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SächsischeSlaalszeilung Staatsan^eiger für den Zreiftaat Sachfen Erscheint Werktag- nachmittag- mit dem Datum de- ErscheinungStage-. Bezug-pretS: Monatlich 3 Marl. Einzelne Nummern 15 Ps. Fernsprecher: Geschäftsstelle Nr. 21295 — Schriftleitung Nr. 14574. Postscheckkonto Dresden Nr. 2486. — Stadtgirokonto Dresden Nr. 140. Ankündigungen: Die 32 mm breite Grundzeile oder deren Raum 30 Pf., die 66 ww breite Grundzeile oder deren Raum im amtlichen Teile 60 Pf., unter Ein gesandt SO Ps Ermäßigung aus Geschäftsanzeigen, Familiennachrichten u. Stellen- gesuche. - Schluß der Annahme vormittags 10 Uhr. 1925 Dresden, Donnerstag, 23. April Zeitweise Nebenblätter: Landtags-Beilage, VerkaufSlistr von Holzpflanzen aus den StaatSsorstrevieren. Verantwortlich für die Redaktion: I. B.: vberreglerungSrat HanS Block in Dresden. Die Stenervorlagen im Reichsrat. Konflikt zwischen Reich und Ländern. Berlin» 22. April. Der Reichsrat befaßte sich mit der Steuer- und Aufwertungsfrage. Da; Steuer- kberleitungsgesetz wurde mit wenigen, von der Regierung gebilligten Abändeiungen ohne wesentliche Ausspache angenommen. Eine heftige Kritik mußte sich die Reichs- regrerung b:i der Einkommensteuer do» de:» Verte ter Baden? gefallen lassen. Der Reichsrat halte in der Haupt-ache nur eine Milderung der Lohnsteuer vorgesehen; die Herabsetzung der Steuer um zwei Pro zent findet schon bei dem dritten, nicht, wie von dcr Regierung vorgeschlagen war, bei dem vierten Kinde statt. Der Vertreter Badens erklärte nun, daß er sür sein Land eine Er höhung der Steuerleistungen bei den höheren Einkommen, eine Ermäßigung des Lohnabzuges auf 8 Prozent, eine Erhöhung der Körperschaftssteuer von LV auf 25 Prozent, sowie eine stärkere Heraniehung der Kriegs- und Jnfla- tionsgewinne verlangt habe, und er nahm diese Anträge wieder auf. Sir wurden jedoch gegen wenige SttRnren'ckBskk-eh^ ebenso einige Abänderungsvorschläge der hessischen Regierung. Ter Vertreter der Regierung Badens gab darauf folgende Erklärung ed: „Rach der Ablehnung nnsirer Anträge habe ich im Ramen derBadischcnRegierung folgende Erklärung abzugcben: Durch die Gestaltung der Tarife in den Entwürfen dcs Einkommen-, «örperschafts- «nd Vnmögene- fteucrgesttzes und durch den Verzicht aus die Erhebung einer Bermögensznwachssteuer wird dcr «roße Besitz stark entlastet und die Grundsätze sozialer Gerechtig keit werde« damit stark verletzt. Dies lSnnte an sich die badische Regierung veran lassen, die genannten Gesetze überhanpt ab- zulehne«. Wenn das nicht geschieht, so ist dafür nur die Hoffnung maßgebend, daß es gelingt, bei der Weite rbera tung im Reichstag das nachzuholen, was im ReichSrat nicht erreicht worden ist." Tas Sinkommenstenergesetz wurde nach einer wei'eren Debatte ange nommen, nachdem der Vertreter Bayerns seine üblichen Vorbehalte in der Frage der Steuerhoheit der Länder gemacht halte. Ebenso fand das Körperschastsstenergesetz in der Aurschußfassung Annahme. Das Reichs- bewertungsgejetz wurde gleichfalls ange nommen, wobei Bedenken dagegen geäußert wurden, daß auf der Basis des Reichsbewertungs- geseheS ermittelte Vermögenswerte auch den Ländern und Gemeinden zugrunde gelegt werden mißten. Außerdem wurde das