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rsss seinem Schritt in Kcnntniß zu sehen, nnd am 29. Sept, erhielt er tinr telegraphische Antwort, welche fein Benehmen höchlichst mi-billigt«, und den Befehl, nach dem Golf von Finnland zurückzukehrrn, um Napier gegen Gweaborg zu unterstützen, mit den. Bedeuten, daß er in ein paar Tagen per Post weitere Weisungen erhalten werde. Der französische Admiral ant- wartete telegraphisch und brieflich, schilderte dir Gefahren der Ostsee, stellte vor, daß seine Schiffe zerstreut seien und sich nicht vor fünf, sechs Tagen sammeln könnten; aber der Kaiser blieb bei seinem Entschluß, und die französische Flotte ist jetzt nach dem Finnischen Golf beordert. Nach den Aussagen der französischen Offiziere, die sich hier auf kurzem Urlaub be- sürden, haben sie die größten Besorgnisse. Der Austerlitz, sagen sie, entging drm Schiffbruch nur, indem er die Kanonen über Bord warf(?); ein Linienschiff und ein Dampfer geriethen auf eine Sandbank und kamen nur mit größter Noth loS; und die Mannschaft, die einmal die Aussicht zur Heimkehr hatte, werde nichts weniger als kampflustig auf den Kriegs- schauplatz znrückkehrcn. Alle Offiziere verdammen diesen Gegenbefehl im Oktober «c." Kurz, der Berichterstatter schließt, Sir Charles Napier habe das gut« Einvernehmen zwischen den beiden Nationen aufs Spiel gestellt und verdiene den schärfsten Tadel; das Benehmen des französischen Kaisers andererseits sei über alles Lob erhaben. Sir W. Molesworth sprach sich in einer Rede, die er am 30. Sept, zu Edinburgh hielt, über das Unternehmen gegen Sewastopol unter Anderm folgendermaßen aus: „Wie auch immer der Angriff auf Sewa stopol auSfallen mag, ich hege die Ueberzeugung, daß weder das englische Volk, noch dir Minister Ihrer Maj., gleichviel, wer dieselben sein mögen, in eine Beendigung des Kriegs willigen werden, wofern nicht die mannich- faltigen Zwecke des Kriegs erreicht sind. Wir dürfen den Muth nicht sin ken lassen, wenn wir nicht so schnell wie wir wünschen ans Ziel gelangen. Wir dürfen nicht murren, wenn der Gang der großen Ereignisse nicht mit unsern Hoffnungen Schritt hält. Wir dürfen nicht vergessen, daß in allen großen Kriegen die Zahl der wichtigen Ereignisse nur eine kleine war, und daß lange Zeiträume dazwischenlagen, welche durch Ereignisse von geringerer Bedeutung ausgefüllt wurden. Ganz ebenso wird es sich auch jetzt verhal ten. Laßt uns nicht glauben, daß, weil der Dampf und der Telegraph die Entfernungen sozusagen aufgehoben haben, den Ereignissen, welche wir mit der Geschwindigkeit des Blitzes erfahren, andere ähnliche Ereignisse auf der Stelle folgen werden. Laßt uns keine übereilten Handlungen verlan gen, die einen bedauernswerthen Verlust an Menschenleben herbeiführen könnten. Bedenkt, daß Frankreich und England nichts theurer sein darf als das Leben ihrer Kinder, während nichts für Rußland geringern Werth hat als das Blut seiner Sklaven. Bedenkt ferner, daß in einem langen Kriege der Reichthum und die HülfSquellen Englands und Frankreichs eine Bürgschaft unser- endlichen Triumphs über die Armuth Rußlands sind, und daß sich für Rußland nur eine einzige Möglichkeit eines auch nur augenblicklichen Erfolgs bietet, nämlich ein unüberlegtes Handeln von un serer Seite. Darum laßt uns nicht die Geduld verlieren. Dieser Krieg wird jedenfalls Folgen von unendlicher Wichtigkeit für die civilisirte Welt haben. Er hat bereits zur herzlichen Eintracht zwischen England und Frank reich geführt — einer Eintracht, die, wie ich im Interesse der beiden Län der und der Menschheit hoffe, eine ewige sein wird. Wir haben außerdem die Uebel des Kriegs vermindert, indem wir die Rechte der Neutralen auf der dauerhaften und sichern Grundlage der Vernunft und des Rechts fest- gestellt haben. Diesen Fortschritt können wir nicht hoch genug anschlagen. Wenn, wie