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1584 alte Zwist zwischen Hindu und Mohammedanern wieder losbrechcn. 2) Durch Kriegslist. Aber diese Methode ist veraltet und bei der großen Menge von Leuten, die sich im Lager einer jeden indischen Armee befinden, dürfte jede Bewahrung eines Geheimnisses, der nothwendigstcn Bedingung zur Durch führung einer Kriegslist, kaum möglich sein. 3) Durch einen Sturmangriff. Soviel ist ausgemacht, daß General Barnard keine regelmäßige Belagerung unternehmen kann. Er hat wenig Sappeurs, da diese größtentheils zu den Meuterern übergegangen sind, und ein Versuch, mit einer so kleinen Armee in der heißesten Jahreszeit Belagerungsarbeiten vorzunehmen, ist undenkbar. Höchstens, daß er einige Batterien aufwcrfen kann, um die Werke zu be schießen und dann den Sturm zu wagen. Aber man täuscht sich sehr, wenn man glaubt, daß die Mauer von Delhi blos eine Kirchhofsmauer, ist. Sehr zu besorgen ist, daß die Zahl der Meuterer sich außerhalb der Stadt vermehre und des Generals Flanke bedrohe. Ist Delhi bis zur Stunde nicht gefallen, dann ist schwer einzuschen, was die kleinen Zuzüge noch weiter sollen. Der General müßte abzichen, wahrscheinlich gegen Agra zu, bis die großen Verstärkungen aus England ankommen." — Ostindische Blätter bringen folgende, wie sie behaupten, von den Meu terern in Delhi erlassene Proclamation: Wir thun hierdurch allen Hindus und Mohammedancin zu wissen, sowie den Untergebenen und Dienern der Offiziere der englischen Truppen, welche in Delhi und Mirut stationiren, daß die Europäer sämmtlich über folgende Punkte einig sind: Zunächst der Armee unsern Glauben zu nehmen und dann durch ZwangS- maßregcln alle Unterthanen zu Christen zu machen. In Wahrheit geschieht eS auf ausdrücklichen Befehl des Gencralgouverncurs, daß Patronen vertheilt werden, welche mit Schweine- und Ochscnfctt cingcrieben sind; auch hat er befohlen, daß, wenn 10,000 Mann dieser Ordre Widerstand leisten, sie füsilirt, wenn 50,000, entwaffnet werden sollen. Darum haben wir unß, aus Hingebung an den Glau ben, mit allen Unterthanen vereinbart und nicht einen einzigen Ungläubigen an diesem Orte am Leben gelassen, und haben den Kaiser von Delhi proclamirt, unter der Bedingung, daß alle Soldaten, welche ihre europäischen Offiziere massacriren und ihm Treue schwören, auf Lebenszeit doppelten Sold erhalten sollen. Hunderte von Geschützen und ein ungeheurer Schatz sind in unsern Händen; Alle daher, welche es schwierig finden, Christen zu werden, und überhaupt alle Unterthanen werden hierdurch aufgefodert, sich aufrichtig an das Heer anzuschließen, Muth zu fassen und an keinem Orte einen lebenden Keim dieser Teufel übrigzulassen. Für alle Auslagen, welche die Unterthanen machen niögcn, um das Heer mit Lebens mitteln und Vorräthen zu versehen, haben sie von den Offizieren Empfangscheine zu fodern, welche sie bei sich behalten und welche der Kaiser zu ihrem doppelten Betrage einlösen wird. Ein Zeder, der sich in solchem Augenblick von Fcigherzig- keit und Verführern beherrschen läßt und ihren Worten Zutrauen schenkt, wird dieselben Wirkungen seiner Unterwürfigkeit verspüren wie die Bewohner von Lack- nau. Es ist daher nothwendig, daß alle Hindus und Mohammedaner im Kampfe Einigkeit zeigen und Maßregeln zu ihrer Vcrthcidigung treffen nach dem Nathe angesehener Personen. Ucbcrall, wo die Maßnahmen gut sind, und wo Irgendje mand den Unterthanen Dienste geleistet hat, werden große Würden als Belohnung vertheilt werden. Auch sehe man es für nicht minder wichtig als einen Schwert streich an, Abschriften dieser Proclamation überall und soweit wie möglich in Um lauf zu setzen. Man schlage diese Proclamation an einem Orte an, wo sic gut sichtbar ist, damit die Hindus und Mohammedaner Kcnntniß davon erhalten und sich bereit machen. Zeigen sich die Ungläubigen sanftmüthiger, so halte man sich überzeugt, daß dieses nur ein Mittel ist, um die Rettung ihres Lebens zu erlan gen. Wer sich durch solche Täuschung fangen läßt, wird es zu bereuen haben. Unsere Herrschaft dauert fort. 30 Rupien für den Reiter und 10 Rupien für den Infanteristen ist der Sold im neuen