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und dem Schiithorn, damit die Tondichtung den Charakter einer Hochgebirgsvi sion annehmen konnte.“ Schuh spielt auf eine Bergbesteigung an, die Strauss im Juni 1893, auf der Rück reise aus Sizilien, unternommen hatte, und die er in einem Brief an die Eltern schildert: „Heute 6 Uhr früh strahlte aber das Matterhorn wolkenlos in mein Zimmer herein und da - machte ich mich auf - zuerst bloß bis Riffelalp (7/4 Stunden), dort frühstückte ich, dann weiter 34 Stunden bis Riffelhaus. Als dort keine Aussicht, wurde ich kühn und stieg noch 1 1/2 Stunden bis Gornergrat (3156 Meter, 10 960 Fuß), wo ich allerdings eine Aussicht hatte, die aller Be schreibung spottet. Wolkenlos, strahlend im Sonnenglanz. Monte Rosa, Breit horn, Matterhorn etc. ringsum lauter Schneeriesen von 4500 Metern und unter mir riesige Gletscher. Es war überwältigend.“ „Bei Morgenspaziergängen auf der Alp Giop“, fährt Schuh fort, „gewann der lange gehegte Sin fonieplan im Jahre 1911 festere Gestalt“. Tatsächlich hatte Strauss sich im Januar und Februar 1911 in St. Moritz aufgehalten, also unmit telbar, bevor er die Arbeit an der Alpensinfonie wieder aufnahm. Leider nennt Schuh die Quelle sei ner Kenntnisse nicht, und so bleibt der leise Verdacht, ob nicht der (vielleicht eidgenössischem Patrio tismus entsprungene) Wunsch der Vater seines Gedankens gewesen sein könnte. Richard Strauss hat sich zur Frage des „Originalschauplatzes“ nie ge äußert - weder im Ernst noch im Scherz. Dass er einen konkreten Ort bei der Komposition der Al pensinfonie im Sinn gehabt habe, lässt sich damit allerdings weder wider- noch belegen. Beim Monte Cristallo (Dolomiten), 20er Jahre her sie stammen, weiß niemand, auch ihr Schöpfer, das unbewußte Sprach- 33