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Grdankeogang da« Laad nicht in bi« größten Gefahr«» v«r- stricken fall. Einem Mann«, der so wandlung-fähig stch in seinen wirthschastlichen Ansichten gezeigt hat wie der Fürst Bismarck, kann unmöglich allein unsere wirthschastliche Ent wickelung überlassen werden. Die Au«führung der vom Fürsten Bismarck entwickelten Finanzplan« würde die größte Sef-Hr unserer Zeit, den Klassengegensatz, in verhängniß voller Weise steigern, Beamte und Nichtbeamte, Stadt und Laud, arm und reich mit Abneigung und Feindschaft gegen- einander erfüllen. Halle und der Saalkrei« mögen bei den nächsten Wahle» in da« Abgeordnetenhaus darauf bedacht sei», kein« OppositwnSmLnuer, wohl aber unabhängig den kende, feste und besonnene Männer zu wählen. Und zu diesem Zwecke ist e« jetzt mehr »l« jemal« wichtig, die alte Fahne nicht zu verlassen und liberal zu wählen. Obwol ich selbst für conservatwe Grundsätze sehr viel Lerständniß habe, so bin ich doch, wie die Dinge bei un« liegen, kein Bewunderer der conservativcn Fraktionen. Diese stellen heute keine selbständige konservative Partei, sondern den unbedingt gehorsamen Heerbann de« Fürsten Bi«marck dar, und diese» jetzt zu verstärken, hat ein Wahlkreis wie der unserige weniger al« jemal« Veranlassung. — Wie der Vossischen Zeitung mitgetheilt wird, hätte der Borstand der national-liberalen Partei in authentischer Weise die Mittheilung erhalten, daß die Artikel der Kölnischen Zeitung gegen den linken Flügel der National-Liberalen, welche so viel Aufsehen er regten, au» der Feder deS Professor» Marquardsen her rührten. Die Vossische Zeitung bemerkt dazu: ,Hr. Mar quardsen ist selbst noch Mitglied der national-liberalen Fractiou de» Reichstage», deren Mitglieder er in die ser Weise angreift!" Wie aber kommt die Bossische Zeitung, ein sehr avancirte« Fortschrittsblatt, dazu, «ine solche „authentische" Mittheilung an den „Borstand der national-liberalen Partei" zu publiciren? Wäre «» nicht richtiger gewesen, daß der Borstand der Partei, wen» er da», wa» er gegen ein Mitglied auf dem Herzen hatte, der Oeffentlichkeit übergeben wollte, die» i« tmrm national-liberalen Blatte that? — Der Weser-Zeitung schreibt man au» Berlin vom 6. Aug.: „Einige Blätter melden, der Bund«S- rath werde in der nächsten Session die Novelle zu dem Actiengesetze in Angriff nehmen. Da- klingt so, al» ob dem BundeSrathe eine bezügliche Borlage gemacht worden sei, was bekanntlich nicht der Fall ist. Borarbeiten bezüglich einer Revision de» ActiengesetzeS find schon seit zwei Jahren im Iustizamte begonnen worden; von einem nahen Abschlusse desselben hat aber noch nicht» verlautet." — Da» Berliner Tageblatt führt au», daß von einer gegründeten Einsprache gegen die Börsensteuer nicht die Rede sein könne: Im Gegeotheil mutz e« nur als gerecht gelten, wenn den Privilegien, deren sich eine kleine Minderheit innerhalb der Börsenräume dem ganzen übrigen Volke gegenüber er freut, wenigste»» auch «ine entsprechende Abgabe auferlegt wird. Die Schwierigkeit bildet in diesem Falle vorzugs weise die Form der Erhebung. Wir verlangen von d«r- selbe», daß sie, falls eine Umsatzsteuer beliebt wird, den gesammteu Umsatz, mag er für Rechnung der Spekulation oder der Anlage geschehen, gleichmäßig treffe, und zwar nach der Höhe de« Umsätze« stufenmätzig sich vermindernd. Die Erhebung wird einer bestimmten Loutrole unterliegen müssen, welch« aber schwerlich den am Börsengeschäft zu nächst Betheiligten allein überlassen werden kann. Bor allem befürwortet sie eine NotirungSsteuer, welche für die Zulassung eines Papier» zum Handel und zur Notiz an der Börse alljährlich zu erheben wäre und nach der Höhe de» GesammtbetrageS der betreffenden Anleihe oder der andern Papiergattnng bestimmt würde. Die Erhebung und Controle würde hierbei keine großen Schwierigkeiten machen. Dann müsse aber auch die Umsatzsteuer im Auge behalten werden, jedoch unter strenger Controle und mit ver schiedenen Stufen nach der Höhe der