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Stile 4 zu Nr. -S — «LchMche «taat-zettung — Mittwoch, 2S. April L»LL deutsche Regierung der französischen Regierung die Wahl Hindenburgs anzeigen werde, sei von dieser nur eine Bestätigung als Antwort zu erwarten — kein Wort mehr. Amerika. New York, LS. April. Die „New York Times" erfährt aus Washington von verantwortlicher Seite: Die Regierung betrachte die deutschen Wahlen keineswegs verschieden von ähnlichen Wahlen in anderen Ländern. Die Haltung der Regierung Hindenburg gegenüber werde dieselbe sein wie gegenüber einem neuen Oberhaupte eines unab hängigen Staates. Amtliche Kreise betonen, daß die deutsche Wahl eine Angelegenheit sei. an der die Regierung offiziell nicht interessiert sei. ES wurde angedeutet, daß ein offizieller Kommentar unpassend und diplomatisch unangebracht wäre. Im Staatsdepartement wurde weiter angedeutet, das Departement wisse von keinen Ent wickelungen in Deutschland, die irgendwelche Änderungen in der bisherigen Haltung des Departements bezüglich der Frage etwaiger Anleihen rechtfertigen würden. Washington, 28. April. Wie „New Porl Times" berichten, hat der Schatzsetretär Mellon erklärt, die Wahl Hinden burgs bedeute keinen Wechsel in der Po» litik und gebe daher zu keinen Befürchtun- gen Anlaß. Die Wahl Hindenburgs bedeute eine Entwicklung in konservativer Richtung. Wie '.Herald Tribune", meldet, ist man allgemein der Ansicht, daß die Äußerungen Mellons auch der Ansicht des Präsidenten Coo lidge entsprechen. Diese Ansicht könne dahin zu sammengesaßt werden, daß kein Wechsel in der Wirtschaftspolitik stattsinde, daß der Dawes- plan ausgeführt werde, daß die Wahl Hinden burgs nicht eine Äußerung des militäri schen Geistes, sondern das Ergebnis der Ent wicklung und ein Ausdruck konservativer Ge- sinnung sei. * Eine Maltzau-Rede. New York, 29. April. Der deutsche Botschafter Freiherr von Maltzan nahm gestern an einem Frühstück im Bantierklub teil, wo er in einem engeren Kreise der bekanntesten Bankiers wärmste Aufnahme fand. Die von Freiherrn v. Maltzan dieser Gelegenheit gesprächsweise gemacht Ausführungen über die Bedeutung dir ReichSpräsiden- ten wähl ,rügen weiter wesentlich zur Beseitigung des Unbehagens bei, das in den einflußreichsten Kreisen be m ersten Eindruck des Wahlergebnisses emstanden war. Unter den Anwesenden fah man den Vor- sitzenden des Direktoriums der Guaranty-Trust. Company, Sabin, den Präsidenten der Guaranty- Trust Company, Le Polter, Booth von der Inter- nationalen Handelskammer, Kent von derBankers- Trust-Company und den Präsidenten der National- bank Ward. Der Postetat im Reichstag. Sitzung vom 28. April. Präsident Löbe eröffnet nm s43 Uhr die schwach besuchte Sitzung mit einem von den Abgeordneten stehend angehürten Nachruf für den Aba. Gersten berger und die früheren Abgg. vr. Höfle, vr. Paasche und Brömel. Er teilt weiter mit, daß er dem Präsidenten der bulgarischen Sob ran je die Teilnahme des Reichstages aus Anlaß des Ablebens so vieler Parlamentarier bei dem letz'en Attentat in Bulgarien über mittelt habe. Der Präsident beglückwünscht dann unter allseitigem Beifall den Alterspräsidenten Bock (Soz.), der seinen 80. Geburtstag feiert. Auf dem Pulte Bocks, der von Abgeordneten aller Parteien beglückwünscht wird, steht ein großer Strauß roter Rosen. Vor Eintritt in die Tagesordnung beantragt Abg. Neu bauer (Komm.) die sofortige Be- sprechung des Urteils im Tscheka.Proze ß. Präsident Lobe stellt fest, daß nach der Geschäfts, ordnung die