ich hoffe, Sewastopol binnen kurzem das Loos Bomarsunds theilt, wenn seine Festungswerke geschleift, seine Flotten zerstört sind und das Schwarze Meer vom Drucke Rußlands befreit ist, dann ist der erste Feldzug Englands und Frankreichs weder ergebnißlos noch rühmlos gewe sen, noch des Rufs unwürdig, welchen sich beide Länder durch ihre Thatcn zu Wasser und zu Lande erworben haben." Dem Vernehmen nach sollen sehr bald noch fünf Infanterie regimente«: (jedes von 1000 Mann) und zwei Cavalerieregimenter nach dem Kriegsschauplatz im Orient abgehen. — Nach Aussage des Capitäns eines holländischen Schiffs, welchem eine englische Galeolte auf hoher See begegnete, befand sich zu Archangel und in dessen Umgebung, als er den dortigen Hafen verließ, ein 24,000 Mann starkes Rcserveheer, welches täg lich eincxercirt wurde und sich zum Abmarsch nach dem Süden anschickte. — Zu Sheerneß ist der Befehl eingetroffen, die russischen Gefangenen von dort nach dem Milbaygefängniß zu Devonport zu bringen. Mehre Zeitungen haben das Gerücht verbreitet, daß England und Frankreich vom amerikanischen Cabinet Erklärungen über die angeb lichen Unterhandlungen mit Rußland wegen Ankaufs von Sitka verlangt haben. Der Globe hat die „besten Gründe zu glauben", daß dieses Ge rücht vollständig aus der Luft gegriffen ist. Dänemark. Kopenhagen, 3. Oct. Die Blätter bringen heute den Inhalt der königlichen Botschaft, die vom Premierminister Oersted- bei der gestern erfolgten Eröffnung des Reichstags verlesen wurde. Anwesend waren die Minister Tillisch, Bluhme, Hansen, Sponneck und Steen-Bille. Die Bot- schäft spricht sich besonders über die Verfaffungsfrage und über die Neu- tralität Dänemarks in.dem gegenwärtigen Kriege auS. Es wird darin er klärt, daß der König von dem cingcschlagenen Wege zur Durchführung der Gesammtverfassung nicht abweichen werde; der König bedauert, daß eine Einigung mit dem letzten Reichstag nicht zustande gekommen sei und daß Man Mistrauen gegen die Männer hege, die er zu seinen nächsten Rath gebern erwählt habe, jedoch habe er nach ernster und reiflicher Erwägung sich entschtofft», diese zu behalten; er hofft, daß d-r Reichstag die Verhält- nissc in ruhige Urbreftgung ziehen werd«. Infolge de- Kriegs zwischen «inigen der mächtigsten Staaten Europas sei e« nothwendig geweftn, eine größere Trupprnzahl im Dienst zu halten als unter andern Umständen sr- fodrrlich; doch seien di« Ausgaben nicht bedeutend gewesen; neue Abgaden würden deswegen nicht verlangt werden und ebenso wenig seien Vorschläge zu Verbesserungen, die bedeutende Geldmittel «Nfoderten, zurüßigelegt. Kopenhagen, 5. Ott. In der heurigen Sitzung des VolkSthing wurde dir Förderung der Anträge von Hrn. Hall und Hofjägermeister Tutein beschlossen, obgleich der Minister Tillisch erklärte, daß da- Mini sterium nicht weichen werde. Die vün Hrn. Hall proponirte Antworts- adreffe auf die Thronrede wird von einem Comit^ geprüft werden, und jedenfalls wird es einem vorläufigen Finanzeomitö Übertragen werden, das Verhältniß des Finanzgesetzes zum Grundgesetz zu prüfen. (Hamb. Nachr.) Rutz la«-. Einem Briefe aus Nargen (der vor der Bucht von Reval liegenden Insel) vom 26. Sept, in der Times entnehmen wir Folgendes: „Am 23. Sept, segelte Sir Charles Napier und General Jones am Bord des Dri ver, begleitet vom Basilisk, zu einer Rerognoscirung nach H^lsiüg- fors. Als sie am Abend zurückkehrtrn, erfuhren wir, daß au- dm Forts zwei Kanonen auf sic abgefeuert worden waren und daß der Feind- seit wir zuletzt dort gewesen waren, nicht die Hände in den Schü-iS gelegt, sondern kleine Batterien auf den Inseln am Eingang des HafcnS und eine große Batterie von ungefähr 50 Kanonen auf der Insel, auf Welcker sich das Hauptfestungswerk befindet, an einer Stelle, die üns früher als schwach erschienen war, errichtet hatte.... Wir Alle warten