Umsätze. — Die Neue Freie Presse, die eS sich überhaupt ziemlich oft herauSnimmt, in ungehörigster Weise un» hier hüben im Reiche Hofmeistern zu wollen, statt lie ber vor der eigenen Thür zu kehren, hat jetzt die «igenthümliche Entdeckung gemacht, „daß die deutsche Presse, die an Zahl die erste Stelle einnimmt, an po litischer und moralischer Lauterkeit keiner andern weicht (richtiger hätte die Neue Freie Presse gesagt: manche andere übertrifft!), geistig nicht auf jener Höhe steht, die der Culturstufe der Nation entspricht". „Deutsch land", fährt sie fort, „besitzt keinen berufsmäßigen, durchgehend mit tüchtiger formaler und sachlicher Bil dung auSgestatteten Journalismus. (?) Ausgediente Militärs, die al» Querköpfe bekannt sind, gewesene Subalternbeamte rc. führen in großen, altangesehenen Provinzblättern, welche außer diesen, übrigen« spär lichen Mitarbeitern meist auf hauptstädtische Federn angewiesen sind, da» große Wort." Von diesem Ber- dict nimmt sie „nur die hauptstädtische" (berliner) Presse aus, und zwar speciell „die National-Zritung, die Bossische Zeitung, das Berliner Tageblatt, die Tribüne" — dazu „einige charaktervolle (!) Blätter des Ostens und Nordens". Nun, wir andern in der „ Provinz" müssen uns damit trösten, daß darüber, was „charaktervoll" und „charakterfest" ist, eS Gott sei Dank noch ein anderes kompetente» Tribunal gibt al» die Neue Freie Presse! ! — Auf Grund de» Reichsgesetzes vom 21. Oct. 1878 ist das Verbot der vom communistischen Ar-, 1464 beiterbildungSvereiu iu London herausgegebenen perio- dischen Druckschrift „Freiheit" auch auf diejenigen Nummern diese» Blatte», welch« unter der Aufschrift: „Die Wahrheit" zur Ausgabe gelange«, erstreckt worden. — Die Norddeutsche Allgemeine Zeitung redet der Prügelstrafe das Wort. Sie schreibt: „Man ging bei un« in der Milde häufig so weit, über dem Mit leid gegen den Verbrecher die Rücksicht auf das Opfer auS den Augen zu verlieren; speciell bei absoluter und vollständiger Abschaffung der Leibesstrafen aber, die man im Widerspruche mit der Menschenwürde fand, übersah man einerseits, daß gewiss« Berbrechen nur denkbar sind unter Borau»setzung einer vollständigen Entmenschung, andererseits, daß jede Strafe, welche nicht als Züchtigung empfunden wird, für rohe Na ture» ihre Bedeutung verliert. Die gemachten Erfah rungen haben bereit» zur Revision de» Strafgesetzes geführt; sie werden dazu nöthigen, die Revision-arbeit noch fortzusetzen, und dann kann nicht auSbleiben, daß auch die Frage der körperlichen Züchtigung wieder in Erwägung gezogen wird, namentlich mit Rücksicht auf die Brutalität-Verbrechen. Wenn schon für die ge wohnheitsmäßigen Berbrechen die Freiheitsstrafe wenig Abschreckende- hat im Vergleiche mit dm Bortheilen der Unterkunft und sorgenfreien Ernährung, so wird die Bestialität, welche gewisse Kategorien von Ver brechen charakteristrt, von selbst zur Androhung von Strafen nöthigen, von denen allein man die Bändi gung der «Bestie» erwarten kann." (?) Dasselbe Blatt plaidirt auch für die Beschränkung de- Eheschließung-rechte-. E» schreibt: „Aller- ding- hat die Auffassung, nach welcher die Eheschlie ßungen, um der Sittenlosigkeit zu steuern, möglichst erleichtert werden sollten, sodaß nur noch die Persön lichkeit festzustellen ist, sich nur in geringem Grade durch die Erfahrung gerechtfertigt, auch ganz abgesehen von der Form der Eheschließung. Da» Recht der Eheschließung, wenn seine Au-Übung nicht bedingt wird durch die Fähigkeit, einm Hausstand zu gründen und die ökonomische Grundlage eine- Familienleben- in Aussicht zu nehme«, ist geradezu eine Belastung der Gemeinde, welcher die Buße für den Leichtsinn der Individuen aufgebürdet wird. Wir lenken die Aufmerksamkeit auf diese Verhältnisse, weil gerade da unbedingt« Recht der Chesrbließung die Inconvenienzen, welche sich au» der rücksichtslosen Erweiterung der individuellen Freiheit und zwar in Bezug auf die In teressen der Allgemeinheit ergeben, am meisten fühlbar macht." - . - Preußen. X