Besprechung der erst eingebrachten kommunistischen Interpellation unmöglich sei. Der Reichstag setzte hierauf die zweite Beratung des Reichs- hanshalts fort. Reichspostminister Stingl leitet die Beratung des Haushalts des Reichspostministeriums durch eine längere Darstellung des jetzigen Standes der Reichspostverwaltung ein: Bei der Loslösung der Reichspost ans dem Allgemeinen Rcichshaushalt betrug die Schuld der Post an das Reich rund 60 Millionen Goldmark. Seitdem befindet sich die Post in der Um stet- lung zu einem selbständigen, nach lauf, m ü n n i j ch. wirtschaftlichen Grundsätzen zu leitenden Unternehmen. Ter Brief, verkehr hat im ganzen den Stand von 1913 noch nicht wieder voll erreicht, wohl aber der Paket verkehr. Die Ein- nahmen aus den Postgebühren sind für 1925 aus 851 Millionen Reichsmark geschätzt. Ter Orts, und Landzustellungsdienst ist wieder möglichst den Bedürfnissen angcpaßt. Unser Ziel ist, auf dem Lande die einmalige Werktags Zustellung nach allen Wohnstätten d> rchzuiühren. Die Sonntagszustellung wild, solange Deutschland sich in einer Wirt- schaftslage wie der gegenwärtigen befindet, aus. rechterhallen bleiben müssen, wo sie noch besteht. An sich betrachte ich cs als erstrebenswert, sie cinzuschränken oder aufzuhcben, um den Betrieb wirtschaftlicher zu gestalten und dem Personal weitere Sonntagsruhe zu ermöglichen. Um eine vollständige Sonntagsruhe kann es sich aber hierbei niemals handeln. Die Beförderung der Briefe und Pakete wird nach Möglichkeit verbessert; der Grundsatz der Schnelligkeit, Pünktlichkeit und Sicherheit steht hier im Vordergründe. Der Kraftwagenverkehr wird in den Städten und auf denk platten Lande immer mehr erweitert. Wo ein dringendes Bedürfnis vorliegt, richten wir die seinerzeit aufgehobenen Postanstalten w eder ein. Mit d-esen Bestrebungen geht Hand in Hand eine Vereinfachung der Verwendungs- und BehandlungSvorschriften, zum Belspiel für Dlucksacheu und im Zeitungs- verkehr. Der Postscheckverkehr entwickelt sich weiter günstig, ebenso der Fernsprech, verkehr. Die Automatisierung des Fern- sprech wesens schreitet rüstig vorwärts. In Berlin sollen zu den bereits vorhandenen zwei Selbstanschlußämtern im laufenden Jahre noch weitere sechs hinzutreten. Tie Umwandlung für das ganze Reichspostgebiet wird in etwa fünfzehn Jahren vollendet sein. Die Verkabelung der oberirdischen Leitungen und der Ausbau des Fernkabelnetzes haben gute Fortschritte gemacht. Für 1925 wird mit einer Einnahme aus dem Fernsprech, verkehr in Höhe von ««2 Millionen Reichsmark gerechnet. Der Telegrammverkehr hat die Höhe der Vorkriegszeit noch nicht erreicht. Der unbefriedigende Stand des Tele. graphenwesens kommt dadurch zum Ausdruck, daß un Voranschlag 1925 gegenüber 1924 eine Mindereinnahme von rund 15Millionen Reichsmark angesetzt ist. Der Funkverkehr, namentlich der Unterhallungsrundfunk, hat sich in ungeahnter Weise entwickelt. Die Zahl der zahlenden Rundfunkteilnehmer beträgt zurzeit etwa 779000; die durchschnittliche Zu nähme betrug im Mär; täglich 2000. Die Ein- nahmen aus dem Funkverkehr sind für 1925 mit Z4MillionenReichsmark veranschlagt, davon 26 Millionen aus dem Unterhaltungs. rundfunk. Eine völlige Neuordnung des Rund- funks ist im Gange. AIS besonders notwendig hat sich herauSgestellt, den politischen oder Wirt- fchaftlichen Mißbrauch des Rundfunks zu verhindern. Der Auslands-, Post-, Telegraphen, und Fernsprechverkehr ist im allmäh lichen Wiederaufbau begriffen. Für das Personal erstrebe ich ausreichende Bezahlung, er- trägliche