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1465 Schluß mit einige« Granatschüssen. Dann war wieder Ruhe in Port-au-Prince und man begrub die Todten." (Privatbriefe« auS Port-au-Prince entnimmt die Liver pool Post die Meldung, daß der Präsident der Re publik Haiti abgcdankt habe und au- dem Lande ge flüchtet sei. E» wurde eine provisorische Regierung zur Leitung der Staat-geschäfte und Wahl eine- neuen Präsidenten gebildet. Cs heißt auch, daß der Präsi dent dcS Haktischen Senat- in dem Handgemenge am 30. Juli nicht getödtet wurde. Der Krieg-Minister fand iudeß seinen Tod bei der Gelegenheit.) Königreich Sachsen. * Leipzig, 7. Aug. Ebenso wie da- Concert im Schützenhause am 5. Aug. (wovon wir schon Mel dung thaten), hat sich auch da- am gleichen Abende veranstaltete Concert auf der hiesigen Theaterterraffe zu einer Festlichkeit zu Ehren des Geburtstage« Jhrer Maj. der Königin Carola gestaltet. E» schloß mit einer Illumination des Schwanenteiche» und mit Feuerwerk. * Leipzig, 6. Aug. Der nächste Sonntag dürfte eine außergewöhnliche Anzahl Besucher unserer AuS- stellung hier vereinigt sehen. Die Generaldirection der StaatSbahnen hat nämlich der Bevölkerung de» BoigtlandeS und Erzgebirge- Gelegenheit geboten, auf billige Weise nach Leipzig zum Besuche der Kunst gewerbeausstellung zu kommen, indem sie theil» ordent liche, theil» Extrazüge von Hof, Schwarzenberg, Schneeberg, Aue-Adorf, Greiz und Zwickau nach Leipzig und abend» zurück (mit sofortigem Anschluß nach all den verschiedenen vorerwähnten Punkten) ver kehren kaffen wird und zu diesen Zügen Billet» zu be deutend ermäßigten Preisen auSgeben läßt. Die Billet- preise sind so niedrig, daß auch der Lrmern Bevöl kerung ermöglicht wird, an der Extrafahrt theilzu- nehmen. Jedenfalls wird auch die Theilnahme eine ganz bedeutende sein, da nicht allein den zahlreichen an den betreffenden Eisenbahnlinien gelegenen Ort schaften die Vergünstigung zutheil wird, sondern auch andern, von der Bahn entfernten Orten und zwar durch Omnibusverbindungen der Anschluß an die Extra züge erleichtert werden soll. -f-Äur dem Vbererzgcbirge,' 6. Aug. Gestern Mittag 1 Uhr entlud sich über dem ober» Zschopau- und Sehmathale ein heftige» Gewitter mit wolken bruchartigem Regen «nd drei bi« vier Blitzeinschlägen, von denen einer das Hilpert'sche Gut in Annaberg traf, nordwestlich von der GaSfabrik vor dem Buch holzer Thore gelegen «nd als letztes HauS mit Stroh dachung bekannt und zum Niederreißen bestimmt. Während ein vom Blitze betäubter Knabe schnell wieder zu sich kam, ging da» Gut in Flammen auf. Bei Wolkenstein war das Gewitter von Hagelschlag begleitet, welcher auf den reichgesegneten Getreide feldern argen Schaden anrichtete. Die Zschopau ist stark getrübt und angeschwollen. — Für die bevor stehende Landtagswahl ist von den jüngern Libe ralen der Stadtrath und Färbereibesitzer Köselitz zu Annaberg als Candidat ausgestellt und empfohlen worden. Von andern Vorschlägen verlautet nicht«. — In Annaberg wird im nächsten Monat eine land- wirthschaftliche Ausstellung stattfinden. — AuS Sachsen vom 4. Äug. wird der Ostsee- Zeitung geschrieben: Eine interessante Enthüllung über die Stellung der Lonservativen zu der Schutzzollfrage hat der agra rische ReichetagSabgeordnete Günther vor wenigen Tagen in einer Ausschußsitzung de» Lonservativen Vereins für den leipziger Kreis gemacht. Er gab zu» daß da« Interesse der Seestädte, de» Binnenhandels und der Exportindustrie den Schutzzöllen gegenüberstände, meinte jedoch, da meist nur mäßige Schutzzölle beschlossen seien, so sei es nicht so schlimm mit der Berlttzung dieser Interessen. Dar Treiben der Interessenten während der letzten Monate der Reichstag«- session schilderte er in drastischer Weise und bemerkte, e» sei eine wahre Aufgabe für die Referenten gewesen, alle Deputationen und Petitionen auszuhalten. Von den Land- wirthcn im Reichstage sei ein großer Theil von der Auf fassung ausgegangen, daß die Getreide- und Biehzölle nur