vermögknsstkuergesetz angenommen. Tas Erbschaftsstenergesetz sand Annahme mit der Einschränkung, saß die in der Vorlage vorgesehen; Steuer befreiung von 5000 auf 10000 M. erhöht werden soll. Abkömmlinge von Kriegs- gefallenen sollen nach einem Antrag, der an genommen wurde, Erleichterungen bei der Erbschaftssteuer erhalten. Der Gesetzentwurf zur Ander««- der verkehrssteuern winde ebenfalls angenommen. Gegen die Erhöhung der virrstcuer waren nach den Ausführungen de» Berichterstatters Bedenken zeltend gemacht worden. Tiotzdrm ge langte die Verdoppelung der Biersteuer gegen die Stimmen von Bayern, Sachsen, Laden, Bremen, Anhalt und eines Preußischen Provinzialvertreters zur -«nähme. Auch gegen die Tabatstcuer wurden schwere Bedenken gellend gemacht. Ter Reichsrat lehnte dabei sogar einen Antrag der hessischen Regierung ab, der den durch die Verteuerung des Tabaks arbeitslos werdensenFacharbeitern eine besondere Unterstützung gewähren sollte. Die Tabak- steuer selbst wurde gegen eine starke Min- derheit angenommen. In dem Gesetzentwurf über die gegenseitige Befleu-rungder Länder und Gemeinden wurde von den Ausschüssen eine wichtige Änderung durchgesetzt. Die Umsatzsteuer für Gas-, Wasser- und Elektrizitäts werke sowie Schlachthöfe, die sonst ein- gelreten wäre, wurde gestrichen. Außerdem sind die sogenannten Versorgungsbetriebe von der Körperschaftssteuerpflicht ausgenommen worden. Der Vertreter Bayerns stimmte gegen die Vorlage mit der Begründung, daß die Besteuerung der Länder- und Gemeinde betriebe auch nach der Abänderung noch in ge wissem Umfange erhalt.n bl.ibe. Auch der Ver treter Sachsens l ehnt e die Vorlag.' ab, die aber mit Mehrheit angenommen wurde. Zum Konflikt zwischen Reich und Ländern kam es bei der Beratung des Finanzausgleichs zwischen Reich, Ländern und Gemeinden. Ministerialrat vr Hog führte als Bericht erstatter aus: „Wesentlich neu ist, daß der Entwurf Der Wahlkampf. Der Papst gegen ein Wahl- . «auöver des Reichsblocks. Berlin, 22. April. Von einem soeben aus Rom zurückgekehrten hohen geistlichen Würdenträger wird der „Katholischen Korrespondenz" u. a. ge schrieben: Ter Mißbrauch, der vom Reichsblock und seinen Anhängern mit den Ausführungen ge- trieben wird, die aus dem Zusammenhang von Enzykliken und Aussprachen de- Heiligen Vaters, Papst Pius XI. und seiner Boigänger, ent- uommen sind, um den Heiligen Vater, die Kurie und katholische Kirche gegen den Kandidaten des Volksblocks, Herrn Reichs- kanzler a. D. Marx, als Kronzeugen auf zuführen. hat im Vatikan peinlichsten Eindruck und tiefste Verstimmung hervorgerufen. In wiederholten Bespre chungen, die ich mit den maßgebendsten Herren der Kurie und dem Heiligen Vater selbst gehabt habe, kam immer wieder der Unwille über diese unsachliche und, wie mehrfach gesagt wurde, unsaubere Wahlmache, zu deutlichem und auch leb'haftem Aus- druck. Der Vatikan, der sich mit ängstlicher Sorgfa't jeder Einmischung in innerpoliiische Streiisragen der Völker, die nicht unmittelbar die kirchlichen Interessen berühren, enthalten hat, empfindet es als eine Taktlosigkeit sondergleichen, ihn gegen einen Mann wie Marx, dessen treue katholische Gesinnung und her vorragende Charaktereigenschaften wohlbekannt sind, ausspielen zu wollen. * Wie die „Germania" aus Rom melde», gab der Kaidinalstaatssekretär Gasparri dem römischen Korresponden'en des Blattes fol- genoe Erklärung ab: Der Vatikan dementiert kategorisch die Auslegung der deutshen Rechtspresse, daß Äußerungen des „Osservalore Romano" über den Sozialismus irgendwelchenZusammenhang mit der Reichspräsidentenwahl haben, oder daß der Heilige Stuhl sich irgend wie gegen die Wahl von Marx geäußert hätte. Der Heilige Stuhl greift in die innere Politik Deuts.hlands nicht ein, noch beabsichtigt er, solches zu tun. * Marxens Wahlseldzug. Mannheim, 22. April. Im überfüllten Nibelungensaale deS Großen Rosengarlens sprach heute abend der Präsidentschaftskandidat des Vollsblocks Marx. Er führte u. a. auS: Die Demo lra tte, ans der das Dentsche «eich durch die Weimarer verfass««- ausgebaut sci, werde sich das Volt nicht mehr nehmen lassen. I Seine Schlußausskhrungen klangen in den Ruf aus: Für das Volk, mit dem Volle, für daS Teutsch: Reich, für die deutsche Republik Dafür »ollen unsere Kräfte, unser Leben, unser Wissen eingesetzt werd'». Karlsruhe, 22. April. Heute abend hielt der frühere Reichskanzler Marx hier eine Rede, in der er u. a. ausführte, spätere Geschichtschreiber würden feststellen, daß die dcntschc Republik der einzige nationale Halt Deutschlands gewesen sei. Die Republik sei nicht ein Pro dukt der Revolution, sondern ein Schutz gegen die drohende Revolution gewesen. Die spätere Außenpolitik sei mit dem Schlagwort Erfüllungspolitik verschrien worden. Dennoch habe diese nationale Realpolitik er- staunliche und erfreuliche Eroberungen in den Reihen der früheren Gegner Deutschlands auf,«weisen. Tas nationale Ziel sei die deutsche Re publik. Sie habe einen Anspruch auf Unter- stützung durch alle, die das Deutsch nm am Leben erhalten ivotlten. * Nepnblikanische Riesenknn-gebnnfl in Köln. Köln, 22. April. Tie republikanischen Parteien Kölns hatten ihre Anhänger am Mittwoch abend zu einer großen republikanischen Kundgebung auf dem größten Platze der Stadt, dem Neumarkt, zusammengerufen. 16 Redner sprack-en gleichzeitig zu den Massen, die der Aufforderung, am kommenden Sonntag für den Kandidaten deS Volk-blocks an die Wahlurne zu treten, mit Begeisterung zustimmten. Die Zahl der Teilnehmer an dieser ruhig und geordnet verlaufenen Riesenkundgebung, wie sie Köln bisher kaum je einmal gesehen hat und die durch ihre imponierende Größe liefen Eindruck machte, wird übereinstimmend auf etwa 65 000 Personen geschätzt. Mehrere Störungsversuche kom munistischer Frontkämpfer konnten im Keime erstickt werden Sparer und Reichspräfidenten- wahl. Berlin, 22. April. Die Delegiertenversammlung des Hypothekengläubiger- und Sparerschutz. Verbandes hatte in ihrer Sitzung vom 4. d. M. beschlossen, den Mitgliedern im zweiten Wahlgange der Reichspräsidentenwahl die Stimmabgabe frei zu geben. Vorstand und Beirat deS Verbandes haben nunmehr diesen Beschluß in ihrer gestrigen Sitzung endgültig bestätigt. das Zuschlagsrccht der Länder und Ge meinden zur Einkommen- und Körperschastssteuer vorsieht. Das ha: nicht so sehr eine finanzielle Bedeutung, sie liegt vielmehr wesentlich auf psychologischem Gebiete. Es ist geeignet, das Verantwor tungsgefühl und die Sparsamkeit in Landern und Gemeinden wied:r zu