Besörderungs- Verhältnisse, günstige A rbeitsbedingungen und end. lich eine möglichst ausgedehnte soziale Für sorge, so weit es im Nahmen des Ganzen und im Hinblick auf die Wirtschaftsgestaltung der Post möglich ist. Eine gewisse Zahl der ab gebauten Beamten ist zu einer dauernden Wiederverwendung vorgemerkt. Von den Schwerkriegsbeschädigten sind bereits 13V0 Hilfsschaffmr im unteren Dienst geworden. W r müssen eine Peisonalpolitik treiben, die vom Wirtschastsstandpunkt den größten Erfolg verspricht, Tie von der Ncichsregierung beschlossenen Er« le ichterunge n bezüglich des Arbeitsmaßes haben wir im Rahmen der durch den Kabinetts- beschloß gezogenen wirischaftlichen Grenzen durch- geführt. Wir wollen volle Ausnutzung der Arbeitskraft jedes Einzelnen, aber keine dem mensch- lichen Organismus schädliche Überanstrengung. Ans dem Gebiet der sozialen Fürsorge wird das finanziell Mögliche geleistet. Zur B e» schasfung von rund 2 000 W o h n u n g e n sind für 1925 18 M il l i o ne n M a r k vorgesehen. Tic Erholungsheime, Kin d e rfü ri o rg e, Krankenkassen und Kleiderkassen unter- stützen wir. Tas Rechnungsjahr 1924 wird mit min- bestens 29 Millionen Mart Uberschuß av- schlietzen. der zur Rücklage fließt. Ter Voranschlag für 1925 schließt in Einnahme und Ausgabe mit 17 42 Millionen Reichsmark ab. Dem Rücklag esonos sollen 43 Millionen zu. fließen. Im Vergleich zu 1924 ist die Fi. nanzlage der Post 1925 etwas gespannter, in der Hauptsache, weck die Gebührenermäßi gungen und B efold ungserhv h ungen sich 1925 im vollen Jahresbetrage auswirken. Um den Voranschlag für 1925 ins Gle chgewicht zu bringen, war cs notwendig, alle Einnahmequellen restlos auszuschöpsen Die Postreklame wirst emen Reingewinn von 2,7 Millionen ab. Bei der A u s- leihung von Pvstscheckgelde rn können wir unter den Reich sbankdiskontsatz nicht heruntergehen. Was die ollgcmrinkn Kreditgrschüstc der Post im Jahre 1924 betrifft, so ist ja de Untersuchung noch in vollem Gange. Der Berwaltungsrat hat in einer besonderen Entschließung festgestellt, daß kein Anlaß vorliegt, an der Integrität und der Pflichttreue dtr Beamtenschaft des Reichepostmmistcriums irgendwelche Zwei» sei zu hegen. Ziel der Tarispolitik ist, die Post-, Telegraphen, und Fern- sprech gebühren so niedrig zu halten, wie es die Wirtschastsiuteressen irgendwie zulassen. Die Gebührenermäßigungen von 1924 brachten und bringen große Einnahmeausfälle. Lcidrr ist bisher eine Senkung des aI l gem e inc n Pr ei sniv e ans kaum zu erkennen. Die Post hat also infolge der Gebühren, ermäßigungen geringere Einnahmen, auf der Ausgabenseite muß sie sich aber den steigenden Preisen anpasjen. Ein solcher Zu stand ist für die Post auf die Dauer unerträglich. Daraus folgt ganz zwangsläufig, daß eine weitere Ermäßigung der Gebühren für absehbare Zeit ausgeschlossen ist. Den ge. wöhnlichen Zehnpfennigbrief befördern wir, nach der Geldentwertung gemessen, tatsäch. lich für 6 Pf. Ob es überhaupt möglich sem wiid, eine weitere Steigerung der Aus» gaben mit den jetzigen Gebührensätzen auszugleichen, erscheint sehr zweifelhaft. Gegen 1913 haben 1925 nach denk Voranschlag die Gesamteinnahmen zugenommen um 96,8 Proz., die Gesamtausgaben dagegen um 10 7,2 Proz. Bei den Einnahmen zeigt sich eine Verschiebung der einzelnen Einnahme- quellen: 1913 entfielen von den Gesamteinnahmen 73,8 Proz. aus die Post, 20,2 Proz. aus das Fernsprechwesen, während 1925 auf die Post 54,9 Proz. en fallen, auf das Fernsprechwesen dagegen 38 Prvz. Der Prozentsatz der Tele. graphie ist »ngeiähr derselbe geblieben. 