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erste, von den Jungtürken eingebrachte und vom Groß- wesir unterstützte Antrag verlangte die Vertagung auf den 30. Dezember mit der Bedingung, daß Artikel 35 den Vorrang vor alle» anderen Punkten der Tagesordnung erhalte. Der zweite, von der Opposition eingebrachte Antrag forderte die Vertagung auf den I. Januar. Unter großem Lärm forderten die Albanesen, daß di« Jnterpella« tton, betreffend die Maltssorenfrage, und die Lage in Albanien vorher verhandelt würden. Die Kammer nahm schließlich den jungtürkischen Antrag mit 107 gegen 99 Stimmen an. Konstantinopel, 27. Dezember. (Zum italie nisch-türkischen Konflikt.) Die türkisch« Kammer hat einen Gesetzentwurf angenommen, der Waren italieni scher Herkunft mit 100 Prozent Zoll belegt. Japan. Tokio, 27. Dezember. (Eröffnung de» japa nischen Parlaments.) Heute früh eröffnete der Kaiser da» Parlament mit einer Thronrede, in welcher er auf die zunehmenden freundschaftlichen Gesinnungen zwischen Japan und den an bereit Mächten hinwie» und seine hohe Genugtuung über die Erneuerung der Vertrag) mit England auödrückte. (TagcSgcschjchte befindet sich auch in der Beilage.) »na Saeblon. Dresden, 27. Dezember. (Weihnachten am König-Hofe.) Am heiligen Abend fand zunächst im Residenzschlosse die Weihnachtsbescherung in der Königlichen Familie statt, zu der auch Prinz und Prinzessin Johann Georg sowie Prinzessin Mathilde erschienen waren. Wie in den früheren Jahren, so hatte auch diesmal der Monarch den Weihnachtstisch für seine Schne und Töchter selbst gedeckt, und eine mächtige Tanne aus der Dresdner Heide bestrahlte mit ihren vielen Lichtern die zahlreichen Geschenke. Dann wurde beim Prinzen und dec Prinzessin Johann Georg im PalaiS in der Zinzendorfstraße Christbescherung abgehalten, an der auch der König, die drei Prinzensöhne und Prinzessin Mathilde teilnahmeu. Se. Majestät der König und die anderen Mitglieder des König!. Hauses be suchten an beiden Feiertagen den Gottesdienst in der katholischen Hofkirche- am ersten Feiertage vereinigte sich die gesamte königliche Familie zur gemeinschaftlichen Tafel im Residenzschlosse. Am zweiten Feiertage vormittags 10 Uhr empfing der König in Gegenwart des Kronprinzen sowie der Prinzen Friedrich Christian und Ernst Heinrich nach einem alten Brauch eine Abordnung der Dresdner Bäckerinnung unter Führung des Hrn. Obermeisters Albert Wendt. Die Deputation überbrachte auf zwei mit den Landesfarben geschmückten Tragbrettern zwei je anderthalb Meter länge Riesenstollen und zwar einen Mandel» und einen Rosinen ftolleu. Dresden, 27. Dezember. Ihre König!. Hoheiten der Prinz und die Frau Prinzessin Johan» Georg haben sich gestern vormittag mittels Automobils auf einige Tage nach Oberbärenburg begeben und dort in DolzeS Berghotel Wohnung genommen. Am 30. d. M. nachmittags werden Ihre Köntgl. Hoheiten wieder nach Dresden zurückkehren. — Die nächstjährige Kaiser p ara de. Das Dresdner Journal schreibt: Gutem Vernehmen nach findet die nächstjährige Kaiserparade am 29. August 1912, und zwar der beiden sächsischen Armeekorps gemeinsam, auf dem Truppenübungsplätze Zeithain statt Hieran schließen sich die Brigade- und Divtsionsmanöver. Die Kaijermanöver selbst, an denen das 3., 4., 12. und 19. Armeekorps teilnehmen werden, sind sür die Zeit vom 10. bis 14. September in Aussicht genommen. — Von den Rittern des Militär.St. Hein« cichSordens, die im Staatshandbuch 