Dienste Delhis. «Königreich Sachfen. * Leipzig, 7. Aug. Uebcr die Anwesenheit Sr. Maj. des Königs berichtet die Leipziger Zeitung aus Leipzig vom 6. Aug.: „Nach Beendi gung der Mittagstafel geruhten Se. Maj. der König gestern Nachmittag in Begleitung Sr. Exc. des Hrn. Staatsministers v. Falkenstein die im Gebäude des ehemaligen Beguinenhauscs auf der Univcrsitätsstraßc ausge stellten Sammlungen der allerhöchsten Besichtigung zu unterziehen. Sowol das pharmakognostische und das mineralogische Museum unter der Leitung der Professoren vn. Radius und vn. Naumann wie die physikalisch-techno logische Sammlung unter Hofrath Professor vr. Marbach und die zooto- mische Sammlung unter Professor l)r. Carus nahmen das Interesse Sr. Maj. in vorzüglicher Weise in Anspruch, sodaß Se. Maj. erst nach 6 Uhr im Gebäude des Universitätsgerichts und des Universitätsrentamts anlang ten, wo Allerhochstdieselben sämmtliche Lokalitäten nebst den Carcern sowie die Einrichtung der Jnscriptioncn, namentlich auch Buchführung und Rech nungswesen der genauesten Einsichtnahme unterwarfen und auch bei dieser Gelegenheit ihre Zufriedenheit zu erkennen zu geben geruhten. Zum Abend hatte sich die gejammte Studentenschaft zur Darbringung eines solennen Fackelzugs als gemeinsamen Ausdrucks loyaler Ergebenheit gegen den kö- niglichen Herrn vereinigt. Der ungemein zahlreiche Zug begab sich um ! st Uhr vom Paulinum in schönster Ordnung auf den Platz vor dem Gro ßen Blumenberg, wo nach Aufführung der Jubelouverture durch die beglei tenden Musikchöre der hiesigen Garnison das Lebehoch auf den verehrten Landesherr» enthusiastisch aus der Brust aller Anwesenden erscholl, die darauf einstimmig die Sachsenhymne ertönen ließen. Währenddessen hatte sich eine aus fünf Studirendcn bestehende Deputation zu Sr. Maj. begeben, um den Ausdruck der Gefühle der Treue und Ergebenheit, welche die Studi- rcndcn der Universität beseelen, sowie des Dankes sür die Huld, die Se. Maj. der Universität durch den gegenwärtigen allerhöchsten Besuch erwie sen, in einer kurzen Ansprache darzubringcn, die Allerhöchstdieselbcn mit den huldreichsten Worten zu erwidern geruhten. Nachdem Se. Maj. am heutigen Tage in aller Frühe in der katholischen Kirche eine stille Messe gehört, geruhten Sic, wie gestern in Begleitung des Hrn. Staatsmünstcrs v. Falkenstein Exc., um 7 Uhr das königliche Bezirksgericht auf der Zcitzer Straße mit Ihrem Besuche zu beehren, wo Allcrhöchstdicsclbcn vom Geh. Nc- ! gicrungSrath LuciuS und den zum Gericht gehörigen Herren, empfangen wux- den und unter Führung derselben alle Räume und sonstigen Einrichtungen des Gerichts In Augenschein nahmen. In der daraus folgenden Stunde von 8—9 Uhr ward der Universitätsbibliothek, wo Sc. Maj. sich insbesondere über die für eine Bibliothek so hochwichtige Katalogisirung unter der Führung des Obcrbibliothekarö Hofrath GerSdorf und der Professoren vr. Harten stein und Dr. Fleischer genau sich zu unterrichten und dann mehre der in teressantesten Manuskripte und neuesten Akquisitionen sich vorlcgen zu lassen geruhten, sowie dem Münzcabinct und der Anatomie unter Professor Ür. Weber die Ehre der königlichen Anwesenheit zutheil, während in den darauf folgenden Stunden von 10—1 Uhr Se. Maj. den Vorlesungen deS Pro fessors Naumann über Geognosie, des Professors vr. Müller über Anstitu» tionen, des Professors Klotz über Virgil, des v>. Bursian über Aristo- phancS' «Vögel» und des Rector Magnificus Domherrn vr. Tuch über Pa lästina, beizuwohncn geruhten. Um 1 Uhr begaben sich Se. Maj. ins Convictorium, wo sämmtliche Beneficiaten zum MittagSesscn versammelt waren, die Sr. Maj. bei dessen Weggang ein begeistertes Lebehoch nach riefen. Zur Tafel, die um 2 Uhr im Hötel zum Großen Blumenberg statt fand, hatten Se. Maj. wieder mehre höhere Beamte und mehre Professo ren zu befehlen geruht. Nach Beendigung derselben werden im Laufe des Nachmittags Allerhöchstdieselbcn dem Vernehpren nach das Taubstummen- institut, den Bauplatz der projectirten neuen Sternwarte, das chemische La boratorium des Professors vr. Kühn im Schloß und die neucn städtischen Anlagen und Plätze zu besichtigen