1913 betrugen die Personalausgaben 70,7 Proz., die Sachausgaben 29,3 Proz. der Gesamtausgaben, 1925 63,7 und 36,3 Proz. Wir haben auch für 1925 in Aussicht genommen, sämtliche Neuanschaffungen auS den lanfenden Betriebseinnahmen zu be. streiten, Wr sind uns dabei bewußt, daß es finanz politisch richtig wäre, einen angemessenen Betrag der alljährlichen Anlagevvermehrung auf Anleihe zu nehmen. Zurzeit können wir das aber nicht verwirklichen, weil wir keine Möglichkeit sehen, eine Anleihe zu solchen Bedingungen aufzunehmen, daß wir die Verzinsung und Tckgung tragen können. Weder für 1924 noch 1920 sieht der Haushalt eine Abgabe ans Überschüssen an das Reich vor. Erst wenndieRücklage zurHSlfte auf. gefüllt ist, nach dem jetzigen Stand also auf 160 bis 170 Millionen, kommt nach der Rechtslage eine Zahlung an daS Reich in Frage. Nach Ablauf des Rechnungsjahre» 1925 wird der Räcklagefondr iusgesamt 8« hi» » Mill. ». betrage». Wir betrachten es als unsere selbstverständliche Auf- gäbe, ja als eine nationale Pflicht, das Reich möglichst bald in den Genuß von Posterträg, nissen zu setzen. Wir haben aber Kulturauf- gaben und volkswirtschaftliche Aufgaben zu erfüllen. Im Interesse der Volsgesamtheit haben wir unrentable Zweige mit durch, zuschleppen. Tas Reichspostfinanzgesetz hat die Poslsinanzwirtschaft durchaus günstig beeinflußt. Bei unbefangener und rein sachlicher Beurteilung muß man zn dem Schluß kommen, daß die Reichs- post auf finanzpolitisch gesunder Grund- jage beruht und bestrebt ist, ihre Aufgabe als öffentliches Nachrichten- und Verkehr-institut zum Wohle der deutschen Wetschaft und der Volks- gesamtheit zu erfüllen. In diesen! S nne wird auch eines der Hauptziele sein: Verbesserung und Beschleunigung oes Betriebes. (Lebhafter Beifall.) Abg. Seppcl (Loz.) verlangt, daß rn der Be setzung des Vorsitzes im Verwaltungsrat der Reichspost eine Änderung vorgenommen werde. Es sn ein unmöglicher Zustand, daß der Reichsfinanzminister den Vorsitz führe. Aufs schärfste müsse dagegen protestiert werden, daß höhere Postbeamte die Diensträume zu politischen Demonstrationen benützen. Wenn die Wirtschaftskreise Entgegen kommen von der Post verlangen, so darf umge kehrt auch die Post von der Wirtschaft be - anspruchen, daß sie sich für die Materialien nicht höhere Preise zahlen lassen. Die Verbijligung der Fernsprechgebühren ist lediglich den Viel sprechen! zugute ge- kommen. Erfreulich ist de günstige Ent- Wicklung und die vorbildliche Organisation des Funkwesens, die hervorragenoen Leistungen des Staatssekretärs Bredow sind besonders anzu- erkenuen. Das Funkwesen darf aber nicht zu politische« Zwecken ausgenützt werden. Als die S chluß e rgeb n issc der Präsi dentenwahl bckanntgcgeben würden, ist schnell noch ein Sch lach t en p o t p our ri angestimmt worden. Wenn Marx gewählt worden wäre, dann hätte man wahrscheinlich einen T rauermarsch gespielt. Kürzlich ist ein Portrag über d e Kriegsschuldlüge im Rundfunk gehalten woroen. Auch die Re- klame muß aus dem Rundfunk verschwinden. Durch die Bekanntgabe der Wettresultate wird die Wettlust in der Bevölkerung nur noch mehr angeregt. Die Reklame muß bei der Reichs post mehr eingeschränkt werden, besonders bei den Postwagen und in den Schalterräumen. Eine allgemeine Regelung der Besoldung der Beamten der Post ist unbedingt geboten. Bedauerlich ist der Mindcransatz für Unterstützungen. Wenn das Reich nicht das Notwendige in der Be- soldung leisten kann, dann müssen