stärken. Den Ländern wird es ganz unmöglich sein, einen zu treffenden Verteilungsschlüssel zu finden. Ferner müssen die Zuschläge ein starkes Gegengewicht finden durch einen weitgehenden Lasten- ausgleich der Länder für ihre Ge meinden. Ein: völlig gleichmäßige Besteuerung erscheint als eine Utopie. Eine Sicherung gegen Übers annung der Zuschläge sieht der Entwurf u. a. darin, daß die Zuschläge in ollen Stufen gleich sein müssen. Solange Länder und Gemeinden die Zuschläge nicht beschlossen haben, gilt als Zuschlag die Differenz zwischen dem bisherigen ReicksaMeil und dem Normal tarif. Ten Kosten der Schlichtungsausschüsse unb der Militärgnichtsbarkeit ist zugestnnmt wo den. Als HauptdiffertNjpunkt ist grbliedcn die Frage der viteiligung an der Einkommen und Körperschaftsstkiicr. Für das erste Halbjahr 1925 hat der Noifinauz. auegleich die Sache geregelt. Für Vie w itere Zeit glaubt das Reich, daß die Länder mit einer geringeren Quote ai skommen wer den. Die Länder beanstanden nicht so sehr die von der Reichsregierung ausgestellte Bedarfs- berechnuug als vielmehr, daß ihen die eigenen Decknngs möglich leiten vom Reiche bez. voin Reichssinanzministerium ungerechnet worden sind. Sie glaubten, daß sie mit den ihnen vom Reiche zugewiesenen Quoten nicht aus ko in inen wer den. Eine Ersparnis halten sie für möglich durch eine schärfere Abgrenzung dcrAusgaben von Reich, Ländern und Gemeinden. Die Reichsratsausschüsse beantragen, daß die Lä'dcr an der Einkommen- und Kölperschaftssteuer weiterhin wie bisher mit SO Proz. und an der Umsatzstcuer mit 30 Proz. beteiligt werden. Der Vorschlag ker Rcichs- regienmg ging dagegen nur auf 75 bez. ans 30 Proz. Der sächsische Finanz Minister l)r. Reinhold beantragte, d.n Grundbetrag der den Ländern zu überweisendeu Umsatzsteuer zu einem Drittel nah dem Aufkommen, zu zwei Dritteln nach der Bevölke rungs- zahl zu berechnen. Dieser Antrag wurde mit 46 gegen 20 Stimmen angenommen. Bet dir Frage dcr Vcrteilung dcr Ltcucr« erklärte ReichSsinanzminister v. Schlieben, daß die Rrichsregicrung bei ihrer Ltellungnahmc nur 75 Prozent an die Länder ab- führen zn können, verbleibe. MaS die Umsatzsteuer betreffe, so gehe der Wunsch der Länder dahin, 30 statt der bisherigen 20 Prozent zu erholten. Dem könne die Reichs regierung ebenfalls nicht beitreten. Sie werde dem für das Jahr 1925 zu stim men, dagegen nicht für die Zett vom 1. April 1926 ab, in d:r sie den Länder« aus der Umsatzsteuer nur 20 Prozent über weisen könne. Zutreffend sei, daß im Reichsrat die Eiklörung abgegeben wurde, daß oie Länder für das weite Halbjahr ungefähr dasselbe be- kommen sollten wie im ersten Halbjahr. Da die Länder sich aber nun auf einen anderen Stan-dpunkt gestellt haben und mit ihren Forderungen über diese Ubcr- weisung per Saldo hinwegpehen, so fühle sich auch die Reichsregierung an jene Zn- ficherung nicht mehr gebunden, svndein ntüsse sich ihre Entschließung vo bebasien. Das sei bedauerlich, aber die Reichslegierung habe nicht den Anlaß zu einer Verschärfung dieser Differenz gegeben. Die RnchSiegterung labe keinen Autgteichsfonds für di: Länder, die nicht so gut bei dem Finanzausgleich abstneiden. Da gegen hab: die ReichSregwrunz eS auch fiüher immer als ihre Pflicht betrachtet, wenn ein Land