1911 aufgeführt sind, sind im Laufe dieses Jahres drei aus dem Leben ge schieden: am 23. Januar General der Infanterie z. D. v. Montbe in Dresden, am 10. Dezember Oberst a. D. Schreiber in Radebeul - Oberlößnitz, am 25. Dezember Oberstleutnant z. D. Otto Bucher in Dresden. Hierdurch ist die Zahl der Ritter auf 25 zurückgegangen, den, Jahr» gang 1866 gehören noch 5 an, dem Jahrgang 1870 noch 15, dem Jahrgang 1871 noch 5. Hierzu sind Hinzuge- kommen: Rittmeister Kirsten und Oberstleutnant Meister, diensttuender Flügeladjutant Sr. Majestät des Königs aus dem Jahre 1901 bez. 1905. Der älteste Ritter ist zur Zeit Generalleutnant OScar Bartcky in Dresden, geb. 1823, der am 25. März 1876 auS dem Dienst geschieden ist und am 20. Juni 1909 den Charakter eines General leutnants erhielt. — Kürzlich wurde berichtet, daß iu Dresden-Tolkewitz in der Wohnung eines Rektors a. D., der äußerst kümmer lich gelebt hatte nach dessen Tode 140000 Mark gefunden wurden. Jetzt melden die „DreSdn. Nachr.", daß mail bei weiterer Nachforschung in der Wohnung des Verstor benen unter dem Bett noch 160000 Mark in Wertpapie ren fand, so daß der Nachlaß sich auf ruud 300 000 Mark beziffert. Der Erblasser hat sein Vermögen zwei Tierschutzvereinen in Berlin und Breslau ver macht, doch wird erst die Gemeinde und der Staar sich von dem Gelde die hinterzogenen Steuern abziehen. — Am heiligen Abend entstand in Riedereiusiedel bei Sebnitz ein große» Schadenfeuer. Ein aus zwei Wohn häusern, Remisen und Scheune bestehendes Gut fiel den Flammen vollständig zum Opfer. Die gesamten Erntcvorräte wurden vernichtet. Da» Vieh und einiges Mobiliar konnte ge rettet werden. Unter dem Verdacht der Brandstlftung wurde am 1. Weihnachtsfeiertag der I6jähr.ArbeitSbursche Pilz verhaftet. — In Freiberg nahm der Dombauverein mit 58 gegen 16 Stimmen den Entwurf von Professor Schmttz betreffend den Ausbau der Westfront des Doms an. — Die feierliche Eröffnung der neuen Räume der Börse in Leipzig findet am 9. Januar, abend» 6V, Uhr, statt. Wenige Tage vorher wird tu diesen Räumen bereit» eine geschäftliche Sitzung der Handelskammer abgehaltru werden. — An» einer Garage in Leipzig wurde in der Nacht zum Dien»tag unter erschtverenden Umständen ein Auto« mobil im Werte von 12000 Mark gestohlen. Den Dieb stahl haben zwei Männer verübt, di« in der Richtung nach Markranstädt davonfuhren. Kurz vor Markranstädt ist da» Automobil mit einer Droschke zusammengestoßrn, wo- bei beide Fahrzeuge erheblich beschädigt wurden. Di« Diebe ließen darauf da» Automobil im Stich und flohen. — Nach einer Meldung au» Leipzig hat ein Ausschuß, der aus sämtlichen Gemeiudevorständen der Harthorte und ande ren dortigen Einwohnern gebildet worden ist, beschlossen, am 15. Januar in Leipzig eine Plotestversammlung gegen die Anlegung eine» Kohlenbergwerks iu der Harth zu v«ra»stalten. — Da» von der Staatsanwaltschaft zu Chemnitz wegen des Bauunglücks im städtischen Elektrizitätswerk, an dessen Folgen zwei Arbeiter starben, «tugeleitete Strafverfahren wurde eingestellt, da die Erörterungen der Staatsanwalt schaft keinen Anlaß dafür gaben, baß nicht »»ach den an- erkannten Regeln der Baukunst gearbeitet worden wäre. — Der wiffenschaftliche Fletsch- und Trtchinenbeschauer für de» Bezirk Harthau, Hx. Tierarzt Or. Siegel, ist als Polizeitierarzt nach Geher gewählt worden. — — A»»f Plauschwitzer Flur kam der Jagdpächter Hotelier- Roth auS Oelsuitz i. V. zu schwerem