Serlt«, 6. Aug. Die Mitthei- lung verschiedener Blätter, eS werde «ine Vorlage be treffend die Neuorganisation der preußischen StaatS- eisenbahnverwaltungen vorbereitet, ist richtig, aber nicht neu. Bereit» während der letzten Session de» Landtages wurde regierungsseitig in der Budget commission dasselbe erklärt. Wie verlautet, gehört dieser Gegenstand zu denen, welche da» StaatSmini- sterium in seiner nächsten Session beschäftigen werden. — AuS Münster vom 4. Aug. wird der National- Zeitung berichtet: „Eine groß« Versammlung des KlernS der Diöcesen Münster und Paderborn soll am 13. Aug. hier stattfinden, die berathen wird über nachstehende Gegenstände: 1) Denkschrift an Minister v. Puttkamer betreffend die Nothlage auf dem Gebiete der. Schul«; 2) Petition an den Landtag um Auf hebung der Maigesetze; 3) Verhalten bei den bevor stehenden LandtagSwahlen." — Zum Kapitel „Nahrungsmittelverfälschung" theilt di« Kattowitzer Zeitung Folgendes mit: Di« Polizeibehörde in Ratibor hatte in Erfahrung ge bracht, daß ein Destillateur in Ratibor ein von ihm fabri- cirte« Getränk, bestehend au« einem Gemisch von Wasser, Sprit, Zucker und Weinsteinsäure, unter dem Namen „Cyber" in Verkehr setzte, ohne daß auch nur ein Atom von Obstbestandtheileu sich darin befand. Da nun unter „Lyder" Obst-, insbesondere Apfelwein zu verstehen ist, so beauftragte der dortige RegierungScommissar, um den De stillateur wegen seiner betrügerischen Handlungsweise zu Aberführen, zwei Dienstmänner, in dem Verkauf-locale de« Destillateur« „echten Lyder" zu verlangen. Die Dienst männer traten in das Local, forderten von dem Lommi» ein« Flasche „echten Lyder" und dieser verabfolgte ihnen jene« Surrogat. Dasselbe wurde auch auf Veranlassung de« RegierungScommissar« untersucht, und auf Grund der Ergebnisse dieser Untersuchung wurde die Bestrafung de» Principal« und seine« Lommi« wegen Betrug« und wegen Verkauf« verfälschter Getränke beantragt. Da« Appella- tiou-gericht zu Ratibor sprach jedoch die Angeklagten voll ständig frei, und da» Obertribunal wies die vom Ober staatsanwalt eingelegte Nichtigkeitsbeschwerde durch Er- kenntniß vom S. Juli 1879 zurück, indem e« ausführte, daß dem Lommi» keinerlei dolose» Verhalten zur Last falle, e« vielmehr glaublich erscheine, daß auch ihm der Unter schied zwischen echtem und dem von seinem Principal fabricirten Lyder nicht bekannt gewesen sei, und daß, da der Principal in seinem Laden nicht etwa echten und nicht echten Lyder, sondern nur da» eigene Fabrikat mit dem Namen „Lyder" führe, der LommiS von vornherein keine Veranlassung gehabt habe, etwa» andere« zu denken, al» daß die Käufer echten, von seinem Principal fabricirten Lyder verlangten. Ebenso wenig habe stch der Principal des Betrugs gegen die Dienstmänner schuldig gemacht, da er an dem von seinem LommiS bewirkten Verkaufe per sönlich nicht betheiligt gewesen war, noch eine Kenntniß davon g«h«bt hatte. Auch wegen Verkauf« von verfälschteir Getränken sei der Destillateur nicht zu bestrafen. Der Appellation«richter nimmt an, bei der Beurtheilung, ob ein Getränk al« verfälscht im Sinne de- Gesetze» anzusehen sei, entscheide der im Handel und Wandel herrschende Brauch und gut« Glaube sowie die Natur und Bestimmung der Waare. Angeklagter sei, al» er da» fragliche Getränk zum Verkaufe fabricirte und Lyder nannte, dem im »berschle- stscheu Handelsverkehr herrschenden Brauche gefolgt, bade keine betrübliche, sondern nur die Absicht gehabt, den Lon- summten ein billige« Surrogat für den theuern Obstwein zu verschaffen. Er habe dabei nicht etwa echten Ohstwyn durch den Zusatz fremdartiger Stoffe verfälscht, sondern er habe ein ordinäre« Getränk geschaffen, dem er den in Ober- schleflen dafür üblichen Namen „Lyder" gab, ohne den An spruch zu erheben, daß dieser Lyder für Obstwein und nicht für einen von ihm fabricirten Kunstwein gehalten würde. Thüringische Staaten. zSera, 3. Aug. Die Gasoweterfrage, welche monatelang die hiesige Einwohnerschaft ohne genügenden Grund in