geruhen und später während des Abend- die Gnade haben, eine Serenade anzunehmen, welche der Universitätspau- linersängcrverein Sr. Maj. darzubringen beabsichtigt." Ucber den Fackelzug der Studenten berichtet das Leipziger Tageblatt noch: „Die Versammlung fand im Pauliner Hofe statt. Von da bewegte sich der Zug durch das Gewandgäßchen, den Neumarkt und die Reichs- straße den Brühl entlang bis an das Hötel zum Großen Blumenberg. Die Deputationen der Studirendcn, vertreten durch v. Watzdorf (Meißner), Wehlich (Lusate), Freitag (Plavicnser), Scheda (Nuthene) und Jhenblitz (Grimmenscr), fuhren in drei sechsspännigen Wagen voraus. Die große Universitätsfahne wurde von dem lausitzer Corpsburschcn Oloff getragen; die übrigen vier Universitäts- (Facultäts-) Fahnen trugen Albert (Plavienser), Prüfer (Nuthene), Meng (Lipsienser) und Ackermann (DreSdenser). Die Studentenschaft war vertreten durch vier Corps, Lausitzer, Sachsen, Meiß ner und Westfalen, durch die Verbindungen Asraner und Grimmenscr, durch die Landsmannschaften Plavienser, Nuthencn, Leipziger und Dres dener, durch die Verbindung Wittenberger und außerdem durch eine große Anzahl Studirender, welche keiner Verbindung angchören. Zwei Musikchöre, ein Civil- und ein Militärmusikcorps, begleiteten den Fcstzug mit ununter brochener Musik. Vor dem Großen Blumenberge angelangt, bildete sich vor demselben ein großer Kreis, die Deputationen fuhren vor und hatten die Ehre, Sr. Maj. vorgestellt zu werden; die Musikchöre führten die Jubcl- ouverturc von C. M. v. Weber auf; hierauf brachte der meißner CorpS- burschc v. Wahdorf-Störmthal das Hoch auf Se. Maj. unter der allge meinsten Zustimmung aus, was von Allerhöchstdcmselben, in Begleitung des Cultusministcrs v. Falkenstein am Fenster erschienen, huldreichst cnt- gegengcnommcn wurde. Nach Absingung eines Verses des Sachsenliedes bewegte sich der Zug über die Promenade, zog durch das Petersthör, die Magazingassc, die Universitäts- und Grimmaische Straße auf den Augustus- platz, wo unter Absingung des Liedes «CguUsumus igitur oto.» die Fackeln verbrannt wurden." Wir fügen Vorstehendem noch Folgendes hinzu: „Gestern Nachmütag besuchte Se. Maj. nach der Mittagstafel das hiesige Blindeninstitut, den ! beim Pulverthurme am Johannisthale gelegenen Platz zu der projectirten neuen Sternwarte und das chemische Laboratorium im Schlosse Pleißenburg. Abends brachte der Pauliner Sängervcrein beim Scheine von Wachsfackeln dem Könige eine Serenade, worauf der Vorsteher-des Vereins huldvoll, empfangen wurde. Heute früh gegen 6 Uhr ist der König, beim Abschiede von dem Bürgermeister, dem Rector der Universität, dem Polizcidireetör,. dem Offizicrcorps u. s. w. begrüßt, von hier wieder abgereist. , Dresden, 6. Aug. Das nach dem gewöhnlichen Verlauf von vier Jahren soeben wieder erschienene, von dem Ministerium des Innern heraus» gegebene „S taats Hand buch für das Königreich Sachsen, 1857" bleibt seiner alten Einrichtung treu, an der wir nur das Eine vermissen," daß Diejenigen, welche nicht eigentliche Staatsdicner im Sinne deS Civilstaats-' dienergesetzes vom 7. März 1835 sind, und deren enthält das Handbuch ' doch Mehre, nicht, der bessern Uebersichtlichkeit halber, vielleicht nur durch ein Sternchen bezeichnet worden sind. UebrigenS ist das neueste'Handbuch bedeutend umfangreicher als das vorige; denn während dieses 41'4 Seiten hielt, zählt jenes 480 Seiten. Der Grund hiervon ist das reiche"Pcrsönal der neuen Justizorganisation. — In dem Marcolini'schen Garten befindet sich im Hintergründe, an der Mauer nach der Wachsbleichgasse, cm Mei sterstück des genialen Bildhauers Matielli, unstreitig die schönste Cascade Deutschlands. Dieses erhabene Kunstwerk, das den Gtafen Brühl 100,000' Thlr. gekostet haben soll, liegt jetzt im Verfall. Möchte cs bald seine Wie^ derherstcllung finden! > ' ' y . i Geringswalde, 3. Aug. Gestern Abend um 10 Uhr wurde die im fünften Lebensjahre stehende Tochter der ledigen P. in Krossen hinter dem Wohngebäude der Eroßältern des Kindes erwürgt, dessen schwan- . gere Mutter aber heute früh 5 Uhr in der Pflaumenallec unweit Krossen, erhängt aufgefunden. , (Dr. I)