wenigstens die notwendigen Mittel zur Unterstützung der notleioen- den Beamten bereitgestellt werden. Ebenso muß auf dem Gebiete des Wohnungswesens etwas geschehen. Tie Dienstkleidung und die Ab- Zeichen können auf das niedrigste Maß be- schränkt werden. Dagegen wäre es wünschenswert, daß für die fachliche Ausbildung größere Mittel bereitgestellt werden. Der im vorigen Jahre erzielte Uberschuß bei der Post und die Gesundung des Postwesens ist nur aus Kosten drS Personals erzielt worden. Dem Personal muß noch be sonderer Dank dafür ausgesprochen werden, daß es durch seine Opferwilligkeit die Wiedergesundung des Po st wesens er- möglicht hat. (Bravo! bei den Soz) Zu be- dauern istdieBeibehaltung derSonntags- beste klung. Ganz energisch muß dagegen prote stiert werden, daß die Zeitschrift „Der Holzmarkt" die Postbeamten beschimpft, weil sie sich gegen die Sonntagsbestellung aussprechen. Es ist erforderlich, daß die Pressestelle des Postministeriums in solchen Fällen Verwahrung gegen die Beleidigung von Be amten einlegt. (Sehr wahr! bei den Soz.). Ter Redner übt dann scharfe Kritik an der Verfügung über die ArbeltSbiensteintellung und die Urlaubszeit. Diese Verfügung atmet ganz den Geist der alten Verhältnisse, der nicht wieder in die Postver- Wallung einziehen sollte. In Preußen ist die 48Stun den Woche eiugeführt, im Finanzmini- sterium ebenfalls, nur bei den Verkehrsmini, sterien hält man an der 54stündigen Arbeitswoche fest. Wir halten grundsätzlich am Achtstundentag fest und werden jede Gelegenheit benutzen, um auch in der Postverwaltung die Verkürzung der Arbeitszeit herbeizuführen. Die 54stündige Arbeitszeit steht nur auf dem Papier. In Wirklichkeit müssen die Unterbeamten 60 und mehr Stunden di« Woche arbeiten. Man soll zwar sparen, wo es nur an gängig ist, aber an den Kräften der Beamten darf kein Raubbau bis zu ihrem körperlichen und seelischen Zusammenbruch getrieben werden. Häufig fordern die Postämter wohl Arbeits- kräfte an, aber das Ministerium lehnt sie ab. Ter Nachtdienst ist vielfach mit un - genügender Sonntagsruhe verbunden. In venLandbestellbezirken fällt derdauernde Wechsel der Briefträger auf. Das zeugt von einer Mmderbewertung der unteren Beamten. Trotzdem unser Antrag, diejenigen PostauS- Helfer, die dauernd beschäftigt werden, in ei» festes Verhältnis überzuführen, im Aus- schuß abgelehnt worden ist, stellen wir ihn hier noch einmal und ersuchen um seine An- nähme. Auch bei den Telegraphenarbei. tern muß mehr als bisher ein festes Arbeits. Verhältnis geschaffen werden Wir bedauern es, daß wir mit unseren Forderungen nach besserer Gruppierung der Beamten nicht durchgedrungen sind. Es ist festzustelle,i, das, die höheren Gruppen noch immer den mitt- leren und unteren Gruppen vorgezogen werden. Dadurch wird der Dünkel großgezogen. Auch die Behandlung der weiblichen Beamten läßt noch viel zu wünschen übrig. Das Vorgesetztenverhältnis darf nicht überspannt werden. Auf einzelnen Postämtern macht sich der alte Kasernen ton wieder bemerkbar. Weshalb sollen nicht auch weib- jiche Beamte an leitende Stellen kommen? In Dänemark ist doch sogar eine Frau Leiterin des Kullusministeriums. Auch im maichrnentech - Nischen Dienst sind die Beförderungs verhältnisse sehr ungünstig. Ter Redner macht schließlich noch auf einen Vorgang in Schneidemühl ausmerksam, wo ein Postbeamter bei der Beer digung des Reichspräsidenten Ebert diesen und die Republik be schimpft hat und fragt: Was ist gegen diesen Be amten geschehen? Wenn es sich um Hin- denburg