als ein Abschlag dafür anzusehen seien, daß die großen Herren von der Industrie ihre Zölle erlangten; ja man habe sich vielfach der Ansicht zugeneigt, man müsse helfen, die gesammten Zölle zu Falle zu briugen, um bei der Wie- derkehr der Zollfrage mehr al« da« jetzt in Aussicht Ge stellte für die Landwirthschaft zu erlangen. Nur die Be sorgniß, dadurch eine große Krisis über Deutschland herauf zubeschwören, daß man deu ganzen Tarif verwerfe und da durch Bismarck s Rücktritt veranlasse, habe schließlich nach vierzehntägiger schwerer Arbeit der Abg. Richter-Tharand, v. Mirbach, v. Helldorss-Bedra und Günther-Saalhausen die landwirthschaftlichen Vertreter bewogen, sich mit der Er höhung der Zölle auf Roggen, Vieh und Holz zu begnügen. Nach diesen Bekenntnissen einer schönen Seele, die zu den thätigsten Machern der Majorität gehört, kann sich als» das deutsche Volk auf neue höhere Steuern, Zölle auf Getreide, Vieh rc. gefaßt machen, wenn erst ein conservativer Reichs tag zusammen sein wird. Da« Bündniß der Schutzzöllner mit den Agrariern steht aber danach auf sehr schwachen Füßen. — Das Dresdner Journal berichtet au- Dresden vom 6. Aug.: „Gestern gegen 5'/, Uhr morgen« wurde vom neuen Elbkai aus, in der Nähe de» vormaligen Gondel- hafens, der Leichnam eines Manne« au« dem Wasser ge- fautz, nach den Ministern zu einem Toast da- Wort- und sagte: Die republikanische Majorität der Deputirtenkammer maßte e« den Mitgtiedern der Regierung und deu Bertre- lern de« Senat« überlassen, da« patriotische Wert de« Be freier« de« Landesgebiet« nach Gebühr zu würdigen. All«» ist zum Lobe de« großen Bürger« gesagt worden und wir republikanischen Abgeordneten haben nicht« hinzuzusügen. Unsere Gegenwart beweist zur Genüge, wie sehr wir ihn vjeehrttn. Auf wen ander« soll ich also einen Toast brin- gtn, wenn nicht auf die patriotische und republikanische Be völkerung von Nancy? Mein trefflicher Freund, der Han- del,«Minister Tirard, hat auf seiner Am««reise durch Frank reich da« industrielle und commtrzielle, ich möchte sagen da« organische Leben Frankreich- constatirt. Mein Lollege und Freund, der Miniswr de» Innern, Lepire, kann wiederum hier, wie sonst überall, da» politische und administrative Leben constatiren. Beide sehen zugleich da» moralische, da» Seelenleben diese« großen französischen Vaterländer, dem wir alle« verdanken und alle Opfer zu bringen bereit sind. Sic bemerken, sage ich, überall da« moralische Leben det Vaterlandes; aber wenn die Adern überall pulstren, so gibt «« doch Punkt« im Lande, wo sie glühender und hefti ger schlagen. Hier in dieser Stadt Nancy, wie in allen Städten de« östlichen Frankreich«, schlagen die Adern dop- peltk Die Seele de« Vaterlandes hat hier sozusagen zwei Ppls«. Ja wohl, wir fühlen hier mehr als anderwärt« die Seele des französischen Vaterlandes. Wir fühlen sie in dieser schönen Stadt Nancy, der Hauptstadt de« alten Lo thringen«, welche gegenwärtig 10—15000 elsässische Flücht- tsnße in ihren Mauern zählt. E« ist also hier eine lothrin- gische und eine elsässische Stadt. Indem ich aber «inen Toast auf di« patriotisch« Bevölkerung dieser Stadt bringe, darf ich Vicht vergessen, daß ich hier Generale, Obersten, Vertreter der französischen Armee, die sich jetzt in nicht« mehr von der Nation unterscheidet, vor mir habe. Wir alle wollen den Frieden, aber wenn Frankreich jemal« ange- Httssen werden sollte, würden wir alle, meine Herren von der Armee, unter Ihren Befehlen marschiren und ohne Unterschied de- Alter« die Lebenskraft jener großen franzö sischen Nation beweisen, auf welche ich Sie jetzt zu trinken auffordere. In der vorwiegend officiellen Gesellschaft soll der Eindruck ein peinlicher gewesen fein, und die regie- «MgSfreundlichen Blätter, wie der Temp», die France und der National rc., hüten sich wohl, diese Kund- gohung mit irgendeinem Commentar zu begleiten. Dagegen herrscht in den consetvativen Organen nur «int Stimme der Misbilligung. — Der Kölnischen Zeitung berichtet man