Schaden. Er stand an einem Waldrands, teilweise von einem Baume gedeckt, als plötzlich ein Reh au» »dem Walde heraussprang. Ein etwa 25 w von Roth entfernt stehender Jäger schoß auf da» Reh und dabei drang dem Roth eine große Anzahl Schrote in den Kopf und in die Hände. Die Jagd wurde sofort abgebrochen und ärztliche Hilfe herbeigerufen. — In Neusalza wurde am ersten Weihnachtsfeiertage der Ehrenbürger der Stadt, Hr. PrivatuS Herbrig, der ein Alter von 86 Jahren erreicht und am 15. März d. I. sein 60 jähriges Bürgerjubiläum gefeiert hatte, zur letzten Ruhe bestattet. Während der Feier in der Leichen halle brach dec unter 1>en Leidtragenden erschienene Vorsteher des dortigen Postamts Hr. Rechnungsrat Trepte, plötzlich zusamme«» und starb auf der Stelle. Ein Herzschlag hatte seinem Leben ein Ziel gesetzt. — veiMcve Angelogoaboitsa. — 1912. Der Kalender des „Erzgeb. Volksfreund" für das Jahr 1912 wird am 1. Januar an unsere Abonnenten zur Verteilung gelangen. Auf die Ausführ ung deS neuen Kalenders ist ganz besondere Sorgfalt ver wendet worden, so daß er sicher allerorten eine freudige Aufnahme finden wird. Ein künstlerisch ausgeführteS Bild stellt eine erzgebirgische Winterlandschaft dar- von den schneebedeckten Wegen hebt sich daS Taunengrün wirkungs voll ab. Ein Holzhauer kehrt abends auS dem Walde von der Arbeit heim, in froher WethnachtSerwartung be gleiten ihn seine beiden Kinder. DaS ganze Bild ist von einer weihevollen Stimmung beseelt und wird sicher das Herz eines jeden ErzgebirgerS erfreuen. — Oberstaatsanwalt vr. Mörbitz vom König!. Landgericht Zwickau, dessen Ableben wir gestern meldeten, war am 7. Februar 1844 in Pegau geboren. Er hat in Dresden daS Gymnasium besucht und in Leipzig studiert, war dann bei verschiedenen sächsischen Gerichten, u. a. auch in Eibenstock beim vormaligen Bezirksgericht tätig. Seit dem 1. April 1875 wirkte ec in Zwickau als Assessor bez. Staatsanwalt und vom 1. Januar 189! an al) erster Staatsanwalt beim Landgericht zn Zwickau mit dem Titel Oberstaatsanwalt. Der Verstorbene war Ritter des Köuigl. Sächs. Verdienstordens 1. Klasse und deS Offizierskreuzes deS AlbrechtsordenS. Er beabsichtigte, zu Ostern 1912 iu den Ruhestand zu treten. Schneeberg, 28. Dezember. Ein neuer wert voller Schmuck ist unsrer St. Wolfgangskirche in Gestalt einer Taufstein- und Altardecke ucbst Belum zu. teil geworden. Die kunstvoll auögesührten handge klöppelten Spitzen sind von der Stifterin, die ungenannt bleiben will, selbst entworfen worden. Möge >ie durch diese Spende bewiesene Liebe zu unsrem Gottes hause auch anderweitig Nacheiferung wecken! Schneeberg, 28. Dezember. Der hiesige Turn verein erzielte mit seiner WeihnachtSaufführuug deS Lust- Piels „Die relegierten Studenten" von N. Benedix einen chönen Erfolg. Der Sonuensaal war am 1. Feiertag schon ange vor der für den Beginn der Vorstellung festgesetzten Zeit dicht besetzt. Die Zuschauer verfolgten die fesselnden Szenen des stets gern gesehenen Stücks mit regen» Inter esse und speudeleu den Darstellern der Hauptrollen leb haften Beifall. Neustädtel, 28. Dezember. Mit voller Befriedigung kam» der hiesige Turuvereiu auf die an» 1. Feiertage im Ratskeller erfolgte, in alle»» Teilen wohlgeluugene Auf- führuug des heimatllch-vaterländischen Festspiels „Der Störenfried" von Schuldirektor llhltg in Lauter zu- rückblickeu. Schon lange vor dem Begin»» der Aufführung war der Nattzkellersaal bis auf das letzte