung naturgegebene Le bensbedingungen, Gegensätzlich keiten, die in kunstvoller Darstel lung ihren Platz finden und halten müssen. Eine solche, auf das Ich bezogene ästhetische Anschau ung, eine solche Kunstästhetik, ist sehr bezeichnend für die Jahrhun dertwende und wird, ganz im Sinne von Nietzsches Lebensphilo sophie, von vielen Zeitgenossen Richard Strauss' geteilt, Gustav Mahler gehörte dazu. Und was liegt näher, als einem solchen Lebensgefühl wirkliche künstleri sche Ausdeutung zu geben, tonma lerische und programmatische Aus drucksformen zu suchen, die das Leben selbst beschreiben? Uber Hans von Bülow vor allem näherte sich der junge Strauss (ab 1 883) sehr schnell dem Gedanken gut der sogenannten Neudeutschen Schule Lisztscher Prägung, d.h. der Programmsinfonie und dem musi kalischen Drama. Das sind For men, die einem Musikwerk einen poetischen Vorwurf zugrunde legen und solche außermusikalischen Ideen mit kompositorischen Mitteln ausmalen, gelegentlich sogar schil dern. Von nun an suchte und fand Strauss rasch einen Weg zu einem eigenen Stil, an dem er ein Leben lang festhielt. Durch ihn erfuhr dann die sinfonische Dichtung so gar die entscheidenden Impulse. Strauss wurde zum unmetaphysi schen, vitalen Realitätsmusiker. Er