gehandelt hätte, dann wäre die Staatsanwaltschaft sofort eiugeichril. ten. Das Ministerium kann das Verlrauen der unteren Beamten nur dann gewinnen wenn cs ihnen in gleicher Weise entgegenkommt we den höheren. Damit ist nicht nur der Postoerwaltung, sondern der Allgemeinheit gedient. (Lebhafter Beifall bei den Soz.) Abg. Körner (Dnat. Vp.) begrüßt die Aus führungen des Ministers, die ein erfreuliches Bild des Wiederaufbaues gezeigt hätten. Es habe sich bei der Post das Verfahren bewährt, einen erfahrenen Fachmann an die Spitze der Verwaltung zu stellen. Eine Verbesserung der Landbestellungsei wünschenswert. Ander, seits sei das Bestreben zu unterstützen, dem Per sonal den Genuß der Sonntagsruhe zu ermöglichen, soweit es die Verkehrsbedürsn sse er- lauben. Di; Entwicklung des Rundfunks sei zu begrüßen, aber zur Reklame dürle diese Einrichtung nicht benutzt werden. Der Redner äußerle das Vertrauen zu dem Minister, daß er mit dem Personal ein harmonisches Verhältnis Herstellen und den guten Ruf der Reichspost er- halten und mehren werde. Abg. Allekotte (Z.) bringt Beschwerden der Beamtenschaft über die Besoldungs- und Beförderungsverhältnisse vor. LieVer- antwortung dasür treffe den Rerchsfinanz- Minister, der für die Beamten je nes eigenen Ressorts weit besser gesorgt habe, ais für die der anderen Ressorts. Man sollte die Einstell ung ungeübter Hilfskräfte einschränken und dafür sorgen, dieun'günstigen Besörderungs- Verhältnisse der mittleren Beamtenschaft zu verbessern. Abg. Morath (D. Vp.) wünscht eine Ver- stärkung des Einflusses des Reichstages im Verwaltungsrat der Reichspost. Der erfreu- liche Aufstieg im Postelat sei in erster Linie durch Opfer der Beamtenschaft erreicht worden. Dafür sollte man sich den berechtig, ten Forderungen der Beamtenschaft nicht verschließen. Die Sonntagsbesteilu ng darf nicht verschlechtert werden. Die Bries, kästen sollten nicht durch geschmacklose Reklame ver- unziert werden. Die Post hat, wie schon Friedrich der Große sagte, in erster Linie die Aufgabe, Wirt- schaftlich zu wirken. Abg. vr. Raschig (Dem.) richtet an die Post- Verwaltung die Aufforderung, dafür zu sorgen, daß der Rundfunk bald auch im besetzten Ge- biet Eingang findet. Die Einführung des Kraft- Wagenverkehrs durch die Post ist erfreu- lich, aber in manchen Bezirken machen die Post- autos den früher bestandenen Autolinien eine geradezu unlautere Konkurrenz. Die Fern- sprech gebühren sind in Deutschland unver- hältnismäßig höher als in anderen Ländern. Der deutsche Fernsprechtarif ist heute drei- bis sechsmal so hoch als vor dem Kriege. Eine weitere Einschränkung der Sonntagsbestellung muß abgelehnt werden. Die Reichspost darf nicht die Bahnen verlaffen, die der Generalpost, meister Stephan gewiesen hat. Abg. Lucke (Wirtsch. Vgg.) wünscht technische Verbesserungen im Post- und Telegraphen- wesen. Die Automatisierung des Fern- sprech wesens müßte mehrgefördert werden. Die Fernsprechgebühren sind zu hoch, während das Briefporto nicht dieün kosten deckt. Im BerwallungSrat der Reichspost sollten auch die kleinen Fraktionen des Reichstages besser vertreten sein. Die Post muß darauf achten, daß sie bei der Neuorganisation der Reichsbahn wcht zu sehr geschröpft wwd. Den Beamten muß aus- reiche de Bezahlung und ein angemessener Ur- laub gewährt werden. Die Weiterberatung wird auf Mittwoch vertagt. Herausgegeben von der Geschäftsstelle der Sächsischen Staatszeitung, Gr Zwingerstr. 16. — Druck von B. G. Teubner. — Hierzu eine Beilage und Landtagsbeilage Nr. 28.