Plätzchen besetzt und gar viele mußten »vieder umkehren. Die Zuschauer folgten den» Spiel mit sichtlichem Interesse und die Dar steller setzten ihre ganze Kraft ein, die Vorstellung wir kungsvoll zu gestalten. Der stürmische Beifall nicht nur bei den einzelnen Aktschlüssen, sondern wiederholt bei offener Szene bewie», daß ihäen dies vollkommen gelungen ist. E» dürfte deshalb freudig begrüßt werden, daß sich der Vereiit entschlossen hat, das Stück am Sylvesterabend nochmal- zur Aufführung zu bringen. Die Vorstellung wird pünktlich um 8 Uhr beginnen und um 11 Uhr be endet sein. Ein Besuch dieser Aufführung kann jedermann warm empfohlen werden. Oberschlema, 28. Dezember. Am ersten Weih- uachtSfclertage veranstaltete der hiesige Männergesang- verein im Gasthof „Zur grünen Wiese" eine öffentlich« Abendunterhaltuag. Schon lauge vor der festgesetzten Etm»d« «ar der geräumige Vaal bi» auf den letzten Platz besetzt. Zur Aufführung gelangte -Der Störenfried" von SchMkektor Uhrig-Lanter, DK Mkivk-en-e» entsprachen den an sie gestellten Anforderungen m jeder Hinsicht. Sie spielten mit Lust und Liebe und stellten ihr« Rollen charakteristisch dar. Bon ganz besonderer Wirkung war dec vorzüglich au-geführt« Er»t«festreig«n mit seinen Ge sängen, sowie die Hutzeustube, die beide an Natürlichkeit nicht» z»l »Kmschen übrig ließen. Die Aufführung kann in jeder Hinsicht als eine wohlgeluugene bezeichnet werden. Hr. Ingenieur Löbel vom Elektrizitätswerk „Obererzgr- birg" hat in zuvorkommender Weise Saal und Bühne für diesen Abend mit elektrischem Lichte beleuchten lasse». Der Verein gedenkt, die Aufführung am 14. Januar 1912 an einem Familiettbeud zu wiederholen. Lößnitz, 27. Dezember. Seine diesjährige Weih, n achtSfeier hielt der hiesige T u rn verein am 1. Feier- tage im „Deutschen HanS" ab. Das reichhaltige Programm befriedigte da- zahlreiche Pnbliknm vollkommen. Genuß, reiche Stunden bot auch den Besuchern der Kinosalon mit den hübschen Vorführungen und abwechselndem Programm. >Die AuSstellun; des WeihnachtSberg» wird am Sylvester in der hergebrachten Weise wiederum im früher Schubert'schen Saale eröffnet und währt bi» 7. Januar 19!2. Den Ehrenvorsitz über die gesaiute Ausstellung hat Hr. Bürgermeister Zieger bereitwillig über nommen. H)ie Ausstellung enthält 30 dec schönsten Privatbecge aus Lößnitz, sowie eine Sonder-Abteilung mechanischer Werke, geschnitzte Figuren, Engel, Pyramiden usw. und ist wohl einzig in ihrer Art. Es ist nur zu wünsche»», daß recht viele Besucher von l»ah und fern die Gelegenheit benutzen möchten, sich an diesem echt erz- geblrgischeu Bilde zn erfrenen. Zum Schlüsse sei noch der wertvollen Prämien für die schönsten Pyramiden ge dacht, welche in diesen Tagen in» Schaufenster des Hrn. Otto Böhme «»»-gestellt sind. Etiva noch zugedachte Preise nimmt der Vorsteher gern entgegen. Auch das Weth- nachtsbethlehem beim Hrn. Restaurateur Friedrich Epper lein, hier, welche- ebenfalls als schönes Kunstwerk bezeichnet werden kann und für jedermann zur Ansicht steht, sei zur Besichtigung empfohlen. Allgemeines Interesse dürfte schließlich das morgen, Freitag, abend im Deutschen Hau» statlfindeilde Famiiien-WeihnachtSkonzert, ausgeführt von der gesamten Stadtkapelle finden Das Konzert wird einen echt weihnachtlichen Charakter haben. Johanngeorgenstadt, 27. Dezember. Die hie sigen Skikurse haben nmunehr ihren Anfang genommen. Der vom hiesigen Wiutersportverein veranstaltete Kursus steht unler der Leitung des Hrn. vr. Seyfarth-Chemnitz, de» SkiwartS deS SkiverbanvcS Sachsen, und vereinigt gegen 60 Teilnehmer, darunter 12 Unteroffiziere deS 134. Juf.