Aufregung erhalten hatte, ist nun endlich auf einmal entschieden. Nachdem di« Errichtung auf dem in Aussicht genom men gewesenen Platze nach Einholung der einander widersprechendste» Gutachten von Gelehrten und Fach- männer« durch letztinstanzliche Entscheidung abgewiesen worden, ist ein andere» Terrain, und in geringer Ent fernung von dem früher» Platze, angekauft worden, und «S hat nicht Eine Person dagegen eine Einwen dung erhoben, ungeachtet die Anlage jetzt ringsum von Gebäuden umschloss«» wird. Was früher monatelang gewährt hatte, ist jetzt in 14 Tagen entschieden wor den. E» scheint, als hätten sich die erhitzte» Grmüther durch die Länge der Zeit abgekühlt, und sei mau end lich des langen Haders müde. Wahr ist, daß alle Einwendungen, die bei dem ersten Platz vorgebracht wurden, hier iu ganz gleicher Weise hätten erhoben werden können. So geht eS vielfach mit comuumalen Angelegenheiten. Leider werden dieselben auf solche Weise oftmals arg geschädigt. Ob der Gasometer nun bis zum Winter noch wird fertig gestellt werden könne«, ist sehr zweifelhaft. Elsaß-Lothringen. -f-Straßburg, 2. Aug. Am 31. Juli feierte der Senior unserer theologischen Facultät, Professor vr. Reuß, daSFest seiner fünfzig jährigen Lehrthätigkeit, die er ununterbrochen hier, an seinem Geburtsort, auSgeübt hat. Die Huldigungen, welche ihm bei dieser Gelegenheit feiten» der Studenten, seiner ehemaligen Schüler, der College» und vieler auswärtigen Fakultäten dargebracht wurden, find ein sprechender Beweis für die allgemeine Anerkennung seiner Verdienste auf dem Gebiet der theologischen Wissenschaft. Am Vorabend des Festes brachten ihm die Studenten einen glänzende« 'Fackelzug, und am Morgen de» Jubeltages selbst begaben sich der Senat, die theologische Facnltät, die Vertreter der elsässischen Geistlichkeit, der auswärtigen Facultäten tc. in die Wohnung deS Jubilars, um ihm ihre Glückwünsche darzubringe«, wie auch die äußern Zeichen der An erkennung und Dankbarkeit zu überreichen. Sämmt- liche deutsche Hochschulen sowie die theoloMLen Facul- täten au« Frankreich, der Schweiz, Schwe ¬ den hatten Adressen «»gesandt, zum TW sich auch persönlich vertreten lassen, und Se. MajMer Kaiser ehrte den Jubilar durch Verleihung de» Müntnordens. Nachmittags vereinigte ein Festmahl die Freundt und Verehrer des Gefeierten um denselben, wobei «S an Trinksprüchen nicht fehlte. Profeffor Reuß, geboren 1804 dahier, gehört der hiesigen Facultät seit 1829 al» Privatdocent und seit 1838 als ordentlicher Pro- effor an. Im Jahre 1843 erlangte er von Jena >en theologischen und von Halle den philosophischen Doctortitel. Er ist der Verfasser zahlreicher theolo gischer Werke, meisten- in französischer Sprache. Schweiz. .. Der Can ton Uri hat die Todesstrafe wieder eingeführt. Am 31. Juli hat der Landrath folgendes Gesetz beschlossen: 1) Di« Todesstrafe ist gegen die Verbreche» de« Morde» (vorsätzliche Tödtung) und der Brandstiftung, wofern da durch ein Mensch da« Leben verloren hat, in Anwendung zu bringen. 2) Dieselbe soll vorkommendntfall» mit be schränkter Öffentlichkeit in Anwesenheit von amtlichen Ur kundspersonen vollzogen werden. 3) Diese« Gesetz tritt sofort in Kraft. 4) Der Regierung«rath ist mit der Voll ziehung beauftragt. Da» Gesetz unterliegt noch der Genehmigung der LaudeSgemeinde, welche aber aller Wahrscheinlichkeit nach demselben ertheilt werden wird. Krankreich. * Paris, 5. Aug. Die Feste von Nancy sollten nicht ohne Misklang vorübergehen. Der Dcputirte Langlois, der sogenannte Oberst Langlois, weil er während der Belagerung als Oberst in der National garde gedient hat, eine vorwiegend lächerliche Persön lichkeit, die aber in der Kammer eine gewisse Rolle spielt uud schon wiederholt als Berichterstatter über das Kriegsbudget fungirt hat, von Hause auS ein Schüler Proudhon'S, aber später als Schleppträger de- Hrn. ThierS zahm geworden und in allen Lagern, in denen er noch gedient hat, ein enlant tsrridlo, er griff auf dem Banket, welches in der Präfectur statt-