mit Sehnsucht auf Nachrichten aus dem Orient; denn wir nehmen ein ebenso lebhaftes Interesse an den Thaten unserer dortigen braven KanieradeN wir an un- sern eigenen. Wir beneiden sie; denn wir wissen, daß sie uns verdunkeln werden. Allein es gibt kein britisches Herz In der Ostsee, welches nicht vor Begeisterung zehn mal so hoch schlagen würde, wenn ihm die Gelegen heit geboten wäre, ebenso kühne Thaten zu thun, wie sie unsere Brüder im Schwarzen Meere vor sich haben. Es läßt sich nicht leugnen, daß »vir den Russen durch unsere Ostseeflotte unberechenbaren Schaden zugefügt haben; allein ebenso wenig läßt sich leugnen, daß wir ihnen noch weit mehr hätten zufügen können und daß wir die- unterlassen haben. Wir hoffen, die Zeit werde bald den Beweis liefern, ob die Schuld an unsern Be fehlshabern oder an ihren Instructionen liegt. Die Geschichte von Bomar- sund war ohne Zweifel ein ganz hübsches kleine- Unternehmen, aber denn doch einer Flotte wie der unsern nicht würdig, auf welcher ein Jeder vor Begier brannte, sich mit einem ebenbürtiger» Feind« zu messen, und welche Sir Charles Napier in seiner «Kriegserklärung« zu so kühnen Hoffnungen veranlaßt hatte. Da streckt sich nun Reval mit seinen Thürmen, Kuppel,« und Festungswerken in lächelnder Sicherheit längs des Ufers dahin, nicht weiter von uns als sechs englische Meilen. Ich sage: in Sicherheit; denn man weiß dort recht wohl, daß wir der Stadt nichts zu Leide thuN werden, obgleich sie vollkommen in unserer Gewalt ist, da wir sie in ein paar Stunden an allen Ecken und Enden in Brand schießen können. General Jones kehrt heute über Danzig nach Hause zurück. Das Wetter ist heute sehr windig." ' - , — Aus dem Königreich Polen schreibt man der National.Zeitung An fangs Ociober: „Die Garden rücken in Eilmärschen auf Warschau zu und bereits haben die 1. Jjnfanteriedivision und die 2. Artilleriebrl^ade die polnische Grenze überschritten. Dagegen marschiren die im König reich befindlichen Truppen auf drei Straßen nach der österreichisch«» Grenze: die eine Heersäule bewegt sich auf der Eisenbahnstraße von Warschau nach Maczki, die zweite auf der Chaussee nach Miechowo und die dritte mar- schirt längs der Weichsel hin. ÄuS Podolien und Bessarabien werden starke Heeresabtheilungen nach der Krim dirigirt. Alle diese Truppenbewegungen dauern übrigens schon mehre Wochen. — An den Fortificationen von Warschau wird mit größter Anstrengung gearbeitet. Gegenwärtig werd«» über 100 Häuser in der Näh« der Citadell« niedergerissen. Ebenso w«rdcn bei Rachow an der Weichsel starke Verschanzungen angelegt, welche den russischen Truppen für alle Fälle den Weichselübergang sichern sollen. Es arbeiten daselbst mehr als 10,000 Soldaten. — Im Deccmber findet die dritte Rekrutenaushebung dieses Jahres statt." Das Correspondenz-Bureau schreibt: „Die Ueberwachung der Li teratur an der russischen Grenze wird in neuester Zeit so weit getrieben, daß selbst zerrissene Papieremballage un, die Bekleidungsgegenständr, welche die Reisenden mit sich führen, von den durchsuchenden Beamt«» in Beschlag genommen wird. Nach der Mittheilung eines soeben zurückgekehrten Rei senden hatte das Mitsichführen eines mehre Zähre alten Stücks des Jour nal des De'bats für den Reisenden bedeutende Verlegenheiten herbiigeführt, obschon das Blatt nur unvollständig und ersichtlich seit längerer Zeit schon als Maculatur verwendet war." Monte« egro. Berichten aus Montenegro vom 30. Sept, zufolge dauern die Käm pfe mit den Albanesen fort; 8000 Türken mit 500 Mann regulärer Truppen lagern bei Podgoricza. Die Montenegriner haben bisjetzt 8 Tvdle und 100 Verwundete. - ' > - »«rkei. Endlich kommen die wiener Blätter nun doch auch zu dem Einge- ständniß, daß Sewastopol noch nicht genommen ist. Der Lloyd sagt: „Aus Konstantinopel von« 30. Sept, ist auf telegraphischem Wege in Wien