-Reg. in Plauen. Ein zweiter Kursus findet für eine Abteilung Dresdner Volksschüler und Volksschülerinnen statt, die unter der Führung des Hrn. Lehrer Vieweg- Dresden, deS Vorsitzenden vom ZentralauSschuffe für Ferienwanderung im Königreich Sachsen, stehen. Die Soldaten »md die Kinder sind in freundlicher Weise von hiesigen Bürgerfamilien ausgenommen worden, während die übrigen Wüuergüste in hiesigen Gasthöfen und Privat- Wohnungen Unterkommen gefunden haben. Bockau, 28. Dezember. Bei der gestrigen Ge meinderats wähl wurde»» auf die nächsten 6 Jahre die nachgenannten Herren geiväylt: aus der Klaffe der Begüterten Gutsbesitzer Gustav Georgi mit 85 Stimmen, aus der Klasse der Häusler Gasthofsbesitzer Louis Pechstein (wiedergewählt) mit 87 und Emaiiliermeister Kurt Aergauer mit 71 Stimmen, aus der Klasse der Unansässigen Fabrik arbeiter Walter Mühlmann mit 179 Stimmen. Ersatz männer sind die Herren Gutsbesitzer Ernst Brünnel, Haudelsmann LouiS Neubert, Fabrikarbeiter Oskar Bauer und Fabrikarbeiter Ernst Teumer. Von den bisherigen, Ende des Jahres auSscheideudeu Mitgliedern erhielten die Herren Gutsbesitzer August Vogel 45, Schuhmachermeister Wilhelm Reinhold 60 und Köuigl. Forstmeister Krumbiegel 177 Stimmen. OerUlche AngAcgenhelten befinden sich auch m der Beilage, Intornational? AuSlandS-ErlebniS v. K. V—g. Tie grüble Lugend des zivilisierten Menschen ist die Lalerlandöiicbc. Napoleon I. Wenn man in der Heimat ost mit anhören muß, mit welch' geradezu sträflichen Worten edle Vaterlandsliebe, hehrer Patriotismus als leere Begriffe, als Phantome hin gestellt werden, fo »vendet sich eiuem förmlich das Herz um und man wünscht sich tausend Meile»» und »veiter fort, wo tatsächlich selbst beim roheste» Gemüt noch etwas van An hänglichkeit aus große deutsche Vaterland zn spüren nt. Besonders alle» jungen Leuten, die nicht wissen, ob sie vielleicht auch noch einmal in fremde, anderssprachige Län der verschlagen werden, sei hiermit von einer Erfahrung erzählt, die ihnen wohl zu denken gebe» wird. Es leben in einer kleineren Stadt Brasiliens, weit von der Küste entfernt, eine große Anzahl deutscher Schlosser, Maschinenbauer und Arbeiter- sie sind in der umfaugreichen Reparaturwerkstatt einer englischen Bahngescllschaft tätig. Wenn man nun die große Duldsamkeit beobachtet, die diese Leute im Kreise ihrer aus allen Rasselt und Nationalitäten bestehenden Mitarbeitern zu üben gezwungen sind, so könnte man darüber geradezu empört sein. Zwar genießen sie die größten politischen Freiheiten, sie zahlen so gut wie keine direkten Steuern und könne» auch sonst tun und lassen, was ihnen beliebt- zufrieden sind die Menschen aber nicht. Es gibt in dem freien Lande keine Straßen, keine Brücken, fast keine Schulen, wenig schöne, öffentliche Gebäude u. s. f. Dagegen aber unheimlich hohe Lin- und Ausfuhrzölle und dann auch immerwährende Reibereien mit anderssprachigen Genossen, die den leistungS- ähigereu deutschen Arbeiter seine»» besseren Verdienst nicht gönnen. Sobald man au» dein deutschen Quartier heraus» !ommt hort man auch schon hier und da voll irgend eine« Mager oder Mulattin oder sonst «ine«-raunen Stromec — dies« stumpfsinnig«, ftmle Gesellschaft fühlt sich nämlich ul» Herr de» schönen Land«», da» fast so groß ist wie E»