aus Pari« «dm 5. Aug.: „Der gestern in der Sorbonne ver nommene Ruf «Vivo le roi!» kam nicht von einem Zögling de- StauiSla»-College, sondern von einem Schükr de-Fontane-rLhcmms. Al» heute in diesem Hyceum die PreiSvertheilung vor sich ging, fand eine mene Kundgebung gegen die Republik statt. Der Schiller, dem der Preis für die Philosophie zuerkannt wax, wollte sich nicht stellen, weil der Deputirtr Paul Bert die Feier leitete, und al» dieser von dem tapfern Minister Kerry sprach, hörte man einige Schüler pfeifen." Großbritannien. London, 5. Aug. Zwei hervorragende Staats männer hielten am SamStag Reden vor Versammlungen: der Kriegsminister Oberst Stanley gelegentlich der Eröffnung de» neuen Rathhauses zu Chorley und der Marquis of Ripon (bis zu seinem Uebertritt zur katholischen Kirche Mitglied der Gladstoue'schen Re gierung), vor einer Versammlung liberaler Wähler zu Cleckheaton in Yorkshire. Beide Redner bewegten sich in dem für ihre Parteien üblichen Fahrwasser: der conservative verwies auf die Schwierigkeiten, mit denen die Regierung in den letzten Jahren sowol auf dem Aebiete der mnern als det äußern Politik zu kämpfen gehabt; der liberale legte Nachdruck darauf, daß die Regierung, trotzdem sie durch Abschluß der bekannten englisch-türkischen Convention besondere Verantwortlich keiten in Bezug auf die Durchführung von Reformen in Kleinasien auf sich geladen, noch nichts Ernstliches an Vieser Richtung vollbracht habe, während unpar teiische Zeugen, wie der englische Commiffar für Ost- rumelien, bekundeten, daß eine Entschuldigung für solche Btrsäümniß nicht vorliege, und der UnterstaatSsecretär des Auswärtigen zugebe, daß der gegenwärtige Zu stand Kleinasiens ein empörend schlechter sei. Am Schlüsse seiner Rede tadelte er die Regierung, daß sie die Landwirthe zu dem Glauben verleite, als könne in der Rückkehr zum Schutzzollsystem ein Mittel zur Verbesserung ihrer gedrückten Lage gefunden werden. Der Daily News wird aus Petersburg ge meldet: „Bezüglich des Sturzes von Khereddin- Pascha, welcher von den Westmächten unterstützt war, meldet ein hier eingetroffeneS Specialtelegramm, daß die russischen und österreichischen Botschafter und der griechische Gesandte zugegen waren, als des Sultan- Hat, welcher die neuen Minister ernannte, von der Pforte bekannt gegeben wurde. ES scheint daher und private Mittheilungen bestätigen diese Ansicht, daß Rußland und Oesterreich in diesem Augenblicke einig sind, den Sultan in dieser Angelegenheit gegen die Westmächte zu unterstützen." — Die Interpellation im englischen Unterhause über die Bewegungen der westmächtlichen Flotten gegen die Besikabai hat, wie gestern gemeldet, eine rigen- thümliche Beantwortung gefunden. Danach wäre eine politische Demonstration nicht beabsichtigt, sondern die Bewegungen der englischen Flotte, welche mit denjenigen der französischen überhaupt nicht- zu thun hätten, wären durch ein lediglich militärisches Bedürfniß hervorgerufen worden. Dagegen nun erfährt die National-Zeitung „von gewöhnlich gut unterrichteter Seite": Die demonstrativen Bewegungen der englischen und französischen Flotten v«rfehl«n selbstverständlich nicht, in diplomatischen »reisen nicht geringe« Aufsehen zu erregen. Man weiß, daß Lord Bracon«field in höchst übler Stim mung gegen den Sultan ist, und e« begreift sich da- im allgemeinen wie mit Rücksicht auf die wichtigsten pendenten Fragen. In ersterer Beziehung mag wol daran erinnert werden, daß Abd-ul-Hamid selbst e« ist, welcher die im Lypernvertrage berührten, unter englischer Aussicht stehenden Reformen in Kleinasien, beziehungsweise die Oberherrlichkeit Großbritanniens über die Wiege de« O-manenreich» verhin dert hat und zur Stunde noch den für Kleinasien ernannten englischen Lonsuln Schwierigkeiten in den Weg legen läßt. Der Ausgang der letzten Krisi« in Konstantinopel tst geeignet, die Befürchtungen des englischen Premier zu verstärken, vielleicht gerade darum, weil da« neue Rigime sich beeilt hat, in der ägyptischen Frage formell« Eoncessionen zu machen, um die Hände in andern Dingen frei zu be kommen. Arifi-Pascha ist in Foreign offic« psrson» in- giat»; aber mau bekümmert sich am Ende dort weniger um ihn al« um seinen Nachfolger, und e» steht heute bereits außer allem Zweifel, daß Mahmud-Nedim, bevor 14 Tage um sind, wieder da« türkische Staat-siegel führen wird. England« Macht in diesem Moment in Erinnerung zu bringen, ist die an und für sich und gar im Moment de» Abzuges der Russen räthselhafte Flottendemonstration — Lord BeaconSsied ist bekanntlich Liebhaber von derlei Auf zügen — in Scent gesetzt worden, und Frankreich thut au» der Ferne mit, um in seiner eigenen, der griechischen Sache, eine Pression au-zuüben. Türkei. Die »Presse» schreibt unten» 5. Aug.: „Wir habe» bereits gestern au-geführt, daß allen Schwarz sehern zum Troy die Russen bei der Räumung der Balkanhalbinsel den vertragsmäßigen Termin vom 3. Aug. eingehalten haben. Thatsächlich ist am 3. Aug. mittag« das letzte russische Regiment in Rust- schuk eingeschifft worden; 50 in Schumla zurückgeblie bene,russische Geschütze werden in diesen Tagen nach Rustschuk gebracht werden, um gleichfalls eingeschifft zu werden. In Bukarest selbst weilen noch einige russische Offiziere, welche die Erlaubniß erhalten haben, auf dem Landwege nach Rußland zurückzukehren." Die russischen Blätter publiciren aus Burgas nachstehendes officielle Telegramm vom 1. Aug.: „Die Evacuation der Truppen ist vollständig beendet; heute wurde der letzte Soldat befördert. Aü« Rumellen find sämmtliche Lqsteu fortgeschafft; die Eisenbahn- und Sappeurbataillone ziehen ab; das letzte hat den Schipkapaß und die Iamboli-BurgaSbahn auSgebeffert. Die Etappen sind fast aufgehoben, der Telegraph über geben. Unsere Administration der Verbindungen zu Lande ist aufgehoben. Die Militär-Eisenbahnabthei- luug, die Postabtheilung und di« Kanzlei de- Chefs der Verbindungen reisen heute aus einem Dampfer nach Odessa, um sich von dort nach Petersburg zu begeben." — Bon Midhat-Pascha wird, wie wir der Neuen Freien Presse entnehmen, erzählt: „Nach vierjähriger Verwaltung der Provinz Bagdad und nachdem er alle möglichen Unternehmungen in Gang gebracht, eine Pferdebahn gegründet, die Dampfschiffahrt auf dem Tigris mächtig entwickelt, große Kasernen gebaut, breite Straßen angelegt, war er so arm, daß ihm das Reise geld fehlte, um sich nach Konstantinopel zu begeben und sein neues Amt als Großvezir zu übernehmen. Er sendete daher im geheimen einen vertrauten Mann mit seiner äußerst werthvollen Uhr und Kette zu einem reichen Inder, um dieselbe zu verkaufen. Der Name des Verkäufers sollte verschwiegen bleiben. Allein die Uhr wurde erkannt, und der Käufer sendete sie Midhat bei seiner Abreise zurück, mit der Bitte, sie als sein Geschenk und als Zeichen seiner Achtung und Freund schaft zu behalten." Amerika. Bei der letzten Revolution in Haiti fand in der Gesetzgebenden Versammlung ein Vorfall statt, der wol alles übertrifft, was bisher in hitzigen Kammer- debatten geleistet worden ist. Die Kölnische Zeitung schreibt darüber: „Der eigentliche Anlaß de- Vor ganges ist noch nicht bekannt; aber es scheint, daß Hr. Petit Canal, ein Bruder deS Präsidenten, von einem Hrn. de Loem, einem andern Mitgliede der Versammlung, tödlich beleidigt wurde und darauf so fort einen Revolver zog und seinen Gegner nieder schoß. Darauf zogen die übrigen Mitglieder auch ihre Revolver und die beiden Parteien eröffneten ein Feuer aufeinander; 40 Mitglieder wurden kampf- und rede unfähig gemacht. Damit war eS aber noch nicht auS; denn daS Publikum von außen mischte sich in den Kampf und setzte das Gefecht fort, und dann kam die Polizei und machte auch mit. Während dieser Zeit war auch der Präsident des Senats bereits gefallen und es hatte den Anschein, als ob die ganze Körperschaft sich gegenseitig aufreiben würde, als Truppen heran- rückten. Diese feuerten mit einer Mitraillcuse ohne Wahl und Qual in« Gelag hinein und machten den